Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Drittes Vierteljahr.Die ätherische Volksmoral im Drama Sie stürzt hinaus, kehrt aber noch mehreremale zum Ehebett zurück. Ad- Weh, weh! Ich vernehme das traurige Wort, Und da Alkestis ihn bittet, den Kindern keine Fremde mis Stiefmutter zuzu¬
Der Todesgott führt sie nun fort ius Reich der Schatte". Herakles kehrt
Da Herakles mit Bitten nicht nachläßt, will sie Admet durch einen Diener
Die ätherische Volksmoral im Drama Sie stürzt hinaus, kehrt aber noch mehreremale zum Ehebett zurück. Ad- Weh, weh! Ich vernehme das traurige Wort, Und da Alkestis ihn bittet, den Kindern keine Fremde mis Stiefmutter zuzu¬
Der Todesgott führt sie nun fort ius Reich der Schatte». Herakles kehrt
Da Herakles mit Bitten nicht nachläßt, will sie Admet durch einen Diener
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0219" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/215309"/> <fw type="header" place="top"> Die ätherische Volksmoral im Drama</fw><lb/> <p xml:id="ID_728"> Sie stürzt hinaus, kehrt aber noch mehreremale zum Ehebett zurück. Ad-<lb/> metos klagt:</p><lb/> <quote> Weh, weh! Ich vernehme das traurige Wort,<lb/> Das bittrer mir ist als jeglicher Tod.<lb/> Bei den Himmlischen sich ich, verlaß mich nicht,<lb/> Bei den Kinderchen, die dein Scheiden verwaist.<lb/> Wohlauf, harr aus!<lb/> Denn stirbst du, leb auch ich nicht mehr.<lb/> Bei dir ist Leben und Tod für mich;<lb/> Dich acht ich als heilig, v Liebe!</quote><lb/> <p xml:id="ID_729"> Und da Alkestis ihn bittet, den Kindern keine Fremde mis Stiefmutter zuzu¬<lb/> führen, beteuert er, er werde überhaupt nicht Mieder heiraten, an keinem Gast¬<lb/> mahl mehr teilnehmen,</p><lb/> <quote> <p xml:id="ID_730"> Noch mich begeistern zum Gesaug bei libyscher</p> <p xml:id="ID_731"> Festflöte; denn du raubtest mir des Lebens Reiz.</p> <p xml:id="ID_732"> Bon eines Künstlers Meisterhand gebildet, wird</p> <p xml:id="ID_733"> Vor meinem Lager aufgestellt dein Ebenbild;</p> <p xml:id="ID_734"> Dort hingesunken, und die Hand' umschlingend ihm,</p> <p xml:id="ID_735"> Und deinen Namen rufend, werd ich wähnen, dich</p> <p xml:id="ID_736"> Im Arm zu halten, Liebe.</p> </quote><lb/> <p xml:id="ID_737"> Der Todesgott führt sie nun fort ius Reich der Schatte». Herakles kehrt<lb/> als Gast ins Trauerhaus ein, und als er erfahren hat, Mas geschehen ist,<lb/> geht er der Verstorbnen nach. Nach einiger Zeit kehrt er zurück, ein ver¬<lb/> schleiertes Weib an der Hand führend, und bittet den Admet, es ihm zu be¬<lb/> wahren, bis er den König im Bastarncrland ermordet haben werde. Admet<lb/> bittet, er möge sie einem andern in Verwahrung geben;</p><lb/> <quote> <p xml:id="ID_738"> Ich konnte niemals dieses Weib im Hause sehn</p> <p xml:id="ID_739"> Und ohne Thränen bleiben; drum geselle mir</p> <p xml:id="ID_740"> Nicht Leid zu Leiden; mich beschwert mein Gram genug.</p> <p xml:id="ID_741"> Und wo beherbergt' ich im Hans das junge Weib?</p> <p xml:id="ID_742"> Sie sollte wohnen, wo das Männervolk verkehrt?</p> <p xml:id="ID_743"> Wie wird sie schuldlos bleibe» unter Jünglingen?</p> </quote><lb/> <p xml:id="ID_744"> Da Herakles mit Bitten nicht nachläßt, will sie Admet durch einen Diener<lb/> hineinführen lassen, aber das gestattet Herakles nicht; er sagt:</p><lb/> <quote> <p xml:id="ID_745"> In deine Hände, König, übergeb ich sie.</p> <note type="speaker"> Admetos</note> <p xml:id="ID_746"> Ich rühre sie nicht an; sie trete nur ins Haus.</p> <note type="speaker"> Herakles</note> <p xml:id="ID_747"> Ich werde sie nur deiner Rechten anvertraun.</p> <note type="speaker"> Admetos</note> <p xml:id="ID_748"> O Herr, du zwingst mich! Wider Willen muß ichs thun!</p> <note type="speaker"> Herakles</note> <p xml:id="ID_749"> streck aus die Hand, Admetos, kühn berühre sie!</p> <note type="speaker"> Admetos (das Gesicht abwendend)</note> <p xml:id="ID_750" next="#ID_751"> So will ich sie berühren, wie der Gvrgv Haupt.</p> </quote><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0219]
Die ätherische Volksmoral im Drama
Sie stürzt hinaus, kehrt aber noch mehreremale zum Ehebett zurück. Ad-
metos klagt:
Weh, weh! Ich vernehme das traurige Wort,
Das bittrer mir ist als jeglicher Tod.
Bei den Himmlischen sich ich, verlaß mich nicht,
Bei den Kinderchen, die dein Scheiden verwaist.
Wohlauf, harr aus!
Denn stirbst du, leb auch ich nicht mehr.
Bei dir ist Leben und Tod für mich;
Dich acht ich als heilig, v Liebe!
Und da Alkestis ihn bittet, den Kindern keine Fremde mis Stiefmutter zuzu¬
führen, beteuert er, er werde überhaupt nicht Mieder heiraten, an keinem Gast¬
mahl mehr teilnehmen,
Noch mich begeistern zum Gesaug bei libyscher
Festflöte; denn du raubtest mir des Lebens Reiz.
Bon eines Künstlers Meisterhand gebildet, wird
Vor meinem Lager aufgestellt dein Ebenbild;
Dort hingesunken, und die Hand' umschlingend ihm,
Und deinen Namen rufend, werd ich wähnen, dich
Im Arm zu halten, Liebe.
Der Todesgott führt sie nun fort ius Reich der Schatte». Herakles kehrt
als Gast ins Trauerhaus ein, und als er erfahren hat, Mas geschehen ist,
geht er der Verstorbnen nach. Nach einiger Zeit kehrt er zurück, ein ver¬
schleiertes Weib an der Hand führend, und bittet den Admet, es ihm zu be¬
wahren, bis er den König im Bastarncrland ermordet haben werde. Admet
bittet, er möge sie einem andern in Verwahrung geben;
Ich konnte niemals dieses Weib im Hause sehn
Und ohne Thränen bleiben; drum geselle mir
Nicht Leid zu Leiden; mich beschwert mein Gram genug.
Und wo beherbergt' ich im Hans das junge Weib?
Sie sollte wohnen, wo das Männervolk verkehrt?
Wie wird sie schuldlos bleibe» unter Jünglingen?
Da Herakles mit Bitten nicht nachläßt, will sie Admet durch einen Diener
hineinführen lassen, aber das gestattet Herakles nicht; er sagt:
In deine Hände, König, übergeb ich sie.
Admetos Ich rühre sie nicht an; sie trete nur ins Haus.
Herakles Ich werde sie nur deiner Rechten anvertraun.
Admetos O Herr, du zwingst mich! Wider Willen muß ichs thun!
Herakles streck aus die Hand, Admetos, kühn berühre sie!
Admetos (das Gesicht abwendend) So will ich sie berühren, wie der Gvrgv Haupt.
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |