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Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Drittes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

sondern Verfahren sei nach ^ 274 der Zivilprozeßordnung ohne Zweifel zulässig;
unrichtig sei aber, daß U, wie das Amtsgericht angenommen hatte, eine neue Klage
anstellen müsse, um seiue Gegenforderung geltend zu machen.

3. Gestützt hierauf bittet U beim Amtsgericht, ohne eine neue Klage anzu¬
stellen, um Anberaumung eines Termins. Ein Beschluß des Amtsgerichts vom
1. Oktober 1392 erklärt diesen Antrag für unzulässig; der Beklagte müsse in einem
besondern Prozeß klagen, die Ansicht des Landgerichts sei unrichtig.

4. Zur Ausfertigung dieses Beschlusses ist von dem Gerichtsschreiber ein Ur-
teilsformnlar benutzt worden. I legt daher Berufung anstatt Beschwerde ein.
Im Verhandlungstermin beantragt er nötigenfalls das Rechtsmittel als Beschwerde
anzusehen. Hierauf erfolgt ein Beschluß des Landgerichts vom 4. Dezember 1892:
Die Berufung sei ersichtlich unzulässig, da eine solche nur gegen Endnrteile statt¬
finde. Dagegen sei auf die Beschwerde das Amtsgericht unter Aufhebung seines
Beschlusses vom 1. Oktober anzuweisen, in der Sache selbst eine Entscheidung ab¬
zugeben.

Darauf 5. Beschwerde des Klägers X beim Oberlandcsgericht. Beschluß
des Oberlandesgerichts vom 3. Januar 1893: der Beschluß des Landgerichts sei
aufzuheben, und die Kosten des Beschwerdeverfahrens dem Beklagten aufzulegen.
Grüude: Beklagter habe Berufung gegen den Beschluß des Amtsgerichts eingelegt.
Diese sei nicht zurückgenommen worden, das Landgericht hätte daher über die Be¬
rufung in einem Urteil entscheiden müssen. Es sei unstatthaft gewesen, daß das
Landgericht nach dem betreffenden Antrage des Beklagten die Berufung als
Beschwerde angesehen habe. In der Sache könne das Oberlandesgericht nicht ent¬
scheiden, da eine Beschwerde gegen den Beschluß des Amtsgerichts nicht vorliege,
diese auch zunächst an das Landgericht gehen müsse.

Hierauf 6. Beschwerde des Beklagten U beim Reichsgericht. Ein Beschluß
des Reichsgerichts vom 19. Januar 1893 fordert zunächst, daß der Rechtsanwalt,
der für den Beklagten Beschwerde eingelegt hat, eine Vollmacht beibringen müsse.
Nach deren Einlieferung ergeht am 13. Februar 1393 ein zweiter Beschluß. Der
Beschluß des Oberlandesgerichts sei dahin abzuändern, daß uuter Aufhebung des
Beschlusses des Landgerichts die Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluß des
Amtsgerichts zu verwerfen sei, die Kosten aller drei Beschwerdeinstanzen seien dem
Beklagten aufzulegen. Die Gebühren des Reichsgerichts werden niedergeschlagen.
Gründe: Die Beschwerde sei erhoben, denn der Beklagte habe in der Verhand¬
lung vor dem Landgericht für den Fall, daß das Rechtsmittel als Berufung für
unzulässig erachtet würde, Beschwerde eingelegt. Dieser Fall sei eingetreten. Es
liege also eine Beschwerde vor. Freilich hätte der Anwalt zur Einlegung der Be¬
schwerde eine Vollmacht haben müssen, dieser Mangel sei jedoch beseitigt, da er bei
dem Reichsgericht eine Vollmacht eingeliefert habe. Der Beklagte habe ein Recht
darauf, daß über seine Beschwerde entschieden werde. Dem stehe nicht im Wege,
daß auch die Berufung noch anhängig sei. Doch sei die Beschwerde nicht in ge¬
höriger Form eingelegt. Sie habe zwar dem Gerichtsschreiber zu Protokoll erklärt
werden können, weil es sich um eine amtsgerichtliche Sache handle, aber sie könne
nicht durch Erklärung in einem Verhandlungstermin vor Gericht eingelegt werden.
Außerdem hätte sie, da ein dringender Fall nicht vorliege, nicht bei dem Beschwerde¬
gericht, sondern bei dem Gerichte, gegen dessen Verfügung Beschwerde erhoben werde,
eingereicht werden müssen.

7. Nicht abgeschreckt erhebt der Beklagte nun die Beschwerde gegen den Be¬
schluß des Amtsgerichts vom 1. Oktober 1892 in gehöriger Form. Das Land-


Maßgebliches und Unmaßgebliches

sondern Verfahren sei nach ^ 274 der Zivilprozeßordnung ohne Zweifel zulässig;
unrichtig sei aber, daß U, wie das Amtsgericht angenommen hatte, eine neue Klage
anstellen müsse, um seiue Gegenforderung geltend zu machen.

3. Gestützt hierauf bittet U beim Amtsgericht, ohne eine neue Klage anzu¬
stellen, um Anberaumung eines Termins. Ein Beschluß des Amtsgerichts vom
1. Oktober 1392 erklärt diesen Antrag für unzulässig; der Beklagte müsse in einem
besondern Prozeß klagen, die Ansicht des Landgerichts sei unrichtig.

4. Zur Ausfertigung dieses Beschlusses ist von dem Gerichtsschreiber ein Ur-
teilsformnlar benutzt worden. I legt daher Berufung anstatt Beschwerde ein.
Im Verhandlungstermin beantragt er nötigenfalls das Rechtsmittel als Beschwerde
anzusehen. Hierauf erfolgt ein Beschluß des Landgerichts vom 4. Dezember 1892:
Die Berufung sei ersichtlich unzulässig, da eine solche nur gegen Endnrteile statt¬
finde. Dagegen sei auf die Beschwerde das Amtsgericht unter Aufhebung seines
Beschlusses vom 1. Oktober anzuweisen, in der Sache selbst eine Entscheidung ab¬
zugeben.

Darauf 5. Beschwerde des Klägers X beim Oberlandcsgericht. Beschluß
des Oberlandesgerichts vom 3. Januar 1893: der Beschluß des Landgerichts sei
aufzuheben, und die Kosten des Beschwerdeverfahrens dem Beklagten aufzulegen.
Grüude: Beklagter habe Berufung gegen den Beschluß des Amtsgerichts eingelegt.
Diese sei nicht zurückgenommen worden, das Landgericht hätte daher über die Be¬
rufung in einem Urteil entscheiden müssen. Es sei unstatthaft gewesen, daß das
Landgericht nach dem betreffenden Antrage des Beklagten die Berufung als
Beschwerde angesehen habe. In der Sache könne das Oberlandesgericht nicht ent¬
scheiden, da eine Beschwerde gegen den Beschluß des Amtsgerichts nicht vorliege,
diese auch zunächst an das Landgericht gehen müsse.

Hierauf 6. Beschwerde des Beklagten U beim Reichsgericht. Ein Beschluß
des Reichsgerichts vom 19. Januar 1893 fordert zunächst, daß der Rechtsanwalt,
der für den Beklagten Beschwerde eingelegt hat, eine Vollmacht beibringen müsse.
Nach deren Einlieferung ergeht am 13. Februar 1393 ein zweiter Beschluß. Der
Beschluß des Oberlandesgerichts sei dahin abzuändern, daß uuter Aufhebung des
Beschlusses des Landgerichts die Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluß des
Amtsgerichts zu verwerfen sei, die Kosten aller drei Beschwerdeinstanzen seien dem
Beklagten aufzulegen. Die Gebühren des Reichsgerichts werden niedergeschlagen.
Gründe: Die Beschwerde sei erhoben, denn der Beklagte habe in der Verhand¬
lung vor dem Landgericht für den Fall, daß das Rechtsmittel als Berufung für
unzulässig erachtet würde, Beschwerde eingelegt. Dieser Fall sei eingetreten. Es
liege also eine Beschwerde vor. Freilich hätte der Anwalt zur Einlegung der Be¬
schwerde eine Vollmacht haben müssen, dieser Mangel sei jedoch beseitigt, da er bei
dem Reichsgericht eine Vollmacht eingeliefert habe. Der Beklagte habe ein Recht
darauf, daß über seine Beschwerde entschieden werde. Dem stehe nicht im Wege,
daß auch die Berufung noch anhängig sei. Doch sei die Beschwerde nicht in ge¬
höriger Form eingelegt. Sie habe zwar dem Gerichtsschreiber zu Protokoll erklärt
werden können, weil es sich um eine amtsgerichtliche Sache handle, aber sie könne
nicht durch Erklärung in einem Verhandlungstermin vor Gericht eingelegt werden.
Außerdem hätte sie, da ein dringender Fall nicht vorliege, nicht bei dem Beschwerde¬
gericht, sondern bei dem Gerichte, gegen dessen Verfügung Beschwerde erhoben werde,
eingereicht werden müssen.

7. Nicht abgeschreckt erhebt der Beklagte nun die Beschwerde gegen den Be¬
schluß des Amtsgerichts vom 1. Oktober 1892 in gehöriger Form. Das Land-


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[0290] Maßgebliches und Unmaßgebliches sondern Verfahren sei nach ^ 274 der Zivilprozeßordnung ohne Zweifel zulässig; unrichtig sei aber, daß U, wie das Amtsgericht angenommen hatte, eine neue Klage anstellen müsse, um seiue Gegenforderung geltend zu machen. 3. Gestützt hierauf bittet U beim Amtsgericht, ohne eine neue Klage anzu¬ stellen, um Anberaumung eines Termins. Ein Beschluß des Amtsgerichts vom 1. Oktober 1392 erklärt diesen Antrag für unzulässig; der Beklagte müsse in einem besondern Prozeß klagen, die Ansicht des Landgerichts sei unrichtig. 4. Zur Ausfertigung dieses Beschlusses ist von dem Gerichtsschreiber ein Ur- teilsformnlar benutzt worden. I legt daher Berufung anstatt Beschwerde ein. Im Verhandlungstermin beantragt er nötigenfalls das Rechtsmittel als Beschwerde anzusehen. Hierauf erfolgt ein Beschluß des Landgerichts vom 4. Dezember 1892: Die Berufung sei ersichtlich unzulässig, da eine solche nur gegen Endnrteile statt¬ finde. Dagegen sei auf die Beschwerde das Amtsgericht unter Aufhebung seines Beschlusses vom 1. Oktober anzuweisen, in der Sache selbst eine Entscheidung ab¬ zugeben. Darauf 5. Beschwerde des Klägers X beim Oberlandcsgericht. Beschluß des Oberlandesgerichts vom 3. Januar 1893: der Beschluß des Landgerichts sei aufzuheben, und die Kosten des Beschwerdeverfahrens dem Beklagten aufzulegen. Grüude: Beklagter habe Berufung gegen den Beschluß des Amtsgerichts eingelegt. Diese sei nicht zurückgenommen worden, das Landgericht hätte daher über die Be¬ rufung in einem Urteil entscheiden müssen. Es sei unstatthaft gewesen, daß das Landgericht nach dem betreffenden Antrage des Beklagten die Berufung als Beschwerde angesehen habe. In der Sache könne das Oberlandesgericht nicht ent¬ scheiden, da eine Beschwerde gegen den Beschluß des Amtsgerichts nicht vorliege, diese auch zunächst an das Landgericht gehen müsse. Hierauf 6. Beschwerde des Beklagten U beim Reichsgericht. Ein Beschluß des Reichsgerichts vom 19. Januar 1893 fordert zunächst, daß der Rechtsanwalt, der für den Beklagten Beschwerde eingelegt hat, eine Vollmacht beibringen müsse. Nach deren Einlieferung ergeht am 13. Februar 1393 ein zweiter Beschluß. Der Beschluß des Oberlandesgerichts sei dahin abzuändern, daß uuter Aufhebung des Beschlusses des Landgerichts die Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluß des Amtsgerichts zu verwerfen sei, die Kosten aller drei Beschwerdeinstanzen seien dem Beklagten aufzulegen. Die Gebühren des Reichsgerichts werden niedergeschlagen. Gründe: Die Beschwerde sei erhoben, denn der Beklagte habe in der Verhand¬ lung vor dem Landgericht für den Fall, daß das Rechtsmittel als Berufung für unzulässig erachtet würde, Beschwerde eingelegt. Dieser Fall sei eingetreten. Es liege also eine Beschwerde vor. Freilich hätte der Anwalt zur Einlegung der Be¬ schwerde eine Vollmacht haben müssen, dieser Mangel sei jedoch beseitigt, da er bei dem Reichsgericht eine Vollmacht eingeliefert habe. Der Beklagte habe ein Recht darauf, daß über seine Beschwerde entschieden werde. Dem stehe nicht im Wege, daß auch die Berufung noch anhängig sei. Doch sei die Beschwerde nicht in ge¬ höriger Form eingelegt. Sie habe zwar dem Gerichtsschreiber zu Protokoll erklärt werden können, weil es sich um eine amtsgerichtliche Sache handle, aber sie könne nicht durch Erklärung in einem Verhandlungstermin vor Gericht eingelegt werden. Außerdem hätte sie, da ein dringender Fall nicht vorliege, nicht bei dem Beschwerde¬ gericht, sondern bei dem Gerichte, gegen dessen Verfügung Beschwerde erhoben werde, eingereicht werden müssen. 7. Nicht abgeschreckt erhebt der Beklagte nun die Beschwerde gegen den Be¬ schluß des Amtsgerichts vom 1. Oktober 1892 in gehöriger Form. Das Land-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341857_215089/290>, abgerufen am 23.11.2024.