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Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Zweites Vierteljahr.

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Leila die Aatzenprin^essiil

die Hände rieb, der Herr können versichert sein, daß der Divan auch den
Beifall der Gnädiger findet!

Justus atmete erleichtert auf, als er sich wieder auf der Straße befand.
Daß er auch gerade zu einem Händler geraten mußte, der ihn zu kennen schien!
Teppiche und ein Nargileh wollte er doch lieber bei deu Meßhändlern kaufen,
denen er vollständig fremd sein mußte. Er wand sich daher durch das Ge¬
wühl des Marktes und trat an deu Stand eines Orientalen hinan, der Decken
und Teppiche feil hielt.

Allah hat seinen Knecht gesegnet! rief der Händler, er hat mich der Ehre
des Besuches des weisesten aller Frengis gewürdigt! Befiehl, Herr; so du willst,
werde ich alle Wege vor dir her mit den köstlichsten Teppichen belegen, die je
der Fuß eines Moslem betreten! Sieh, hier habe ich einen Feheranteppich,
herrlich vor allen Teppichen, wie das Land Persien vor allen Ländern des
Niederganges, und echt, so wahr Allah deinen Knecht leben läßt und dereinst
der Freuden des Paradieses würdigt! Ich habe zwar beim Barte des Pro¬
pheten geschworen, daß nur der Fuß eines Rechtgläubigen dieses herrliche Ge¬
webe betreten soll; doch bei dir will ich eine Ausnahme macheu, denn ich weiß,
daß in deinen Gemächern zwei Füße darauf wandeln werden, deren Wege
Allah wohlgefällig find!

Wie? Also auch der Türke wußte schou etwas vou dem geheimnisvollen
Wesen aus dem Orient, das er sein nennen durfte? Um so schnell als mög¬
lich loszukommen, kaufte Justus auch den Teppich und wollte eben weiter¬
gehen, als ihn der Türke festhielt und ihm vertraulich schmunzelnd zuflüsterte:
Ist meinem Gebieter vielleicht auch noch ein Nargileh gefällig, aus echtem
Meerschaum mit dein allerzierlichsten Vernsteinmundstück? Sieh, hier habe ich
eins, das für die kleinsten Kirschenlippen der Welt gerade recht wäre!

Justus kaufte auch dies, dann eilte er, aufs höchste verwundert, zum Blumen¬
händler, um für einige Topfpflanzen zu sorgen, mit denen er Leilas Gemach
noch schmücken wollte. Aber ehe er noch einen Wunsch geäußert hatte, schleppten
auch die schou Gärtnerburschen eine Anzahl Blumenstöcke herbei, die seinen
Wünschen ganz entsprachen, und die dicke Gärtnersfrau meinte, daß Feneruelten
und cyprische Lilien der schönste Schmuck für das Fensterbret eines jungen
Mädchens seien.

Justus zahlte und eilte davon, ohne sich auf ein längeres Gespräch
einzulassen, obwohl die Gärtnersfrau sehr dazu aufgelegt schien. Er wurde
immer aufgeregter durch das sonderbare Benehmen der Leute. Auch alle,
die ihm begegneten, schienen ihn neugierig zu betrachten. Sah man ihm sein
süßes Geheimnis etwa an? Er fühlte, wie es sich ihm auf die Lippen drängen
wollte, und hatte Mühe, die Frage zurückzuhalten: Was wollt ihr, was
wißt ihr? Und dabei peinigte ihn der Gedanke, daß irgend jemand in seine
Wohnung dringen und seinen Schatz entdecken und rauben könnte, zu dem


Leila die Aatzenprin^essiil

die Hände rieb, der Herr können versichert sein, daß der Divan auch den
Beifall der Gnädiger findet!

Justus atmete erleichtert auf, als er sich wieder auf der Straße befand.
Daß er auch gerade zu einem Händler geraten mußte, der ihn zu kennen schien!
Teppiche und ein Nargileh wollte er doch lieber bei deu Meßhändlern kaufen,
denen er vollständig fremd sein mußte. Er wand sich daher durch das Ge¬
wühl des Marktes und trat an deu Stand eines Orientalen hinan, der Decken
und Teppiche feil hielt.

Allah hat seinen Knecht gesegnet! rief der Händler, er hat mich der Ehre
des Besuches des weisesten aller Frengis gewürdigt! Befiehl, Herr; so du willst,
werde ich alle Wege vor dir her mit den köstlichsten Teppichen belegen, die je
der Fuß eines Moslem betreten! Sieh, hier habe ich einen Feheranteppich,
herrlich vor allen Teppichen, wie das Land Persien vor allen Ländern des
Niederganges, und echt, so wahr Allah deinen Knecht leben läßt und dereinst
der Freuden des Paradieses würdigt! Ich habe zwar beim Barte des Pro¬
pheten geschworen, daß nur der Fuß eines Rechtgläubigen dieses herrliche Ge¬
webe betreten soll; doch bei dir will ich eine Ausnahme macheu, denn ich weiß,
daß in deinen Gemächern zwei Füße darauf wandeln werden, deren Wege
Allah wohlgefällig find!

Wie? Also auch der Türke wußte schou etwas vou dem geheimnisvollen
Wesen aus dem Orient, das er sein nennen durfte? Um so schnell als mög¬
lich loszukommen, kaufte Justus auch den Teppich und wollte eben weiter¬
gehen, als ihn der Türke festhielt und ihm vertraulich schmunzelnd zuflüsterte:
Ist meinem Gebieter vielleicht auch noch ein Nargileh gefällig, aus echtem
Meerschaum mit dein allerzierlichsten Vernsteinmundstück? Sieh, hier habe ich
eins, das für die kleinsten Kirschenlippen der Welt gerade recht wäre!

Justus kaufte auch dies, dann eilte er, aufs höchste verwundert, zum Blumen¬
händler, um für einige Topfpflanzen zu sorgen, mit denen er Leilas Gemach
noch schmücken wollte. Aber ehe er noch einen Wunsch geäußert hatte, schleppten
auch die schou Gärtnerburschen eine Anzahl Blumenstöcke herbei, die seinen
Wünschen ganz entsprachen, und die dicke Gärtnersfrau meinte, daß Feneruelten
und cyprische Lilien der schönste Schmuck für das Fensterbret eines jungen
Mädchens seien.

Justus zahlte und eilte davon, ohne sich auf ein längeres Gespräch
einzulassen, obwohl die Gärtnersfrau sehr dazu aufgelegt schien. Er wurde
immer aufgeregter durch das sonderbare Benehmen der Leute. Auch alle,
die ihm begegneten, schienen ihn neugierig zu betrachten. Sah man ihm sein
süßes Geheimnis etwa an? Er fühlte, wie es sich ihm auf die Lippen drängen
wollte, und hatte Mühe, die Frage zurückzuhalten: Was wollt ihr, was
wißt ihr? Und dabei peinigte ihn der Gedanke, daß irgend jemand in seine
Wohnung dringen und seinen Schatz entdecken und rauben könnte, zu dem


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341857_214455/381>, abgerufen am 26.08.2024.