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Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Zweites Vierteljahr.

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um den finanziellen und kommerziellen Einfluß in dem betreffenden Lande zu
behaupten, ihn auf verschiednen Gebieten auszunutzen und neue Verbindungen
anzubahnen. Hand in Hand sollten Kapital und Industrie, wenn sie im Aus¬
lande Beschäftigung suchen, diesem Ziele zustreben. Wo sie es erreichen, wird
sich voraussichtlich eine gewisse Stetigkeit in unsern Beziehungen zum Aus¬
lande bilden, deren Wert darin besteht, in weniger günstigen Zeiten ebenso
für den vielfachen Schwankungen nnterworfnen Exporthandel, wie für bloße
Finanzgeschäfte, die ebenfalls stets von den jeweiligen Verhältnissen abhängen,
Ersatz zu bieten.

Die Vertretung aller dieser Interessen ist bisher ausschließlich Aufgabe
der Konsuln gewesen. Zwar hat das Bedürfnis, sich einander zu nähern und
die Solidarität der Interessen der im Auslande lebenden Angehörigen eines
Landes unter sich zu stärken, vielfach Landsmannschaften für wohlthätige und
Klubs für gesellige Zwecke geschaffen. Wie natürlich, haben diese auch ihre
gemeinsamen wirtschaftlichen Interessen zum Gegenstande der Beratung ge¬
macht, um sich für den Fall der Not zu schützen, sei es gegen bevorstehende
Maßregeln der Zollbehörden, sei es um Erleichterungen von der fremden
oder von der Regierung des Mutterlandes zu erlangen. Aber die Konsuln
haben es leider bisher nicht verstanden, sich dieser natürlichen Bildungen zu
bedienen, einfach weil sie dazu keine Anregung oder keine Erlaubnis von ihrer
Regierung erhielten.

Wenn der Ausschuß des Zentralverbandes deutscher Industriellen in seiner
Sitzung vom 4. Februar dieses Jahres meinte, die Gründung derartiger
Korporationen müsse den deutschen Kaufleuten im Auslande selbst überlassen
bleiben, so scheint uns das nicht richtig zu sein; der Staat sollte die Sache
in die Hand nehmen. England steht mit einer freiwilligen, von der Re¬
gierung unabhängigen Stiftung allein: Frankreich, Italien und Österreich haben
nur staatliche Handelskanunern im Auslande, teilweise allerdings mit einer
gewissen Freiheit der eignen Verfassung.

>----' Die Organisation der erstrebten Handelskammern würde sich, -um auch
davon noch ein kurzes Wort zu sagen, am besten nach dem Muster der öster¬
reichischen und italienischen, d. h. zwar in unmittelbarer Fühlung mit dem be¬
treffenden Ministerium des Mutterlandes, im übrigen aber mit eigner Ver¬
fassung einrichten lassen. Ihr Schwerpunkt müßte stets in Deutschland liegen,
wobei nicht ausgeschlossen wäre, daß sie mit der Wahrung der deutschen In¬
teressen ihre eignen im Auslande pflegten und förderten.

Um amtlich anerkannt zu werden, wäre ihr Statut dem deutschen Konsul
ihres Platzes zu unterbreiten, der auch eine Art überwachender Stellung ein¬
nehmen würde. Mit den Jnlaudskammern müßte unmittelbar Verkehr und
Schriftwechsel bestehen, wie auch die ganze Organisation ein treues Spiegel¬
bild der Jnlaudskammern abgeben müßte. Statt des Handelsregisters würde


um den finanziellen und kommerziellen Einfluß in dem betreffenden Lande zu
behaupten, ihn auf verschiednen Gebieten auszunutzen und neue Verbindungen
anzubahnen. Hand in Hand sollten Kapital und Industrie, wenn sie im Aus¬
lande Beschäftigung suchen, diesem Ziele zustreben. Wo sie es erreichen, wird
sich voraussichtlich eine gewisse Stetigkeit in unsern Beziehungen zum Aus¬
lande bilden, deren Wert darin besteht, in weniger günstigen Zeiten ebenso
für den vielfachen Schwankungen nnterworfnen Exporthandel, wie für bloße
Finanzgeschäfte, die ebenfalls stets von den jeweiligen Verhältnissen abhängen,
Ersatz zu bieten.

Die Vertretung aller dieser Interessen ist bisher ausschließlich Aufgabe
der Konsuln gewesen. Zwar hat das Bedürfnis, sich einander zu nähern und
die Solidarität der Interessen der im Auslande lebenden Angehörigen eines
Landes unter sich zu stärken, vielfach Landsmannschaften für wohlthätige und
Klubs für gesellige Zwecke geschaffen. Wie natürlich, haben diese auch ihre
gemeinsamen wirtschaftlichen Interessen zum Gegenstande der Beratung ge¬
macht, um sich für den Fall der Not zu schützen, sei es gegen bevorstehende
Maßregeln der Zollbehörden, sei es um Erleichterungen von der fremden
oder von der Regierung des Mutterlandes zu erlangen. Aber die Konsuln
haben es leider bisher nicht verstanden, sich dieser natürlichen Bildungen zu
bedienen, einfach weil sie dazu keine Anregung oder keine Erlaubnis von ihrer
Regierung erhielten.

Wenn der Ausschuß des Zentralverbandes deutscher Industriellen in seiner
Sitzung vom 4. Februar dieses Jahres meinte, die Gründung derartiger
Korporationen müsse den deutschen Kaufleuten im Auslande selbst überlassen
bleiben, so scheint uns das nicht richtig zu sein; der Staat sollte die Sache
in die Hand nehmen. England steht mit einer freiwilligen, von der Re¬
gierung unabhängigen Stiftung allein: Frankreich, Italien und Österreich haben
nur staatliche Handelskanunern im Auslande, teilweise allerdings mit einer
gewissen Freiheit der eignen Verfassung.

>----' Die Organisation der erstrebten Handelskammern würde sich, -um auch
davon noch ein kurzes Wort zu sagen, am besten nach dem Muster der öster¬
reichischen und italienischen, d. h. zwar in unmittelbarer Fühlung mit dem be¬
treffenden Ministerium des Mutterlandes, im übrigen aber mit eigner Ver¬
fassung einrichten lassen. Ihr Schwerpunkt müßte stets in Deutschland liegen,
wobei nicht ausgeschlossen wäre, daß sie mit der Wahrung der deutschen In¬
teressen ihre eignen im Auslande pflegten und förderten.

Um amtlich anerkannt zu werden, wäre ihr Statut dem deutschen Konsul
ihres Platzes zu unterbreiten, der auch eine Art überwachender Stellung ein¬
nehmen würde. Mit den Jnlaudskammern müßte unmittelbar Verkehr und
Schriftwechsel bestehen, wie auch die ganze Organisation ein treues Spiegel¬
bild der Jnlaudskammern abgeben müßte. Statt des Handelsregisters würde


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341857_214455/63>, abgerufen am 24.07.2024.