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Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Drittes Vierteljahr.

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Litteratur

ratur zum Beispiel wird taufenden von technischen Dingen hilflos wie ein Kind
gegenüberstehen --, ist ein solches Hilfsmittel unentbehrlich, und wie sehr es in
der That einem Bedürfnis entspricht, das zeigt der ungeheure Absatz dieser Bücher
und insbesondre der Meyerschen, die Auslagehöhen erreichen wie kein andres
ähnliches Werk und wie wenig Bücher in Deutschland überhaupt. Dieser Erfolg
spornt nun aber die Verlagshandlung auch an, die Werke bei jeder neuen Auflage
ans eine höhere Stufe zu heben, Unvollkommensten und Schwächen zu beseitigen
und den neuen Erscheinungen, Funden und Erfahrungen ans allen Gebieten gerecht
zu werden. Das große Lexikon ist nach dem Prospekt für diese Auflage von Grund
aus neu bearbeitet wordeu, auch im Äußern durch größern Druck (die Kolumne
ist breiter und länger geworden und hat doch zwei Zeilen weniger als die vierte
Auflage) und weißeres Papier vorteilhaft verändert.

Während auf dies große Werk der übliche Spruch wirklich paßt, daß es "in
keinem deutschen Hause fehlen dürfe," wenigstens in keinem, wo Interesse für Geist
und Welt herrscht, kann man von dem dreibändigen kleinen Lexikon sagen, daß es
auf jeden Schreibtisch gehöre, als ein bequemes Nachschlagcbuch für alles mögliche
und tausenderlei andres mehr, worüber es in kurzen und knappen Notizen Aus¬
kunft erteilt. '

Schließlich erwähnen wir noch die vierte, umgearbeitete und vermehrte neue
Auflage von Dudens orthographischen Wörterbuch der deutschen Sprache,
das alle ähnlichen Bücher ans dem Felde geschlagen hat. Wir machen übrigens
bei dieser Gelegenheit das Bibliographische Institut und andre Verleger, die dies
etwa lesen werden, darauf aufmerksam, daß die Formel "Alle Rechte vorbehalten"
nicht schützt. Das Recht muß genannt werden, das vorbehalten werden soll, und
dies kann allein das Übersetzungsrecht sein, da für alles andre das Urheber¬
recht sorgt.

Alte und neue Erzähler.

Es ist uoch uicht gar so lange her, daß die
Grenzboten eine Übersicht neuer Novellen gegeben haben, und schon hat sich ans
unserm Büchertisch wieder eine Nachlese gesammelt. Natürlich kann nur von Er¬
zählern und Erzählungen die Rede sein, die wenigstens in etwas befriedigen und
dem ernsten Leser für die Teilnahme, die er ihnen widmet, einen lebendigen Ein¬
druck hinterlassen. Und dn nun die Zeit da ist, wo der deutsche Mann, der in
der Regel schon lange keine Romane oder Novellen mehr liest, in der Sommer¬
frische oder im Bade eine Ausnahme macht und sich neben der "ernsten" Zeitungs-
lektüre ein und das andre leichte, unterhaltende Buch gefallen läßt, so sei auf einige
neue Erscheinungen hingewiesen, die Leser verdienen, wenn sie auch uicht den
Meisterwerken der Litteratur zugezählt werden können. Von Ernst Wiehert liegt
ein Band Neue littauische Geschichten (Leipzig, Carl Reißner) vor, der zwei
Erzähltingen "Nur ein Jude!" und "Das Grundstück" enthält. Schon in frühern
auf preußisch-littauischcm Boden spielenden Geschichten Wicherts überwog das sittcn-
schildcrnde Element gelegentlich das poetische, immer aber waren seine Erfindungen
wohlangclegt und durchgeführt, und die eigentümliche Landschaft, die zum Hinter¬
grunde diente, hob die besondern Gestalten. In den beiden vorliegenden Er¬
zählungen kommt der Schriftsteller dem Gebiete der sogenannten Kriminalgeschichte
bedenklich unde, wenn er auch natürlich mit den Novellisten nichts gemeinsam hat,
die den spannenden Kriminalfall ohne jede seelische Belebung in Szene und Dialog
setzen. Die bedeutendere und fesselndere der beiden Erzählungen "Nur ein Jude!"
führt das Geschick eines kräftigen Manischen Hofbesitzers (Wirtes), Pmvils Lau-


Litteratur

ratur zum Beispiel wird taufenden von technischen Dingen hilflos wie ein Kind
gegenüberstehen —, ist ein solches Hilfsmittel unentbehrlich, und wie sehr es in
der That einem Bedürfnis entspricht, das zeigt der ungeheure Absatz dieser Bücher
und insbesondre der Meyerschen, die Auslagehöhen erreichen wie kein andres
ähnliches Werk und wie wenig Bücher in Deutschland überhaupt. Dieser Erfolg
spornt nun aber die Verlagshandlung auch an, die Werke bei jeder neuen Auflage
ans eine höhere Stufe zu heben, Unvollkommensten und Schwächen zu beseitigen
und den neuen Erscheinungen, Funden und Erfahrungen ans allen Gebieten gerecht
zu werden. Das große Lexikon ist nach dem Prospekt für diese Auflage von Grund
aus neu bearbeitet wordeu, auch im Äußern durch größern Druck (die Kolumne
ist breiter und länger geworden und hat doch zwei Zeilen weniger als die vierte
Auflage) und weißeres Papier vorteilhaft verändert.

Während auf dies große Werk der übliche Spruch wirklich paßt, daß es „in
keinem deutschen Hause fehlen dürfe," wenigstens in keinem, wo Interesse für Geist
und Welt herrscht, kann man von dem dreibändigen kleinen Lexikon sagen, daß es
auf jeden Schreibtisch gehöre, als ein bequemes Nachschlagcbuch für alles mögliche
und tausenderlei andres mehr, worüber es in kurzen und knappen Notizen Aus¬
kunft erteilt. '

Schließlich erwähnen wir noch die vierte, umgearbeitete und vermehrte neue
Auflage von Dudens orthographischen Wörterbuch der deutschen Sprache,
das alle ähnlichen Bücher ans dem Felde geschlagen hat. Wir machen übrigens
bei dieser Gelegenheit das Bibliographische Institut und andre Verleger, die dies
etwa lesen werden, darauf aufmerksam, daß die Formel „Alle Rechte vorbehalten"
nicht schützt. Das Recht muß genannt werden, das vorbehalten werden soll, und
dies kann allein das Übersetzungsrecht sein, da für alles andre das Urheber¬
recht sorgt.

Alte und neue Erzähler.

Es ist uoch uicht gar so lange her, daß die
Grenzboten eine Übersicht neuer Novellen gegeben haben, und schon hat sich ans
unserm Büchertisch wieder eine Nachlese gesammelt. Natürlich kann nur von Er¬
zählern und Erzählungen die Rede sein, die wenigstens in etwas befriedigen und
dem ernsten Leser für die Teilnahme, die er ihnen widmet, einen lebendigen Ein¬
druck hinterlassen. Und dn nun die Zeit da ist, wo der deutsche Mann, der in
der Regel schon lange keine Romane oder Novellen mehr liest, in der Sommer¬
frische oder im Bade eine Ausnahme macht und sich neben der „ernsten" Zeitungs-
lektüre ein und das andre leichte, unterhaltende Buch gefallen läßt, so sei auf einige
neue Erscheinungen hingewiesen, die Leser verdienen, wenn sie auch uicht den
Meisterwerken der Litteratur zugezählt werden können. Von Ernst Wiehert liegt
ein Band Neue littauische Geschichten (Leipzig, Carl Reißner) vor, der zwei
Erzähltingen „Nur ein Jude!" und „Das Grundstück" enthält. Schon in frühern
auf preußisch-littauischcm Boden spielenden Geschichten Wicherts überwog das sittcn-
schildcrnde Element gelegentlich das poetische, immer aber waren seine Erfindungen
wohlangclegt und durchgeführt, und die eigentümliche Landschaft, die zum Hinter¬
grunde diente, hob die besondern Gestalten. In den beiden vorliegenden Er¬
zählungen kommt der Schriftsteller dem Gebiete der sogenannten Kriminalgeschichte
bedenklich unde, wenn er auch natürlich mit den Novellisten nichts gemeinsam hat,
die den spannenden Kriminalfall ohne jede seelische Belebung in Szene und Dialog
setzen. Die bedeutendere und fesselndere der beiden Erzählungen „Nur ein Jude!"
führt das Geschick eines kräftigen Manischen Hofbesitzers (Wirtes), Pmvils Lau-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341857_215089/342>, abgerufen am 23.11.2024.