Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Zweites Vierteljahr.Aus den Tagebüchern Theodor von Bernhardis <zneor<z, eine stattliche, angenehme Blondine, ihrem Vater sehr ähnlich. Hof¬ Nun erscheint der Herzog und -- die Herzogin, von deren Dasein ich Der Speisesaal ist hübsch. Ich sitze dem Herzog gegenüber, zwischen Der Herzog ist wirklich das, was sein Äußeres ankündigt: er ist in einem Von den Mängeln einer fürstlichen Bildung ist er aber wohl auch nicht Nach Tisch ins Freie. Ju der Dämmerung und bis ins Dunkle hinein Aus den Tagebüchern Theodor von Bernhardis <zneor<z, eine stattliche, angenehme Blondine, ihrem Vater sehr ähnlich. Hof¬ Nun erscheint der Herzog und — die Herzogin, von deren Dasein ich Der Speisesaal ist hübsch. Ich sitze dem Herzog gegenüber, zwischen Der Herzog ist wirklich das, was sein Äußeres ankündigt: er ist in einem Von den Mängeln einer fürstlichen Bildung ist er aber wohl auch nicht Nach Tisch ins Freie. Ju der Dämmerung und bis ins Dunkle hinein <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0510" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/214965"/> <fw type="header" place="top"> Aus den Tagebüchern Theodor von Bernhardis</fw><lb/> <p xml:id="ID_1962" prev="#ID_1961"> <zneor<z, eine stattliche, angenehme Blondine, ihrem Vater sehr ähnlich. Hof¬<lb/> dame Fräulein von Thümmel; G. Freytags eigne Frau, «zi-also-we Gräfin<lb/> Dyherrn. Miß Gianetta hat noch zwei jüngere Schwestern, die aber weniger<lb/> in Betracht kommen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1963"> Nun erscheint der Herzog und — die Herzogin, von deren Dasein ich<lb/> seltsamerweise bis dahin keine Ahnung hatte! Der Herzog selbst stellt mich ihr<lb/> vor. Eine geborne Prinzessin von Baden. Fragt mich über die Zustände in<lb/> Rußland, die jetzt ein besondres Interesse sür sie Hütten, da ihre jüngere<lb/> Schwester dort ihre neue Heimat findet (als Gemahlin des Großfürsten Mi¬<lb/> chael Nikolaijewitsch). Ich halte mich im allgemeinen, kann aber doch eben<lb/> nichts tröstliches darüber sagen, da ich natürlich dein Herzog ernsthaft darüber<lb/> sprechen will und mir selbst nicht widersprechen darf.</p><lb/> <p xml:id="ID_1964"> Der Speisesaal ist hübsch. Ich sitze dem Herzog gegenüber, zwischen<lb/> Snmwer und G. Frehtag. Die schöne Miß Gimiettn sitzt neben dein Herzog.</p><lb/> <p xml:id="ID_1965"> Der Herzog ist wirklich das, was sein Äußeres ankündigt: er ist in einem<lb/> hohen Grade geistreich; er ist sehr viel mehr als das: er ist geistreich, strebsam,<lb/> verlangt nach einem Wirkungskreise, der der Mühe wert ist, und hat ein<lb/> Urteil für das, was der Mühe wert ist. Er scheint überhaupt in vielfacher<lb/> Beziehung ein treffendes und schnelles Urteil zu haben, so weit Intuition<lb/> reicht, und man kann ihm Energie zutrauen, besonders wo es auf einen augen-<lb/> blicklichen Entschluß ankommt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1966"> Von den Mängeln einer fürstlichen Bildung ist er aber wohl auch nicht<lb/> ganz frei — darüber belehrt einen schon das erste Zusammensein; auch er hat den<lb/> fürstlichen Mangel an Stetigkeit, das Bedürfnis und die Gewohnheit, in<lb/> ewiger Bewegung, ewiger Zerstreuung zu leben. Er treibt zu vielerlei. Wie<lb/> geistreiche Fürsten sehr häufig, glaubt er, mancherlei Dinge, deren jedes das<lb/> ganze Leben eines Menschen erfordert, noch nebenher treiben zu können. Seine<lb/> Stellung als preußischer Geueral ist ihm besonders wichtig. Er beteiligt sich<lb/> jedesmal bei den Manövern des vierten Armeekorps, zu dem sein preußisches<lb/> Kürassierregiment gehört. Sein Hauptinteresse im Leben ist aber Eingreifen in<lb/> die große europäische Politik, wozu ihm sein Verhältnis als Schwager der<lb/> Königin von England die Möglichkeit gewährt. Dann ist er aber auch ein<lb/> leidenschaftlicher Jäger und verwendet viel Zeit auf die Jagd, und außerdem<lb/> ist er ein leidenschaftlicher Musiker und komponirt Opern. So ist denn auch<lb/> in allem, was er sagt, sehr viel Geist, eine feine Beobachtungsgabe; aber es<lb/> steckt oft keine eigentliche, folgerichtige Arbeit des Geistes dahinter.</p><lb/> <p xml:id="ID_1967" next="#ID_1968"> Nach Tisch ins Freie. Ju der Dämmerung und bis ins Dunkle hinein<lb/> in dem Blumengarten, einem kleinen eingezäunten, für Fremde nicht zugäng¬<lb/> lichen Raum mit einem kleinen Springbrunnen. Hier macht uus der Herzog,<lb/> im Kreise der Herren stehend, gar interessante Mitteilung. Aus dem, was er<lb/> erzählt, kann ich entnehmen, daß ihm, als deutschem Patrioten, vor allen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0510]
Aus den Tagebüchern Theodor von Bernhardis
<zneor<z, eine stattliche, angenehme Blondine, ihrem Vater sehr ähnlich. Hof¬
dame Fräulein von Thümmel; G. Freytags eigne Frau, «zi-also-we Gräfin
Dyherrn. Miß Gianetta hat noch zwei jüngere Schwestern, die aber weniger
in Betracht kommen.
Nun erscheint der Herzog und — die Herzogin, von deren Dasein ich
seltsamerweise bis dahin keine Ahnung hatte! Der Herzog selbst stellt mich ihr
vor. Eine geborne Prinzessin von Baden. Fragt mich über die Zustände in
Rußland, die jetzt ein besondres Interesse sür sie Hütten, da ihre jüngere
Schwester dort ihre neue Heimat findet (als Gemahlin des Großfürsten Mi¬
chael Nikolaijewitsch). Ich halte mich im allgemeinen, kann aber doch eben
nichts tröstliches darüber sagen, da ich natürlich dein Herzog ernsthaft darüber
sprechen will und mir selbst nicht widersprechen darf.
Der Speisesaal ist hübsch. Ich sitze dem Herzog gegenüber, zwischen
Snmwer und G. Frehtag. Die schöne Miß Gimiettn sitzt neben dein Herzog.
Der Herzog ist wirklich das, was sein Äußeres ankündigt: er ist in einem
hohen Grade geistreich; er ist sehr viel mehr als das: er ist geistreich, strebsam,
verlangt nach einem Wirkungskreise, der der Mühe wert ist, und hat ein
Urteil für das, was der Mühe wert ist. Er scheint überhaupt in vielfacher
Beziehung ein treffendes und schnelles Urteil zu haben, so weit Intuition
reicht, und man kann ihm Energie zutrauen, besonders wo es auf einen augen-
blicklichen Entschluß ankommt.
Von den Mängeln einer fürstlichen Bildung ist er aber wohl auch nicht
ganz frei — darüber belehrt einen schon das erste Zusammensein; auch er hat den
fürstlichen Mangel an Stetigkeit, das Bedürfnis und die Gewohnheit, in
ewiger Bewegung, ewiger Zerstreuung zu leben. Er treibt zu vielerlei. Wie
geistreiche Fürsten sehr häufig, glaubt er, mancherlei Dinge, deren jedes das
ganze Leben eines Menschen erfordert, noch nebenher treiben zu können. Seine
Stellung als preußischer Geueral ist ihm besonders wichtig. Er beteiligt sich
jedesmal bei den Manövern des vierten Armeekorps, zu dem sein preußisches
Kürassierregiment gehört. Sein Hauptinteresse im Leben ist aber Eingreifen in
die große europäische Politik, wozu ihm sein Verhältnis als Schwager der
Königin von England die Möglichkeit gewährt. Dann ist er aber auch ein
leidenschaftlicher Jäger und verwendet viel Zeit auf die Jagd, und außerdem
ist er ein leidenschaftlicher Musiker und komponirt Opern. So ist denn auch
in allem, was er sagt, sehr viel Geist, eine feine Beobachtungsgabe; aber es
steckt oft keine eigentliche, folgerichtige Arbeit des Geistes dahinter.
Nach Tisch ins Freie. Ju der Dämmerung und bis ins Dunkle hinein
in dem Blumengarten, einem kleinen eingezäunten, für Fremde nicht zugäng¬
lichen Raum mit einem kleinen Springbrunnen. Hier macht uus der Herzog,
im Kreise der Herren stehend, gar interessante Mitteilung. Aus dem, was er
erzählt, kann ich entnehmen, daß ihm, als deutschem Patrioten, vor allen
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