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Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Erstes Vierteljahr.

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Der Schutz des Privateigentums zur See

den Vorbereitungen und Kriegsübungen aller großen Seemächte hervor. In
England ist eine große Zahl der besten Schnelldampfer für den Dienst als
Hilfskreuzer mit besondern Einrichtungen versehen. Die großen englischen
Flottenübnngen haben sich mehrmals ganz allein mit der Brandschatzung offner
Küstenplätze und mit der Wegnahme feindlicher Handelsschiffe, das heißt mit
der .Kaperei größten Maßstabes befaßt. Die durch den Admiral Aube ins
Leben gerufne neuere französische Seestrategie will geradezu die Zerstörung
des feindlichen Privateigentums zum Hauptmittel der Seekriegführung macheu.
Gabriel Charmes, der Apostel des Admirals Aube, predigt den Kreuzerkrieg
in der schärfsten Form. Nach ihm soll die Kaperei über die Handelsfreiheit zur
See entscheiden. Wenn auch die Beschränkung des feindlichen Seehandels
für die Beherrschung des Meeres nicht den Ausschlag geben kann, so muß sie
doch ohne Zweifel einen großen Einfluß auf den ganze,? Verlauf des
Kriegs haben. Wie ernst die Franzosen die Kaperei von Staats wegen
ins Auge fassen, geht daraus hervor, daß schou in Friedenszeiten eine große
Zahl der Dampfer der Nessasvries irmritiiuss, sowie der (ZoinxaMiö trg.us-
.'Maul-iyrik ihre vollständige Kriegsausrüstung mit sich führt. Die Kapitäne
dieser Dampfer sind entweder aktive oder Reserveoffiziere der französischen
.Kriegsmarine. Beim Empfang der Depesche von der Kriegserklärung ist auf
den Dampfern weiter nichts zu thun, als die im Laderaum verstanden Schnell¬
feuergeschütze gefechtbereit an Deck zu stellen und den Kriegswimpel zu heißen;
denn die französische Kriegs- und Handelsflagge ist ein und dieselbe. Gleich¬
viel, ob sich die Schiffe in der Heimat, in den ostasiatischen, australischen
oder westindischen Gewässern befinden, sie sind zum Dienst als Hilfskreuzer
bereit und können sofort den Kaperkrieg beginnen. Ganz ähnlich ist die Ein¬
richtung der sogenannten freiwilligen Flotte in Rußland; auch deren Handels¬
dampfer verwandeln sich im Augenblick der Kriegserklärung in kriegerische
Hilfskreuzer. Die Vereinigten Staaten von Nordamerika und Italien sind
ebenfalls darauf vorbereitet, eine Anzahl von Handelsdampfern zu bewaffnen.
Wer Augen hat zu sehen, muß aus diesen Vorbereitungen erkennen, daß vor¬
läufig keiner der Seestaaten daran denkt, die wirksame Kampfweise des Kaper¬
krieges aufzugeben. Vizeadmiral Batsch sagt in seinen ,,nautischen Rückblicken"
(Berlin, 1892): ,,Die Freiheit des Privateigentums zur See wird immer noch
geraume Zeit zu den frommen Wünschen gehören, und unser Zeitalter der
Verschärfung der Kriegsmittel ist kaum dazu angethan, einen so edeln Gedanken
zu verwirklichen. Und so lange das nicht geschieht, wird der Handelsdampfer
gezwungen sein, mit einigermaßen gewaffneter Hand sein Cargo") zu beschützen,
sofern er oder sein Reeber den patriotischen Ehrgeiz hat, der eignen Flagge
treu zu sein. Wer dies verneint, kann nur die bestimmte Absicht haben, im



d. h. seine Laduiui.
Der Schutz des Privateigentums zur See

den Vorbereitungen und Kriegsübungen aller großen Seemächte hervor. In
England ist eine große Zahl der besten Schnelldampfer für den Dienst als
Hilfskreuzer mit besondern Einrichtungen versehen. Die großen englischen
Flottenübnngen haben sich mehrmals ganz allein mit der Brandschatzung offner
Küstenplätze und mit der Wegnahme feindlicher Handelsschiffe, das heißt mit
der .Kaperei größten Maßstabes befaßt. Die durch den Admiral Aube ins
Leben gerufne neuere französische Seestrategie will geradezu die Zerstörung
des feindlichen Privateigentums zum Hauptmittel der Seekriegführung macheu.
Gabriel Charmes, der Apostel des Admirals Aube, predigt den Kreuzerkrieg
in der schärfsten Form. Nach ihm soll die Kaperei über die Handelsfreiheit zur
See entscheiden. Wenn auch die Beschränkung des feindlichen Seehandels
für die Beherrschung des Meeres nicht den Ausschlag geben kann, so muß sie
doch ohne Zweifel einen großen Einfluß auf den ganze,? Verlauf des
Kriegs haben. Wie ernst die Franzosen die Kaperei von Staats wegen
ins Auge fassen, geht daraus hervor, daß schou in Friedenszeiten eine große
Zahl der Dampfer der Nessasvries irmritiiuss, sowie der (ZoinxaMiö trg.us-
.'Maul-iyrik ihre vollständige Kriegsausrüstung mit sich führt. Die Kapitäne
dieser Dampfer sind entweder aktive oder Reserveoffiziere der französischen
.Kriegsmarine. Beim Empfang der Depesche von der Kriegserklärung ist auf
den Dampfern weiter nichts zu thun, als die im Laderaum verstanden Schnell¬
feuergeschütze gefechtbereit an Deck zu stellen und den Kriegswimpel zu heißen;
denn die französische Kriegs- und Handelsflagge ist ein und dieselbe. Gleich¬
viel, ob sich die Schiffe in der Heimat, in den ostasiatischen, australischen
oder westindischen Gewässern befinden, sie sind zum Dienst als Hilfskreuzer
bereit und können sofort den Kaperkrieg beginnen. Ganz ähnlich ist die Ein¬
richtung der sogenannten freiwilligen Flotte in Rußland; auch deren Handels¬
dampfer verwandeln sich im Augenblick der Kriegserklärung in kriegerische
Hilfskreuzer. Die Vereinigten Staaten von Nordamerika und Italien sind
ebenfalls darauf vorbereitet, eine Anzahl von Handelsdampfern zu bewaffnen.
Wer Augen hat zu sehen, muß aus diesen Vorbereitungen erkennen, daß vor¬
läufig keiner der Seestaaten daran denkt, die wirksame Kampfweise des Kaper¬
krieges aufzugeben. Vizeadmiral Batsch sagt in seinen ,,nautischen Rückblicken"
(Berlin, 1892): ,,Die Freiheit des Privateigentums zur See wird immer noch
geraume Zeit zu den frommen Wünschen gehören, und unser Zeitalter der
Verschärfung der Kriegsmittel ist kaum dazu angethan, einen so edeln Gedanken
zu verwirklichen. Und so lange das nicht geschieht, wird der Handelsdampfer
gezwungen sein, mit einigermaßen gewaffneter Hand sein Cargo") zu beschützen,
sofern er oder sein Reeber den patriotischen Ehrgeiz hat, der eignen Flagge
treu zu sein. Wer dies verneint, kann nur die bestimmte Absicht haben, im



d. h. seine Laduiui.
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[0372] Der Schutz des Privateigentums zur See den Vorbereitungen und Kriegsübungen aller großen Seemächte hervor. In England ist eine große Zahl der besten Schnelldampfer für den Dienst als Hilfskreuzer mit besondern Einrichtungen versehen. Die großen englischen Flottenübnngen haben sich mehrmals ganz allein mit der Brandschatzung offner Küstenplätze und mit der Wegnahme feindlicher Handelsschiffe, das heißt mit der .Kaperei größten Maßstabes befaßt. Die durch den Admiral Aube ins Leben gerufne neuere französische Seestrategie will geradezu die Zerstörung des feindlichen Privateigentums zum Hauptmittel der Seekriegführung macheu. Gabriel Charmes, der Apostel des Admirals Aube, predigt den Kreuzerkrieg in der schärfsten Form. Nach ihm soll die Kaperei über die Handelsfreiheit zur See entscheiden. Wenn auch die Beschränkung des feindlichen Seehandels für die Beherrschung des Meeres nicht den Ausschlag geben kann, so muß sie doch ohne Zweifel einen großen Einfluß auf den ganze,? Verlauf des Kriegs haben. Wie ernst die Franzosen die Kaperei von Staats wegen ins Auge fassen, geht daraus hervor, daß schou in Friedenszeiten eine große Zahl der Dampfer der Nessasvries irmritiiuss, sowie der (ZoinxaMiö trg.us- .'Maul-iyrik ihre vollständige Kriegsausrüstung mit sich führt. Die Kapitäne dieser Dampfer sind entweder aktive oder Reserveoffiziere der französischen .Kriegsmarine. Beim Empfang der Depesche von der Kriegserklärung ist auf den Dampfern weiter nichts zu thun, als die im Laderaum verstanden Schnell¬ feuergeschütze gefechtbereit an Deck zu stellen und den Kriegswimpel zu heißen; denn die französische Kriegs- und Handelsflagge ist ein und dieselbe. Gleich¬ viel, ob sich die Schiffe in der Heimat, in den ostasiatischen, australischen oder westindischen Gewässern befinden, sie sind zum Dienst als Hilfskreuzer bereit und können sofort den Kaperkrieg beginnen. Ganz ähnlich ist die Ein¬ richtung der sogenannten freiwilligen Flotte in Rußland; auch deren Handels¬ dampfer verwandeln sich im Augenblick der Kriegserklärung in kriegerische Hilfskreuzer. Die Vereinigten Staaten von Nordamerika und Italien sind ebenfalls darauf vorbereitet, eine Anzahl von Handelsdampfern zu bewaffnen. Wer Augen hat zu sehen, muß aus diesen Vorbereitungen erkennen, daß vor¬ läufig keiner der Seestaaten daran denkt, die wirksame Kampfweise des Kaper¬ krieges aufzugeben. Vizeadmiral Batsch sagt in seinen ,,nautischen Rückblicken" (Berlin, 1892): ,,Die Freiheit des Privateigentums zur See wird immer noch geraume Zeit zu den frommen Wünschen gehören, und unser Zeitalter der Verschärfung der Kriegsmittel ist kaum dazu angethan, einen so edeln Gedanken zu verwirklichen. Und so lange das nicht geschieht, wird der Handelsdampfer gezwungen sein, mit einigermaßen gewaffneter Hand sein Cargo") zu beschützen, sofern er oder sein Reeber den patriotischen Ehrgeiz hat, der eignen Flagge treu zu sein. Wer dies verneint, kann nur die bestimmte Absicht haben, im d. h. seine Laduiui.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341857_213791/372>, abgerufen am 31.01.2025.