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Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Viertes Vierteljahr.

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Da verstehst du nix von, sagt Piähr und kuckt mir böse an. Keiner von
die dummen Deutscheus versteht was von das Allerfeinste bein französchen Hof!

Is das so? mein ich und fühl, wie ich falsch werd. Was kommt ihr
feinen Franzosens denn überhaupt zu uns, wenn ihr es bei euch zu Hause
viel seiner habt? Mich wärs viel lieber gewesen, ihr hättet euch alle mit¬
sammen in euern feinen Land den Kopp abhacken lassen; dann hätt mein
Kammerjunker nich so viel Raupen in Kopp gekriegt.

Piähr, der auf deutsch Peter hieß und auch ein ganz guten Kerl war,
suchte mir wieder zurechtzusnacken. Sei man nich gleich so doll, Detlev! Ich
kann da nix vor, daß allens so komisch kam, und wenn es nach meinen Herzog
gegangen wär, dann säßen wir auch nich in Eutin, was ne langweilige kleine
Stadt is. Am liebsten wären wir in Ungarland geblieben, wo mein Herzog
ein Vetter hat; abers er wollt so gern sein einzigen Sohn sehen, der mit
einmal hierherkommt. Son Mann, wenn er auch vornehm is, so hat er doch
Gefühl, und der junge Herzog is noch dazu man knappemang von die Jako¬
biners weggelaufen, die ihm schon an Schlafittchen hatten!

Und Piähr, der ein Schrecken gekriegt hat, weil daß ich böse wurde,
verzählt ein ganzen Berg, und weil ich daran dacht, daß mein Junker bald
wieder ein Brief an Rosenstein schreiben mußt, so hört ich genau zu. Ich
konnt ja vielleicht was anfsuappen, was nett zu schreiben war.

Der Herzog hatt also furchtbar viel Slösser in Frankreich und auch viel
Silberzeug und Kisten voll Geld. Fort mußt er abers doch aus sein Vater¬
land, weil er so gut bekannt mien König gewesen war. Und was sein Sohn
war, der noch garnich mal verkonfermirt gewesen war, der hatt mit sein Hof¬
meister in Nacht und Nebel nach Engelland fliehen müssen, ohne sein Vater
Adjö zu sagen. In Engelland hatt es der junge Herzog ganz gut, und kein
Mensch that ihn was; abers was die jungen Leute sind, die kriegen doch
alle Snurren in Kopp. Kaum is der junge Herr ein büschen trocken hinter
die Ohrens geworden, da mag er nich mehr bei die Engelländers sein und
geht dahin, wo sein Königsfamilie in die Verbannung lebte. Denn nich alle
die Prinzens und Prinzessinnens waren tot, nur ein paar; die andern hatten
sich Frankreich mien Rücken angesehen und lebten anderswo. Und dieser junge
Mann reist die Herrschaftens nach, und allens, was er von sein Vater kriegt,
das giebt er an sie. Mit den Thalers wars abers noch nich halb gut; ver¬
lieben mußt er sich auch und in eine von die allervornehmsten Prinzessinnen,
was natürlicheweise ein Unsinn.war. Abers der junge Herzog hatt noch mehr
Dummzeng gemacht, nämlich eine Verswörung gegen Navolium, und der war
fuchswild auf ihm geworden und hatt neu Preis auf sein Kopp gesetzt. Ja,
sowas kam dazumal vor, und keiner fand was besonders drin; bloß, daß der
junge Herzog ümmer dümmer wurde und nach Deutschland kam. Piähr sagte,
er lebte in Rußland oder Soeben, nu abers wollte er parens nach Plön


Da verstehst du nix von, sagt Piähr und kuckt mir böse an. Keiner von
die dummen Deutscheus versteht was von das Allerfeinste bein französchen Hof!

Is das so? mein ich und fühl, wie ich falsch werd. Was kommt ihr
feinen Franzosens denn überhaupt zu uns, wenn ihr es bei euch zu Hause
viel seiner habt? Mich wärs viel lieber gewesen, ihr hättet euch alle mit¬
sammen in euern feinen Land den Kopp abhacken lassen; dann hätt mein
Kammerjunker nich so viel Raupen in Kopp gekriegt.

Piähr, der auf deutsch Peter hieß und auch ein ganz guten Kerl war,
suchte mir wieder zurechtzusnacken. Sei man nich gleich so doll, Detlev! Ich
kann da nix vor, daß allens so komisch kam, und wenn es nach meinen Herzog
gegangen wär, dann säßen wir auch nich in Eutin, was ne langweilige kleine
Stadt is. Am liebsten wären wir in Ungarland geblieben, wo mein Herzog
ein Vetter hat; abers er wollt so gern sein einzigen Sohn sehen, der mit
einmal hierherkommt. Son Mann, wenn er auch vornehm is, so hat er doch
Gefühl, und der junge Herzog is noch dazu man knappemang von die Jako¬
biners weggelaufen, die ihm schon an Schlafittchen hatten!

Und Piähr, der ein Schrecken gekriegt hat, weil daß ich böse wurde,
verzählt ein ganzen Berg, und weil ich daran dacht, daß mein Junker bald
wieder ein Brief an Rosenstein schreiben mußt, so hört ich genau zu. Ich
konnt ja vielleicht was anfsuappen, was nett zu schreiben war.

Der Herzog hatt also furchtbar viel Slösser in Frankreich und auch viel
Silberzeug und Kisten voll Geld. Fort mußt er abers doch aus sein Vater¬
land, weil er so gut bekannt mien König gewesen war. Und was sein Sohn
war, der noch garnich mal verkonfermirt gewesen war, der hatt mit sein Hof¬
meister in Nacht und Nebel nach Engelland fliehen müssen, ohne sein Vater
Adjö zu sagen. In Engelland hatt es der junge Herzog ganz gut, und kein
Mensch that ihn was; abers was die jungen Leute sind, die kriegen doch
alle Snurren in Kopp. Kaum is der junge Herr ein büschen trocken hinter
die Ohrens geworden, da mag er nich mehr bei die Engelländers sein und
geht dahin, wo sein Königsfamilie in die Verbannung lebte. Denn nich alle
die Prinzens und Prinzessinnens waren tot, nur ein paar; die andern hatten
sich Frankreich mien Rücken angesehen und lebten anderswo. Und dieser junge
Mann reist die Herrschaftens nach, und allens, was er von sein Vater kriegt,
das giebt er an sie. Mit den Thalers wars abers noch nich halb gut; ver¬
lieben mußt er sich auch und in eine von die allervornehmsten Prinzessinnen,
was natürlicheweise ein Unsinn.war. Abers der junge Herzog hatt noch mehr
Dummzeng gemacht, nämlich eine Verswörung gegen Navolium, und der war
fuchswild auf ihm geworden und hatt neu Preis auf sein Kopp gesetzt. Ja,
sowas kam dazumal vor, und keiner fand was besonders drin; bloß, daß der
junge Herzog ümmer dümmer wurde und nach Deutschland kam. Piähr sagte,
er lebte in Rußland oder Soeben, nu abers wollte er parens nach Plön


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[0549] Da verstehst du nix von, sagt Piähr und kuckt mir böse an. Keiner von die dummen Deutscheus versteht was von das Allerfeinste bein französchen Hof! Is das so? mein ich und fühl, wie ich falsch werd. Was kommt ihr feinen Franzosens denn überhaupt zu uns, wenn ihr es bei euch zu Hause viel seiner habt? Mich wärs viel lieber gewesen, ihr hättet euch alle mit¬ sammen in euern feinen Land den Kopp abhacken lassen; dann hätt mein Kammerjunker nich so viel Raupen in Kopp gekriegt. Piähr, der auf deutsch Peter hieß und auch ein ganz guten Kerl war, suchte mir wieder zurechtzusnacken. Sei man nich gleich so doll, Detlev! Ich kann da nix vor, daß allens so komisch kam, und wenn es nach meinen Herzog gegangen wär, dann säßen wir auch nich in Eutin, was ne langweilige kleine Stadt is. Am liebsten wären wir in Ungarland geblieben, wo mein Herzog ein Vetter hat; abers er wollt so gern sein einzigen Sohn sehen, der mit einmal hierherkommt. Son Mann, wenn er auch vornehm is, so hat er doch Gefühl, und der junge Herzog is noch dazu man knappemang von die Jako¬ biners weggelaufen, die ihm schon an Schlafittchen hatten! Und Piähr, der ein Schrecken gekriegt hat, weil daß ich böse wurde, verzählt ein ganzen Berg, und weil ich daran dacht, daß mein Junker bald wieder ein Brief an Rosenstein schreiben mußt, so hört ich genau zu. Ich konnt ja vielleicht was anfsuappen, was nett zu schreiben war. Der Herzog hatt also furchtbar viel Slösser in Frankreich und auch viel Silberzeug und Kisten voll Geld. Fort mußt er abers doch aus sein Vater¬ land, weil er so gut bekannt mien König gewesen war. Und was sein Sohn war, der noch garnich mal verkonfermirt gewesen war, der hatt mit sein Hof¬ meister in Nacht und Nebel nach Engelland fliehen müssen, ohne sein Vater Adjö zu sagen. In Engelland hatt es der junge Herzog ganz gut, und kein Mensch that ihn was; abers was die jungen Leute sind, die kriegen doch alle Snurren in Kopp. Kaum is der junge Herr ein büschen trocken hinter die Ohrens geworden, da mag er nich mehr bei die Engelländers sein und geht dahin, wo sein Königsfamilie in die Verbannung lebte. Denn nich alle die Prinzens und Prinzessinnens waren tot, nur ein paar; die andern hatten sich Frankreich mien Rücken angesehen und lebten anderswo. Und dieser junge Mann reist die Herrschaftens nach, und allens, was er von sein Vater kriegt, das giebt er an sie. Mit den Thalers wars abers noch nich halb gut; ver¬ lieben mußt er sich auch und in eine von die allervornehmsten Prinzessinnen, was natürlicheweise ein Unsinn.war. Abers der junge Herzog hatt noch mehr Dummzeng gemacht, nämlich eine Verswörung gegen Navolium, und der war fuchswild auf ihm geworden und hatt neu Preis auf sein Kopp gesetzt. Ja, sowas kam dazumal vor, und keiner fand was besonders drin; bloß, daß der junge Herzog ümmer dümmer wurde und nach Deutschland kam. Piähr sagte, er lebte in Rußland oder Soeben, nu abers wollte er parens nach Plön

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341855_213113/549>, abgerufen am 23.07.2024.