Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Zweites Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Deutsche Handelskammern im Auslande

für Ostindien, vielleicht in Kalkutta, nicht deutlicher ausgesprochen werden
könne, Alle solche Einrichtungen, wie Musterlnger, Ausstellungen und andre
für die deutsche Industrie Propaganda machende Schöpfungen würde" durch
eine Allslandskammer, die behördlichen Charakter trägt, am zweckdienlichste"
ins Leben gerufen und überwacht werden können. Die Versuche, die bisher
von einzelnen deutschen Firmen zur Eroberung einer festen Stellung in diesem
Konkurrenzkampf gemacht worden sind, stehen vereinzelt da ""d entbehren
auch als Privatunternehmungen des festen Untergrundes, den eine staatlich
unterstützte und privilegirte Körperschaft hat; uur in wenigen Fällen sind
sie der englischen Konkurrenz gegenüber von Erfolg gewesen. Von Deutschland
aus aber mit diesen fernen Ländern durch Reisende Geschäftsverbindungen an-
zuknüpfen, fehlt es an der genügenden Kenntnis der lokalen Verhältnisse so¬
wohl wie des Charakters der Bevölkerung, ganz abgesehen von deu unver¬
hältnismäßig hohen Kosten.

Die von uns befürworteten Auslcmdskammern würden also auch eine
schöpferische Thätigkeit entfalten können. Den" die deutsche Handelswelt soll
sich nicht damit begnügen, nnr Fabrikate auszuführen und etwa Anleihen ab¬
zuschließen, sondern es wäre zu wünschen, daß sie, wie es namentlich England
thut, ihr Augenmerk auch auf die Errichtung und den Erwerb dauernder An¬
lagen im fremden Lande richtete. Der Absatz eines Ausfuhrartikels ist stets
mehr oder weniger von Konjunkturen abhängig. Im Vergleich zu dem Bau
von Eisenbahnen, Tramwahs und Brücke", der Anlegung von Telegraphen,
Bcleuchtungs-, Wasser-, Hafen- und Kaualisationswerken u. s. w. bietet der
Export von Einzelfabrikate" das Bild einer Augenblickserscheiuung. Seine
Dauer hängt vielfach von ""berechenbare" Umstände", neuen Erfindungen, "eilen
Mode" u. f. w. ab. Dazu kommt, daß sich in manche" überseeischen Ländern,
die heute noch gute Absatzgebiete für unsre Fabrikate sind, die eigne Jndustrie-
krcift zu regen beginnt. Bei dem Aufschwung der amerikanische" Staate",
Japans, auch Indiens verhehlen sich sachverständige Interessenten z. B. nicht,
daß es nur noch eine Frage der Zeit sei, wie lange gewisse europäische Länder
noch ausschließlich von den Produkten des europäischen Marktes abhängen,
Angesichts dieser Wahrnehmungen lohnt es sich wohl, die Aufmerksamkeit des
deutschen Kapitals, der deutschen Fabrikation und der deutschen Arbeitskraft
besonders auch auf die Bedeutung und den Vorteil hinzulenken , die, wie das
Beispiel Englands und Frankreichs lehrt, der Besitz bleibender Anlagen in
fremden Ländern für das Heimatland zu haben Pflegt. Derartige Unter¬
nehmungen gestalten sich weit produktiver als einmalige Geschäfte mit augen-
blicklichen Gewinn. Außer dem Unternehmervorteil sichern sie gewöhnlich dein
Ursprungslands auf geraume Zeit deu Bezug des erforderlichen Materials,
gewähren fortlaufende Einnahmen, bieten bei ihrer Verwaltung überschüssigen
Arbeitskräften Verwendung und eignen sich vorzüglich zum Ausga"gspu"le,


Deutsche Handelskammern im Auslande

für Ostindien, vielleicht in Kalkutta, nicht deutlicher ausgesprochen werden
könne, Alle solche Einrichtungen, wie Musterlnger, Ausstellungen und andre
für die deutsche Industrie Propaganda machende Schöpfungen würde» durch
eine Allslandskammer, die behördlichen Charakter trägt, am zweckdienlichste»
ins Leben gerufen und überwacht werden können. Die Versuche, die bisher
von einzelnen deutschen Firmen zur Eroberung einer festen Stellung in diesem
Konkurrenzkampf gemacht worden sind, stehen vereinzelt da »»d entbehren
auch als Privatunternehmungen des festen Untergrundes, den eine staatlich
unterstützte und privilegirte Körperschaft hat; uur in wenigen Fällen sind
sie der englischen Konkurrenz gegenüber von Erfolg gewesen. Von Deutschland
aus aber mit diesen fernen Ländern durch Reisende Geschäftsverbindungen an-
zuknüpfen, fehlt es an der genügenden Kenntnis der lokalen Verhältnisse so¬
wohl wie des Charakters der Bevölkerung, ganz abgesehen von deu unver¬
hältnismäßig hohen Kosten.

Die von uns befürworteten Auslcmdskammern würden also auch eine
schöpferische Thätigkeit entfalten können. Den» die deutsche Handelswelt soll
sich nicht damit begnügen, nnr Fabrikate auszuführen und etwa Anleihen ab¬
zuschließen, sondern es wäre zu wünschen, daß sie, wie es namentlich England
thut, ihr Augenmerk auch auf die Errichtung und den Erwerb dauernder An¬
lagen im fremden Lande richtete. Der Absatz eines Ausfuhrartikels ist stets
mehr oder weniger von Konjunkturen abhängig. Im Vergleich zu dem Bau
von Eisenbahnen, Tramwahs und Brücke», der Anlegung von Telegraphen,
Bcleuchtungs-, Wasser-, Hafen- und Kaualisationswerken u. s. w. bietet der
Export von Einzelfabrikate» das Bild einer Augenblickserscheiuung. Seine
Dauer hängt vielfach von »»berechenbare» Umstände», neuen Erfindungen, »eilen
Mode» u. f. w. ab. Dazu kommt, daß sich in manche» überseeischen Ländern,
die heute noch gute Absatzgebiete für unsre Fabrikate sind, die eigne Jndustrie-
krcift zu regen beginnt. Bei dem Aufschwung der amerikanische» Staate»,
Japans, auch Indiens verhehlen sich sachverständige Interessenten z. B. nicht,
daß es nur noch eine Frage der Zeit sei, wie lange gewisse europäische Länder
noch ausschließlich von den Produkten des europäischen Marktes abhängen,
Angesichts dieser Wahrnehmungen lohnt es sich wohl, die Aufmerksamkeit des
deutschen Kapitals, der deutschen Fabrikation und der deutschen Arbeitskraft
besonders auch auf die Bedeutung und den Vorteil hinzulenken , die, wie das
Beispiel Englands und Frankreichs lehrt, der Besitz bleibender Anlagen in
fremden Ländern für das Heimatland zu haben Pflegt. Derartige Unter¬
nehmungen gestalten sich weit produktiver als einmalige Geschäfte mit augen-
blicklichen Gewinn. Außer dem Unternehmervorteil sichern sie gewöhnlich dein
Ursprungslands auf geraume Zeit deu Bezug des erforderlichen Materials,
gewähren fortlaufende Einnahmen, bieten bei ihrer Verwaltung überschüssigen
Arbeitskräften Verwendung und eignen sich vorzüglich zum Ausga»gspu»le,


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0062" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/214518"/>
          <fw type="header" place="top"> Deutsche Handelskammern im Auslande</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_217" prev="#ID_216"> für Ostindien, vielleicht in Kalkutta, nicht deutlicher ausgesprochen werden<lb/>
könne, Alle solche Einrichtungen, wie Musterlnger, Ausstellungen und andre<lb/>
für die deutsche Industrie Propaganda machende Schöpfungen würde» durch<lb/>
eine Allslandskammer, die behördlichen Charakter trägt, am zweckdienlichste»<lb/>
ins Leben gerufen und überwacht werden können. Die Versuche, die bisher<lb/>
von einzelnen deutschen Firmen zur Eroberung einer festen Stellung in diesem<lb/>
Konkurrenzkampf gemacht worden sind, stehen vereinzelt da »»d entbehren<lb/>
auch als Privatunternehmungen des festen Untergrundes, den eine staatlich<lb/>
unterstützte und privilegirte Körperschaft hat; uur in wenigen Fällen sind<lb/>
sie der englischen Konkurrenz gegenüber von Erfolg gewesen. Von Deutschland<lb/>
aus aber mit diesen fernen Ländern durch Reisende Geschäftsverbindungen an-<lb/>
zuknüpfen, fehlt es an der genügenden Kenntnis der lokalen Verhältnisse so¬<lb/>
wohl wie des Charakters der Bevölkerung, ganz abgesehen von deu unver¬<lb/>
hältnismäßig hohen Kosten.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_218" next="#ID_219"> Die von uns befürworteten Auslcmdskammern würden also auch eine<lb/>
schöpferische Thätigkeit entfalten können. Den» die deutsche Handelswelt soll<lb/>
sich nicht damit begnügen, nnr Fabrikate auszuführen und etwa Anleihen ab¬<lb/>
zuschließen, sondern es wäre zu wünschen, daß sie, wie es namentlich England<lb/>
thut, ihr Augenmerk auch auf die Errichtung und den Erwerb dauernder An¬<lb/>
lagen im fremden Lande richtete. Der Absatz eines Ausfuhrartikels ist stets<lb/>
mehr oder weniger von Konjunkturen abhängig. Im Vergleich zu dem Bau<lb/>
von Eisenbahnen, Tramwahs und Brücke», der Anlegung von Telegraphen,<lb/>
Bcleuchtungs-, Wasser-, Hafen- und Kaualisationswerken u. s. w. bietet der<lb/>
Export von Einzelfabrikate» das Bild einer Augenblickserscheiuung. Seine<lb/>
Dauer hängt vielfach von »»berechenbare» Umstände», neuen Erfindungen, »eilen<lb/>
Mode» u. f. w. ab. Dazu kommt, daß sich in manche» überseeischen Ländern,<lb/>
die heute noch gute Absatzgebiete für unsre Fabrikate sind, die eigne Jndustrie-<lb/>
krcift zu regen beginnt. Bei dem Aufschwung der amerikanische» Staate»,<lb/>
Japans, auch Indiens verhehlen sich sachverständige Interessenten z. B. nicht,<lb/>
daß es nur noch eine Frage der Zeit sei, wie lange gewisse europäische Länder<lb/>
noch ausschließlich von den Produkten des europäischen Marktes abhängen,<lb/>
Angesichts dieser Wahrnehmungen lohnt es sich wohl, die Aufmerksamkeit des<lb/>
deutschen Kapitals, der deutschen Fabrikation und der deutschen Arbeitskraft<lb/>
besonders auch auf die Bedeutung und den Vorteil hinzulenken , die, wie das<lb/>
Beispiel Englands und Frankreichs lehrt, der Besitz bleibender Anlagen in<lb/>
fremden Ländern für das Heimatland zu haben Pflegt. Derartige Unter¬<lb/>
nehmungen gestalten sich weit produktiver als einmalige Geschäfte mit augen-<lb/>
blicklichen Gewinn. Außer dem Unternehmervorteil sichern sie gewöhnlich dein<lb/>
Ursprungslands auf geraume Zeit deu Bezug des erforderlichen Materials,<lb/>
gewähren fortlaufende Einnahmen, bieten bei ihrer Verwaltung überschüssigen<lb/>
Arbeitskräften Verwendung und eignen sich vorzüglich zum Ausga»gspu»le,</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0062] Deutsche Handelskammern im Auslande für Ostindien, vielleicht in Kalkutta, nicht deutlicher ausgesprochen werden könne, Alle solche Einrichtungen, wie Musterlnger, Ausstellungen und andre für die deutsche Industrie Propaganda machende Schöpfungen würde» durch eine Allslandskammer, die behördlichen Charakter trägt, am zweckdienlichste» ins Leben gerufen und überwacht werden können. Die Versuche, die bisher von einzelnen deutschen Firmen zur Eroberung einer festen Stellung in diesem Konkurrenzkampf gemacht worden sind, stehen vereinzelt da »»d entbehren auch als Privatunternehmungen des festen Untergrundes, den eine staatlich unterstützte und privilegirte Körperschaft hat; uur in wenigen Fällen sind sie der englischen Konkurrenz gegenüber von Erfolg gewesen. Von Deutschland aus aber mit diesen fernen Ländern durch Reisende Geschäftsverbindungen an- zuknüpfen, fehlt es an der genügenden Kenntnis der lokalen Verhältnisse so¬ wohl wie des Charakters der Bevölkerung, ganz abgesehen von deu unver¬ hältnismäßig hohen Kosten. Die von uns befürworteten Auslcmdskammern würden also auch eine schöpferische Thätigkeit entfalten können. Den» die deutsche Handelswelt soll sich nicht damit begnügen, nnr Fabrikate auszuführen und etwa Anleihen ab¬ zuschließen, sondern es wäre zu wünschen, daß sie, wie es namentlich England thut, ihr Augenmerk auch auf die Errichtung und den Erwerb dauernder An¬ lagen im fremden Lande richtete. Der Absatz eines Ausfuhrartikels ist stets mehr oder weniger von Konjunkturen abhängig. Im Vergleich zu dem Bau von Eisenbahnen, Tramwahs und Brücke», der Anlegung von Telegraphen, Bcleuchtungs-, Wasser-, Hafen- und Kaualisationswerken u. s. w. bietet der Export von Einzelfabrikate» das Bild einer Augenblickserscheiuung. Seine Dauer hängt vielfach von »»berechenbare» Umstände», neuen Erfindungen, »eilen Mode» u. f. w. ab. Dazu kommt, daß sich in manche» überseeischen Ländern, die heute noch gute Absatzgebiete für unsre Fabrikate sind, die eigne Jndustrie- krcift zu regen beginnt. Bei dem Aufschwung der amerikanische» Staate», Japans, auch Indiens verhehlen sich sachverständige Interessenten z. B. nicht, daß es nur noch eine Frage der Zeit sei, wie lange gewisse europäische Länder noch ausschließlich von den Produkten des europäischen Marktes abhängen, Angesichts dieser Wahrnehmungen lohnt es sich wohl, die Aufmerksamkeit des deutschen Kapitals, der deutschen Fabrikation und der deutschen Arbeitskraft besonders auch auf die Bedeutung und den Vorteil hinzulenken , die, wie das Beispiel Englands und Frankreichs lehrt, der Besitz bleibender Anlagen in fremden Ländern für das Heimatland zu haben Pflegt. Derartige Unter¬ nehmungen gestalten sich weit produktiver als einmalige Geschäfte mit augen- blicklichen Gewinn. Außer dem Unternehmervorteil sichern sie gewöhnlich dein Ursprungslands auf geraume Zeit deu Bezug des erforderlichen Materials, gewähren fortlaufende Einnahmen, bieten bei ihrer Verwaltung überschüssigen Arbeitskräften Verwendung und eignen sich vorzüglich zum Ausga»gspu»le,

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341857_214455
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341857_214455/62
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341857_214455/62>, abgerufen am 24.07.2024.