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Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Zweites Vierteljahr.

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auch erwarten, daß er seine Sache darzustellen verstehe. Aber wie sind wir ent¬
täuscht worden! Dieser "Führer" ist genau so schlecht wie alle seine Vorgänger,
Auswahl und Anordnung des Stoffes werfen ein höchst bedenkliches Licht auf den
geistigen Gesichtskreis und den Bildungsgrad des Bearbeiters, die geschichtlichen
Teile wimmeln von Nachlässigkeiten, Irrtümern und unbewiesenen Fabeleien, und
das Ganze ist in einer Sprache abgefaßt, wie sie uns selbst in dem schlechtesten
kleinstädtischen Fremdenführer noch nicht vorgekommen ist.

Diesen Führer durchzulesen braucht mau eine gute Stunde, ihn abzulaufen
würde man mindestens vier bis fünf Tage brauche", also ungefähr so lange, als
die deutschen Lehrer überhaupt in Leipzig gewesen sind. Wichtiges von unwich¬
tigen zu unterscheiden ist der Verfasser völlig unfähig gewesen. Das Neichsgerichts-
gebände z. B. thut er mit den drei Worten ab: "ein riesenhafter Neubau," und
über ein Hufeisen an einem Gitter der Nikolaikirche schreibt er eine drittel Seite!
Von seinem Geschmack kann es eine Vorstellung geben, daß er die Studenten stets
als "Musensöhne" bezeichnet, den Marmor "Marmelstein" nennt und vom alten
Theater schreibt: "An diese Stätte der Muse Thalieus knüpfen sich die Namen
der Geistesheroen Goethe, Schiller, Lessing." Seine Kunstbildung aber und sein
Kuusturteil verrät sich wohl zur Genüge, wenn er die Pleißenburg als "historisches
Bauwerk," die Universitätsbibliothek als "einen hehren Monumentalbau, der seines¬
gleichen sucht," das Konservatorium als "einen stilvollen Bau" und einen Schrank
im Rathause als "im Geschmack unsrer Altvordern" gebant bezeichnet, vom neuen
Theater schreibt: "als (!) Hauptfassade zeigt es eine korinthische Säulenhalle" und
von der Thomnskirche: "Die Westseite zeigt den gothischen Stil um deutlichsten"
(du ahnungsvoller Engel, du!), die Leipziger Architektur überhaupt aber "seine
volle Bewunderung herausfordert." Die Sprache des Buchs ist voller Fehler
und Geschmacklosigkeiten. Für "haben" schreibt der Verfasser überall "besitzen,"
was jetzt für eine besondre Feinheit zu gelten scheint; da "besitzt" Leipzig ein
Staatsgymnasium, es "besitzt" sechs Bahnhöfe u. s. w. Ja, wenn es die besäße!
Ganz besondres Vergnügen macht es dem Verfasser augenscheinlich, die Albernheit
der Tagespresse mitzumachen, den Wohnort eines Mannes mit Bindestrichen an
seinen Namen zu beingen: "Herr Baudirektor Licht-Leipzig"; sogar ein Künstler
wie Rietschel muß es sich nachträglich noch gefallen lassen, "Rietschel-Dresden"
genannt zu werden, und Schinkel wird sogar als "Oberlandesbnndirektor-Berlin" (sie!)
bezeichnet. Dabei schlängelt sich nicht bloß die Führung, sondern auch die Ge¬
schichtserzählung in jenen unnachahmlichen Partizipialkonstruktionen vorwärts, die' all-
wo abendlich die Zierde des Kladderadatschbriefkastens bilden: "Links in die Blücher¬
straße einlenkend, wird bald die Parese überschritten" -- "Es folgen, "ach links
herumgehend, zwei Krieger" -- "1871 weggerissen, erhielt sich auf der Rückseite
die Hauptfassade" -- "1651 durch Kurfürst Moritz erneuert, vollendete Kurfürst
August deu Ausbau" u. s. w. Das Ärgste aber, wie gesagt, sind die geschichtlichen
Schnitzer. Wir wollen die Leser dieser Blätter nicht mit den zahlreichen topo¬
graphischen Irrtümern behelligen; sie haben nur für den Leipziger Interesse. Aber
wie der Verfasser die Stadtgcschichte kennt, müssen wir doch an ein paar Bei¬
spielen zeigen. Daß er den "alten Neumarkt" zu einem "alten Heumarkt" macht,
Gottsched bald 1760, bald 1766 sterben läßt und den Theaterdirektor Küstner aus
den zwanziger Jahren dieses Jahrhunderts Kästner nennt, das mögen ja Druck-
fehler sein. Aber er bezeichnet auch die alte thönerne Kanzel der Nikolnitirche
noch immer als die "Lutherkanzel," obwohl längst nachgewiesen ist, daß Luther seine
Reformationspredigt in der Thomaskirche gehalten hat; er hält ein simples Weich-


auch erwarten, daß er seine Sache darzustellen verstehe. Aber wie sind wir ent¬
täuscht worden! Dieser „Führer" ist genau so schlecht wie alle seine Vorgänger,
Auswahl und Anordnung des Stoffes werfen ein höchst bedenkliches Licht auf den
geistigen Gesichtskreis und den Bildungsgrad des Bearbeiters, die geschichtlichen
Teile wimmeln von Nachlässigkeiten, Irrtümern und unbewiesenen Fabeleien, und
das Ganze ist in einer Sprache abgefaßt, wie sie uns selbst in dem schlechtesten
kleinstädtischen Fremdenführer noch nicht vorgekommen ist.

Diesen Führer durchzulesen braucht mau eine gute Stunde, ihn abzulaufen
würde man mindestens vier bis fünf Tage brauche», also ungefähr so lange, als
die deutschen Lehrer überhaupt in Leipzig gewesen sind. Wichtiges von unwich¬
tigen zu unterscheiden ist der Verfasser völlig unfähig gewesen. Das Neichsgerichts-
gebände z. B. thut er mit den drei Worten ab: „ein riesenhafter Neubau," und
über ein Hufeisen an einem Gitter der Nikolaikirche schreibt er eine drittel Seite!
Von seinem Geschmack kann es eine Vorstellung geben, daß er die Studenten stets
als „Musensöhne" bezeichnet, den Marmor „Marmelstein" nennt und vom alten
Theater schreibt: „An diese Stätte der Muse Thalieus knüpfen sich die Namen
der Geistesheroen Goethe, Schiller, Lessing." Seine Kunstbildung aber und sein
Kuusturteil verrät sich wohl zur Genüge, wenn er die Pleißenburg als „historisches
Bauwerk," die Universitätsbibliothek als „einen hehren Monumentalbau, der seines¬
gleichen sucht," das Konservatorium als „einen stilvollen Bau" und einen Schrank
im Rathause als „im Geschmack unsrer Altvordern" gebant bezeichnet, vom neuen
Theater schreibt: „als (!) Hauptfassade zeigt es eine korinthische Säulenhalle" und
von der Thomnskirche: „Die Westseite zeigt den gothischen Stil um deutlichsten"
(du ahnungsvoller Engel, du!), die Leipziger Architektur überhaupt aber „seine
volle Bewunderung herausfordert." Die Sprache des Buchs ist voller Fehler
und Geschmacklosigkeiten. Für „haben" schreibt der Verfasser überall „besitzen,"
was jetzt für eine besondre Feinheit zu gelten scheint; da „besitzt" Leipzig ein
Staatsgymnasium, es „besitzt" sechs Bahnhöfe u. s. w. Ja, wenn es die besäße!
Ganz besondres Vergnügen macht es dem Verfasser augenscheinlich, die Albernheit
der Tagespresse mitzumachen, den Wohnort eines Mannes mit Bindestrichen an
seinen Namen zu beingen: „Herr Baudirektor Licht-Leipzig"; sogar ein Künstler
wie Rietschel muß es sich nachträglich noch gefallen lassen, „Rietschel-Dresden"
genannt zu werden, und Schinkel wird sogar als „Oberlandesbnndirektor-Berlin" (sie!)
bezeichnet. Dabei schlängelt sich nicht bloß die Führung, sondern auch die Ge¬
schichtserzählung in jenen unnachahmlichen Partizipialkonstruktionen vorwärts, die' all-
wo abendlich die Zierde des Kladderadatschbriefkastens bilden: „Links in die Blücher¬
straße einlenkend, wird bald die Parese überschritten" — „Es folgen, «ach links
herumgehend, zwei Krieger" — „1871 weggerissen, erhielt sich auf der Rückseite
die Hauptfassade" — „1651 durch Kurfürst Moritz erneuert, vollendete Kurfürst
August deu Ausbau" u. s. w. Das Ärgste aber, wie gesagt, sind die geschichtlichen
Schnitzer. Wir wollen die Leser dieser Blätter nicht mit den zahlreichen topo¬
graphischen Irrtümern behelligen; sie haben nur für den Leipziger Interesse. Aber
wie der Verfasser die Stadtgcschichte kennt, müssen wir doch an ein paar Bei¬
spielen zeigen. Daß er den „alten Neumarkt" zu einem „alten Heumarkt" macht,
Gottsched bald 1760, bald 1766 sterben läßt und den Theaterdirektor Küstner aus
den zwanziger Jahren dieses Jahrhunderts Kästner nennt, das mögen ja Druck-
fehler sein. Aber er bezeichnet auch die alte thönerne Kanzel der Nikolnitirche
noch immer als die „Lutherkanzel," obwohl längst nachgewiesen ist, daß Luther seine
Reformationspredigt in der Thomaskirche gehalten hat; er hält ein simples Weich-


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[0583] auch erwarten, daß er seine Sache darzustellen verstehe. Aber wie sind wir ent¬ täuscht worden! Dieser „Führer" ist genau so schlecht wie alle seine Vorgänger, Auswahl und Anordnung des Stoffes werfen ein höchst bedenkliches Licht auf den geistigen Gesichtskreis und den Bildungsgrad des Bearbeiters, die geschichtlichen Teile wimmeln von Nachlässigkeiten, Irrtümern und unbewiesenen Fabeleien, und das Ganze ist in einer Sprache abgefaßt, wie sie uns selbst in dem schlechtesten kleinstädtischen Fremdenführer noch nicht vorgekommen ist. Diesen Führer durchzulesen braucht mau eine gute Stunde, ihn abzulaufen würde man mindestens vier bis fünf Tage brauche», also ungefähr so lange, als die deutschen Lehrer überhaupt in Leipzig gewesen sind. Wichtiges von unwich¬ tigen zu unterscheiden ist der Verfasser völlig unfähig gewesen. Das Neichsgerichts- gebände z. B. thut er mit den drei Worten ab: „ein riesenhafter Neubau," und über ein Hufeisen an einem Gitter der Nikolaikirche schreibt er eine drittel Seite! Von seinem Geschmack kann es eine Vorstellung geben, daß er die Studenten stets als „Musensöhne" bezeichnet, den Marmor „Marmelstein" nennt und vom alten Theater schreibt: „An diese Stätte der Muse Thalieus knüpfen sich die Namen der Geistesheroen Goethe, Schiller, Lessing." Seine Kunstbildung aber und sein Kuusturteil verrät sich wohl zur Genüge, wenn er die Pleißenburg als „historisches Bauwerk," die Universitätsbibliothek als „einen hehren Monumentalbau, der seines¬ gleichen sucht," das Konservatorium als „einen stilvollen Bau" und einen Schrank im Rathause als „im Geschmack unsrer Altvordern" gebant bezeichnet, vom neuen Theater schreibt: „als (!) Hauptfassade zeigt es eine korinthische Säulenhalle" und von der Thomnskirche: „Die Westseite zeigt den gothischen Stil um deutlichsten" (du ahnungsvoller Engel, du!), die Leipziger Architektur überhaupt aber „seine volle Bewunderung herausfordert." Die Sprache des Buchs ist voller Fehler und Geschmacklosigkeiten. Für „haben" schreibt der Verfasser überall „besitzen," was jetzt für eine besondre Feinheit zu gelten scheint; da „besitzt" Leipzig ein Staatsgymnasium, es „besitzt" sechs Bahnhöfe u. s. w. Ja, wenn es die besäße! Ganz besondres Vergnügen macht es dem Verfasser augenscheinlich, die Albernheit der Tagespresse mitzumachen, den Wohnort eines Mannes mit Bindestrichen an seinen Namen zu beingen: „Herr Baudirektor Licht-Leipzig"; sogar ein Künstler wie Rietschel muß es sich nachträglich noch gefallen lassen, „Rietschel-Dresden" genannt zu werden, und Schinkel wird sogar als „Oberlandesbnndirektor-Berlin" (sie!) bezeichnet. Dabei schlängelt sich nicht bloß die Führung, sondern auch die Ge¬ schichtserzählung in jenen unnachahmlichen Partizipialkonstruktionen vorwärts, die' all- wo abendlich die Zierde des Kladderadatschbriefkastens bilden: „Links in die Blücher¬ straße einlenkend, wird bald die Parese überschritten" — „Es folgen, «ach links herumgehend, zwei Krieger" — „1871 weggerissen, erhielt sich auf der Rückseite die Hauptfassade" — „1651 durch Kurfürst Moritz erneuert, vollendete Kurfürst August deu Ausbau" u. s. w. Das Ärgste aber, wie gesagt, sind die geschichtlichen Schnitzer. Wir wollen die Leser dieser Blätter nicht mit den zahlreichen topo¬ graphischen Irrtümern behelligen; sie haben nur für den Leipziger Interesse. Aber wie der Verfasser die Stadtgcschichte kennt, müssen wir doch an ein paar Bei¬ spielen zeigen. Daß er den „alten Neumarkt" zu einem „alten Heumarkt" macht, Gottsched bald 1760, bald 1766 sterben läßt und den Theaterdirektor Küstner aus den zwanziger Jahren dieses Jahrhunderts Kästner nennt, das mögen ja Druck- fehler sein. Aber er bezeichnet auch die alte thönerne Kanzel der Nikolnitirche noch immer als die „Lutherkanzel," obwohl längst nachgewiesen ist, daß Luther seine Reformationspredigt in der Thomaskirche gehalten hat; er hält ein simples Weich-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341857_214455/583>, abgerufen am 23.07.2024.