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Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Drittes Vierteljahr.

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Line einzige Steuer!

vererben. Denn die Natur giebt nur der Arbeit und der Arbeit allein. Wir
glauben daher, daß wahres, gerechtes "Eigentum" nur aus "eigen Thun"
entstehen könne.

Durch wessen "Thun" ist aber die Erde entstanden? Welcher Mensch
könnte die Erde mit ihren Urstoffen oder auch nur einen Teil von ihr als
seine Arbcitsfrucht beanspruchen? Welches Naturrecht kann man anführen, das
dein einzelnen Menschen gestattete, die Erde zu verkaufen, zu verschenken oder
gar noch mit seinein Willen über sie zu verfügen, nachdem er selbst ein Erden¬
kloß geworden ist?

Weil nun die Erde nicht von uns gemacht worden ist, sondern nur ein.
zeitweiliger Aufeuthalt für die kurze Dauer unsers Erdenlebens ist, ans der
ein Menschengeschlecht dem andern folgt, und weil wir alle zweifellos mit der
Erlaubnis unsers Schöpfers auf dieser Erde weilen, kann doch offenbar nie¬
mand ein ausschließliches Recht auf den Erdboden beanspruchen.

Das gleiche Recht aller Menschen auf den Erdboden ergiebt sich ans
dem gleichen Recht auf das Leben. Denn wer es verneint, wer behauptet: das
Recht, die Erde als Wohn- und Arbeitsstätte zu besitzen und ihre Urstoffe zu
benutzen, komme nur einigen Menschen zu, der bestreitet den andern boden¬
losen Menschen das Recht, zu leben, er macht ihr Dasein auf dieser, ihnen
nicht gehörenden, Erde von dem guten Willen und den Bedingungen jener
Grundeigentümer abhängig.

Es muß nun zwar ein Recht auf ausschließlichen Besitz von Grund und
Boden geben. Denn der Mensch, der ihn bebaut und benutzt, muß einen
festen Besitz haben, um die Früchte seiner Arbeit in Sicherheit zu genießen.
Aber dieses Recht des Besitzes hat seine Grenze in dem gleichen Anrecht
aller Menschen.

Da sich aber der Erdboden bei unsern heutigen wirtschaftlichen Verhält¬
nissen nicht in gleiche kleine Stücke zerteilen läßt, da viele heute gar nicht un¬
mittelbare Grundbesitzer sein können oder wollen, so läßt sich ihr Eigentumsrecht
an den Grundwerken, die sie mit erzeugen helfen, auch auf andre Weise wahren.
Um das gleiche Anrecht aller Bürger an den Erdboden zu sichern, braucht
man nur an das Vorrecht des Besitzes die Pflicht einer gleichwertigen jähr¬
lichen Entschädigung zu knüpfen, die der Gesamtheit, also mittelbar wiederum
jedem einzelnen zu gute kommt.

Wenn man Hänser, Ernten, Möbel, Kapital oder Güterwohlstand in
irgend einer seiner Formen besteuert, so nimmt man dem einzelnen, was recht¬
mäßig dem einzelnen gehört. Man verletzt das Eigentumsrecht, und es wird
im Namen der Gesellschaft ein Raub an dem einzelnen begangen. Wenn man
aber die Grund- und Bodenwerte besteuert, dann nimmt man dem einzelnen,
was gerechterweise nicht ihm, sondern der Gesellschaft zukommt. Denn nur
die Gesellschaft erzeugt Rentenwerte, der einzelne kann nur Güter produziren.


Line einzige Steuer!

vererben. Denn die Natur giebt nur der Arbeit und der Arbeit allein. Wir
glauben daher, daß wahres, gerechtes „Eigentum" nur aus „eigen Thun"
entstehen könne.

Durch wessen „Thun" ist aber die Erde entstanden? Welcher Mensch
könnte die Erde mit ihren Urstoffen oder auch nur einen Teil von ihr als
seine Arbcitsfrucht beanspruchen? Welches Naturrecht kann man anführen, das
dein einzelnen Menschen gestattete, die Erde zu verkaufen, zu verschenken oder
gar noch mit seinein Willen über sie zu verfügen, nachdem er selbst ein Erden¬
kloß geworden ist?

Weil nun die Erde nicht von uns gemacht worden ist, sondern nur ein.
zeitweiliger Aufeuthalt für die kurze Dauer unsers Erdenlebens ist, ans der
ein Menschengeschlecht dem andern folgt, und weil wir alle zweifellos mit der
Erlaubnis unsers Schöpfers auf dieser Erde weilen, kann doch offenbar nie¬
mand ein ausschließliches Recht auf den Erdboden beanspruchen.

Das gleiche Recht aller Menschen auf den Erdboden ergiebt sich ans
dem gleichen Recht auf das Leben. Denn wer es verneint, wer behauptet: das
Recht, die Erde als Wohn- und Arbeitsstätte zu besitzen und ihre Urstoffe zu
benutzen, komme nur einigen Menschen zu, der bestreitet den andern boden¬
losen Menschen das Recht, zu leben, er macht ihr Dasein auf dieser, ihnen
nicht gehörenden, Erde von dem guten Willen und den Bedingungen jener
Grundeigentümer abhängig.

Es muß nun zwar ein Recht auf ausschließlichen Besitz von Grund und
Boden geben. Denn der Mensch, der ihn bebaut und benutzt, muß einen
festen Besitz haben, um die Früchte seiner Arbeit in Sicherheit zu genießen.
Aber dieses Recht des Besitzes hat seine Grenze in dem gleichen Anrecht
aller Menschen.

Da sich aber der Erdboden bei unsern heutigen wirtschaftlichen Verhält¬
nissen nicht in gleiche kleine Stücke zerteilen läßt, da viele heute gar nicht un¬
mittelbare Grundbesitzer sein können oder wollen, so läßt sich ihr Eigentumsrecht
an den Grundwerken, die sie mit erzeugen helfen, auch auf andre Weise wahren.
Um das gleiche Anrecht aller Bürger an den Erdboden zu sichern, braucht
man nur an das Vorrecht des Besitzes die Pflicht einer gleichwertigen jähr¬
lichen Entschädigung zu knüpfen, die der Gesamtheit, also mittelbar wiederum
jedem einzelnen zu gute kommt.

Wenn man Hänser, Ernten, Möbel, Kapital oder Güterwohlstand in
irgend einer seiner Formen besteuert, so nimmt man dem einzelnen, was recht¬
mäßig dem einzelnen gehört. Man verletzt das Eigentumsrecht, und es wird
im Namen der Gesellschaft ein Raub an dem einzelnen begangen. Wenn man
aber die Grund- und Bodenwerte besteuert, dann nimmt man dem einzelnen,
was gerechterweise nicht ihm, sondern der Gesellschaft zukommt. Denn nur
die Gesellschaft erzeugt Rentenwerte, der einzelne kann nur Güter produziren.


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[0024] Line einzige Steuer! vererben. Denn die Natur giebt nur der Arbeit und der Arbeit allein. Wir glauben daher, daß wahres, gerechtes „Eigentum" nur aus „eigen Thun" entstehen könne. Durch wessen „Thun" ist aber die Erde entstanden? Welcher Mensch könnte die Erde mit ihren Urstoffen oder auch nur einen Teil von ihr als seine Arbcitsfrucht beanspruchen? Welches Naturrecht kann man anführen, das dein einzelnen Menschen gestattete, die Erde zu verkaufen, zu verschenken oder gar noch mit seinein Willen über sie zu verfügen, nachdem er selbst ein Erden¬ kloß geworden ist? Weil nun die Erde nicht von uns gemacht worden ist, sondern nur ein. zeitweiliger Aufeuthalt für die kurze Dauer unsers Erdenlebens ist, ans der ein Menschengeschlecht dem andern folgt, und weil wir alle zweifellos mit der Erlaubnis unsers Schöpfers auf dieser Erde weilen, kann doch offenbar nie¬ mand ein ausschließliches Recht auf den Erdboden beanspruchen. Das gleiche Recht aller Menschen auf den Erdboden ergiebt sich ans dem gleichen Recht auf das Leben. Denn wer es verneint, wer behauptet: das Recht, die Erde als Wohn- und Arbeitsstätte zu besitzen und ihre Urstoffe zu benutzen, komme nur einigen Menschen zu, der bestreitet den andern boden¬ losen Menschen das Recht, zu leben, er macht ihr Dasein auf dieser, ihnen nicht gehörenden, Erde von dem guten Willen und den Bedingungen jener Grundeigentümer abhängig. Es muß nun zwar ein Recht auf ausschließlichen Besitz von Grund und Boden geben. Denn der Mensch, der ihn bebaut und benutzt, muß einen festen Besitz haben, um die Früchte seiner Arbeit in Sicherheit zu genießen. Aber dieses Recht des Besitzes hat seine Grenze in dem gleichen Anrecht aller Menschen. Da sich aber der Erdboden bei unsern heutigen wirtschaftlichen Verhält¬ nissen nicht in gleiche kleine Stücke zerteilen läßt, da viele heute gar nicht un¬ mittelbare Grundbesitzer sein können oder wollen, so läßt sich ihr Eigentumsrecht an den Grundwerken, die sie mit erzeugen helfen, auch auf andre Weise wahren. Um das gleiche Anrecht aller Bürger an den Erdboden zu sichern, braucht man nur an das Vorrecht des Besitzes die Pflicht einer gleichwertigen jähr¬ lichen Entschädigung zu knüpfen, die der Gesamtheit, also mittelbar wiederum jedem einzelnen zu gute kommt. Wenn man Hänser, Ernten, Möbel, Kapital oder Güterwohlstand in irgend einer seiner Formen besteuert, so nimmt man dem einzelnen, was recht¬ mäßig dem einzelnen gehört. Man verletzt das Eigentumsrecht, und es wird im Namen der Gesellschaft ein Raub an dem einzelnen begangen. Wenn man aber die Grund- und Bodenwerte besteuert, dann nimmt man dem einzelnen, was gerechterweise nicht ihm, sondern der Gesellschaft zukommt. Denn nur die Gesellschaft erzeugt Rentenwerte, der einzelne kann nur Güter produziren.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341857_215089/24>, abgerufen am 24.11.2024.