Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Viertes Vierteljahr.Verein bekleiden, werde vielmehr alle seine Zeit nötig haben, an sich für die Mittlerweile war jedoch der Glaube an Fraukreich besonders durch Louis Verein bekleiden, werde vielmehr alle seine Zeit nötig haben, an sich für die Mittlerweile war jedoch der Glaube an Fraukreich besonders durch Louis <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0581" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/213695"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_1818" prev="#ID_1817"> Verein bekleiden, werde vielmehr alle seine Zeit nötig haben, an sich für die<lb/> großen Fragen vorzubereiten, die in der Nationalversammlung zur Entschei¬<lb/> dung konnneu sollten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1819" next="#ID_1820"> Mittlerweile war jedoch der Glaube an Fraukreich besonders durch Louis<lb/> Blaues in verschiednen Übersetzungen über ganz Deutschland verbreitete Ge¬<lb/> schichte der zehn Jahre 1830 bis 1840 vielfach erschüttert worden, und man<lb/> hatte angefangen, sich um englische Verhältnisse zu bekümmern. Auch Bücher<lb/> hatte sich schon als Gerichtsbeamter in seinem hinterpommerschen Städtchen<lb/> mit England bekannt zu machen gesucht, und zwar, was ihn wohl von vielen<lb/> seiner Kollegen unterschied, durch das Studium von Staatsrechtslehrern. Daß<lb/> er das aus ihnen geschöpfte einseitig auf heimische Verhältnisse anwandte,<lb/> läßt sich nicht leugnen. Aber er that es mit der strengen Logik des Juristen<lb/> und mit einer Rücksichtslosigkeit, die auf die gegnerischen Parteien einen ab¬<lb/> schreckenden Eindruck hervorbrachte, sodaß sie in ihm einen der gefährlichsten<lb/> Revolutionsmänner sahen, während ihm seine politischen Freunde znjnbelten.<lb/> Sein damaliges politisches Glaubensbekenntnis ist vielleicht am deutlichsten<lb/> in der Rede von 7. September ausgesprochen. Da sagte er unter anderm:<lb/> „Das ganze Gebäude des Absolutismus, so sorgfältig gezimmert, so voll<lb/> künstlicher Dunkelheit, anscheinend so unerschütterlich gegründet, es ist vor dem<lb/> Frühlingshauche einer Märznacht über den Hansen gefallen, und jetzt liegen<lb/> die tausend Schäden und wurden Stellen zu Tage, die das Volk schmerzlich<lb/> genug gefühlt, aber nicht immer klar erkannt hat, denen nachzuforschen, deren<lb/> Heilung zu versuchen bis zum 18. März ein Verbrechen war, das auf die<lb/> Festung führte. .. . Jetzt sieht das Volk die Fesseln, die es wundgedrückt haben,<lb/> es will die Übelstände und Mißbräuche, die es täglich empfindet, lieber heute<lb/> als morgen beseitigt sehen. Das gestürzte Regiment hat ein Menschenalter<lb/> mit eiserner Konsequenz für seine Zwecke benutzt, alle Glieder des Stactts-<lb/> vrganismus, alle Zweige der Gesetzgebung und Verwaltung für seine Zwecke<lb/> bearbeitet, umgebildet und ...... um es nur zu sagen — kvrrumpirt. Sehen<lb/> wir auf die Unzahl von Petitionen, auf die Vorlagen, die das Ministerium<lb/> selbst zu machen für nötig hält: überall sind radikale Reformen notwendig, in<lb/> der Kommunalverfasfuug. in der Rechtspflege, in der Verwaltung, im Steuer-<lb/> wesen; ich wüßte kaum eine einzige Partie aufzunehmen, und ganz besonders<lb/> gilt das, was ich gesagt habe, für die Wehrverfassung. Mau hat hier schon,<lb/> und zur Unzeit, an die großen schöpferischen Geister erinnert; Scharnhorst<lb/> würde seine volkstümliche Schöpfung kaum wiedererkennen, wenn er den Zu¬<lb/> stand und deu Geist sähe, wie er jetzt in einem großen Teile der Führer<lb/> unsres Heeres herrscht. Wollen wir alle diese Reformen hiunusschiebeu, bis<lb/> wir die Verfassung zustande gebracht haben, ans Grund derselben die<lb/> Volksvertretung zusammenberufen ist, und das Gesetzgebungswcrk vollendet<lb/> hat? Nein, das ist nicht möglich! ... Es ist uns gesagt worden, wir</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0581]
Verein bekleiden, werde vielmehr alle seine Zeit nötig haben, an sich für die
großen Fragen vorzubereiten, die in der Nationalversammlung zur Entschei¬
dung konnneu sollten.
Mittlerweile war jedoch der Glaube an Fraukreich besonders durch Louis
Blaues in verschiednen Übersetzungen über ganz Deutschland verbreitete Ge¬
schichte der zehn Jahre 1830 bis 1840 vielfach erschüttert worden, und man
hatte angefangen, sich um englische Verhältnisse zu bekümmern. Auch Bücher
hatte sich schon als Gerichtsbeamter in seinem hinterpommerschen Städtchen
mit England bekannt zu machen gesucht, und zwar, was ihn wohl von vielen
seiner Kollegen unterschied, durch das Studium von Staatsrechtslehrern. Daß
er das aus ihnen geschöpfte einseitig auf heimische Verhältnisse anwandte,
läßt sich nicht leugnen. Aber er that es mit der strengen Logik des Juristen
und mit einer Rücksichtslosigkeit, die auf die gegnerischen Parteien einen ab¬
schreckenden Eindruck hervorbrachte, sodaß sie in ihm einen der gefährlichsten
Revolutionsmänner sahen, während ihm seine politischen Freunde znjnbelten.
Sein damaliges politisches Glaubensbekenntnis ist vielleicht am deutlichsten
in der Rede von 7. September ausgesprochen. Da sagte er unter anderm:
„Das ganze Gebäude des Absolutismus, so sorgfältig gezimmert, so voll
künstlicher Dunkelheit, anscheinend so unerschütterlich gegründet, es ist vor dem
Frühlingshauche einer Märznacht über den Hansen gefallen, und jetzt liegen
die tausend Schäden und wurden Stellen zu Tage, die das Volk schmerzlich
genug gefühlt, aber nicht immer klar erkannt hat, denen nachzuforschen, deren
Heilung zu versuchen bis zum 18. März ein Verbrechen war, das auf die
Festung führte. .. . Jetzt sieht das Volk die Fesseln, die es wundgedrückt haben,
es will die Übelstände und Mißbräuche, die es täglich empfindet, lieber heute
als morgen beseitigt sehen. Das gestürzte Regiment hat ein Menschenalter
mit eiserner Konsequenz für seine Zwecke benutzt, alle Glieder des Stactts-
vrganismus, alle Zweige der Gesetzgebung und Verwaltung für seine Zwecke
bearbeitet, umgebildet und ...... um es nur zu sagen — kvrrumpirt. Sehen
wir auf die Unzahl von Petitionen, auf die Vorlagen, die das Ministerium
selbst zu machen für nötig hält: überall sind radikale Reformen notwendig, in
der Kommunalverfasfuug. in der Rechtspflege, in der Verwaltung, im Steuer-
wesen; ich wüßte kaum eine einzige Partie aufzunehmen, und ganz besonders
gilt das, was ich gesagt habe, für die Wehrverfassung. Mau hat hier schon,
und zur Unzeit, an die großen schöpferischen Geister erinnert; Scharnhorst
würde seine volkstümliche Schöpfung kaum wiedererkennen, wenn er den Zu¬
stand und deu Geist sähe, wie er jetzt in einem großen Teile der Führer
unsres Heeres herrscht. Wollen wir alle diese Reformen hiunusschiebeu, bis
wir die Verfassung zustande gebracht haben, ans Grund derselben die
Volksvertretung zusammenberufen ist, und das Gesetzgebungswcrk vollendet
hat? Nein, das ist nicht möglich! ... Es ist uns gesagt worden, wir
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