Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Erstes Vierteljahr.Die Sprache des Lntivurfs eines bürgerlichen Gesetzbuchs Eigentums nuf einen lindern. Der Gesetzgeber will aber die Fälle treffen, ez 1217: "Ist eine Forderung Gegenstand des Pfandrechts, so kann sie... t? 1278 Absatz 2: "Der Ehemann kann das im ersten Absätze bezeichnete i; 1372 Ur. 4: "wenn der Ehemann die Besorgniß rechtfertigt, daß er § 1443 Abs. 3. Bei den Worten "und von dieser Zeit um" ist das nachdrückliche Zurückweisung und deshalb eingehende Behandlung gebührt Die Sprache des Lntivurfs eines bürgerlichen Gesetzbuchs Eigentums nuf einen lindern. Der Gesetzgeber will aber die Fälle treffen, ez 1217: „Ist eine Forderung Gegenstand des Pfandrechts, so kann sie... t? 1278 Absatz 2: „Der Ehemann kann das im ersten Absätze bezeichnete i; 1372 Ur. 4: „wenn der Ehemann die Besorgniß rechtfertigt, daß er § 1443 Abs. 3. Bei den Worten „und von dieser Zeit um" ist das nachdrückliche Zurückweisung und deshalb eingehende Behandlung gebührt <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0042" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/213834"/> <fw type="header" place="top"> Die Sprache des Lntivurfs eines bürgerlichen Gesetzbuchs</fw><lb/> <p xml:id="ID_100" prev="#ID_99"> Eigentums nuf einen lindern. Der Gesetzgeber will aber die Fälle treffen,<lb/> wo jemand sich selber eine Sache zueignet. Besser wäre Aneignung, weil<lb/> dabei der Gedanke an einen andern ausgeschlossen ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_101"> ez 1217: „Ist eine Forderung Gegenstand des Pfandrechts, so kann sie...<lb/> »ur gemeinschaftlich von dein Gläubiger dieser Forderung und von dem Pfand-<lb/> gläubiger gekündigt werden." Also: die Forderung kaun nur von dem Gläu¬<lb/> biger dieser Forderung gekündigt werden! Kann man denn sagen: der Vater<lb/> ist von den Söhnen dieses Vaters beerbt worden? Die Worte „dieser For¬<lb/> derung" sind überflüssig, ein Mißverständnis ist ausgeschlossen.</p><lb/> <p xml:id="ID_102"> t? 1278 Absatz 2: „Der Ehemann kann das im ersten Absätze bezeichnete<lb/> Recht der Ehefrau beschränken, auch vollständig entziehen." Die Worte „der<lb/> Ehefrau" sollen ein Dativ sein. Schon deshalb gehören sie vor den Akkusativ<lb/> „dus Recht." Dorthin gehören sie aber auch, damit man nicht erst bei den<lb/> letzten Worten erkennt, daß sie kein abhängiger Genetiv sind.</p><lb/> <p xml:id="ID_103"> i; 1372 Ur. 4: „wenn der Ehemann die Besorgniß rechtfertigt, daß er<lb/> sich oder seine Familie dem Notstände preisgiebt." Selbstverständlich muß<lb/> es heißen: preisgebe. Ebenso in den ^ 29, 2002.</p><lb/> <p xml:id="ID_104"> § 1443 Abs. 3. Bei den Worten „und von dieser Zeit um" ist das<lb/> Wort „wenn" zu wiederholen, da für den hier beginnenden Satz ein neues<lb/> Subjekt eingeführt wird; man glaubt — bis man endlich durch die ganz am<lb/> Ende erscheinenden Worte „ein Jahr" eines bessern belehrt wird —, das bis¬<lb/> herige Subjekt „derselbe" beherrsche auch diesen Satz. Gleiche Fehler oder<lb/> Härten kommen öfters vor; so in § 1095, wo vor dem Worte „insbesondre"<lb/> das Wort „daß" zu wiederholen ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_105" next="#ID_106"> nachdrückliche Zurückweisung und deshalb eingehende Behandlung gebührt<lb/> einer Sprachsünde, die zugleich die gröbste und die häufigste ist: daß man<lb/> nämlich vom passiven Perfektum des Hilfszeitwortes sein den Bestandteil<lb/> worden wegläßt. Der Fehler stammt aus Norddeutschland. Er findet sich<lb/> in den Reden und Erlassen sämtlicher preußischen Minister; in den Urteilen<lb/> der preußischen, namentlich der hannoverschen Richter hat er Bürgerrecht er¬<lb/> langt. Aber er verbreitet sich jetzt über ganz Deutschland. Man braucht dabei<lb/> »och gar nicht an die Fälle zu denken, wo die Form ist oder sind nicht als<lb/> Hilfszeitwort, sondern als selbständiges Zeitwort auftritt, wie im folgenden:<lb/> der Richter ist verpflichtet, das und das zu thun (Gegensatz: er ist ver¬<lb/> pflichtet worden) ^ der Minister ist berufen (er ist berufe« worden); Fälle<lb/> also, wo schon der verschiedne Sinn zur Anwendung des worden zwingt.<lb/> Man bekommt auch sonst noch thörichtes genug zu lese». So heißt es in<lb/> Protokollen: Die Zeugen sind einander gegenübergestellt — der lärmende Gast<lb/> ist zum Saal hinausgesteckt — der Dieb ist vom Dienstmädchen durchs Fenster<lb/> ins Zimmer gelassen. Vermutlich stehen sich die Zeugen noch jetzt gegenüber,<lb/> steckt der Gast heute noch draußen, der Dieb heute noch drinnen. Ja, wenn</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0042]
Die Sprache des Lntivurfs eines bürgerlichen Gesetzbuchs
Eigentums nuf einen lindern. Der Gesetzgeber will aber die Fälle treffen,
wo jemand sich selber eine Sache zueignet. Besser wäre Aneignung, weil
dabei der Gedanke an einen andern ausgeschlossen ist.
ez 1217: „Ist eine Forderung Gegenstand des Pfandrechts, so kann sie...
»ur gemeinschaftlich von dein Gläubiger dieser Forderung und von dem Pfand-
gläubiger gekündigt werden." Also: die Forderung kaun nur von dem Gläu¬
biger dieser Forderung gekündigt werden! Kann man denn sagen: der Vater
ist von den Söhnen dieses Vaters beerbt worden? Die Worte „dieser For¬
derung" sind überflüssig, ein Mißverständnis ist ausgeschlossen.
t? 1278 Absatz 2: „Der Ehemann kann das im ersten Absätze bezeichnete
Recht der Ehefrau beschränken, auch vollständig entziehen." Die Worte „der
Ehefrau" sollen ein Dativ sein. Schon deshalb gehören sie vor den Akkusativ
„dus Recht." Dorthin gehören sie aber auch, damit man nicht erst bei den
letzten Worten erkennt, daß sie kein abhängiger Genetiv sind.
i; 1372 Ur. 4: „wenn der Ehemann die Besorgniß rechtfertigt, daß er
sich oder seine Familie dem Notstände preisgiebt." Selbstverständlich muß
es heißen: preisgebe. Ebenso in den ^ 29, 2002.
§ 1443 Abs. 3. Bei den Worten „und von dieser Zeit um" ist das
Wort „wenn" zu wiederholen, da für den hier beginnenden Satz ein neues
Subjekt eingeführt wird; man glaubt — bis man endlich durch die ganz am
Ende erscheinenden Worte „ein Jahr" eines bessern belehrt wird —, das bis¬
herige Subjekt „derselbe" beherrsche auch diesen Satz. Gleiche Fehler oder
Härten kommen öfters vor; so in § 1095, wo vor dem Worte „insbesondre"
das Wort „daß" zu wiederholen ist.
nachdrückliche Zurückweisung und deshalb eingehende Behandlung gebührt
einer Sprachsünde, die zugleich die gröbste und die häufigste ist: daß man
nämlich vom passiven Perfektum des Hilfszeitwortes sein den Bestandteil
worden wegläßt. Der Fehler stammt aus Norddeutschland. Er findet sich
in den Reden und Erlassen sämtlicher preußischen Minister; in den Urteilen
der preußischen, namentlich der hannoverschen Richter hat er Bürgerrecht er¬
langt. Aber er verbreitet sich jetzt über ganz Deutschland. Man braucht dabei
»och gar nicht an die Fälle zu denken, wo die Form ist oder sind nicht als
Hilfszeitwort, sondern als selbständiges Zeitwort auftritt, wie im folgenden:
der Richter ist verpflichtet, das und das zu thun (Gegensatz: er ist ver¬
pflichtet worden) ^ der Minister ist berufen (er ist berufe« worden); Fälle
also, wo schon der verschiedne Sinn zur Anwendung des worden zwingt.
Man bekommt auch sonst noch thörichtes genug zu lese». So heißt es in
Protokollen: Die Zeugen sind einander gegenübergestellt — der lärmende Gast
ist zum Saal hinausgesteckt — der Dieb ist vom Dienstmädchen durchs Fenster
ins Zimmer gelassen. Vermutlich stehen sich die Zeugen noch jetzt gegenüber,
steckt der Gast heute noch draußen, der Dieb heute noch drinnen. Ja, wenn
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