Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Viertes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>
Ived^r Aommuulsmus noch Aapitcilisnuis

nehmende englische Nationaireichtum kam fortan ans Ursachen, die wir später
"och erörtern werden, auch den mittlern und untern Klassen zu gute; anstatt
vollends aufgerieben zu werden, feierte der Mittelstand seine Auferstehung,
oder besser gesagt, zu einigem Ersatz für den untergegangnen alten Mittelstand
bildete sich ein neuer. Dieser Periode entnimmt nun Wolf seinen statistischen
Nachweis und zieht daraus den ganz richtigen Schluß: Also hat Marx Unrecht!

Nämlich mit der Verallgemeinerung seiner Wahrnehmungen; aber daß es
Wolf unterläßt, anzugeben, wie weit diese Wahrnehmungen richtig waren, und
aus diesen richtigen Wahrnehmungen die Folgerung zu ziehen, darin hat er
selbst wieder Unrecht. Und sein Unrecht ist größer als das des Gegners, den
er bekämpft, weil er, so viel an ihm ist, den Nutzen zu nichte macht, den der
Gegner trotz seiner Irrtümer gestiftet hat. Wenn nämlich die ökonomische
Geschichte Englands in den drei Jahrhundten von 1550 bis 1L50 anch nicht
in dem Sinne typisch ist, daß die Dinge überall ans Erden und unter allen
Umständen so verlaufen müssen, bleibt sie doch vorbildlich in dem Sinne, daß
unter gewissen Umständen Vasselbe Unheil unabwendbar ist, und diese Um¬
stände, die wir später angeben werden, bestehen nicht allein abgeschwächt in
England fort, sondern sie bedrohen auch die Völker des europäischen Festlands,
ja sogar schon die Amerikaner. Es ist demnach von der größten Wichtigkeit,
daß man die ökonomische Geschichte Englands in den bezeichneten drei Jahr¬
hunderten und die Ursachen der in dieser Periode stetig ärger werdenden Ve-
sitzverschiebuug genau kenne, denn nur bei solcher genauen Kenntnis dürfen
wir ähnlichem Unheil vorzubeugen hoffen. Indem nnn Wolf diese hochwich¬
tige Periode der englischen Geschichte nur sehr kurz und oberflächlich abfertigt
und weder von der Größe des Unheils einen Begriff giebt noch seine Ursachen
aufdeckt, macht er sich zum Mitschuldigen jenes Teils der "deutschen Wissen¬
schaft," die diesen ungeheuer wichtigen Abschnitt der Menschheitsgeschichte dem
deutscheu Publikum bisher einfach unterschlagen hat.

Also, um es kurz znsanunenzufassen: Marx hat mit seiner Darstellung
der englischen Zustünde Recht für die Zeit von 1550 bis 1"50. Wolf hat
Necht für die Zeit von 1L50 bis 1LW, und solche Sozialisier,, die, wie
Schippt, nachzuweisen suchen, daß es auch in diesem letzten Zeitabschnitt noch
stetig schlimmer geworden sei, geben wir ihm preis. Aber Wolf hat Unrecht,
indem er seine Augen der Bedeutung jener unheilvollen dreihundert Jahre ver¬
schließt und es unterläßt, seine Leser darüber zu belehren. Wir wollen diese seine
Versäumnis gut macheu, vorher aber seine Statistik des heutigen englischen
Vvlksvermögens, seines Wachstums und seiner Verteilung ein wenig kritisiren.

Er übertreibt nämlich ganz bedeutend die um die Mitte unsers Jahr¬
hunderts unstreitig eingetretene Besserung. Nur an einigen der von ihm mit¬
geteilten Zahlenreihen wollen wir das klar machen. Das britische National¬
vermögen wird von verschiednen Statistikern folgendermaßen angegeben:


Ived^r Aommuulsmus noch Aapitcilisnuis

nehmende englische Nationaireichtum kam fortan ans Ursachen, die wir später
»och erörtern werden, auch den mittlern und untern Klassen zu gute; anstatt
vollends aufgerieben zu werden, feierte der Mittelstand seine Auferstehung,
oder besser gesagt, zu einigem Ersatz für den untergegangnen alten Mittelstand
bildete sich ein neuer. Dieser Periode entnimmt nun Wolf seinen statistischen
Nachweis und zieht daraus den ganz richtigen Schluß: Also hat Marx Unrecht!

Nämlich mit der Verallgemeinerung seiner Wahrnehmungen; aber daß es
Wolf unterläßt, anzugeben, wie weit diese Wahrnehmungen richtig waren, und
aus diesen richtigen Wahrnehmungen die Folgerung zu ziehen, darin hat er
selbst wieder Unrecht. Und sein Unrecht ist größer als das des Gegners, den
er bekämpft, weil er, so viel an ihm ist, den Nutzen zu nichte macht, den der
Gegner trotz seiner Irrtümer gestiftet hat. Wenn nämlich die ökonomische
Geschichte Englands in den drei Jahrhundten von 1550 bis 1L50 anch nicht
in dem Sinne typisch ist, daß die Dinge überall ans Erden und unter allen
Umständen so verlaufen müssen, bleibt sie doch vorbildlich in dem Sinne, daß
unter gewissen Umständen Vasselbe Unheil unabwendbar ist, und diese Um¬
stände, die wir später angeben werden, bestehen nicht allein abgeschwächt in
England fort, sondern sie bedrohen auch die Völker des europäischen Festlands,
ja sogar schon die Amerikaner. Es ist demnach von der größten Wichtigkeit,
daß man die ökonomische Geschichte Englands in den bezeichneten drei Jahr¬
hunderten und die Ursachen der in dieser Periode stetig ärger werdenden Ve-
sitzverschiebuug genau kenne, denn nur bei solcher genauen Kenntnis dürfen
wir ähnlichem Unheil vorzubeugen hoffen. Indem nnn Wolf diese hochwich¬
tige Periode der englischen Geschichte nur sehr kurz und oberflächlich abfertigt
und weder von der Größe des Unheils einen Begriff giebt noch seine Ursachen
aufdeckt, macht er sich zum Mitschuldigen jenes Teils der „deutschen Wissen¬
schaft," die diesen ungeheuer wichtigen Abschnitt der Menschheitsgeschichte dem
deutscheu Publikum bisher einfach unterschlagen hat.

Also, um es kurz znsanunenzufassen: Marx hat mit seiner Darstellung
der englischen Zustünde Recht für die Zeit von 1550 bis 1»50. Wolf hat
Necht für die Zeit von 1L50 bis 1LW, und solche Sozialisier,, die, wie
Schippt, nachzuweisen suchen, daß es auch in diesem letzten Zeitabschnitt noch
stetig schlimmer geworden sei, geben wir ihm preis. Aber Wolf hat Unrecht,
indem er seine Augen der Bedeutung jener unheilvollen dreihundert Jahre ver¬
schließt und es unterläßt, seine Leser darüber zu belehren. Wir wollen diese seine
Versäumnis gut macheu, vorher aber seine Statistik des heutigen englischen
Vvlksvermögens, seines Wachstums und seiner Verteilung ein wenig kritisiren.

Er übertreibt nämlich ganz bedeutend die um die Mitte unsers Jahr¬
hunderts unstreitig eingetretene Besserung. Nur an einigen der von ihm mit¬
geteilten Zahlenreihen wollen wir das klar machen. Das britische National¬
vermögen wird von verschiednen Statistikern folgendermaßen angegeben:


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0421" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/213535"/>
          <fw type="header" place="top"> Ived^r Aommuulsmus noch Aapitcilisnuis</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_1273" prev="#ID_1272"> nehmende englische Nationaireichtum kam fortan ans Ursachen, die wir später<lb/>
»och erörtern werden, auch den mittlern und untern Klassen zu gute; anstatt<lb/>
vollends aufgerieben zu werden, feierte der Mittelstand seine Auferstehung,<lb/>
oder besser gesagt, zu einigem Ersatz für den untergegangnen alten Mittelstand<lb/>
bildete sich ein neuer. Dieser Periode entnimmt nun Wolf seinen statistischen<lb/>
Nachweis und zieht daraus den ganz richtigen Schluß: Also hat Marx Unrecht!</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1274"> Nämlich mit der Verallgemeinerung seiner Wahrnehmungen; aber daß es<lb/>
Wolf unterläßt, anzugeben, wie weit diese Wahrnehmungen richtig waren, und<lb/>
aus diesen richtigen Wahrnehmungen die Folgerung zu ziehen, darin hat er<lb/>
selbst wieder Unrecht. Und sein Unrecht ist größer als das des Gegners, den<lb/>
er bekämpft, weil er, so viel an ihm ist, den Nutzen zu nichte macht, den der<lb/>
Gegner trotz seiner Irrtümer gestiftet hat. Wenn nämlich die ökonomische<lb/>
Geschichte Englands in den drei Jahrhundten von 1550 bis 1L50 anch nicht<lb/>
in dem Sinne typisch ist, daß die Dinge überall ans Erden und unter allen<lb/>
Umständen so verlaufen müssen, bleibt sie doch vorbildlich in dem Sinne, daß<lb/>
unter gewissen Umständen Vasselbe Unheil unabwendbar ist, und diese Um¬<lb/>
stände, die wir später angeben werden, bestehen nicht allein abgeschwächt in<lb/>
England fort, sondern sie bedrohen auch die Völker des europäischen Festlands,<lb/>
ja sogar schon die Amerikaner. Es ist demnach von der größten Wichtigkeit,<lb/>
daß man die ökonomische Geschichte Englands in den bezeichneten drei Jahr¬<lb/>
hunderten und die Ursachen der in dieser Periode stetig ärger werdenden Ve-<lb/>
sitzverschiebuug genau kenne, denn nur bei solcher genauen Kenntnis dürfen<lb/>
wir ähnlichem Unheil vorzubeugen hoffen. Indem nnn Wolf diese hochwich¬<lb/>
tige Periode der englischen Geschichte nur sehr kurz und oberflächlich abfertigt<lb/>
und weder von der Größe des Unheils einen Begriff giebt noch seine Ursachen<lb/>
aufdeckt, macht er sich zum Mitschuldigen jenes Teils der &#x201E;deutschen Wissen¬<lb/>
schaft," die diesen ungeheuer wichtigen Abschnitt der Menschheitsgeschichte dem<lb/>
deutscheu Publikum bisher einfach unterschlagen hat.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1275"> Also, um es kurz znsanunenzufassen: Marx hat mit seiner Darstellung<lb/>
der englischen Zustünde Recht für die Zeit von 1550 bis 1»50. Wolf hat<lb/>
Necht für die Zeit von 1L50 bis 1LW, und solche Sozialisier,, die, wie<lb/>
Schippt, nachzuweisen suchen, daß es auch in diesem letzten Zeitabschnitt noch<lb/>
stetig schlimmer geworden sei, geben wir ihm preis. Aber Wolf hat Unrecht,<lb/>
indem er seine Augen der Bedeutung jener unheilvollen dreihundert Jahre ver¬<lb/>
schließt und es unterläßt, seine Leser darüber zu belehren. Wir wollen diese seine<lb/>
Versäumnis gut macheu, vorher aber seine Statistik des heutigen englischen<lb/>
Vvlksvermögens, seines Wachstums und seiner Verteilung ein wenig kritisiren.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1276"> Er übertreibt nämlich ganz bedeutend die um die Mitte unsers Jahr¬<lb/>
hunderts unstreitig eingetretene Besserung. Nur an einigen der von ihm mit¬<lb/>
geteilten Zahlenreihen wollen wir das klar machen. Das britische National¬<lb/>
vermögen wird von verschiednen Statistikern folgendermaßen angegeben:</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0421] Ived^r Aommuulsmus noch Aapitcilisnuis nehmende englische Nationaireichtum kam fortan ans Ursachen, die wir später »och erörtern werden, auch den mittlern und untern Klassen zu gute; anstatt vollends aufgerieben zu werden, feierte der Mittelstand seine Auferstehung, oder besser gesagt, zu einigem Ersatz für den untergegangnen alten Mittelstand bildete sich ein neuer. Dieser Periode entnimmt nun Wolf seinen statistischen Nachweis und zieht daraus den ganz richtigen Schluß: Also hat Marx Unrecht! Nämlich mit der Verallgemeinerung seiner Wahrnehmungen; aber daß es Wolf unterläßt, anzugeben, wie weit diese Wahrnehmungen richtig waren, und aus diesen richtigen Wahrnehmungen die Folgerung zu ziehen, darin hat er selbst wieder Unrecht. Und sein Unrecht ist größer als das des Gegners, den er bekämpft, weil er, so viel an ihm ist, den Nutzen zu nichte macht, den der Gegner trotz seiner Irrtümer gestiftet hat. Wenn nämlich die ökonomische Geschichte Englands in den drei Jahrhundten von 1550 bis 1L50 anch nicht in dem Sinne typisch ist, daß die Dinge überall ans Erden und unter allen Umständen so verlaufen müssen, bleibt sie doch vorbildlich in dem Sinne, daß unter gewissen Umständen Vasselbe Unheil unabwendbar ist, und diese Um¬ stände, die wir später angeben werden, bestehen nicht allein abgeschwächt in England fort, sondern sie bedrohen auch die Völker des europäischen Festlands, ja sogar schon die Amerikaner. Es ist demnach von der größten Wichtigkeit, daß man die ökonomische Geschichte Englands in den bezeichneten drei Jahr¬ hunderten und die Ursachen der in dieser Periode stetig ärger werdenden Ve- sitzverschiebuug genau kenne, denn nur bei solcher genauen Kenntnis dürfen wir ähnlichem Unheil vorzubeugen hoffen. Indem nnn Wolf diese hochwich¬ tige Periode der englischen Geschichte nur sehr kurz und oberflächlich abfertigt und weder von der Größe des Unheils einen Begriff giebt noch seine Ursachen aufdeckt, macht er sich zum Mitschuldigen jenes Teils der „deutschen Wissen¬ schaft," die diesen ungeheuer wichtigen Abschnitt der Menschheitsgeschichte dem deutscheu Publikum bisher einfach unterschlagen hat. Also, um es kurz znsanunenzufassen: Marx hat mit seiner Darstellung der englischen Zustünde Recht für die Zeit von 1550 bis 1»50. Wolf hat Necht für die Zeit von 1L50 bis 1LW, und solche Sozialisier,, die, wie Schippt, nachzuweisen suchen, daß es auch in diesem letzten Zeitabschnitt noch stetig schlimmer geworden sei, geben wir ihm preis. Aber Wolf hat Unrecht, indem er seine Augen der Bedeutung jener unheilvollen dreihundert Jahre ver¬ schließt und es unterläßt, seine Leser darüber zu belehren. Wir wollen diese seine Versäumnis gut macheu, vorher aber seine Statistik des heutigen englischen Vvlksvermögens, seines Wachstums und seiner Verteilung ein wenig kritisiren. Er übertreibt nämlich ganz bedeutend die um die Mitte unsers Jahr¬ hunderts unstreitig eingetretene Besserung. Nur an einigen der von ihm mit¬ geteilten Zahlenreihen wollen wir das klar machen. Das britische National¬ vermögen wird von verschiednen Statistikern folgendermaßen angegeben:

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341855_213113
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341855_213113/421
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341855_213113/421>, abgerufen am 22.12.2024.