Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Erstes Vierteljahr.Der kapitalistische Unternehmer ist demnach weiter nichts als ein Ver¬ Die Art und Weise, wie mau gewöhnlich von der wohlthätigen Wirk¬ Der kapitalistische Unternehmer ist demnach weiter nichts als ein Ver¬ Die Art und Weise, wie mau gewöhnlich von der wohlthätigen Wirk¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0622" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/214414"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_2243"> Der kapitalistische Unternehmer ist demnach weiter nichts als ein Ver¬<lb/> mittler. Er ist für den Arbeiter von großem Wert, indem er die Arbeit so<lb/> lange fortsetzt, als Nachfrage dafür vorhanden ist, und dem Markte für das<lb/> betreffende Erzenanis eine gewisse Festigkeit verleiht, ähnlich wie der Getreide¬<lb/> händler sowohl die Landwirte wie die Brotesser vor Stockungen und über¬<lb/> mäßigen Preisschwankungen bewahrt. Aber auf diese Funktion beschränkt<lb/> sich der Dienst, den er dem Arbeiter leistet. Wenn dieser ihn loswerden,<lb/> wenn er sich das zur Fortsetzung seiner Arbeit notwendige Geld auf einem<lb/> andern Wege beschaffen kann, so ist es vielleicht vorteilhaft für ihn, sich ohne<lb/> Unternehmer zu behelfen. Das versuchen die Produktivgenossenschaften; diese<lb/> werden wahrscheinlich Erfolg haben, wenn sie einmal jene Mißgriffe ver¬<lb/> meiden lernen, die ans der Unterschätzung der Dienste entspringen, die der<lb/> Kapitalist bei der Leitung eines großen Unternehmens zu leisten pflegt. Wie<lb/> der Unternehmer dem Produzenten — denn der Arbeiter ist der eigentliche<lb/> Produzent — dadurch dient, daß er die Produktion in gleichmäßigem Gange<lb/> erhält und übermäßige Schwankungen im Arbeitslohn verhütet, so dient er<lb/> dem Konsumenten, indem er in dessen Versorgung mit Waren Stetigkeit bringt<lb/> und, außer im Falle der Ringbildnng, durch die Konkurrenz gezwungen wird,<lb/> seine Ware zum niedrigsten Marktpreise anzubieten. Kurz: die Dienste, die<lb/> der Kapitalist dem Arbeiter wie dein Konsumenten leistet, sind nur zeitweilig<lb/> und vermittelnder Art. Abgesehen davon, daß er dem Arbeiter Vorschuß<lb/> leistet, thut er weiter nichts, als daß er ihm sein Erzeugnis bezahlt; und<lb/> sofern er dem Konsumenten nicht kreditirt, thut er für diesen weiter nichts,<lb/> als daß er ihm die Mühe länger» Suchens nach der fraglichen Ware<lb/> erspart.</p><lb/> <p xml:id="ID_2244" next="#ID_2245"> Die Art und Weise, wie mau gewöhnlich von der wohlthätigen Wirk¬<lb/> samkeit des Kapitalisten und seines Betriebskapitals spricht, ist alberne Über¬<lb/> treibung (in'hin'at^ Lx^ggöiÄwä). Der Mann, der die Arbeit im Gange er¬<lb/> hält, ist nicht der Kapitalist, sondern der Konsument. Der Kapitalist ist uur<lb/> eine Bequemlichkeit für den Arbeiter wie für den Konsumenten. Diese Unter¬<lb/> scheidung ist von höchster Wichtigkeit. Das Kapital des Kapitalisten dient<lb/> dem Arbeiter nnr vorübergehend. (So verstehe ich den Satz: tllvrv is lo<lb/> t'nuet, oxvsxt tvmxoiArit/, bvtvsen ello ospitaUst »va ello labourer.) Beide<lb/> empfange» Arbeitslohn, der eine für die Produktion, der andre für deren Ver¬<lb/> teilung (dieser hat außerdem auch oft noch für die Leitung welchen zu bean¬<lb/> spruchen), und beiden wird ihr Lohn vom Konsumenten bezahlt. Die Lage<lb/> des Arbeiters kann dabei allerdings von der des Konsumenten sehr verschieden<lb/> sein. Der erstere kann mehr fordern, als der letztere zu zahlen vermag, und<lb/> so einen ökonomischen Selbstmord begehen. Es kann aber anch vorkommen,<lb/> daß der Arbeiter in der Lage ist, einen höhern Lohn zu erpressen, als der<lb/> Konsument eigentlich zu zahlen schuldig wäre; in diesem Falle wird dieser</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0622]
Der kapitalistische Unternehmer ist demnach weiter nichts als ein Ver¬
mittler. Er ist für den Arbeiter von großem Wert, indem er die Arbeit so
lange fortsetzt, als Nachfrage dafür vorhanden ist, und dem Markte für das
betreffende Erzenanis eine gewisse Festigkeit verleiht, ähnlich wie der Getreide¬
händler sowohl die Landwirte wie die Brotesser vor Stockungen und über¬
mäßigen Preisschwankungen bewahrt. Aber auf diese Funktion beschränkt
sich der Dienst, den er dem Arbeiter leistet. Wenn dieser ihn loswerden,
wenn er sich das zur Fortsetzung seiner Arbeit notwendige Geld auf einem
andern Wege beschaffen kann, so ist es vielleicht vorteilhaft für ihn, sich ohne
Unternehmer zu behelfen. Das versuchen die Produktivgenossenschaften; diese
werden wahrscheinlich Erfolg haben, wenn sie einmal jene Mißgriffe ver¬
meiden lernen, die ans der Unterschätzung der Dienste entspringen, die der
Kapitalist bei der Leitung eines großen Unternehmens zu leisten pflegt. Wie
der Unternehmer dem Produzenten — denn der Arbeiter ist der eigentliche
Produzent — dadurch dient, daß er die Produktion in gleichmäßigem Gange
erhält und übermäßige Schwankungen im Arbeitslohn verhütet, so dient er
dem Konsumenten, indem er in dessen Versorgung mit Waren Stetigkeit bringt
und, außer im Falle der Ringbildnng, durch die Konkurrenz gezwungen wird,
seine Ware zum niedrigsten Marktpreise anzubieten. Kurz: die Dienste, die
der Kapitalist dem Arbeiter wie dein Konsumenten leistet, sind nur zeitweilig
und vermittelnder Art. Abgesehen davon, daß er dem Arbeiter Vorschuß
leistet, thut er weiter nichts, als daß er ihm sein Erzeugnis bezahlt; und
sofern er dem Konsumenten nicht kreditirt, thut er für diesen weiter nichts,
als daß er ihm die Mühe länger» Suchens nach der fraglichen Ware
erspart.
Die Art und Weise, wie mau gewöhnlich von der wohlthätigen Wirk¬
samkeit des Kapitalisten und seines Betriebskapitals spricht, ist alberne Über¬
treibung (in'hin'at^ Lx^ggöiÄwä). Der Mann, der die Arbeit im Gange er¬
hält, ist nicht der Kapitalist, sondern der Konsument. Der Kapitalist ist uur
eine Bequemlichkeit für den Arbeiter wie für den Konsumenten. Diese Unter¬
scheidung ist von höchster Wichtigkeit. Das Kapital des Kapitalisten dient
dem Arbeiter nnr vorübergehend. (So verstehe ich den Satz: tllvrv is lo
t'nuet, oxvsxt tvmxoiArit/, bvtvsen ello ospitaUst »va ello labourer.) Beide
empfange» Arbeitslohn, der eine für die Produktion, der andre für deren Ver¬
teilung (dieser hat außerdem auch oft noch für die Leitung welchen zu bean¬
spruchen), und beiden wird ihr Lohn vom Konsumenten bezahlt. Die Lage
des Arbeiters kann dabei allerdings von der des Konsumenten sehr verschieden
sein. Der erstere kann mehr fordern, als der letztere zu zahlen vermag, und
so einen ökonomischen Selbstmord begehen. Es kann aber anch vorkommen,
daß der Arbeiter in der Lage ist, einen höhern Lohn zu erpressen, als der
Konsument eigentlich zu zahlen schuldig wäre; in diesem Falle wird dieser
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