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Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Viertes Vierteljahr.

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Albrecht von Roon

Braut. Ein kurzer, seliger Brautstand folgte. Es war, als ob das tiefe
Bedürfnis, zu lieben und geliebt zu werden, das der zweiuuddreißigjährige
Offizier bis jetzt in seiner Brust hatte verschließen müssen, in einem reichen
Gefühlsstrome Hervorbrüche. "Wenn Sie an mich denken -- schrieb er damals
an einen entfernten Verwandten in Düsseldorf --, so denken Sie an einen
sehr glücklichen Mann." Und wie eifrig ging nun der eben zum Hauptmann
im Generalstabe beförderte daran, sein Heim in Berlin für die künftige Herrin
einzurichten! Als ihn dann im Sommer 1836 eine Generalstabsreise nach
der Provinz Sachsen und Thüringen führt, da zählt er die Tage bis zur
Befreiung von den Pflichten des Dienstes; dann eilt er von Jena aus über
Gera, Altenburg, Chemnitz, Freiberg, Dresden und Görlitz nach Schlesien,
und am Jahrestage des ersten Zusammentreffens, am 2. September 1836,
legte der Vater der Braut die Hände des jungen Paares in einander. Und
nun ging es in glückseliger Hochzeitsreise mit eignem Gespann, einem statt¬
lichen Schimmelpaare, durch das schöne Schlesierland übers Gebirge nach
Böhmen und durch Sachsen über Dresden nach Berlin. Er war ein still¬
glücklicher Mann geworden, und er blieb es zeitlebens. Bald umgab ihn ein
reicher Kinderflor, vier Söhne und zwei Töchter. Dazu war es ihm vergönnt,
noch zehn Jahre ununterbrochen in Berlin zu bleiben, auch nachdem er seit
1842 die vollen Epauletten des Majors trug.

Eine entscheidende Wendung kam für ihn erst, als ihm der Antrag ge¬
macht wurde, der militärische Begleiter des jungen Prinzen Friedrich Karl
zu werden, der zu Ostern 1846 die Universität Bonn beziehen sollte. Ein
völlig andres Dasein that sich nun für ihn auf. Aus den rein militärischen
Beziehungen sah er sich in die Kreise des Hofes gezogen und zugleich mit dem
so ganz anders gearteten Leben einer Hochschule in die nächste Verbindung
gebracht. Denn in einem ausgedehnten und eingehenden Briefwechsel hatte
er beständig den Eltern seines Zöglings und der Prinzessin von Preußen,
die sich für ihren Neffen ganz besonders interessirte, Rechenschaft zu geben,
und nicht selten mußte er seine" Prinzen auch nach Berlin und Pots¬
dam begleiten. Dadurch trat er nicht nur zu König Friedrich Wilhelm
dem Vierten in persönliche Beziehungen, sondern es bahnte sich auch zu dem
Thronfolger, dem Prinzen von Preußen, dem spätern Kaiser Wilhelm, damals
zuerst ein Verhältnis an, das von den bedeutsamsten Folgen sein sollte. Andrer¬
seits führte er den Prinzen bei dem ehrwürdigen E. M. Arndt ein, und es ehrt
beide, daß der siebzehnjährige Hohenzoller zu dem siebzigjährigen Mitkämpfer
der Befreiungskriege in ein näheres Verhältnis trat und sich von ihm den
tapfern Rat mit auf den Weg geben ließ: "Laß nie ein Wort aus deiner
Brust, das du nicht meinst, erklingen." Roon aber knüpfte eine herzliche
Freundschaft fürs ganze Leben mit dem Historiker und Staatsrechtslehrer
Clemens Theodor Perthes, dem Sohne eines der bedeutendsten deutschen Buch-


Albrecht von Roon

Braut. Ein kurzer, seliger Brautstand folgte. Es war, als ob das tiefe
Bedürfnis, zu lieben und geliebt zu werden, das der zweiuuddreißigjährige
Offizier bis jetzt in seiner Brust hatte verschließen müssen, in einem reichen
Gefühlsstrome Hervorbrüche. „Wenn Sie an mich denken — schrieb er damals
an einen entfernten Verwandten in Düsseldorf —, so denken Sie an einen
sehr glücklichen Mann." Und wie eifrig ging nun der eben zum Hauptmann
im Generalstabe beförderte daran, sein Heim in Berlin für die künftige Herrin
einzurichten! Als ihn dann im Sommer 1836 eine Generalstabsreise nach
der Provinz Sachsen und Thüringen führt, da zählt er die Tage bis zur
Befreiung von den Pflichten des Dienstes; dann eilt er von Jena aus über
Gera, Altenburg, Chemnitz, Freiberg, Dresden und Görlitz nach Schlesien,
und am Jahrestage des ersten Zusammentreffens, am 2. September 1836,
legte der Vater der Braut die Hände des jungen Paares in einander. Und
nun ging es in glückseliger Hochzeitsreise mit eignem Gespann, einem statt¬
lichen Schimmelpaare, durch das schöne Schlesierland übers Gebirge nach
Böhmen und durch Sachsen über Dresden nach Berlin. Er war ein still¬
glücklicher Mann geworden, und er blieb es zeitlebens. Bald umgab ihn ein
reicher Kinderflor, vier Söhne und zwei Töchter. Dazu war es ihm vergönnt,
noch zehn Jahre ununterbrochen in Berlin zu bleiben, auch nachdem er seit
1842 die vollen Epauletten des Majors trug.

Eine entscheidende Wendung kam für ihn erst, als ihm der Antrag ge¬
macht wurde, der militärische Begleiter des jungen Prinzen Friedrich Karl
zu werden, der zu Ostern 1846 die Universität Bonn beziehen sollte. Ein
völlig andres Dasein that sich nun für ihn auf. Aus den rein militärischen
Beziehungen sah er sich in die Kreise des Hofes gezogen und zugleich mit dem
so ganz anders gearteten Leben einer Hochschule in die nächste Verbindung
gebracht. Denn in einem ausgedehnten und eingehenden Briefwechsel hatte
er beständig den Eltern seines Zöglings und der Prinzessin von Preußen,
die sich für ihren Neffen ganz besonders interessirte, Rechenschaft zu geben,
und nicht selten mußte er seine» Prinzen auch nach Berlin und Pots¬
dam begleiten. Dadurch trat er nicht nur zu König Friedrich Wilhelm
dem Vierten in persönliche Beziehungen, sondern es bahnte sich auch zu dem
Thronfolger, dem Prinzen von Preußen, dem spätern Kaiser Wilhelm, damals
zuerst ein Verhältnis an, das von den bedeutsamsten Folgen sein sollte. Andrer¬
seits führte er den Prinzen bei dem ehrwürdigen E. M. Arndt ein, und es ehrt
beide, daß der siebzehnjährige Hohenzoller zu dem siebzigjährigen Mitkämpfer
der Befreiungskriege in ein näheres Verhältnis trat und sich von ihm den
tapfern Rat mit auf den Weg geben ließ: „Laß nie ein Wort aus deiner
Brust, das du nicht meinst, erklingen." Roon aber knüpfte eine herzliche
Freundschaft fürs ganze Leben mit dem Historiker und Staatsrechtslehrer
Clemens Theodor Perthes, dem Sohne eines der bedeutendsten deutschen Buch-


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[0224] Albrecht von Roon Braut. Ein kurzer, seliger Brautstand folgte. Es war, als ob das tiefe Bedürfnis, zu lieben und geliebt zu werden, das der zweiuuddreißigjährige Offizier bis jetzt in seiner Brust hatte verschließen müssen, in einem reichen Gefühlsstrome Hervorbrüche. „Wenn Sie an mich denken — schrieb er damals an einen entfernten Verwandten in Düsseldorf —, so denken Sie an einen sehr glücklichen Mann." Und wie eifrig ging nun der eben zum Hauptmann im Generalstabe beförderte daran, sein Heim in Berlin für die künftige Herrin einzurichten! Als ihn dann im Sommer 1836 eine Generalstabsreise nach der Provinz Sachsen und Thüringen führt, da zählt er die Tage bis zur Befreiung von den Pflichten des Dienstes; dann eilt er von Jena aus über Gera, Altenburg, Chemnitz, Freiberg, Dresden und Görlitz nach Schlesien, und am Jahrestage des ersten Zusammentreffens, am 2. September 1836, legte der Vater der Braut die Hände des jungen Paares in einander. Und nun ging es in glückseliger Hochzeitsreise mit eignem Gespann, einem statt¬ lichen Schimmelpaare, durch das schöne Schlesierland übers Gebirge nach Böhmen und durch Sachsen über Dresden nach Berlin. Er war ein still¬ glücklicher Mann geworden, und er blieb es zeitlebens. Bald umgab ihn ein reicher Kinderflor, vier Söhne und zwei Töchter. Dazu war es ihm vergönnt, noch zehn Jahre ununterbrochen in Berlin zu bleiben, auch nachdem er seit 1842 die vollen Epauletten des Majors trug. Eine entscheidende Wendung kam für ihn erst, als ihm der Antrag ge¬ macht wurde, der militärische Begleiter des jungen Prinzen Friedrich Karl zu werden, der zu Ostern 1846 die Universität Bonn beziehen sollte. Ein völlig andres Dasein that sich nun für ihn auf. Aus den rein militärischen Beziehungen sah er sich in die Kreise des Hofes gezogen und zugleich mit dem so ganz anders gearteten Leben einer Hochschule in die nächste Verbindung gebracht. Denn in einem ausgedehnten und eingehenden Briefwechsel hatte er beständig den Eltern seines Zöglings und der Prinzessin von Preußen, die sich für ihren Neffen ganz besonders interessirte, Rechenschaft zu geben, und nicht selten mußte er seine» Prinzen auch nach Berlin und Pots¬ dam begleiten. Dadurch trat er nicht nur zu König Friedrich Wilhelm dem Vierten in persönliche Beziehungen, sondern es bahnte sich auch zu dem Thronfolger, dem Prinzen von Preußen, dem spätern Kaiser Wilhelm, damals zuerst ein Verhältnis an, das von den bedeutsamsten Folgen sein sollte. Andrer¬ seits führte er den Prinzen bei dem ehrwürdigen E. M. Arndt ein, und es ehrt beide, daß der siebzehnjährige Hohenzoller zu dem siebzigjährigen Mitkämpfer der Befreiungskriege in ein näheres Verhältnis trat und sich von ihm den tapfern Rat mit auf den Weg geben ließ: „Laß nie ein Wort aus deiner Brust, das du nicht meinst, erklingen." Roon aber knüpfte eine herzliche Freundschaft fürs ganze Leben mit dem Historiker und Staatsrechtslehrer Clemens Theodor Perthes, dem Sohne eines der bedeutendsten deutschen Buch-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341855_213113/224>, abgerufen am 22.12.2024.