Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Viertes Vierteljahr.zu einseitig entwickle, wurde Roon 1832 als Premierleutnant zu seinem Er kam in einer aufgeregten Zeit nach dem Westen. Die siegreiche Juli¬ Nach den Königsmanövern bei Liegnitz im August 1835 besuchte er eine zu einseitig entwickle, wurde Roon 1832 als Premierleutnant zu seinem Er kam in einer aufgeregten Zeit nach dem Westen. Die siegreiche Juli¬ Nach den Königsmanövern bei Liegnitz im August 1835 besuchte er eine <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0223" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/213337"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_656" prev="#ID_655"> zu einseitig entwickle, wurde Roon 1832 als Premierleutnant zu seinem<lb/> Regiment nach Minden versetzt.</p><lb/> <p xml:id="ID_657"> Er kam in einer aufgeregten Zeit nach dem Westen. Die siegreiche Juli¬<lb/> revolution hatte ihren Zündstoff über die Grenze nach Belgien hinübergetragen,<lb/> das sich gegen die aufgedrängte Verbindung mit Holland erhob. Als das<lb/> Julikönigtum den Belgiern zu Hilfe kam und seine Truppen gegen Antwerpen<lb/> sandte, das der tapfere holländische General Chaffs gegen zwölffache Übermacht<lb/> heldenmütig verteidigte, da zog die preußische Regierung im Herbst 1832 ein<lb/> Beobachtungsheer zwischen Aachen und Cleve zusammen, um die Bewegungen<lb/> der Franzosen zu überwachen, und Roon hatte das Glück, den allerdings<lb/> friedlich verlaufenden Feldzug im Stäbe des kommandirenden Generals<lb/> v. Müffling mitzumachen. Deu ungleichen Kampf beendete bekanntlich die<lb/> Übergabe der zerschossenen Citadelle von Antwerpen an die Franzosen am<lb/> 23. Dezember 1832. Aber so unthätig die preußischen Truppen hatten zu¬<lb/> sehen müssen, die Sympathien des Offizierkorps und des Adels in den alten<lb/> Provinzen standen sehr entschieden auf der Seite des holländische« Königtums<lb/> und seines Verteidigers, des Generals Chasss, für den in Novus pommerscher<lb/> Heimat sogar Sammlungen veranstaltet wurden. Nachdem Roon noch im<lb/> Februar 1833 die Belagerungsarbeiten von Antwerpen besichtigt hatte, ging<lb/> ihm ein langjähriger Wunsch in Erfüllung: er wurde in das topographische<lb/> Bureau des großen Generalstabs nach Berlin berufen. In dieser und ver¬<lb/> wandten dienstlichen Stellungen, namentlich als Lehrer an der allgemeinen<lb/> Kriegsschule und als Mitglied der Militärvberexaminationskommission verlebte<lb/> er zwölf glückliche Jahre. Aber seine dienstlichen Aufgaben führten ihn zu<lb/> Vermessnngszwecken und auf Geueralstcibsreisen beständig ins Land hinaus,<lb/> bald nach Pommern, bald nach der Provinz Sachsen oder nach Schlesien.<lb/> Dabei knüpften sich zwei der folgenreichsten Beziehungen seines Lebens. In<lb/> seiner Heimcitprvvinz machte er einmal auf der Jagd bei Zimmerhausen die<lb/> Bekanntschaft mit einem neunzehnjährigen Studenten der Rechte, der vom<lb/> nahen Kniephof herübergekommen war — er hieß Otto von Bismarck-Schön-<lb/> hausen —, und in Schlesien fand er seine treue Lebensgefährtin.</p><lb/> <p xml:id="ID_658" next="#ID_659"> Nach den Königsmanövern bei Liegnitz im August 1835 besuchte er eine<lb/> ihm noch unbekannte Schwester seines verstorbnen Vaters, eine geborne<lb/> Charlotte von Roon, die damals im Hanse ihres Schwiegersohns, des Pfarrers<lb/> Rogge in Großtinz bei Neumarkt lebte. Soeben hatte das Pfarrhaus die<lb/> Ehre gehabt — es war am 2. September —, den König als Gast zu be¬<lb/> grüßen, und alles war noch in froher Aufregung, als am späten Nachmittage<lb/> Roon eintraf. Der erste Gruß, den er auf der Schwelle empfing, kam von<lb/> der anmutigen achtzehnjährigen Tochter des Hauses, Anna, die, von der sin¬<lb/> kenden Sonne wie verklärt, ihm die Treppenstufen herab entgegenkam. Die<lb/> Herzen fanden sich, vierzehn Tage nachher war Anna Rogge Roons verlobte</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0223]
zu einseitig entwickle, wurde Roon 1832 als Premierleutnant zu seinem
Regiment nach Minden versetzt.
Er kam in einer aufgeregten Zeit nach dem Westen. Die siegreiche Juli¬
revolution hatte ihren Zündstoff über die Grenze nach Belgien hinübergetragen,
das sich gegen die aufgedrängte Verbindung mit Holland erhob. Als das
Julikönigtum den Belgiern zu Hilfe kam und seine Truppen gegen Antwerpen
sandte, das der tapfere holländische General Chaffs gegen zwölffache Übermacht
heldenmütig verteidigte, da zog die preußische Regierung im Herbst 1832 ein
Beobachtungsheer zwischen Aachen und Cleve zusammen, um die Bewegungen
der Franzosen zu überwachen, und Roon hatte das Glück, den allerdings
friedlich verlaufenden Feldzug im Stäbe des kommandirenden Generals
v. Müffling mitzumachen. Deu ungleichen Kampf beendete bekanntlich die
Übergabe der zerschossenen Citadelle von Antwerpen an die Franzosen am
23. Dezember 1832. Aber so unthätig die preußischen Truppen hatten zu¬
sehen müssen, die Sympathien des Offizierkorps und des Adels in den alten
Provinzen standen sehr entschieden auf der Seite des holländische« Königtums
und seines Verteidigers, des Generals Chasss, für den in Novus pommerscher
Heimat sogar Sammlungen veranstaltet wurden. Nachdem Roon noch im
Februar 1833 die Belagerungsarbeiten von Antwerpen besichtigt hatte, ging
ihm ein langjähriger Wunsch in Erfüllung: er wurde in das topographische
Bureau des großen Generalstabs nach Berlin berufen. In dieser und ver¬
wandten dienstlichen Stellungen, namentlich als Lehrer an der allgemeinen
Kriegsschule und als Mitglied der Militärvberexaminationskommission verlebte
er zwölf glückliche Jahre. Aber seine dienstlichen Aufgaben führten ihn zu
Vermessnngszwecken und auf Geueralstcibsreisen beständig ins Land hinaus,
bald nach Pommern, bald nach der Provinz Sachsen oder nach Schlesien.
Dabei knüpften sich zwei der folgenreichsten Beziehungen seines Lebens. In
seiner Heimcitprvvinz machte er einmal auf der Jagd bei Zimmerhausen die
Bekanntschaft mit einem neunzehnjährigen Studenten der Rechte, der vom
nahen Kniephof herübergekommen war — er hieß Otto von Bismarck-Schön-
hausen —, und in Schlesien fand er seine treue Lebensgefährtin.
Nach den Königsmanövern bei Liegnitz im August 1835 besuchte er eine
ihm noch unbekannte Schwester seines verstorbnen Vaters, eine geborne
Charlotte von Roon, die damals im Hanse ihres Schwiegersohns, des Pfarrers
Rogge in Großtinz bei Neumarkt lebte. Soeben hatte das Pfarrhaus die
Ehre gehabt — es war am 2. September —, den König als Gast zu be¬
grüßen, und alles war noch in froher Aufregung, als am späten Nachmittage
Roon eintraf. Der erste Gruß, den er auf der Schwelle empfing, kam von
der anmutigen achtzehnjährigen Tochter des Hauses, Anna, die, von der sin¬
kenden Sonne wie verklärt, ihm die Treppenstufen herab entgegenkam. Die
Herzen fanden sich, vierzehn Tage nachher war Anna Rogge Roons verlobte
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