Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Erstes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>
22. Ernst von Wildenbruch
Wildenbruch, ja, losgebrochen
Bist dn jambisch wild genng;
Mancher Held ward totgestochen
Schon auf deinem Nittcrzug.
Oft auch liegst auf märlschem Sande
Selber du, o Laureat --
Doch ist es des Reiters Schande,
Wenn sein Gaul deu Koller hat?
23. Julius Wolff
Jedes Jahr zum Weihnachtsfeste
Reitet er in Deutschland um,
Bringt "das Neueste und Beste"
Treu dem lieben Publikum;
Epen sind es, goldgeschnitten,
Sonst von Pappe, wohl schon zwölf --
's wundert mich, daß er geritten
Sich nicht längst schon einen Wolf.
24. Emil Zola
Zola? Lange überwunden!
Rufes aus unsrer Dichterschar,
Wenn ein Pfützcheu man gefunden,
Das von ihm vergessen war.
Zola? fort mit dem "Geschehen!"
Symbolismus, rücke an! --
Laßt den braven Kerl doch gehen!
Er ist wenigstens ein Mann.


Maßgebliches und Unmaßgebliches

Zum Bund der Landwirte schreibt uns der Verfasser der Aufsätze "Weder
Kommunismus uoch Kapitalismus" uoch folgendes:

Wann wären die ostelbischen Rittergutsbesitzer -- deun uur diese siud ge¬
meint, wenn von der "Not der Landwirtschaft" die Rede ist") -- jemals mit der
Regierung zufrieden gewesen! So wie gegen Caprivi durften sie freilich gegen
Bismarck nicht auftreten, weil dieser sie bei den nächsten Wahlen einfach an die
Wand gedrückt hatte. Sie nahmen jede ihnen von Bismarck gewährte "Liebes¬
gabe" als Abschlagszahlung hin, um gleich darauf wieder so laut zu jammern und
zu schreien wie vorher. Das neue Spiritusstellergesetz war ganz besonders zur



Bor zwanzig Jahren spottete ein Kimdiqer - Not der Landwirtschaft, dus bedeutet
in Preußen, daß der Junker Schulden machen muß, weim er bei 10000 Thaler" Einkomme"
20000 Thaler ausgeben will.
22. Ernst von Wildenbruch
Wildenbruch, ja, losgebrochen
Bist dn jambisch wild genng;
Mancher Held ward totgestochen
Schon auf deinem Nittcrzug.
Oft auch liegst auf märlschem Sande
Selber du, o Laureat —
Doch ist es des Reiters Schande,
Wenn sein Gaul deu Koller hat?
23. Julius Wolff
Jedes Jahr zum Weihnachtsfeste
Reitet er in Deutschland um,
Bringt „das Neueste und Beste"
Treu dem lieben Publikum;
Epen sind es, goldgeschnitten,
Sonst von Pappe, wohl schon zwölf —
's wundert mich, daß er geritten
Sich nicht längst schon einen Wolf.
24. Emil Zola
Zola? Lange überwunden!
Rufes aus unsrer Dichterschar,
Wenn ein Pfützcheu man gefunden,
Das von ihm vergessen war.
Zola? fort mit dem „Geschehen!"
Symbolismus, rücke an! —
Laßt den braven Kerl doch gehen!
Er ist wenigstens ein Mann.


Maßgebliches und Unmaßgebliches

Zum Bund der Landwirte schreibt uns der Verfasser der Aufsätze „Weder
Kommunismus uoch Kapitalismus" uoch folgendes:

Wann wären die ostelbischen Rittergutsbesitzer — deun uur diese siud ge¬
meint, wenn von der „Not der Landwirtschaft" die Rede ist") — jemals mit der
Regierung zufrieden gewesen! So wie gegen Caprivi durften sie freilich gegen
Bismarck nicht auftreten, weil dieser sie bei den nächsten Wahlen einfach an die
Wand gedrückt hatte. Sie nahmen jede ihnen von Bismarck gewährte „Liebes¬
gabe" als Abschlagszahlung hin, um gleich darauf wieder so laut zu jammern und
zu schreien wie vorher. Das neue Spiritusstellergesetz war ganz besonders zur



Bor zwanzig Jahren spottete ein Kimdiqer - Not der Landwirtschaft, dus bedeutet
in Preußen, daß der Junker Schulden machen muß, weim er bei 10000 Thaler» Einkomme»
20000 Thaler ausgeben will.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0655" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/214447"/>
          <fw type="header" place="top"/><lb/>
          <lg xml:id="POEMID_51" type="poem">
            <head> 22. Ernst von Wildenbruch</head>
            <l> Wildenbruch, ja, losgebrochen<lb/>
Bist dn jambisch wild genng;<lb/>
Mancher Held ward totgestochen<lb/>
Schon auf deinem Nittcrzug.<lb/>
Oft auch liegst auf märlschem Sande<lb/>
Selber du, o Laureat &#x2014;<lb/>
Doch ist es des Reiters Schande,<lb/>
Wenn sein Gaul deu Koller hat? </l>
          </lg><lb/>
          <lg xml:id="POEMID_52" type="poem">
            <head> 23. Julius Wolff</head>
            <l> Jedes Jahr zum Weihnachtsfeste<lb/>
Reitet er in Deutschland um,<lb/>
Bringt &#x201E;das Neueste und Beste"<lb/>
Treu dem lieben Publikum;<lb/>
Epen sind es, goldgeschnitten,<lb/>
Sonst von Pappe, wohl schon zwölf &#x2014;<lb/>
's wundert mich, daß er geritten<lb/>
Sich nicht längst schon einen Wolf. </l>
          </lg><lb/>
          <lg xml:id="POEMID_53" type="poem">
            <head> 24. Emil Zola</head>
            <l> Zola? Lange überwunden!<lb/>
Rufes aus unsrer Dichterschar,<lb/>
Wenn ein Pfützcheu man gefunden,<lb/>
Das von ihm vergessen war.<lb/>
Zola? fort mit dem &#x201E;Geschehen!"<lb/>
Symbolismus, rücke an! &#x2014;<lb/>
Laßt den braven Kerl doch gehen!<lb/>
Er ist wenigstens ein Mann. </l>
          </lg><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Maßgebliches und Unmaßgebliches</head><lb/>
          <p xml:id="ID_2312"> Zum Bund der Landwirte schreibt uns der Verfasser der Aufsätze &#x201E;Weder<lb/>
Kommunismus uoch Kapitalismus" uoch folgendes:</p><lb/>
          <p xml:id="ID_2313" next="#ID_2314"> Wann wären die ostelbischen Rittergutsbesitzer &#x2014; deun uur diese siud ge¬<lb/>
meint, wenn von der &#x201E;Not der Landwirtschaft" die Rede ist") &#x2014; jemals mit der<lb/>
Regierung zufrieden gewesen! So wie gegen Caprivi durften sie freilich gegen<lb/>
Bismarck nicht auftreten, weil dieser sie bei den nächsten Wahlen einfach an die<lb/>
Wand gedrückt hatte. Sie nahmen jede ihnen von Bismarck gewährte &#x201E;Liebes¬<lb/>
gabe" als Abschlagszahlung hin, um gleich darauf wieder so laut zu jammern und<lb/>
zu schreien wie vorher.  Das neue Spiritusstellergesetz war ganz besonders zur</p><lb/>
          <note xml:id="FID_52" place="foot"> Bor zwanzig Jahren spottete ein Kimdiqer - Not der Landwirtschaft, dus bedeutet<lb/>
in Preußen, daß der Junker Schulden machen muß, weim er bei 10000 Thaler» Einkomme»<lb/>
20000 Thaler ausgeben will.</note><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0655] 22. Ernst von Wildenbruch Wildenbruch, ja, losgebrochen Bist dn jambisch wild genng; Mancher Held ward totgestochen Schon auf deinem Nittcrzug. Oft auch liegst auf märlschem Sande Selber du, o Laureat — Doch ist es des Reiters Schande, Wenn sein Gaul deu Koller hat? 23. Julius Wolff Jedes Jahr zum Weihnachtsfeste Reitet er in Deutschland um, Bringt „das Neueste und Beste" Treu dem lieben Publikum; Epen sind es, goldgeschnitten, Sonst von Pappe, wohl schon zwölf — 's wundert mich, daß er geritten Sich nicht längst schon einen Wolf. 24. Emil Zola Zola? Lange überwunden! Rufes aus unsrer Dichterschar, Wenn ein Pfützcheu man gefunden, Das von ihm vergessen war. Zola? fort mit dem „Geschehen!" Symbolismus, rücke an! — Laßt den braven Kerl doch gehen! Er ist wenigstens ein Mann. Maßgebliches und Unmaßgebliches Zum Bund der Landwirte schreibt uns der Verfasser der Aufsätze „Weder Kommunismus uoch Kapitalismus" uoch folgendes: Wann wären die ostelbischen Rittergutsbesitzer — deun uur diese siud ge¬ meint, wenn von der „Not der Landwirtschaft" die Rede ist") — jemals mit der Regierung zufrieden gewesen! So wie gegen Caprivi durften sie freilich gegen Bismarck nicht auftreten, weil dieser sie bei den nächsten Wahlen einfach an die Wand gedrückt hatte. Sie nahmen jede ihnen von Bismarck gewährte „Liebes¬ gabe" als Abschlagszahlung hin, um gleich darauf wieder so laut zu jammern und zu schreien wie vorher. Das neue Spiritusstellergesetz war ganz besonders zur Bor zwanzig Jahren spottete ein Kimdiqer - Not der Landwirtschaft, dus bedeutet in Preußen, daß der Junker Schulden machen muß, weim er bei 10000 Thaler» Einkomme» 20000 Thaler ausgeben will.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341857_213791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341857_213791/655
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341857_213791/655>, abgerufen am 04.11.2024.