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Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Viertes Vierteljahr.

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um Tage, so schlviiumt sie noch keineswegs im Fett. Nehmen wir nun der
einfachen Rechnung wegen an, jene 6000000 Zentner enthielten zu gleichen
Teile" Speck und Schinken, und die Verbraucher beider Arten von Schwei¬
nernem gehörten verschiednen Bevölkerungsklassen an (während doch ganz
gewiß in den wohlhabenden Häusern auch viel Speck verbraucht wird), so wären
eine Million Familien mäßig mit Schinken und drei Millionen Familien mäßig
mit Speck versorgt, über zwei Millionen Familien aber (1891 zählte man
6146901 Familien) bekämen nicht ein Spitzchen davon; Butter natürlich
haben solche erst recht nicht. In Wirklichkeit wird die Zahl derer, die diese
Nahrungsmittel ganz entbehren müssen oder nur ausnahmsweise in winzigen
Mengen zu kosten bekommen, weit größer sein, da ja, wie gesagt, in den guten
Häusern auch Speck verbraucht wird, die Wohlhabenden sehr starke Portionen
verzehren, und die Dienerschaft vornehmer Häuser mit den Nahrungsmitteln
zu wüsten pflegt.

Bei Prüfung der übrigen Zahlen würden wir zu einem ähnlichen Er¬
gebnis gelangen. Um nur die allerwichtigsten zu nennen: an Weizen und Weizen¬
mehl wurden in den Jahren 1885 bis 1889 nach Wolf jährlich 215,54 Pfund
ans den Kopf eingeführt gegen 35.12 Pfund im Jahre 1844. Weizen ist bekanntlich
das Brotkorn der Engländer; Roggen wird, soviel wir wissen, weder ange¬
baut noch verbraucht. Die englische Landwirtschaft deckte aber schon vor vier
Jahren kaum el" Viertel des Bedarfs, und dabei nimmt der Körnerbau be¬
ständig ab. Im Jahre 1889 erntete man (nach Hübners statistischen Tabellen)
in Großbritannien und Irland 27 600000 Hektoliter Weizen, gegen 104700000
Hektoliter Brodgetreide (73700000 Roggen und 31000000 Weizen) in Deutsch¬
land. 27,6 Millionen Hektoliter sind ungefähr 40 Millionen Zentner oder
rund 100 Pfund auf den Kopf, sodaß also im genannten Jahre etwas über
300 Pfund auf den Kopf kamen. Das genügt aber einem Bolle von starken
Essern bei weitem nicht. In Deutschland, wo bei gleichen Einkünften weniger
gegessen zu werden pflegt, und doch auch noch ein paar Millionen Menschen
beständig Hunger leiden, wird, wie wir soeben aus einer Statistik in Ur. 724
der "Schlesischen Zeitung" ersehe", der Bedarf an Brotkorn auf 186
Kilogramm für den Kopf geschätzt. Wolfs Konsumstatistik beweist also für
die Gegenwart, daß mindestens ein Drittel des englischen Volks bittre Not
leidet, während die lächerlich kleinen Zahlen der vierziger Jahre eine deutliche
Vorstellung erwecken von dem entsetzliche" Elend, worin damals mehr als
zwei Drittel geschmachtet haben müssen.

Unsre Berechnung dürfte sogar noch viel zu günstig ausgefallen sein,
da Wolfs Eiufuhrzisfern nicht für England, sondern für Großbritannien, wo
nicht gar -- wir sind mit Beziehung auf die Schinken in Zweifel -- für die
Vereinigten Königreiche gelten.

Was die Einkommenstatistik anlangt, so ist Wolf einsichtsvoll genug,


um Tage, so schlviiumt sie noch keineswegs im Fett. Nehmen wir nun der
einfachen Rechnung wegen an, jene 6000000 Zentner enthielten zu gleichen
Teile» Speck und Schinken, und die Verbraucher beider Arten von Schwei¬
nernem gehörten verschiednen Bevölkerungsklassen an (während doch ganz
gewiß in den wohlhabenden Häusern auch viel Speck verbraucht wird), so wären
eine Million Familien mäßig mit Schinken und drei Millionen Familien mäßig
mit Speck versorgt, über zwei Millionen Familien aber (1891 zählte man
6146901 Familien) bekämen nicht ein Spitzchen davon; Butter natürlich
haben solche erst recht nicht. In Wirklichkeit wird die Zahl derer, die diese
Nahrungsmittel ganz entbehren müssen oder nur ausnahmsweise in winzigen
Mengen zu kosten bekommen, weit größer sein, da ja, wie gesagt, in den guten
Häusern auch Speck verbraucht wird, die Wohlhabenden sehr starke Portionen
verzehren, und die Dienerschaft vornehmer Häuser mit den Nahrungsmitteln
zu wüsten pflegt.

Bei Prüfung der übrigen Zahlen würden wir zu einem ähnlichen Er¬
gebnis gelangen. Um nur die allerwichtigsten zu nennen: an Weizen und Weizen¬
mehl wurden in den Jahren 1885 bis 1889 nach Wolf jährlich 215,54 Pfund
ans den Kopf eingeführt gegen 35.12 Pfund im Jahre 1844. Weizen ist bekanntlich
das Brotkorn der Engländer; Roggen wird, soviel wir wissen, weder ange¬
baut noch verbraucht. Die englische Landwirtschaft deckte aber schon vor vier
Jahren kaum el» Viertel des Bedarfs, und dabei nimmt der Körnerbau be¬
ständig ab. Im Jahre 1889 erntete man (nach Hübners statistischen Tabellen)
in Großbritannien und Irland 27 600000 Hektoliter Weizen, gegen 104700000
Hektoliter Brodgetreide (73700000 Roggen und 31000000 Weizen) in Deutsch¬
land. 27,6 Millionen Hektoliter sind ungefähr 40 Millionen Zentner oder
rund 100 Pfund auf den Kopf, sodaß also im genannten Jahre etwas über
300 Pfund auf den Kopf kamen. Das genügt aber einem Bolle von starken
Essern bei weitem nicht. In Deutschland, wo bei gleichen Einkünften weniger
gegessen zu werden pflegt, und doch auch noch ein paar Millionen Menschen
beständig Hunger leiden, wird, wie wir soeben aus einer Statistik in Ur. 724
der „Schlesischen Zeitung" ersehe», der Bedarf an Brotkorn auf 186
Kilogramm für den Kopf geschätzt. Wolfs Konsumstatistik beweist also für
die Gegenwart, daß mindestens ein Drittel des englischen Volks bittre Not
leidet, während die lächerlich kleinen Zahlen der vierziger Jahre eine deutliche
Vorstellung erwecken von dem entsetzliche» Elend, worin damals mehr als
zwei Drittel geschmachtet haben müssen.

Unsre Berechnung dürfte sogar noch viel zu günstig ausgefallen sein,
da Wolfs Eiufuhrzisfern nicht für England, sondern für Großbritannien, wo
nicht gar — wir sind mit Beziehung auf die Schinken in Zweifel — für die
Vereinigten Königreiche gelten.

Was die Einkommenstatistik anlangt, so ist Wolf einsichtsvoll genug,


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[0427] um Tage, so schlviiumt sie noch keineswegs im Fett. Nehmen wir nun der einfachen Rechnung wegen an, jene 6000000 Zentner enthielten zu gleichen Teile» Speck und Schinken, und die Verbraucher beider Arten von Schwei¬ nernem gehörten verschiednen Bevölkerungsklassen an (während doch ganz gewiß in den wohlhabenden Häusern auch viel Speck verbraucht wird), so wären eine Million Familien mäßig mit Schinken und drei Millionen Familien mäßig mit Speck versorgt, über zwei Millionen Familien aber (1891 zählte man 6146901 Familien) bekämen nicht ein Spitzchen davon; Butter natürlich haben solche erst recht nicht. In Wirklichkeit wird die Zahl derer, die diese Nahrungsmittel ganz entbehren müssen oder nur ausnahmsweise in winzigen Mengen zu kosten bekommen, weit größer sein, da ja, wie gesagt, in den guten Häusern auch Speck verbraucht wird, die Wohlhabenden sehr starke Portionen verzehren, und die Dienerschaft vornehmer Häuser mit den Nahrungsmitteln zu wüsten pflegt. Bei Prüfung der übrigen Zahlen würden wir zu einem ähnlichen Er¬ gebnis gelangen. Um nur die allerwichtigsten zu nennen: an Weizen und Weizen¬ mehl wurden in den Jahren 1885 bis 1889 nach Wolf jährlich 215,54 Pfund ans den Kopf eingeführt gegen 35.12 Pfund im Jahre 1844. Weizen ist bekanntlich das Brotkorn der Engländer; Roggen wird, soviel wir wissen, weder ange¬ baut noch verbraucht. Die englische Landwirtschaft deckte aber schon vor vier Jahren kaum el» Viertel des Bedarfs, und dabei nimmt der Körnerbau be¬ ständig ab. Im Jahre 1889 erntete man (nach Hübners statistischen Tabellen) in Großbritannien und Irland 27 600000 Hektoliter Weizen, gegen 104700000 Hektoliter Brodgetreide (73700000 Roggen und 31000000 Weizen) in Deutsch¬ land. 27,6 Millionen Hektoliter sind ungefähr 40 Millionen Zentner oder rund 100 Pfund auf den Kopf, sodaß also im genannten Jahre etwas über 300 Pfund auf den Kopf kamen. Das genügt aber einem Bolle von starken Essern bei weitem nicht. In Deutschland, wo bei gleichen Einkünften weniger gegessen zu werden pflegt, und doch auch noch ein paar Millionen Menschen beständig Hunger leiden, wird, wie wir soeben aus einer Statistik in Ur. 724 der „Schlesischen Zeitung" ersehe», der Bedarf an Brotkorn auf 186 Kilogramm für den Kopf geschätzt. Wolfs Konsumstatistik beweist also für die Gegenwart, daß mindestens ein Drittel des englischen Volks bittre Not leidet, während die lächerlich kleinen Zahlen der vierziger Jahre eine deutliche Vorstellung erwecken von dem entsetzliche» Elend, worin damals mehr als zwei Drittel geschmachtet haben müssen. Unsre Berechnung dürfte sogar noch viel zu günstig ausgefallen sein, da Wolfs Eiufuhrzisfern nicht für England, sondern für Großbritannien, wo nicht gar — wir sind mit Beziehung auf die Schinken in Zweifel — für die Vereinigten Königreiche gelten. Was die Einkommenstatistik anlangt, so ist Wolf einsichtsvoll genug,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341855_213113/427>, abgerufen am 22.12.2024.