Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Zweites Vierteljahr.gelische Militärgeistlichkeit auf die Einrichtung von Soldatenheimen ihr Augen¬ Grenzboten II 189-Z ^>
gelische Militärgeistlichkeit auf die Einrichtung von Soldatenheimen ihr Augen¬ Grenzboten II 189-Z ^>
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0017" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/214473"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_19" prev="#ID_18" next="#ID_20"> gelische Militärgeistlichkeit auf die Einrichtung von Soldatenheimen ihr Augen¬<lb/> merk richtet. In Freiburg in Baden und in Saarburg fing man damit vor<lb/> einigen Jahren an. Andre Garnisonen folgten. Doch von einem wirklichen<lb/> durchschlagenden Erfolg ist nichts bekannt geworden. Ja in einzelnen Garni¬<lb/> sonen stirbt das Soldatenheim wieder eines langsamen aber sichern Todes.<lb/> Das war auch vorauszusehen. Denn überall ist das Soldatenheim Privatunter¬<lb/> nehmen; es hängt ab von dem Wohlwollen des militärischen Vorgesetzten und<lb/> dem Geschick des Leiters; beide aber sind morgen andre, als sie es heute<lb/> und gestern waren. Das Soldatenheim kann dem Soldaten, wie ja der Name<lb/> sagt, sehr wohl eine Art Heimat geben, eine Stätte, wo er sich selbst wieder¬<lb/> gegeben ist, wo er sich einmal in erster Linie als Mensch fühlt, wo er un¬<lb/> gestört lesen, schreiben oder sich mit Kameraden, die ihm zusagen, unterhalten<lb/> kann. Aber dazu bedarf es doch einer angemessenen äußern Einrichtung. Am<lb/> besten gewiß würde nicht ein Raum in der Kaserne, sondern ein Haus nahe<lb/> bei der Kaserne gewählt. Die Wirtschaft müßte billige Speisen und Getränke<lb/> liefern und jeden Tag zugänglich sein, der Lese- und Schreibsaal auch ohne<lb/> daß etwas verzehrt wird. Die freilich nicht ganz zu entbehrende Aufsicht<lb/> wäre nach Möglichkeit einzuschränken. Nur wenn die Einrichtungen so ge¬<lb/> troffen werden, daß sich der Soldat wohlfühlt, kaun das Soldatenheim be¬<lb/> stehen; krankt es an geringem Besuch und darum an geringem Absatz von<lb/> Speisen und Getränken, so ist es nicht lebensfähig. Vor allem glaube man<lb/> nicht, durch pietistisch angehauchte, vielleicht einseitig vom evangelischen<lb/> Geistlichen eingerichtete und beeinflußte und darum vom katholischen und den<lb/> katholischen Soldaten mit Mißtrauen betrachtete und gemiedne Soldatenheime,<lb/> die vielleicht noch dazu räumlich unzulänglich und durch private Wohlthätig¬<lb/> keit billig und schlecht eingerichtet sind, helfen zu können. Damit schadet man<lb/> nur der Sache; denn ein Mißerfolg macht auf Jahre hinaus jeden neuen Ver-<lb/> fuch aussichtslos. Gerade in dieser Weise aber ist in deu letzten Jahren viel<lb/> gefehlt worden. Ohne einzelnen gewiß sehr wohlmeinenden Personen zu<lb/> nahe treten zu wollen, sei nur aus das Saarburger Soldatenheim hingewiesen.<lb/> Die Notwendigkeit, ein solches zu errichten, lag in dieser lothringischen Gar¬<lb/> nison dringender vor als anderswo, aber man fing es falsch um; und so ist<lb/> das Sanrburger Soldatenheim, wenn es augenblicklich überhaupt noch lebt,<lb/> sicherlich nahe am Eingehen. Der Pfarrer, der es ins Leben gerufen hatte,<lb/> ging in eine andre Stellung und überließ sein nicht lebensfähiges Werk andern<lb/> Händen, die es beim besten Willen nicht halten konnten. Das Geschrei, das<lb/> von der Sache in öffentlichen Blättern gemacht wurde, konnte die völlig un¬<lb/> zulänglichen Mittel nicht ersetzen. Und wie dort, so ist es anderswo auch.<lb/> Nur ist das, was in Saarburg geschah, anderswo noch nicht so weit ent¬<lb/> wickelt, weil eben die Einrichtungen noch nicht Zeit gehabt haben, dahin¬<lb/> zusterben. Durchgreifend helfen könnte hier nur die Bewilligung aus-</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten II 189-Z ^></fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0017]
gelische Militärgeistlichkeit auf die Einrichtung von Soldatenheimen ihr Augen¬
merk richtet. In Freiburg in Baden und in Saarburg fing man damit vor
einigen Jahren an. Andre Garnisonen folgten. Doch von einem wirklichen
durchschlagenden Erfolg ist nichts bekannt geworden. Ja in einzelnen Garni¬
sonen stirbt das Soldatenheim wieder eines langsamen aber sichern Todes.
Das war auch vorauszusehen. Denn überall ist das Soldatenheim Privatunter¬
nehmen; es hängt ab von dem Wohlwollen des militärischen Vorgesetzten und
dem Geschick des Leiters; beide aber sind morgen andre, als sie es heute
und gestern waren. Das Soldatenheim kann dem Soldaten, wie ja der Name
sagt, sehr wohl eine Art Heimat geben, eine Stätte, wo er sich selbst wieder¬
gegeben ist, wo er sich einmal in erster Linie als Mensch fühlt, wo er un¬
gestört lesen, schreiben oder sich mit Kameraden, die ihm zusagen, unterhalten
kann. Aber dazu bedarf es doch einer angemessenen äußern Einrichtung. Am
besten gewiß würde nicht ein Raum in der Kaserne, sondern ein Haus nahe
bei der Kaserne gewählt. Die Wirtschaft müßte billige Speisen und Getränke
liefern und jeden Tag zugänglich sein, der Lese- und Schreibsaal auch ohne
daß etwas verzehrt wird. Die freilich nicht ganz zu entbehrende Aufsicht
wäre nach Möglichkeit einzuschränken. Nur wenn die Einrichtungen so ge¬
troffen werden, daß sich der Soldat wohlfühlt, kaun das Soldatenheim be¬
stehen; krankt es an geringem Besuch und darum an geringem Absatz von
Speisen und Getränken, so ist es nicht lebensfähig. Vor allem glaube man
nicht, durch pietistisch angehauchte, vielleicht einseitig vom evangelischen
Geistlichen eingerichtete und beeinflußte und darum vom katholischen und den
katholischen Soldaten mit Mißtrauen betrachtete und gemiedne Soldatenheime,
die vielleicht noch dazu räumlich unzulänglich und durch private Wohlthätig¬
keit billig und schlecht eingerichtet sind, helfen zu können. Damit schadet man
nur der Sache; denn ein Mißerfolg macht auf Jahre hinaus jeden neuen Ver-
fuch aussichtslos. Gerade in dieser Weise aber ist in deu letzten Jahren viel
gefehlt worden. Ohne einzelnen gewiß sehr wohlmeinenden Personen zu
nahe treten zu wollen, sei nur aus das Saarburger Soldatenheim hingewiesen.
Die Notwendigkeit, ein solches zu errichten, lag in dieser lothringischen Gar¬
nison dringender vor als anderswo, aber man fing es falsch um; und so ist
das Sanrburger Soldatenheim, wenn es augenblicklich überhaupt noch lebt,
sicherlich nahe am Eingehen. Der Pfarrer, der es ins Leben gerufen hatte,
ging in eine andre Stellung und überließ sein nicht lebensfähiges Werk andern
Händen, die es beim besten Willen nicht halten konnten. Das Geschrei, das
von der Sache in öffentlichen Blättern gemacht wurde, konnte die völlig un¬
zulänglichen Mittel nicht ersetzen. Und wie dort, so ist es anderswo auch.
Nur ist das, was in Saarburg geschah, anderswo noch nicht so weit ent¬
wickelt, weil eben die Einrichtungen noch nicht Zeit gehabt haben, dahin¬
zusterben. Durchgreifend helfen könnte hier nur die Bewilligung aus-
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