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Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Viertes Vierteljahr.

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Bunte Holzschnitte

Bildes in der kleinen schwarzen Reproduktion erschien. Das war aber nur
dadurch möglich geworden, daß das Auge des nachempfindenden Künstlers
die Hand mit dem Griffel geleitet hatte. Es war ein kleines Kunststück.

Solche Kunststücke sind nun alle die Knöflerschen Schnitte. Schon die
Kvnturplatte allein giebt die Zartheit der Zeichnung Fiesolcs aufs graziöseste
wieder, die ganze Lieblichkeit und Innigkeit der.Köpfchen. Und dazu um der
Farbenschmelz! Die Klarheit und Kraft des Faltenwurfs der Gewüuder, die
Weichheit und daneben, trotz der Kleinheit der Flächen, die Bestimmtheit der
Fleischtöne, die schöne Abwägung in der Gesamtwirkung, in der sich nicht wie
so häufig bei Farbendrucken das Durchgehen eines einzelnen Tons durch alle
Farben unangenehm aufdrängt, alles das zeigt, daß hier jede Platte -- und
es müssen zu den einzelnen Bildern deren ein Dutzend und mehr nötig ge¬
wesen sein -- von feiner Künstlerhand bemessen und geschnitten ist.

Nicht geringeres Lob, als die Intention -- wir brauchen diesen Aus¬
druck absichtlich, denn der Holzschneider arbeitet ja gewissermaßen blind; bei
der Anfertigung der einzelnen Farbeuplatten malt er ja nicht wie der Maler
mit dem Pinsel Farben in und über einander, sondern er hat nur die Wirkung
vor Augen, die die einzelne mechanisch herzustellende Platte erst im Zusammen¬
wirken mit den übrigen geben soll, es ist also eine ganz abstrakte und be¬
rechnende Thätigkeit --, also nicht geringeres Lob als der Schnitt der Platten
heischt der Druck der Bilder. Bon dem Schnitt, der die Wirkung des Ori¬
ginals im Auge hat, bis zu dem Abdruck, den die fühllose Maschine liefert,
ist ja noch ein weiter Weg der Abwägung und Zurichtung bei jeder einzelnen
Platte nötig; der Maschinenmeister muß nun erst durch saubre und verständ¬
nisvolle Vorbereitung seines eisernen Ungetüms dafür sorgen, daß die ein¬
zelne Platte nicht in rohem Abklatsch ihrer doch gleichmäßigen Fläche ans
das Papier kommt, sondern daß die Töne, je nachdem, zart und kräftig er¬
scheinen, wie es die einzelnen Stellen verlangen. Der Druck ist um bei diesen
Blättern ebenso meisterhaft wie der Schnitt; besonders auffällig ist dies bei dein
Musenreigen, der eine dreimal so große Fläche bedeckt wie die einzelnen Engel-
bildcr; es ist bewundernswert, wie genau die Platten sich decken, oder, wie es
heißt, "Register halten."

Hier sind Vorbilder zur Nacheiferung, und dem Holzschnitt eröffnet sich
ein neues Feld. Ja, wer wird das Geld hergeben! wird Freund Käseberg
seufzen. So billig wie Lithographien sind solche Holzschnitte freilich nicht her¬
zustellen, auch wenn mens kann. Die Madonna und jedes der Engelbilder
kostet drei Mark, der Musenreigen acht. Aber es sind eben Kunstblätter;
wenn sich diese Technik auch nicht zu Massenproduktion würde verwenden lassen,
so werden sich doch, wie für diese Blätter so für andre, die sich die Wieder¬
gabe wertvoller Kunstwerke zur Aufgabe machen, dankbare Käufer genug finden.
Davon find wir überzeugt, und wir hoffen, daß sich bald ein Wettbewerb


Bunte Holzschnitte

Bildes in der kleinen schwarzen Reproduktion erschien. Das war aber nur
dadurch möglich geworden, daß das Auge des nachempfindenden Künstlers
die Hand mit dem Griffel geleitet hatte. Es war ein kleines Kunststück.

Solche Kunststücke sind nun alle die Knöflerschen Schnitte. Schon die
Kvnturplatte allein giebt die Zartheit der Zeichnung Fiesolcs aufs graziöseste
wieder, die ganze Lieblichkeit und Innigkeit der.Köpfchen. Und dazu um der
Farbenschmelz! Die Klarheit und Kraft des Faltenwurfs der Gewüuder, die
Weichheit und daneben, trotz der Kleinheit der Flächen, die Bestimmtheit der
Fleischtöne, die schöne Abwägung in der Gesamtwirkung, in der sich nicht wie
so häufig bei Farbendrucken das Durchgehen eines einzelnen Tons durch alle
Farben unangenehm aufdrängt, alles das zeigt, daß hier jede Platte — und
es müssen zu den einzelnen Bildern deren ein Dutzend und mehr nötig ge¬
wesen sein — von feiner Künstlerhand bemessen und geschnitten ist.

Nicht geringeres Lob, als die Intention — wir brauchen diesen Aus¬
druck absichtlich, denn der Holzschneider arbeitet ja gewissermaßen blind; bei
der Anfertigung der einzelnen Farbeuplatten malt er ja nicht wie der Maler
mit dem Pinsel Farben in und über einander, sondern er hat nur die Wirkung
vor Augen, die die einzelne mechanisch herzustellende Platte erst im Zusammen¬
wirken mit den übrigen geben soll, es ist also eine ganz abstrakte und be¬
rechnende Thätigkeit —, also nicht geringeres Lob als der Schnitt der Platten
heischt der Druck der Bilder. Bon dem Schnitt, der die Wirkung des Ori¬
ginals im Auge hat, bis zu dem Abdruck, den die fühllose Maschine liefert,
ist ja noch ein weiter Weg der Abwägung und Zurichtung bei jeder einzelnen
Platte nötig; der Maschinenmeister muß nun erst durch saubre und verständ¬
nisvolle Vorbereitung seines eisernen Ungetüms dafür sorgen, daß die ein¬
zelne Platte nicht in rohem Abklatsch ihrer doch gleichmäßigen Fläche ans
das Papier kommt, sondern daß die Töne, je nachdem, zart und kräftig er¬
scheinen, wie es die einzelnen Stellen verlangen. Der Druck ist um bei diesen
Blättern ebenso meisterhaft wie der Schnitt; besonders auffällig ist dies bei dein
Musenreigen, der eine dreimal so große Fläche bedeckt wie die einzelnen Engel-
bildcr; es ist bewundernswert, wie genau die Platten sich decken, oder, wie es
heißt, „Register halten."

Hier sind Vorbilder zur Nacheiferung, und dem Holzschnitt eröffnet sich
ein neues Feld. Ja, wer wird das Geld hergeben! wird Freund Käseberg
seufzen. So billig wie Lithographien sind solche Holzschnitte freilich nicht her¬
zustellen, auch wenn mens kann. Die Madonna und jedes der Engelbilder
kostet drei Mark, der Musenreigen acht. Aber es sind eben Kunstblätter;
wenn sich diese Technik auch nicht zu Massenproduktion würde verwenden lassen,
so werden sich doch, wie für diese Blätter so für andre, die sich die Wieder¬
gabe wertvoller Kunstwerke zur Aufgabe machen, dankbare Käufer genug finden.
Davon find wir überzeugt, und wir hoffen, daß sich bald ein Wettbewerb


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[0487] Bunte Holzschnitte Bildes in der kleinen schwarzen Reproduktion erschien. Das war aber nur dadurch möglich geworden, daß das Auge des nachempfindenden Künstlers die Hand mit dem Griffel geleitet hatte. Es war ein kleines Kunststück. Solche Kunststücke sind nun alle die Knöflerschen Schnitte. Schon die Kvnturplatte allein giebt die Zartheit der Zeichnung Fiesolcs aufs graziöseste wieder, die ganze Lieblichkeit und Innigkeit der.Köpfchen. Und dazu um der Farbenschmelz! Die Klarheit und Kraft des Faltenwurfs der Gewüuder, die Weichheit und daneben, trotz der Kleinheit der Flächen, die Bestimmtheit der Fleischtöne, die schöne Abwägung in der Gesamtwirkung, in der sich nicht wie so häufig bei Farbendrucken das Durchgehen eines einzelnen Tons durch alle Farben unangenehm aufdrängt, alles das zeigt, daß hier jede Platte — und es müssen zu den einzelnen Bildern deren ein Dutzend und mehr nötig ge¬ wesen sein — von feiner Künstlerhand bemessen und geschnitten ist. Nicht geringeres Lob, als die Intention — wir brauchen diesen Aus¬ druck absichtlich, denn der Holzschneider arbeitet ja gewissermaßen blind; bei der Anfertigung der einzelnen Farbeuplatten malt er ja nicht wie der Maler mit dem Pinsel Farben in und über einander, sondern er hat nur die Wirkung vor Augen, die die einzelne mechanisch herzustellende Platte erst im Zusammen¬ wirken mit den übrigen geben soll, es ist also eine ganz abstrakte und be¬ rechnende Thätigkeit —, also nicht geringeres Lob als der Schnitt der Platten heischt der Druck der Bilder. Bon dem Schnitt, der die Wirkung des Ori¬ ginals im Auge hat, bis zu dem Abdruck, den die fühllose Maschine liefert, ist ja noch ein weiter Weg der Abwägung und Zurichtung bei jeder einzelnen Platte nötig; der Maschinenmeister muß nun erst durch saubre und verständ¬ nisvolle Vorbereitung seines eisernen Ungetüms dafür sorgen, daß die ein¬ zelne Platte nicht in rohem Abklatsch ihrer doch gleichmäßigen Fläche ans das Papier kommt, sondern daß die Töne, je nachdem, zart und kräftig er¬ scheinen, wie es die einzelnen Stellen verlangen. Der Druck ist um bei diesen Blättern ebenso meisterhaft wie der Schnitt; besonders auffällig ist dies bei dein Musenreigen, der eine dreimal so große Fläche bedeckt wie die einzelnen Engel- bildcr; es ist bewundernswert, wie genau die Platten sich decken, oder, wie es heißt, „Register halten." Hier sind Vorbilder zur Nacheiferung, und dem Holzschnitt eröffnet sich ein neues Feld. Ja, wer wird das Geld hergeben! wird Freund Käseberg seufzen. So billig wie Lithographien sind solche Holzschnitte freilich nicht her¬ zustellen, auch wenn mens kann. Die Madonna und jedes der Engelbilder kostet drei Mark, der Musenreigen acht. Aber es sind eben Kunstblätter; wenn sich diese Technik auch nicht zu Massenproduktion würde verwenden lassen, so werden sich doch, wie für diese Blätter so für andre, die sich die Wieder¬ gabe wertvoller Kunstwerke zur Aufgabe machen, dankbare Käufer genug finden. Davon find wir überzeugt, und wir hoffen, daß sich bald ein Wettbewerb

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341855_213113/487>, abgerufen am 22.12.2024.