Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Viertes Vierteljahr.Albrecht von Roca und dieser kündigt ihm ohne Umschweife an, er habe ihn zum Kriegsminister Wie Roon diese endliche Lösung einer langen Spannung und zugleich Für sein neues Amt brachte Roon eine Ausstattung mit wie wenige Sterb¬ Albrecht von Roca und dieser kündigt ihm ohne Umschweife an, er habe ihn zum Kriegsminister Wie Roon diese endliche Lösung einer langen Spannung und zugleich Für sein neues Amt brachte Roon eine Ausstattung mit wie wenige Sterb¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0266" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/213380"/> <fw type="header" place="top"> Albrecht von Roca</fw><lb/> <p xml:id="ID_785" prev="#ID_784"> und dieser kündigt ihm ohne Umschweife an, er habe ihn zum Kriegsminister<lb/> ausersehen.</p><lb/> <p xml:id="ID_786"> Wie Roon diese endliche Lösung einer langen Spannung und zugleich<lb/> diese Ankündigung unendlicher Arbeit aufnahm, hat er selbst dem treuen<lb/> Perthes in tieferregten, tapfern, schönen Worten geschildert, die den gauzen<lb/> Mann zeichnen: „Meine Bereitwilligkeit ist eine tief seufzende — Ehrgeiz und<lb/> Habgier wirken dabei nicht mit; ein Menschenkind meiner Art kann gar nicht<lb/> anders, als mit Gottes Hilfe das Schwerste und Gefährlichste versuchen, wenn<lb/> es sich, wie hier, um das Wichtigste und Höchste handelt, was es in eines<lb/> Mannes Lebensberuf giebt, um die politische Gesundheit seines Vaterlandes.<lb/> Soll ein Soldat seinem Kriegsherrn feige den Rücken kehren, wenn er spricht:<lb/> »Komm, steh mir bei« — bloß weil ihm dessen andre Helfer nicht gefallen?<lb/> Nimmermehr! — Es gilt Großes zu leisten; nur ein Schelm denkt immer an<lb/> sich. Das Reformwerk ist eine Existenzfrage für Preußen; es muß vollbracht<lb/> werden." Um den Schein zu vermeiden, als sei Bonin feiner liberalen Ge¬<lb/> sinnung wegen gefallen, erklärte sich das ganze Ministerium solidarisch mit<lb/> Novus Reformplänen einverstanden. Hierauf begrüßte ihn der Prinzregent<lb/> um 4. Dezember, um demselben Tage, wo er ihm das Jahr zuvor die erste<lb/> Andeutung gemacht hatte, und an derselben Stelle als seinen Minister, und<lb/> am 5. Dezember 1859, am Jahrestage von Leuthen, unterzeichnete er die<lb/> Kabinettsordre, die den Generalleutnant von Roon, den jüngsten der Armee,<lb/> zum Kriegsminister ernannte. Am 7. Dezember wurde Roon in das Staats-<lb/> ministerium eingeführt und leistete den Eid auf die Verfassung.</p><lb/> <p xml:id="ID_787" next="#ID_788"> Für sein neues Amt brachte Roon eine Ausstattung mit wie wenige Sterb¬<lb/> liche; auch in seiner Wahl bewährte sich Kaiser Wilhelms fast „irrtumslose<lb/> Menschenkenntnis." Zunächst verfügte er über jene Beziehungen zu deu ma߬<lb/> gebenden Persönlichkeiten und über jenes Vertrauen seines Kriegsherrn, die in<lb/> solcher Stellung ganz unentbehrlich sind, da die Politik von lebendigen Menschen,<lb/> nicht von Schachfiguren gemacht wird. Sodann stand ihm die innige Ver¬<lb/> bindung von Praxis und wissenschaftlicher Bildung zu Gebote, die eine der<lb/> besten Eigenheiten des neuen preußisch-deutscheu Heeres ist, die gründlichste<lb/> Kenntnis des Genernlstabsdienstes wie des Frontdienstes, und eine lebendige<lb/> Anschauung von den Verhältnissen fast aller preußischen Provinzen, denn be¬<lb/> ständig — seit 1848 noch sechsmal — war er vom Osten nach dem Westen<lb/> der Monarchie und umgekehrt versetzt worden. Ans solcher durchdringenden<lb/> Sachkenntnis ergab sich ihm die unerschütterliche Überzeugung von der Not¬<lb/> wendigkeit, also dem guten Rechte seiner Heeresreform. Andrerseits wurzelte<lb/> diese in seinem energischen Patriotismus, der für ihn zusammenfiel mit streng<lb/> monarchischer Gesinnung. Er war Preuße vom Wirbel bis zur Zehe, aber<lb/> das Schicksal Deutschlands war ihm keineswegs gleichgiltig. Nur hegte er<lb/> mit den maßgebenden Männern der anbrechenden großen Zeit die feste Über-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0266]
Albrecht von Roca
und dieser kündigt ihm ohne Umschweife an, er habe ihn zum Kriegsminister
ausersehen.
Wie Roon diese endliche Lösung einer langen Spannung und zugleich
diese Ankündigung unendlicher Arbeit aufnahm, hat er selbst dem treuen
Perthes in tieferregten, tapfern, schönen Worten geschildert, die den gauzen
Mann zeichnen: „Meine Bereitwilligkeit ist eine tief seufzende — Ehrgeiz und
Habgier wirken dabei nicht mit; ein Menschenkind meiner Art kann gar nicht
anders, als mit Gottes Hilfe das Schwerste und Gefährlichste versuchen, wenn
es sich, wie hier, um das Wichtigste und Höchste handelt, was es in eines
Mannes Lebensberuf giebt, um die politische Gesundheit seines Vaterlandes.
Soll ein Soldat seinem Kriegsherrn feige den Rücken kehren, wenn er spricht:
»Komm, steh mir bei« — bloß weil ihm dessen andre Helfer nicht gefallen?
Nimmermehr! — Es gilt Großes zu leisten; nur ein Schelm denkt immer an
sich. Das Reformwerk ist eine Existenzfrage für Preußen; es muß vollbracht
werden." Um den Schein zu vermeiden, als sei Bonin feiner liberalen Ge¬
sinnung wegen gefallen, erklärte sich das ganze Ministerium solidarisch mit
Novus Reformplänen einverstanden. Hierauf begrüßte ihn der Prinzregent
um 4. Dezember, um demselben Tage, wo er ihm das Jahr zuvor die erste
Andeutung gemacht hatte, und an derselben Stelle als seinen Minister, und
am 5. Dezember 1859, am Jahrestage von Leuthen, unterzeichnete er die
Kabinettsordre, die den Generalleutnant von Roon, den jüngsten der Armee,
zum Kriegsminister ernannte. Am 7. Dezember wurde Roon in das Staats-
ministerium eingeführt und leistete den Eid auf die Verfassung.
Für sein neues Amt brachte Roon eine Ausstattung mit wie wenige Sterb¬
liche; auch in seiner Wahl bewährte sich Kaiser Wilhelms fast „irrtumslose
Menschenkenntnis." Zunächst verfügte er über jene Beziehungen zu deu ma߬
gebenden Persönlichkeiten und über jenes Vertrauen seines Kriegsherrn, die in
solcher Stellung ganz unentbehrlich sind, da die Politik von lebendigen Menschen,
nicht von Schachfiguren gemacht wird. Sodann stand ihm die innige Ver¬
bindung von Praxis und wissenschaftlicher Bildung zu Gebote, die eine der
besten Eigenheiten des neuen preußisch-deutscheu Heeres ist, die gründlichste
Kenntnis des Genernlstabsdienstes wie des Frontdienstes, und eine lebendige
Anschauung von den Verhältnissen fast aller preußischen Provinzen, denn be¬
ständig — seit 1848 noch sechsmal — war er vom Osten nach dem Westen
der Monarchie und umgekehrt versetzt worden. Ans solcher durchdringenden
Sachkenntnis ergab sich ihm die unerschütterliche Überzeugung von der Not¬
wendigkeit, also dem guten Rechte seiner Heeresreform. Andrerseits wurzelte
diese in seinem energischen Patriotismus, der für ihn zusammenfiel mit streng
monarchischer Gesinnung. Er war Preuße vom Wirbel bis zur Zehe, aber
das Schicksal Deutschlands war ihm keineswegs gleichgiltig. Nur hegte er
mit den maßgebenden Männern der anbrechenden großen Zeit die feste Über-
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