Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Drittes Vierteljahr.Nur die sich Reichtum unerwartet ernteten, Da Kassmidra stumm und unbeweglich bleibt, so wird Klytaimnestra, die sich Ein klarer Dolmetsch thut der armen Fremden not; Klytaimnestra aber schilt sie eine rasende, worauf der Chor sagt: Ich aber -- Mitleid fühl ich, zürnen will ich nicht! Semen milden Sinn bewahrte sich das Hellenenvolk auch noch unter der Nur die sich Reichtum unerwartet ernteten, Da Kassmidra stumm und unbeweglich bleibt, so wird Klytaimnestra, die sich Ein klarer Dolmetsch thut der armen Fremden not; Klytaimnestra aber schilt sie eine rasende, worauf der Chor sagt: Ich aber — Mitleid fühl ich, zürnen will ich nicht! Semen milden Sinn bewahrte sich das Hellenenvolk auch noch unter der <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0141" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/215231"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <quote> Nur die sich Reichtum unerwartet ernteten,<lb/> sind ihren Sklaven immer hart und ohn Gebühr;<lb/> Bei uns erhältst du, was für recht und billig gilt.</quote><lb/> <p xml:id="ID_468"> Da Kassmidra stumm und unbeweglich bleibt, so wird Klytaimnestra, die sich<lb/> ohnehin zur verstellten Freundlichkeit gegen die — wie sie argwöhnt — Buhle<lb/> des verhaßten Mannes zwingen muß, sehr ungeduldig. Der Chor aber meint:</p><lb/> <quote> Ein klarer Dolmetsch thut der armen Fremden not;<lb/> Wie eines neugefangnen Wildes ist ihr Thun.</quote><lb/> <p xml:id="ID_469"> Klytaimnestra aber schilt sie eine rasende, worauf der Chor sagt:</p><lb/> <quote> Ich aber — Mitleid fühl ich, zürnen will ich nicht!<lb/> So komm, du Arme; deinen Wagen steig herab;<lb/> Dem Zwange weichend weih das neue Joch dir ein.</quote><lb/> <p xml:id="ID_470"> Semen milden Sinn bewahrte sich das Hellenenvolk auch noch unter der<lb/> Römerherrschaft, wie sein Widerwille gegen die Gladiatorenkämpfe beweist.<lb/> In Griechenland, sagt Friedländer im zweiten Baude seiner Darstellungen aus<lb/> der Sittengeschichte Roms (Bd. II., S. 426), „setzte die Bildung und Gesittung<lb/> des Volks der Einführung der Fechterspiele einen lebhaften Widerstand entgegen,<lb/> der immerhin soviel vermochte, daß sie dort nicht so allgemein wurden, wie<lb/> in den westlichen Provinzen. Doch freilich bewies die Gewohnheit ihre un¬<lb/> widerstehliche Macht auch hier. Dies hatte sich schon damals gezeigt, als<lb/> König Antiochus Epiphcmes zum erstenmale in Syrien und wahrscheinlich auch<lb/> in Griechenland Gladicitoreuspiele einführte. Zuerst erzeugten sie mehr Ent¬<lb/> setzen als Vergnügen; aber durch häufige Wiederholung und indem er die<lb/> Kämpfe anfangs nur bis zu Verwundungen, dann bis zum Fall eines Fechters<lb/> fortführen ließ, brachte er es dahin, daß sie Beifall fanden." Doch war es,<lb/> wie er weiterhin bemerkt, in Griechenland immer nur der Pöbel, dem sie ge¬<lb/> fielen; die Gebildeten waren einstimmig in ihrer Verurteilung, und ein Amphi¬<lb/> theater läßt sich nur in Korinth nachweisen, das, als römische Kolonie neu<lb/> gegründet, von rohem Volke ungriechischer Abstammung wimmelte.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0141]
Nur die sich Reichtum unerwartet ernteten,
sind ihren Sklaven immer hart und ohn Gebühr;
Bei uns erhältst du, was für recht und billig gilt.
Da Kassmidra stumm und unbeweglich bleibt, so wird Klytaimnestra, die sich
ohnehin zur verstellten Freundlichkeit gegen die — wie sie argwöhnt — Buhle
des verhaßten Mannes zwingen muß, sehr ungeduldig. Der Chor aber meint:
Ein klarer Dolmetsch thut der armen Fremden not;
Wie eines neugefangnen Wildes ist ihr Thun.
Klytaimnestra aber schilt sie eine rasende, worauf der Chor sagt:
Ich aber — Mitleid fühl ich, zürnen will ich nicht!
So komm, du Arme; deinen Wagen steig herab;
Dem Zwange weichend weih das neue Joch dir ein.
Semen milden Sinn bewahrte sich das Hellenenvolk auch noch unter der
Römerherrschaft, wie sein Widerwille gegen die Gladiatorenkämpfe beweist.
In Griechenland, sagt Friedländer im zweiten Baude seiner Darstellungen aus
der Sittengeschichte Roms (Bd. II., S. 426), „setzte die Bildung und Gesittung
des Volks der Einführung der Fechterspiele einen lebhaften Widerstand entgegen,
der immerhin soviel vermochte, daß sie dort nicht so allgemein wurden, wie
in den westlichen Provinzen. Doch freilich bewies die Gewohnheit ihre un¬
widerstehliche Macht auch hier. Dies hatte sich schon damals gezeigt, als
König Antiochus Epiphcmes zum erstenmale in Syrien und wahrscheinlich auch
in Griechenland Gladicitoreuspiele einführte. Zuerst erzeugten sie mehr Ent¬
setzen als Vergnügen; aber durch häufige Wiederholung und indem er die
Kämpfe anfangs nur bis zu Verwundungen, dann bis zum Fall eines Fechters
fortführen ließ, brachte er es dahin, daß sie Beifall fanden." Doch war es,
wie er weiterhin bemerkt, in Griechenland immer nur der Pöbel, dem sie ge¬
fielen; die Gebildeten waren einstimmig in ihrer Verurteilung, und ein Amphi¬
theater läßt sich nur in Korinth nachweisen, das, als römische Kolonie neu
gegründet, von rohem Volke ungriechischer Abstammung wimmelte.
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