Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Erstes Vierteljahr.Maßgebliches und Unmaßgebliches zunächst mir für sich. Da aber die Familie sah.....neuerdings das Original Um deu Schein der Echtheit zu bewahren, hat der Verfasser zu einigen Aus- Abgesehen von dieser litterarischen Täuschung gestehen wir gern, daß uns das Maßgebliches und Unmaßgebliches zunächst mir für sich. Da aber die Familie sah.....neuerdings das Original Um deu Schein der Echtheit zu bewahren, hat der Verfasser zu einigen Aus- Abgesehen von dieser litterarischen Täuschung gestehen wir gern, daß uns das <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0464" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/214256"/> <fw type="header" place="top"> Maßgebliches und Unmaßgebliches</fw><lb/> <p xml:id="ID_1592" prev="#ID_1591"> zunächst mir für sich. Da aber die Familie sah.....neuerdings das Original<lb/> vernichtet habe, so trage er nun kein Bedeuten, seine Abschrift, ins Französische<lb/> übersetzt, zu veröffentlichen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1593"> Um deu Schein der Echtheit zu bewahren, hat der Verfasser zu einigen Aus-<lb/> sprüchen, deren Sinn nicht ganz klar ist, Anmerkungen gemacht, wvri» er sich auf<lb/> das deutsche Original bezieht, das zuweilen schwer übersetzbare Germanismen ent¬<lb/> halten habe. Der französische Leser wird diese Mystifikation kaum merken, der<lb/> deutsche aber spürt sofort, daß hier unter der Flagge des Fürsten Bismarck echt<lb/> französische Ware auf den litterarischen Markt geschmuggelt werden soll. An einer<lb/> Stelle heißt es nämlich in Bismarcks Tagebuch: I.v.jour on so Ls ma äöolaratiou<lb/> g, oeUo edsro Lrnostino, mon omur bald^it 8i kort am'vllo so tourna vors la, pores<lb/> et ein: „Vutroi!!" Dazu macht der Herausgeber folgende Anmerkung! 1^ porsonns<lb/> loi ÄosiAnoo par soll xrsnom, ost Nilo. Lrnostino 'I^uxonients, Kilo et'um oonsoillsr<lb/> alö sustioo, <iuo Is lueur oÜMoolior bonorg. et'uno oour assiüuo porcis-ut, tout l^oto<lb/> alö 1835, et <züi, marioo üoxuis a.u oolodro prolossonr ^oba.tÄ«>pk, gAräa. tousours<lb/> xmir «on pa,dito alö sounosso un souvouir iMonclri.</p><lb/> <p xml:id="ID_1594" next="#ID_1595"> Abgesehen von dieser litterarischen Täuschung gestehen wir gern, daß uns das<lb/> Lesen des Buchs ein paar angenehme Stunde» bereitet hat. Der Verfasser hat<lb/> sich, wie es scheint, die Maximen und Reflexionen Nochefvucaulds zum Muster<lb/> genommen; einige Aussprüche erinnern auch an Stellen aus Schopenhauers Par-<lb/> erga und Parnlipomeua. Durch schlagende Kürze und überraschende Einfälle zeichnen<lb/> sich fast alle aus. Folgende Beispiele mögen die Art der angeblich Bismarckschen<lb/> Spruchweisheit zeigen: Gegen das Unwetter des Lebens ist die Philosophie ein<lb/> Regenschirm, die Religion ein wasserdichter Mantel. — Die Sitten wechseln mit<lb/> den Einnahmen, die Gefühle mit den Ländern, die Meinungen mit der Lektüre,<lb/> und die Grundsätze mit den Jahren. — Die Hölle stelle ich mir sehr deutlich vor;<lb/> sie wird die gegenwärtige Welt sein, aber ohne die Phantasie. — Die größte<lb/> Gnade, die der Himmel unsern Bitten erweisen könnte, wäre die, sie nicht zu er¬<lb/> hören. — Der Atheismus ist eine rabenschwarze Nacht, der Pantheismus eine<lb/> Zauberlaterne, der Spiritualismus eine Wachskerze, der Skeptizismus ein Irrlicht,<lb/> und der Positivismus ein Gaslicht. Der erste hindert uus zu sehen, der zweite<lb/> läßt uns falsch sehen, der dritte stimmt uus traurig, der vierte bringt uns vom<lb/> Wege ab, und der fünfte zwingt uns, die Augen zu schließen. — Um die Reife<lb/> gewisser Früchte zu beschleunigen und ihnen mehr Geschmack zu geben, bringt man<lb/> ihnen eine Wunde bei. So verbessert sich auch unser Herz; es wird weicher durch<lb/> die Eindrücke des Kummers. — In der Freundschaft wie bei jedem Verkehr ist<lb/> das Monopol der Ruin. — Ich habe einen verbohrten Gelehrte» gekannt; wenn<lb/> der durch einen Wald voll uralter Eichen spazieren ging, so Pflegte er nichts<lb/> weiter zu denken als: wieviel schöne Katheder Wunde man daraus noch schneiden! —<lb/> Alle diese Aussprüche könnte Bismarck allenfalls gethan haben, wenn auch nicht<lb/> als zwanzigjähriger Mensch. Wo aber der Verfasser auf die Frauen, auf die Liebe<lb/> und die geschlechtlichen Verhältnisse zu sprechen kommt, da geht doch der gallische Geist<lb/> mit ihm durch. Manche Betrachtungen auf diesen Gebieten scheinen geradezu aus<lb/> dem .lournal amüsant zu stammen; z.B. Die Frau bedeckt sich gern mit Blume».<lb/> Thut sie das als Opfertier oder als Siegerin? — Wenn die Fran sieht, daß ihr<lb/> Gatte die Cigarrentasche oder seine Pfeife hervorzieht, so kann sie sich sagen, daß<lb/> seine Liebe abnimmt. Sie ist ganz verschwunden, sobald er raucht. — Aleibiades<lb/> wollte von sich reden machen und begütigte sich damit, seinem Hunde den Schwanz<lb/> abzuschneiden. Man muß gestehen, daß er sich viel weniger verschwenderisch gezeigt</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0464]
Maßgebliches und Unmaßgebliches
zunächst mir für sich. Da aber die Familie sah.....neuerdings das Original
vernichtet habe, so trage er nun kein Bedeuten, seine Abschrift, ins Französische
übersetzt, zu veröffentlichen.
Um deu Schein der Echtheit zu bewahren, hat der Verfasser zu einigen Aus-
sprüchen, deren Sinn nicht ganz klar ist, Anmerkungen gemacht, wvri» er sich auf
das deutsche Original bezieht, das zuweilen schwer übersetzbare Germanismen ent¬
halten habe. Der französische Leser wird diese Mystifikation kaum merken, der
deutsche aber spürt sofort, daß hier unter der Flagge des Fürsten Bismarck echt
französische Ware auf den litterarischen Markt geschmuggelt werden soll. An einer
Stelle heißt es nämlich in Bismarcks Tagebuch: I.v.jour on so Ls ma äöolaratiou
g, oeUo edsro Lrnostino, mon omur bald^it 8i kort am'vllo so tourna vors la, pores
et ein: „Vutroi!!" Dazu macht der Herausgeber folgende Anmerkung! 1^ porsonns
loi ÄosiAnoo par soll xrsnom, ost Nilo. Lrnostino 'I^uxonients, Kilo et'um oonsoillsr
alö sustioo, <iuo Is lueur oÜMoolior bonorg. et'uno oour assiüuo porcis-ut, tout l^oto
alö 1835, et <züi, marioo üoxuis a.u oolodro prolossonr ^oba.tÄ«>pk, gAräa. tousours
xmir «on pa,dito alö sounosso un souvouir iMonclri.
Abgesehen von dieser litterarischen Täuschung gestehen wir gern, daß uns das
Lesen des Buchs ein paar angenehme Stunde» bereitet hat. Der Verfasser hat
sich, wie es scheint, die Maximen und Reflexionen Nochefvucaulds zum Muster
genommen; einige Aussprüche erinnern auch an Stellen aus Schopenhauers Par-
erga und Parnlipomeua. Durch schlagende Kürze und überraschende Einfälle zeichnen
sich fast alle aus. Folgende Beispiele mögen die Art der angeblich Bismarckschen
Spruchweisheit zeigen: Gegen das Unwetter des Lebens ist die Philosophie ein
Regenschirm, die Religion ein wasserdichter Mantel. — Die Sitten wechseln mit
den Einnahmen, die Gefühle mit den Ländern, die Meinungen mit der Lektüre,
und die Grundsätze mit den Jahren. — Die Hölle stelle ich mir sehr deutlich vor;
sie wird die gegenwärtige Welt sein, aber ohne die Phantasie. — Die größte
Gnade, die der Himmel unsern Bitten erweisen könnte, wäre die, sie nicht zu er¬
hören. — Der Atheismus ist eine rabenschwarze Nacht, der Pantheismus eine
Zauberlaterne, der Spiritualismus eine Wachskerze, der Skeptizismus ein Irrlicht,
und der Positivismus ein Gaslicht. Der erste hindert uus zu sehen, der zweite
läßt uns falsch sehen, der dritte stimmt uus traurig, der vierte bringt uns vom
Wege ab, und der fünfte zwingt uns, die Augen zu schließen. — Um die Reife
gewisser Früchte zu beschleunigen und ihnen mehr Geschmack zu geben, bringt man
ihnen eine Wunde bei. So verbessert sich auch unser Herz; es wird weicher durch
die Eindrücke des Kummers. — In der Freundschaft wie bei jedem Verkehr ist
das Monopol der Ruin. — Ich habe einen verbohrten Gelehrte» gekannt; wenn
der durch einen Wald voll uralter Eichen spazieren ging, so Pflegte er nichts
weiter zu denken als: wieviel schöne Katheder Wunde man daraus noch schneiden! —
Alle diese Aussprüche könnte Bismarck allenfalls gethan haben, wenn auch nicht
als zwanzigjähriger Mensch. Wo aber der Verfasser auf die Frauen, auf die Liebe
und die geschlechtlichen Verhältnisse zu sprechen kommt, da geht doch der gallische Geist
mit ihm durch. Manche Betrachtungen auf diesen Gebieten scheinen geradezu aus
dem .lournal amüsant zu stammen; z.B. Die Frau bedeckt sich gern mit Blume».
Thut sie das als Opfertier oder als Siegerin? — Wenn die Fran sieht, daß ihr
Gatte die Cigarrentasche oder seine Pfeife hervorzieht, so kann sie sich sagen, daß
seine Liebe abnimmt. Sie ist ganz verschwunden, sobald er raucht. — Aleibiades
wollte von sich reden machen und begütigte sich damit, seinem Hunde den Schwanz
abzuschneiden. Man muß gestehen, daß er sich viel weniger verschwenderisch gezeigt
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