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Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Viertes Vierteljahr.

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Die preußische Steuerreform

diese abzusetzenden und zuzusetzenden Teilbeträge in Zahlen anzugeben, ebenso
müssen wir uns versagen, die von den einzelnen Ertragssteuern für den
Staat zurückzubehaltenden Summen in Vorschlag zu bringen. Nur dagegen
wollen wir uns verwahren, daß unsre Vorschläge nicht auf richtiger Be¬
gründung beruhten, daher zu Ungerechtigkeit und Willkür führen müßten.
Eine Vermögenssteuer würde den Schein richtiger Rechnung für sich haben,
in Wirklichkeit aber bei Aufhebung der Ertragsstencrn nach allen Richtungen hin
ungerechter treffen. Wir haben diesen Satz in den vorstehenden Ausführungen
bewiesen, und uns zur Seite steht der gediegenste Finanzpolitiker, Röscher.

Es bleibt uns nur noch übrig, ans der Schrift vou Enneceerns noch
einige Aufstellungen kurz zu beleuchten. Seite 18 steht wieder die landläufige
Behauptung, daß die Einschätzungen zur Grundsteuer in den verschiednen
Gegenden der Monarchie ganz verschieden ausgefallen feien: die Grundsteuer
betrage zwischen ein und elf Prozent des wahren Reinertrages und sei als
fundirte Einkommensteuer ganz unbrauchbar. Wir behaupten im Gegenteil,
daß die Einschätzungen zur Grundsteuer, namentlich die Einschätzungen in den
alten Provinzen in den Jahren 1861 bis 1864 sehr gleichmäßig und richtig
ausgefallen sind, und daß die Katastraltaxe auch heute noch im allgemeinen
die beste Landtaxe bildet, wenigstens in Betreff ihrer Gleichmäßigkeit selbst die
Taxen der einzelnen Provinziallandschaften übertrifft. Die Grundsteuer be¬
trägt im allgemeinen und in allen Provinzen des Staates etwa vier Prozent
des wirklichen Reinertrages, nach Engel, wie Enneceerns Seite 17 anführt,
genau 4,21 Prozent. Diese Zahl stimmt mit unsern, in mehreren Provinzen
des Staates gewonnenen Erfahrungen überein. Einzelne Teile des Staates,
z. B. Neuvorpommern, sind etwas hoch eingeschätzt, im allgemeinen sind die
Einschätzungen in den alten Provinzen sehr gleichmäßig ausgefallen. In den
neu erworbnen Provinzen mag die Gleichmäßigkeit der Einschätzungen nicht voll¬
ständig gewahrt worden sein, Staatsdomänen wurden hin und wieder hoher als
Privatgüter eingeschätzt. Auch machen wir auf Paragraphder dem Gesetze
vom 21. Mai 1861 beigegebenen Anweisung zur Ermittelung des Reinertrags
aufmerksam, wo noch bei den Abschätzungen der Kulturzustand der Ländereien
überall als ein mittlerer, gewöhnlicher anzurechnen, auch keine Rücksicht auf
die den Ertrag beeinflussenden gewerblichen Anlagen, also Brennereien, Zucker¬
fabriken u. s. w., zu nehmen war. Für die Veranlagung einer Grundsteuer
waren das richtige Abschätzuugsgrundsntze. Der Katastralreinertrag entspricht
zwar nicht dem wirklichen, aber wohl dem fnndirten, aus dem Grund und
Boden selbst stammenden Ertrage.

Zum Schluß noch eine kurze Bemerkung. Auf Seite 48 und 49 führt
Enneceerns aus, daß die Landgemeinden und Gutsbezirke mit eben so hohen
Gemeindeabgaben wie die Städte belastet seien und daher der Erlaß der Grund¬
steuer gerechtfertigt erscheine. In den Städten wurden im Verhältnis zu den


Die preußische Steuerreform

diese abzusetzenden und zuzusetzenden Teilbeträge in Zahlen anzugeben, ebenso
müssen wir uns versagen, die von den einzelnen Ertragssteuern für den
Staat zurückzubehaltenden Summen in Vorschlag zu bringen. Nur dagegen
wollen wir uns verwahren, daß unsre Vorschläge nicht auf richtiger Be¬
gründung beruhten, daher zu Ungerechtigkeit und Willkür führen müßten.
Eine Vermögenssteuer würde den Schein richtiger Rechnung für sich haben,
in Wirklichkeit aber bei Aufhebung der Ertragsstencrn nach allen Richtungen hin
ungerechter treffen. Wir haben diesen Satz in den vorstehenden Ausführungen
bewiesen, und uns zur Seite steht der gediegenste Finanzpolitiker, Röscher.

Es bleibt uns nur noch übrig, ans der Schrift vou Enneceerns noch
einige Aufstellungen kurz zu beleuchten. Seite 18 steht wieder die landläufige
Behauptung, daß die Einschätzungen zur Grundsteuer in den verschiednen
Gegenden der Monarchie ganz verschieden ausgefallen feien: die Grundsteuer
betrage zwischen ein und elf Prozent des wahren Reinertrages und sei als
fundirte Einkommensteuer ganz unbrauchbar. Wir behaupten im Gegenteil,
daß die Einschätzungen zur Grundsteuer, namentlich die Einschätzungen in den
alten Provinzen in den Jahren 1861 bis 1864 sehr gleichmäßig und richtig
ausgefallen sind, und daß die Katastraltaxe auch heute noch im allgemeinen
die beste Landtaxe bildet, wenigstens in Betreff ihrer Gleichmäßigkeit selbst die
Taxen der einzelnen Provinziallandschaften übertrifft. Die Grundsteuer be¬
trägt im allgemeinen und in allen Provinzen des Staates etwa vier Prozent
des wirklichen Reinertrages, nach Engel, wie Enneceerns Seite 17 anführt,
genau 4,21 Prozent. Diese Zahl stimmt mit unsern, in mehreren Provinzen
des Staates gewonnenen Erfahrungen überein. Einzelne Teile des Staates,
z. B. Neuvorpommern, sind etwas hoch eingeschätzt, im allgemeinen sind die
Einschätzungen in den alten Provinzen sehr gleichmäßig ausgefallen. In den
neu erworbnen Provinzen mag die Gleichmäßigkeit der Einschätzungen nicht voll¬
ständig gewahrt worden sein, Staatsdomänen wurden hin und wieder hoher als
Privatgüter eingeschätzt. Auch machen wir auf Paragraphder dem Gesetze
vom 21. Mai 1861 beigegebenen Anweisung zur Ermittelung des Reinertrags
aufmerksam, wo noch bei den Abschätzungen der Kulturzustand der Ländereien
überall als ein mittlerer, gewöhnlicher anzurechnen, auch keine Rücksicht auf
die den Ertrag beeinflussenden gewerblichen Anlagen, also Brennereien, Zucker¬
fabriken u. s. w., zu nehmen war. Für die Veranlagung einer Grundsteuer
waren das richtige Abschätzuugsgrundsntze. Der Katastralreinertrag entspricht
zwar nicht dem wirklichen, aber wohl dem fnndirten, aus dem Grund und
Boden selbst stammenden Ertrage.

Zum Schluß noch eine kurze Bemerkung. Auf Seite 48 und 49 führt
Enneceerns aus, daß die Landgemeinden und Gutsbezirke mit eben so hohen
Gemeindeabgaben wie die Städte belastet seien und daher der Erlaß der Grund¬
steuer gerechtfertigt erscheine. In den Städten wurden im Verhältnis zu den


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[0262] Die preußische Steuerreform diese abzusetzenden und zuzusetzenden Teilbeträge in Zahlen anzugeben, ebenso müssen wir uns versagen, die von den einzelnen Ertragssteuern für den Staat zurückzubehaltenden Summen in Vorschlag zu bringen. Nur dagegen wollen wir uns verwahren, daß unsre Vorschläge nicht auf richtiger Be¬ gründung beruhten, daher zu Ungerechtigkeit und Willkür führen müßten. Eine Vermögenssteuer würde den Schein richtiger Rechnung für sich haben, in Wirklichkeit aber bei Aufhebung der Ertragsstencrn nach allen Richtungen hin ungerechter treffen. Wir haben diesen Satz in den vorstehenden Ausführungen bewiesen, und uns zur Seite steht der gediegenste Finanzpolitiker, Röscher. Es bleibt uns nur noch übrig, ans der Schrift vou Enneceerns noch einige Aufstellungen kurz zu beleuchten. Seite 18 steht wieder die landläufige Behauptung, daß die Einschätzungen zur Grundsteuer in den verschiednen Gegenden der Monarchie ganz verschieden ausgefallen feien: die Grundsteuer betrage zwischen ein und elf Prozent des wahren Reinertrages und sei als fundirte Einkommensteuer ganz unbrauchbar. Wir behaupten im Gegenteil, daß die Einschätzungen zur Grundsteuer, namentlich die Einschätzungen in den alten Provinzen in den Jahren 1861 bis 1864 sehr gleichmäßig und richtig ausgefallen sind, und daß die Katastraltaxe auch heute noch im allgemeinen die beste Landtaxe bildet, wenigstens in Betreff ihrer Gleichmäßigkeit selbst die Taxen der einzelnen Provinziallandschaften übertrifft. Die Grundsteuer be¬ trägt im allgemeinen und in allen Provinzen des Staates etwa vier Prozent des wirklichen Reinertrages, nach Engel, wie Enneceerns Seite 17 anführt, genau 4,21 Prozent. Diese Zahl stimmt mit unsern, in mehreren Provinzen des Staates gewonnenen Erfahrungen überein. Einzelne Teile des Staates, z. B. Neuvorpommern, sind etwas hoch eingeschätzt, im allgemeinen sind die Einschätzungen in den alten Provinzen sehr gleichmäßig ausgefallen. In den neu erworbnen Provinzen mag die Gleichmäßigkeit der Einschätzungen nicht voll¬ ständig gewahrt worden sein, Staatsdomänen wurden hin und wieder hoher als Privatgüter eingeschätzt. Auch machen wir auf Paragraphder dem Gesetze vom 21. Mai 1861 beigegebenen Anweisung zur Ermittelung des Reinertrags aufmerksam, wo noch bei den Abschätzungen der Kulturzustand der Ländereien überall als ein mittlerer, gewöhnlicher anzurechnen, auch keine Rücksicht auf die den Ertrag beeinflussenden gewerblichen Anlagen, also Brennereien, Zucker¬ fabriken u. s. w., zu nehmen war. Für die Veranlagung einer Grundsteuer waren das richtige Abschätzuugsgrundsntze. Der Katastralreinertrag entspricht zwar nicht dem wirklichen, aber wohl dem fnndirten, aus dem Grund und Boden selbst stammenden Ertrage. Zum Schluß noch eine kurze Bemerkung. Auf Seite 48 und 49 führt Enneceerns aus, daß die Landgemeinden und Gutsbezirke mit eben so hohen Gemeindeabgaben wie die Städte belastet seien und daher der Erlaß der Grund¬ steuer gerechtfertigt erscheine. In den Städten wurden im Verhältnis zu den

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341855_213113/262>, abgerufen am 23.07.2024.