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Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Viertes Vierteljahr.

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Der langweilige Kammerherr

kleine Komteß zwei Kleibers und ein feines Armband, und die Herrschaften
aufn Stoß snackten alle davon, daß es nu bald Hochzeit geben müßt.

Detlev Markseu hatte zuletzt sehr schnell gesprochen. Jetzt schwieg er
plötzlich und sah mich ernsthaft an. Sie haben woll kein Geduld, mich zuzu¬
hören -- nich? Na, nu müssen Sie aber zu Ende bei mich aushalten, denn
es regend noch ümmer. Vielleicht, daß es garnich heute wieder aufhört!

Der Mond kommt aber nachher! rief ich, etwas bestürzt.

Der Alte zuckte zusammen. Haben Sie anch was mien Mond vor? Ich
kann ihm nicht leiden, und wem? ich ihm anseh, wird mich ümmer ganz swie-
melig zu Mute. Na, da hab ich auch Grund zu, kann ich Sie sagen. Und
was der Frühling is, an den kann ich auch nix finden. Ich weiß woll, die
feinen Herrschaftens, die gehen denn muss Land spazieren, riechen an Blnmens
und fangen an zu swögen, wenn sie ein paar Vögelns singen hören. Mein
Knmmerjunker war auch so ein, der in Graben stieg und sich ein paar ganz
gemeine Vergißmeinnich pflücken konnt. Die gab er denn an die Komteß und
seufzt dabei, was mir ärgerte, denn ich möcht ihr ümmer weniger leiden.
Jeden Tag wollt sie ein Geschenk haben, und wenn sie das nicht kriegte, denn
weinte sie und sagte, mein Junker hatt kein Ahnung von die wahre Liebe.
Und er that nix anders als sie lieben!

Da freute ich mir denn nich wenig, als mein Junker mit einmal ver¬
reisen sollt. Aufn Stoß in Plön war auch ein Herzog aus die Oldenburgischc
Familje, und der bat mein Kammerjunker, ein büschen hinzukommen. Ein von
seine Hofherrens war gerade krank geworden, und weil er Besuch hatt und
Gesellschaften geben wollt, da meint er, er käm in Verlegenheit, wenn er nich
noch ein Junker kriegte. Mein Herr hatt nich viel Lust zu die Tuhr, weil
daß er nich von die Komteß fort wollte; aberS sein Herzog schickte ihm nach
Plön, und er wußte ja auch, daß er bald wiederkommen könnte.

Da sind wir denn nach dem Plöner Stoß geritten, und mich war die
ganze Geschichte sehr angenehm. Denn ich langweilte mir in Eutin bei diese
ewige Liebe, und Piähr war auch schon ein paar Tage fort und hatt mich
nich einmal Adjö gesagt. In Plön nahmen wir Loschi in Hirsch, was dazu-
malen ein sehr feines Gasthaus war, und denn meldeten wir uns aufn Stoß.
Der Herzog Peter Friedrich von Oldenburg wohnte all lange hier. Er war
ein büschen swach von Verstand, was bei einen Herzog abers nix thut, und
viele Herren von Adel lebten bei ihm und hatten gute Tage. Auch die Fran-
zosens, die in die Stadt und Umgegend wohnten, kamen viel zu die Plöner
Herrschastens, und da war viel Vergnügen und Amisemnng.

In ganzen habe ich Eutin lieber als Plön, weil ich die Stadt besser
kenne, den Slvßgarten von Plön mag ich abers lieber leiden. Da sind viel
größere Bäume ein, und der Plöner See ist auch ganz hübsch. Auf den sah
man ümmer, und zwischen die versunkenen Henkers standen Figurens von


Der langweilige Kammerherr

kleine Komteß zwei Kleibers und ein feines Armband, und die Herrschaften
aufn Stoß snackten alle davon, daß es nu bald Hochzeit geben müßt.

Detlev Markseu hatte zuletzt sehr schnell gesprochen. Jetzt schwieg er
plötzlich und sah mich ernsthaft an. Sie haben woll kein Geduld, mich zuzu¬
hören — nich? Na, nu müssen Sie aber zu Ende bei mich aushalten, denn
es regend noch ümmer. Vielleicht, daß es garnich heute wieder aufhört!

Der Mond kommt aber nachher! rief ich, etwas bestürzt.

Der Alte zuckte zusammen. Haben Sie anch was mien Mond vor? Ich
kann ihm nicht leiden, und wem? ich ihm anseh, wird mich ümmer ganz swie-
melig zu Mute. Na, da hab ich auch Grund zu, kann ich Sie sagen. Und
was der Frühling is, an den kann ich auch nix finden. Ich weiß woll, die
feinen Herrschaftens, die gehen denn muss Land spazieren, riechen an Blnmens
und fangen an zu swögen, wenn sie ein paar Vögelns singen hören. Mein
Knmmerjunker war auch so ein, der in Graben stieg und sich ein paar ganz
gemeine Vergißmeinnich pflücken konnt. Die gab er denn an die Komteß und
seufzt dabei, was mir ärgerte, denn ich möcht ihr ümmer weniger leiden.
Jeden Tag wollt sie ein Geschenk haben, und wenn sie das nicht kriegte, denn
weinte sie und sagte, mein Junker hatt kein Ahnung von die wahre Liebe.
Und er that nix anders als sie lieben!

Da freute ich mir denn nich wenig, als mein Junker mit einmal ver¬
reisen sollt. Aufn Stoß in Plön war auch ein Herzog aus die Oldenburgischc
Familje, und der bat mein Kammerjunker, ein büschen hinzukommen. Ein von
seine Hofherrens war gerade krank geworden, und weil er Besuch hatt und
Gesellschaften geben wollt, da meint er, er käm in Verlegenheit, wenn er nich
noch ein Junker kriegte. Mein Herr hatt nich viel Lust zu die Tuhr, weil
daß er nich von die Komteß fort wollte; aberS sein Herzog schickte ihm nach
Plön, und er wußte ja auch, daß er bald wiederkommen könnte.

Da sind wir denn nach dem Plöner Stoß geritten, und mich war die
ganze Geschichte sehr angenehm. Denn ich langweilte mir in Eutin bei diese
ewige Liebe, und Piähr war auch schon ein paar Tage fort und hatt mich
nich einmal Adjö gesagt. In Plön nahmen wir Loschi in Hirsch, was dazu-
malen ein sehr feines Gasthaus war, und denn meldeten wir uns aufn Stoß.
Der Herzog Peter Friedrich von Oldenburg wohnte all lange hier. Er war
ein büschen swach von Verstand, was bei einen Herzog abers nix thut, und
viele Herren von Adel lebten bei ihm und hatten gute Tage. Auch die Fran-
zosens, die in die Stadt und Umgegend wohnten, kamen viel zu die Plöner
Herrschastens, und da war viel Vergnügen und Amisemnng.

In ganzen habe ich Eutin lieber als Plön, weil ich die Stadt besser
kenne, den Slvßgarten von Plön mag ich abers lieber leiden. Da sind viel
größere Bäume ein, und der Plöner See ist auch ganz hübsch. Auf den sah
man ümmer, und zwischen die versunkenen Henkers standen Figurens von


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[0551] Der langweilige Kammerherr kleine Komteß zwei Kleibers und ein feines Armband, und die Herrschaften aufn Stoß snackten alle davon, daß es nu bald Hochzeit geben müßt. Detlev Markseu hatte zuletzt sehr schnell gesprochen. Jetzt schwieg er plötzlich und sah mich ernsthaft an. Sie haben woll kein Geduld, mich zuzu¬ hören — nich? Na, nu müssen Sie aber zu Ende bei mich aushalten, denn es regend noch ümmer. Vielleicht, daß es garnich heute wieder aufhört! Der Mond kommt aber nachher! rief ich, etwas bestürzt. Der Alte zuckte zusammen. Haben Sie anch was mien Mond vor? Ich kann ihm nicht leiden, und wem? ich ihm anseh, wird mich ümmer ganz swie- melig zu Mute. Na, da hab ich auch Grund zu, kann ich Sie sagen. Und was der Frühling is, an den kann ich auch nix finden. Ich weiß woll, die feinen Herrschaftens, die gehen denn muss Land spazieren, riechen an Blnmens und fangen an zu swögen, wenn sie ein paar Vögelns singen hören. Mein Knmmerjunker war auch so ein, der in Graben stieg und sich ein paar ganz gemeine Vergißmeinnich pflücken konnt. Die gab er denn an die Komteß und seufzt dabei, was mir ärgerte, denn ich möcht ihr ümmer weniger leiden. Jeden Tag wollt sie ein Geschenk haben, und wenn sie das nicht kriegte, denn weinte sie und sagte, mein Junker hatt kein Ahnung von die wahre Liebe. Und er that nix anders als sie lieben! Da freute ich mir denn nich wenig, als mein Junker mit einmal ver¬ reisen sollt. Aufn Stoß in Plön war auch ein Herzog aus die Oldenburgischc Familje, und der bat mein Kammerjunker, ein büschen hinzukommen. Ein von seine Hofherrens war gerade krank geworden, und weil er Besuch hatt und Gesellschaften geben wollt, da meint er, er käm in Verlegenheit, wenn er nich noch ein Junker kriegte. Mein Herr hatt nich viel Lust zu die Tuhr, weil daß er nich von die Komteß fort wollte; aberS sein Herzog schickte ihm nach Plön, und er wußte ja auch, daß er bald wiederkommen könnte. Da sind wir denn nach dem Plöner Stoß geritten, und mich war die ganze Geschichte sehr angenehm. Denn ich langweilte mir in Eutin bei diese ewige Liebe, und Piähr war auch schon ein paar Tage fort und hatt mich nich einmal Adjö gesagt. In Plön nahmen wir Loschi in Hirsch, was dazu- malen ein sehr feines Gasthaus war, und denn meldeten wir uns aufn Stoß. Der Herzog Peter Friedrich von Oldenburg wohnte all lange hier. Er war ein büschen swach von Verstand, was bei einen Herzog abers nix thut, und viele Herren von Adel lebten bei ihm und hatten gute Tage. Auch die Fran- zosens, die in die Stadt und Umgegend wohnten, kamen viel zu die Plöner Herrschastens, und da war viel Vergnügen und Amisemnng. In ganzen habe ich Eutin lieber als Plön, weil ich die Stadt besser kenne, den Slvßgarten von Plön mag ich abers lieber leiden. Da sind viel größere Bäume ein, und der Plöner See ist auch ganz hübsch. Auf den sah man ümmer, und zwischen die versunkenen Henkers standen Figurens von

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341855_213113/551>, abgerufen am 22.12.2024.