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Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Drittes Vierteljahr.

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Der Schutz der Gewerbtreibenden gegen unlauter" Mitbewerb

Fällen nicht zu führen. Daher kommt es, daß selbst die lügenhaftesten An¬
kündigungen straffrei ausgehn und in der öffentlichen Meinung zwar für un¬
anständig und unsittlich, aber kaum sür rechtswidrig gehalten werden.

Nächst dem Publikum, das sich durch solche lügenhafte Reklame zu dem
Abschluß schlechter Geschäfte verleiten läßt, werden aber auch dadurch noch
andre Personen, und zwar diese oft noch weit mehr geschädigt, nämlich die
Gewerbtreibenden, denen durch die von dem Reklamchelden geübte Anlockung
des Publikums der Absatz geschmälert wird. Einen Rechtsschutz gegen eine
solche Schädigung kennt das in Deutschland althergebrachte gemeine Recht
ganz und gar nicht.

Einige Arten der auf diesem Gebiete liegenden Täuschungen haben sich
schon seit längerer Zeit dergestalt fühlbar gemacht, daß die deutsche Gesetz¬
gebung dagegen eingeschritten ist. Das deutsche Handelsgesetzbuch enthält Be¬
stimmungen, die den berechtigten Inhaber einer Handelsfirma gegen den Mi߬
brauch dieser Firma durch andre schützen. Ferner gewährt ein Reichsgesetz
vom 30. November 1874 Schutz in dem Gebrauche bestimmter Warenzeichen,
die Gewerbtreibende als von ihnen geführt angemeldet haben. Wir dürfen
die Vorschriften dieser Gesetze wohl als bekannt voraussetzen. Hierauf be¬
schränkt sich aber bis jetzt das auf den fraglichen Schutz abzielende gemeine
deutsche Recht. Auf einem andern Standpunkt, als das deutsche, steht das
französische Recht. Der Code erthält in Art. 1382 folgende Vorschrift: tout
lÄit ciusloonHus als 1'b.oinins <mi oauss ^ autrui un clomnig^s, obliZiz oslni
xg,r ig, laute äuHuizI it sse arrivs, " 1e rvxaror. Es liegt auf der Hand, daß
man aus dieser Vorschrift in ihrer Allgemeinheit alles mögliche folgern kann.
Die französischen Gerichte haben aber, nicht ohne Geschick, gerade auf dem hier
fraglichen Gebiete folgendes daraus hergeleitet. Sie haben den Begriff der
eonoarröllczs äuloMs aufgestellt und daran die Lehre geknüpft, daß der Ge¬
werbtreibende, der sich eines unlautern Wettbewerbs schuldig macht, den dadurch
geschädigten andern Gewerbtreibenden zur Schadloshaltung verpflichtet sei.
Die eonourrönee ckslo^als umfaßt nun gerade die Verhältnisse, wo jemand
durch lügenhafte Reklame andre in der Ausübung desselben Gewerbes schädigt.
Die Gerichte der deutscheu Länder, wo französisches Recht gilt, sind -- wenn
wir einem anscheinend gut unterrichteten Schriftsteller glauben dürfen") --
dieser Praxis der französischen Gerichte nur spärlich gefolgt, was ihnen freilich
insofern nicht zum Vorwurf gereicht, als sie dadurch die Übertreibungen ver¬
mieden haben, in die die französische Praxis offenbar geraten ist.

In neuerer Zeit hat sich aber immer mehr das Bedürfnis fühlbar ge¬
macht, daß auch in Deutschland die Gewerbtreibenden gegen unlautern Wett-



Otto Mayer (Rechtsanwalt in Strajzburg), "Die oonciurronos äslo^g.is" in Gold¬
schmidts Zeitschrift für Handelsrecht, Bd. 26, 1381.
Der Schutz der Gewerbtreibenden gegen unlauter» Mitbewerb

Fällen nicht zu führen. Daher kommt es, daß selbst die lügenhaftesten An¬
kündigungen straffrei ausgehn und in der öffentlichen Meinung zwar für un¬
anständig und unsittlich, aber kaum sür rechtswidrig gehalten werden.

Nächst dem Publikum, das sich durch solche lügenhafte Reklame zu dem
Abschluß schlechter Geschäfte verleiten läßt, werden aber auch dadurch noch
andre Personen, und zwar diese oft noch weit mehr geschädigt, nämlich die
Gewerbtreibenden, denen durch die von dem Reklamchelden geübte Anlockung
des Publikums der Absatz geschmälert wird. Einen Rechtsschutz gegen eine
solche Schädigung kennt das in Deutschland althergebrachte gemeine Recht
ganz und gar nicht.

Einige Arten der auf diesem Gebiete liegenden Täuschungen haben sich
schon seit längerer Zeit dergestalt fühlbar gemacht, daß die deutsche Gesetz¬
gebung dagegen eingeschritten ist. Das deutsche Handelsgesetzbuch enthält Be¬
stimmungen, die den berechtigten Inhaber einer Handelsfirma gegen den Mi߬
brauch dieser Firma durch andre schützen. Ferner gewährt ein Reichsgesetz
vom 30. November 1874 Schutz in dem Gebrauche bestimmter Warenzeichen,
die Gewerbtreibende als von ihnen geführt angemeldet haben. Wir dürfen
die Vorschriften dieser Gesetze wohl als bekannt voraussetzen. Hierauf be¬
schränkt sich aber bis jetzt das auf den fraglichen Schutz abzielende gemeine
deutsche Recht. Auf einem andern Standpunkt, als das deutsche, steht das
französische Recht. Der Code erthält in Art. 1382 folgende Vorschrift: tout
lÄit ciusloonHus als 1'b.oinins <mi oauss ^ autrui un clomnig^s, obliZiz oslni
xg,r ig, laute äuHuizI it sse arrivs, » 1e rvxaror. Es liegt auf der Hand, daß
man aus dieser Vorschrift in ihrer Allgemeinheit alles mögliche folgern kann.
Die französischen Gerichte haben aber, nicht ohne Geschick, gerade auf dem hier
fraglichen Gebiete folgendes daraus hergeleitet. Sie haben den Begriff der
eonoarröllczs äuloMs aufgestellt und daran die Lehre geknüpft, daß der Ge¬
werbtreibende, der sich eines unlautern Wettbewerbs schuldig macht, den dadurch
geschädigten andern Gewerbtreibenden zur Schadloshaltung verpflichtet sei.
Die eonourrönee ckslo^als umfaßt nun gerade die Verhältnisse, wo jemand
durch lügenhafte Reklame andre in der Ausübung desselben Gewerbes schädigt.
Die Gerichte der deutscheu Länder, wo französisches Recht gilt, sind — wenn
wir einem anscheinend gut unterrichteten Schriftsteller glauben dürfen") —
dieser Praxis der französischen Gerichte nur spärlich gefolgt, was ihnen freilich
insofern nicht zum Vorwurf gereicht, als sie dadurch die Übertreibungen ver¬
mieden haben, in die die französische Praxis offenbar geraten ist.

In neuerer Zeit hat sich aber immer mehr das Bedürfnis fühlbar ge¬
macht, daß auch in Deutschland die Gewerbtreibenden gegen unlautern Wett-



Otto Mayer (Rechtsanwalt in Strajzburg), „Die oonciurronos äslo^g.is" in Gold¬
schmidts Zeitschrift für Handelsrecht, Bd. 26, 1381.
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[0250] Der Schutz der Gewerbtreibenden gegen unlauter» Mitbewerb Fällen nicht zu führen. Daher kommt es, daß selbst die lügenhaftesten An¬ kündigungen straffrei ausgehn und in der öffentlichen Meinung zwar für un¬ anständig und unsittlich, aber kaum sür rechtswidrig gehalten werden. Nächst dem Publikum, das sich durch solche lügenhafte Reklame zu dem Abschluß schlechter Geschäfte verleiten läßt, werden aber auch dadurch noch andre Personen, und zwar diese oft noch weit mehr geschädigt, nämlich die Gewerbtreibenden, denen durch die von dem Reklamchelden geübte Anlockung des Publikums der Absatz geschmälert wird. Einen Rechtsschutz gegen eine solche Schädigung kennt das in Deutschland althergebrachte gemeine Recht ganz und gar nicht. Einige Arten der auf diesem Gebiete liegenden Täuschungen haben sich schon seit längerer Zeit dergestalt fühlbar gemacht, daß die deutsche Gesetz¬ gebung dagegen eingeschritten ist. Das deutsche Handelsgesetzbuch enthält Be¬ stimmungen, die den berechtigten Inhaber einer Handelsfirma gegen den Mi߬ brauch dieser Firma durch andre schützen. Ferner gewährt ein Reichsgesetz vom 30. November 1874 Schutz in dem Gebrauche bestimmter Warenzeichen, die Gewerbtreibende als von ihnen geführt angemeldet haben. Wir dürfen die Vorschriften dieser Gesetze wohl als bekannt voraussetzen. Hierauf be¬ schränkt sich aber bis jetzt das auf den fraglichen Schutz abzielende gemeine deutsche Recht. Auf einem andern Standpunkt, als das deutsche, steht das französische Recht. Der Code erthält in Art. 1382 folgende Vorschrift: tout lÄit ciusloonHus als 1'b.oinins <mi oauss ^ autrui un clomnig^s, obliZiz oslni xg,r ig, laute äuHuizI it sse arrivs, » 1e rvxaror. Es liegt auf der Hand, daß man aus dieser Vorschrift in ihrer Allgemeinheit alles mögliche folgern kann. Die französischen Gerichte haben aber, nicht ohne Geschick, gerade auf dem hier fraglichen Gebiete folgendes daraus hergeleitet. Sie haben den Begriff der eonoarröllczs äuloMs aufgestellt und daran die Lehre geknüpft, daß der Ge¬ werbtreibende, der sich eines unlautern Wettbewerbs schuldig macht, den dadurch geschädigten andern Gewerbtreibenden zur Schadloshaltung verpflichtet sei. Die eonourrönee ckslo^als umfaßt nun gerade die Verhältnisse, wo jemand durch lügenhafte Reklame andre in der Ausübung desselben Gewerbes schädigt. Die Gerichte der deutscheu Länder, wo französisches Recht gilt, sind — wenn wir einem anscheinend gut unterrichteten Schriftsteller glauben dürfen") — dieser Praxis der französischen Gerichte nur spärlich gefolgt, was ihnen freilich insofern nicht zum Vorwurf gereicht, als sie dadurch die Übertreibungen ver¬ mieden haben, in die die französische Praxis offenbar geraten ist. In neuerer Zeit hat sich aber immer mehr das Bedürfnis fühlbar ge¬ macht, daß auch in Deutschland die Gewerbtreibenden gegen unlautern Wett- Otto Mayer (Rechtsanwalt in Strajzburg), „Die oonciurronos äslo^g.is" in Gold¬ schmidts Zeitschrift für Handelsrecht, Bd. 26, 1381.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341857_215089/250>, abgerufen am 23.11.2024.