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Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Viertes Vierteljahr.

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Gin "euer Luchhändlerprozeß

übrigen bewußt war hätte veranlassen sollen, den Angeklagten wenigstens
einen Teil der Kosten abzunehmen, lassen wir dahingestellt sein. Jedenfalls
hatten doch die Angeklagten, indem sie sich gegen die doppelte Verurteilung
zur Buße wehrten, mit vollem Rechte Revision erhoben. Und der für die
gegenteilige Entscheidung ausgesprvchne Grund, "daß dieser Punkt keine be¬
sondern Kosten gemacht habe," läßt sich eben so gut auch umkehren. Auch die
Verhandlung und Entscheidung der übrigen Punkte hatte, neben jenem, "keine
besondern Kosten gemacht." Ju solchen Fällen dürfte die Teilung der Kosten
der Billigkeit entsprechen. Doch wir verlassen diesen verhältnismäßig unbedeu¬
tenden Nebenpunkt.

Der Vorwurf, den Nur in der Sache zu erheben haben, richtet sich gegen
das Urteil erster Instanz. Wir halten die erkannte Strafe für übertrieben,
die auferlegte Buße in der ihr gegebnen Begründung für unhaltbar.

Wir nehmen nicht an, daß die Firma Conitzer schon durch den Kauf der
Zeichnungen von Fischer das Recht der Vervielfältigung erworben habe;
prüfen vielmehr die Frage: Was war durch den Briefwechsel zwischen Schön-
than und Alters ausgemacht?

Der Brief Schönthans sagte nicht ganz klar, was die von ihm vertretene
Firma vorhabe. Bis zu einem gewissen Grade war es aber doch klar.
Die von der Firma erworbnen Blätter sollten gesammelt werden, und
Schonthan wollte dann einen Text dazu liefern. Dieser Text war notwendig,
weil erst dadurch die zu verschiednen Erzählungen angefertigten Zeichnungen
zu einem einheitlichen Ganzen verbunden werden konnten. Daß aber die Samm¬
lung der Blätter die Hauptsache sei und der zu liefernde Text nur nebenher
laufen sollte, daß also die Absicht war, die Blätter als Kunstwerk heraus zu
geben, das ging aus dem Briefe zur Genüge hervor. Darauf deutete auch
die im Eingange des Briefes enthaltene Bemerkung, daß die Firma Conitzer
zugleich Kunstverlag treibe und selbst Prachtwerke herausgebe. Mit einer
nochmaligen Verwendung der Bilder zu Illustrationen würde die Firma auch
ein schlechtes Geschäft gemacht haben.

Alters hat aber auch den Brief nicht anders verstanden. Schon der Ein¬
gang seiner Antwort: "Den Trödel wollen Sie veröffentlichen?" läßt dies
erkennen. Der "Trödel" sind natürlich die Zeichnungen selbst. Darin, daß
diese schon zu Illustrationen gebraucht waren, sah Alters keine eigentliche Ver¬
öffentlichung. Sonst hätte er die Frage so stellen müssen: "Den Trödel
wollen Sie zum zweitenmale veröffentlichen?" Auch in der auf jene hin-
geworfne Frage erteilten Antwort: "Meinetwegen, Wenns nur nicht so wichtig
gemacht wird mit dem Dreck," giebt sich kund, daß Alters etwas andres im
Sinne hatte, als die bloße abermalige Verwendung der Bilder zu Illustra¬
tionen. Denn sonst wäre die Verwarnung, es damit nicht so wichtig zu
machen, unnötig gewesen. Die Behauptung von Alters, er habe nur seine


Gin „euer Luchhändlerprozeß

übrigen bewußt war hätte veranlassen sollen, den Angeklagten wenigstens
einen Teil der Kosten abzunehmen, lassen wir dahingestellt sein. Jedenfalls
hatten doch die Angeklagten, indem sie sich gegen die doppelte Verurteilung
zur Buße wehrten, mit vollem Rechte Revision erhoben. Und der für die
gegenteilige Entscheidung ausgesprvchne Grund, „daß dieser Punkt keine be¬
sondern Kosten gemacht habe," läßt sich eben so gut auch umkehren. Auch die
Verhandlung und Entscheidung der übrigen Punkte hatte, neben jenem, „keine
besondern Kosten gemacht." Ju solchen Fällen dürfte die Teilung der Kosten
der Billigkeit entsprechen. Doch wir verlassen diesen verhältnismäßig unbedeu¬
tenden Nebenpunkt.

Der Vorwurf, den Nur in der Sache zu erheben haben, richtet sich gegen
das Urteil erster Instanz. Wir halten die erkannte Strafe für übertrieben,
die auferlegte Buße in der ihr gegebnen Begründung für unhaltbar.

Wir nehmen nicht an, daß die Firma Conitzer schon durch den Kauf der
Zeichnungen von Fischer das Recht der Vervielfältigung erworben habe;
prüfen vielmehr die Frage: Was war durch den Briefwechsel zwischen Schön-
than und Alters ausgemacht?

Der Brief Schönthans sagte nicht ganz klar, was die von ihm vertretene
Firma vorhabe. Bis zu einem gewissen Grade war es aber doch klar.
Die von der Firma erworbnen Blätter sollten gesammelt werden, und
Schonthan wollte dann einen Text dazu liefern. Dieser Text war notwendig,
weil erst dadurch die zu verschiednen Erzählungen angefertigten Zeichnungen
zu einem einheitlichen Ganzen verbunden werden konnten. Daß aber die Samm¬
lung der Blätter die Hauptsache sei und der zu liefernde Text nur nebenher
laufen sollte, daß also die Absicht war, die Blätter als Kunstwerk heraus zu
geben, das ging aus dem Briefe zur Genüge hervor. Darauf deutete auch
die im Eingange des Briefes enthaltene Bemerkung, daß die Firma Conitzer
zugleich Kunstverlag treibe und selbst Prachtwerke herausgebe. Mit einer
nochmaligen Verwendung der Bilder zu Illustrationen würde die Firma auch
ein schlechtes Geschäft gemacht haben.

Alters hat aber auch den Brief nicht anders verstanden. Schon der Ein¬
gang seiner Antwort: „Den Trödel wollen Sie veröffentlichen?" läßt dies
erkennen. Der „Trödel" sind natürlich die Zeichnungen selbst. Darin, daß
diese schon zu Illustrationen gebraucht waren, sah Alters keine eigentliche Ver¬
öffentlichung. Sonst hätte er die Frage so stellen müssen: „Den Trödel
wollen Sie zum zweitenmale veröffentlichen?" Auch in der auf jene hin-
geworfne Frage erteilten Antwort: „Meinetwegen, Wenns nur nicht so wichtig
gemacht wird mit dem Dreck," giebt sich kund, daß Alters etwas andres im
Sinne hatte, als die bloße abermalige Verwendung der Bilder zu Illustra¬
tionen. Denn sonst wäre die Verwarnung, es damit nicht so wichtig zu
machen, unnötig gewesen. Die Behauptung von Alters, er habe nur seine


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341855_213113/515>, abgerufen am 23.07.2024.