Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Erstes Vierteljahr.Die Sprache des Entwurfs eines bürgerlichen Gesetzbuchs Landrecht entnommen; sie bedeutet aber keinen Gewinn, nicht nur weil sie Häufig wendet der Entwurf die Wendung an: sich gründen in einem In den Z§ 197, 131, 137 muß es statt Ausfall der Bedingung heißen: Der Entwurf spricht <M 362 f.) von gegenseitigen Verträgen. In 8 1105 ist von dem belegenen Grundstücke die Rede. Sagt mau Die Sprache des Entwurfs eines bürgerlichen Gesetzbuchs Landrecht entnommen; sie bedeutet aber keinen Gewinn, nicht nur weil sie Häufig wendet der Entwurf die Wendung an: sich gründen in einem In den Z§ 197, 131, 137 muß es statt Ausfall der Bedingung heißen: Der Entwurf spricht <M 362 f.) von gegenseitigen Verträgen. In 8 1105 ist von dem belegenen Grundstücke die Rede. Sagt mau <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0234" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/214026"/> <fw type="header" place="top"> Die Sprache des Entwurfs eines bürgerlichen Gesetzbuchs</fw><lb/> <p xml:id="ID_756" prev="#ID_755"> Landrecht entnommen; sie bedeutet aber keinen Gewinn, nicht nur weil sie<lb/> irreführt, sondern auch weil sie falsch gebildet und ungebräuchlich ist. Für<lb/> eines der Eltern haben wir eben kein brauchbares Wort. Man will Kürze<lb/> erreichen; es ist aber kürzer, zu sagen: hat keins der Großeltern den Erb¬<lb/> lasser überlebt, als mit dem Entwürfe: hat keiner der Großelternteile u. s. w.<lb/> Wahrscheinlich hat mau sich vor dem Neutrum eins oder keins gefürchtet.<lb/> In der lebendigen Sprache ist aber das Neutrum zur Bezeichnung beider Ge¬<lb/> schlechter durchaus üblich. Ganz ümm.üssig ist die Zusammensetzung: jeder<lb/> seiner Elternteile (8 1975).</p><lb/> <p xml:id="ID_757"> Häufig wendet der Entwurf die Wendung an: sich gründen in einem<lb/> Rechtsverhältnisse, in einem Verzichte, in einem Umstände, darin. Der<lb/> Sprachgebrauch keunt nnr: der Anspruch gründet sich darauf, und zwar<lb/> nicht auf einem Rechtsverhältnisse, sondern auf ein Rechtsverhültnis. Sich<lb/> gründen heißt nicht: seinen Grund haben in etwas, sondern: sich stützen,<lb/> sich aufbauen auf etwas. Der Entwurf scheint mir zwei verschiedne bildliche<lb/> Redewendungen durch einander zu werfen.</p><lb/> <p xml:id="ID_758"> In den Z§ 197, 131, 137 muß es statt Ausfall der Bedingung heißen:<lb/> Wegfall. (Richtig § 488: Wegfall eines Vermächtnisses). In K 672 findet<lb/> sich der Ausdruck: einen Verzicht erteilen. Gebräuchlich ist: einen Verzicht<lb/> erklären oder aussprechen. Mehrfach — so in den K§ 158, 182, 941,<lb/> 2013, 2014 — ist die Rede von Befriedigung eines Anspruchs. Bei<lb/> dem Begriffe Befriedigung kann man aber nur an einen Vorgang denken,<lb/> der sich in der Person des Ansprnchsberechtigten vollzieht; es muß also heißen:<lb/> Befriedigung des Gläubigers. So drückt sich auch der Entwurf selbst in<lb/> den W 183, 674, 1078 richtig aus.</p><lb/> <p xml:id="ID_759"> Der Entwurf spricht <M 362 f.) von gegenseitigen Verträgen.<lb/> Nun spricht man wohl von gegenseitigen Vertragsleistungen, aber unter gegen¬<lb/> seitigen Verträgen konnte man höchstens die mehreren Verträge verstehen, die<lb/> zwei Parteien mit einander — gegenseitig — abgeschlossen haben; dann aber<lb/> bezöge sich das gegenseitig auf die mehreren Abschlüsse, nicht auf die beider¬<lb/> seitigen Leistungen, zu denen jeder einzelne Vertrag verpflichtet. Der Entwurf<lb/> will aber unter gegenseitigen Verträgen solche Verträge verstanden wissen, bei<lb/> denen beide Vertragschließenden etwas zu leisten haben, und das liegt nicht<lb/> darin ausgesprochen. Solche Verträge hießen bisher gewöhnlich zweiseitige<lb/> Verträge. Dieser Ausdruck, eine Übersetzung des lateinischen dilatkialis, ist<lb/> zwar auch nicht treffend, aber verstündlicher und jedermann vertraut.</p><lb/> <p xml:id="ID_760"> In 8 1105 ist von dem belegenen Grundstücke die Rede. Sagt mau<lb/> aber etwa: ein Grundstück beilegt da und da? Wenn es die Form belegen<lb/> gäbe, so könnte sie nur von beilegen abstammen. Das Wort belegen gehört<lb/> in das bezopfte Geschlecht der beschehen und seiner Genossen. Diese alten<lb/> Möbel wollen wir doch wohl nicht in das neue Gebäude mit herübernehmen.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0234]
Die Sprache des Entwurfs eines bürgerlichen Gesetzbuchs
Landrecht entnommen; sie bedeutet aber keinen Gewinn, nicht nur weil sie
irreführt, sondern auch weil sie falsch gebildet und ungebräuchlich ist. Für
eines der Eltern haben wir eben kein brauchbares Wort. Man will Kürze
erreichen; es ist aber kürzer, zu sagen: hat keins der Großeltern den Erb¬
lasser überlebt, als mit dem Entwürfe: hat keiner der Großelternteile u. s. w.
Wahrscheinlich hat mau sich vor dem Neutrum eins oder keins gefürchtet.
In der lebendigen Sprache ist aber das Neutrum zur Bezeichnung beider Ge¬
schlechter durchaus üblich. Ganz ümm.üssig ist die Zusammensetzung: jeder
seiner Elternteile (8 1975).
Häufig wendet der Entwurf die Wendung an: sich gründen in einem
Rechtsverhältnisse, in einem Verzichte, in einem Umstände, darin. Der
Sprachgebrauch keunt nnr: der Anspruch gründet sich darauf, und zwar
nicht auf einem Rechtsverhältnisse, sondern auf ein Rechtsverhültnis. Sich
gründen heißt nicht: seinen Grund haben in etwas, sondern: sich stützen,
sich aufbauen auf etwas. Der Entwurf scheint mir zwei verschiedne bildliche
Redewendungen durch einander zu werfen.
In den Z§ 197, 131, 137 muß es statt Ausfall der Bedingung heißen:
Wegfall. (Richtig § 488: Wegfall eines Vermächtnisses). In K 672 findet
sich der Ausdruck: einen Verzicht erteilen. Gebräuchlich ist: einen Verzicht
erklären oder aussprechen. Mehrfach — so in den K§ 158, 182, 941,
2013, 2014 — ist die Rede von Befriedigung eines Anspruchs. Bei
dem Begriffe Befriedigung kann man aber nur an einen Vorgang denken,
der sich in der Person des Ansprnchsberechtigten vollzieht; es muß also heißen:
Befriedigung des Gläubigers. So drückt sich auch der Entwurf selbst in
den W 183, 674, 1078 richtig aus.
Der Entwurf spricht <M 362 f.) von gegenseitigen Verträgen.
Nun spricht man wohl von gegenseitigen Vertragsleistungen, aber unter gegen¬
seitigen Verträgen konnte man höchstens die mehreren Verträge verstehen, die
zwei Parteien mit einander — gegenseitig — abgeschlossen haben; dann aber
bezöge sich das gegenseitig auf die mehreren Abschlüsse, nicht auf die beider¬
seitigen Leistungen, zu denen jeder einzelne Vertrag verpflichtet. Der Entwurf
will aber unter gegenseitigen Verträgen solche Verträge verstanden wissen, bei
denen beide Vertragschließenden etwas zu leisten haben, und das liegt nicht
darin ausgesprochen. Solche Verträge hießen bisher gewöhnlich zweiseitige
Verträge. Dieser Ausdruck, eine Übersetzung des lateinischen dilatkialis, ist
zwar auch nicht treffend, aber verstündlicher und jedermann vertraut.
In 8 1105 ist von dem belegenen Grundstücke die Rede. Sagt mau
aber etwa: ein Grundstück beilegt da und da? Wenn es die Form belegen
gäbe, so könnte sie nur von beilegen abstammen. Das Wort belegen gehört
in das bezopfte Geschlecht der beschehen und seiner Genossen. Diese alten
Möbel wollen wir doch wohl nicht in das neue Gebäude mit herübernehmen.
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |