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Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Viertes Vierteljahr.

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Der Weltfriedenskongreß zu Bern

falls denselben, wenn nicht schrecklichem Zielen zustreben. Jene Bauditenbnuden
arbeiten allein mit der Kraft ihrer Faust -- womit die Anarchisten arbeiten,
haben sie in Paris gezeigt. In Italien, in Frankreich, wie bei den Unruhen
in unserm engern und weitern Vaterlande war es aber einzig die zum Drein-
schlagen energisch zusammengezogne Militärmacht, die den Gesetzen und dem
Recht wieder Geltung zu schaffen vermochte. Und wenn es gelang, ohne
thätiges Eingreifen, nur durch ihr kampfbereites Dasein die Aufrührer zur Ruhe
zu bringen, so ist das ein Beweis mehr für ihre unbedingte Notwendigkeit.

Unsre Regierung steht auf dem Boden der großen Scharnhvrstschen Idee,
nach der jeder Staatsangehörige, soweit er körperlich dazu befähigt ist, zu
einem Verteidiger seiner Scholle, seines Weibes, seines Kindes, seines schwächern
Bruders und somit des Vaterlandes herangebildet werden soll. Und diese
Idee beruht auf den natürlichen Eigenschaften der Menschen und ist in ihrer
Wechselwirkung vom Menschen zum Staat und vom Staat zum Menschen die
festeste, gesundeste und deshalb erstrebenswerteste Humanität. Wir sind durch
die allgemeine Wehrpflicht diesem Ziele gottlob nahe und werden uns auch
durch die Friedensapostel um Weiterschreiten nicht hindern lassen.

Die "Weltfriedensidee" ist im übrigen durchaus nichts neues. Es hat schon
vor Jahrhunderten Stubengelehrte gegeben, die Gehirn und Tinte dafür ver¬
braucht haben. Dieser Verbrauch erwies sich der Wirklichkeit gegenüber aber
noch immer als Mißbrauch. Die Weltgeschichte schritt, ohne sich auch uur
einen Augenblick davon aufhalten zu lassen, festen Fußes darüber weg. Das¬
selbe Schicksal erwartet, trotz der aufgewirbelten Staubwolken, die von zarten
und unzarten Händen aufgewärmte und aufgebackne Idee auch jetzt. Denn
so lange Menschen von Fleisch und Blut, und manchmal sogar recht heißem
Blute, auf dem Erdball Hausen, werden wir Gesetze brauchen und Kräfte,
diesen Gesetzen Geltung zu verschaffen. Und daß das nur dnrch ein in straffer
und strenger Disziplin geschultes Heer möglich ist, weiß jeder, der mit ge¬
sunden Augen das Leben der Völker und des Volkes beobachtet.

Wußte es doch selbst der kurz nach jenem "Weltfriedenskongreß" eben¬
falls in Bern tagende "Interparlamentarische Friedenskongreß," dessen Vor¬
sitzender in markiger Rede betonte, daß es Augenblicke im Leben der Völker
giebt, wo allein das Schwert den Rechtsspruch zu thun vermag, und daß "eine
Nation, die nicht ihr Alles setzt an ihre Ehre, ehrlos ist!"

Wer diesem vernünftigen Gedanken näher tritt, sieht, daß ohne Mi¬
litär ihn auszuführen nicht möglich ist, und was uns am freudigsten dabei
gestimmt hat, ist, daß diese Männer von Nationen und von einer Ehre
der Nationen sprachen, die hoch zu halten sei, von der jene Weiber in
Hosen oder Unterrock auf den, "Weltfriedenskongreß" nichts ahnen; uur
davon, daß sie mit einem Programm, das die Aufhebung aller Nationalität
predigt, einen Sturm der Entrüstung bei allen dentschen Männern und Frauen


Der Weltfriedenskongreß zu Bern

falls denselben, wenn nicht schrecklichem Zielen zustreben. Jene Bauditenbnuden
arbeiten allein mit der Kraft ihrer Faust — womit die Anarchisten arbeiten,
haben sie in Paris gezeigt. In Italien, in Frankreich, wie bei den Unruhen
in unserm engern und weitern Vaterlande war es aber einzig die zum Drein-
schlagen energisch zusammengezogne Militärmacht, die den Gesetzen und dem
Recht wieder Geltung zu schaffen vermochte. Und wenn es gelang, ohne
thätiges Eingreifen, nur durch ihr kampfbereites Dasein die Aufrührer zur Ruhe
zu bringen, so ist das ein Beweis mehr für ihre unbedingte Notwendigkeit.

Unsre Regierung steht auf dem Boden der großen Scharnhvrstschen Idee,
nach der jeder Staatsangehörige, soweit er körperlich dazu befähigt ist, zu
einem Verteidiger seiner Scholle, seines Weibes, seines Kindes, seines schwächern
Bruders und somit des Vaterlandes herangebildet werden soll. Und diese
Idee beruht auf den natürlichen Eigenschaften der Menschen und ist in ihrer
Wechselwirkung vom Menschen zum Staat und vom Staat zum Menschen die
festeste, gesundeste und deshalb erstrebenswerteste Humanität. Wir sind durch
die allgemeine Wehrpflicht diesem Ziele gottlob nahe und werden uns auch
durch die Friedensapostel um Weiterschreiten nicht hindern lassen.

Die „Weltfriedensidee" ist im übrigen durchaus nichts neues. Es hat schon
vor Jahrhunderten Stubengelehrte gegeben, die Gehirn und Tinte dafür ver¬
braucht haben. Dieser Verbrauch erwies sich der Wirklichkeit gegenüber aber
noch immer als Mißbrauch. Die Weltgeschichte schritt, ohne sich auch uur
einen Augenblick davon aufhalten zu lassen, festen Fußes darüber weg. Das¬
selbe Schicksal erwartet, trotz der aufgewirbelten Staubwolken, die von zarten
und unzarten Händen aufgewärmte und aufgebackne Idee auch jetzt. Denn
so lange Menschen von Fleisch und Blut, und manchmal sogar recht heißem
Blute, auf dem Erdball Hausen, werden wir Gesetze brauchen und Kräfte,
diesen Gesetzen Geltung zu verschaffen. Und daß das nur dnrch ein in straffer
und strenger Disziplin geschultes Heer möglich ist, weiß jeder, der mit ge¬
sunden Augen das Leben der Völker und des Volkes beobachtet.

Wußte es doch selbst der kurz nach jenem „Weltfriedenskongreß" eben¬
falls in Bern tagende „Interparlamentarische Friedenskongreß," dessen Vor¬
sitzender in markiger Rede betonte, daß es Augenblicke im Leben der Völker
giebt, wo allein das Schwert den Rechtsspruch zu thun vermag, und daß „eine
Nation, die nicht ihr Alles setzt an ihre Ehre, ehrlos ist!"

Wer diesem vernünftigen Gedanken näher tritt, sieht, daß ohne Mi¬
litär ihn auszuführen nicht möglich ist, und was uns am freudigsten dabei
gestimmt hat, ist, daß diese Männer von Nationen und von einer Ehre
der Nationen sprachen, die hoch zu halten sei, von der jene Weiber in
Hosen oder Unterrock auf den, „Weltfriedenskongreß" nichts ahnen; uur
davon, daß sie mit einem Programm, das die Aufhebung aller Nationalität
predigt, einen Sturm der Entrüstung bei allen dentschen Männern und Frauen


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[0157] Der Weltfriedenskongreß zu Bern falls denselben, wenn nicht schrecklichem Zielen zustreben. Jene Bauditenbnuden arbeiten allein mit der Kraft ihrer Faust — womit die Anarchisten arbeiten, haben sie in Paris gezeigt. In Italien, in Frankreich, wie bei den Unruhen in unserm engern und weitern Vaterlande war es aber einzig die zum Drein- schlagen energisch zusammengezogne Militärmacht, die den Gesetzen und dem Recht wieder Geltung zu schaffen vermochte. Und wenn es gelang, ohne thätiges Eingreifen, nur durch ihr kampfbereites Dasein die Aufrührer zur Ruhe zu bringen, so ist das ein Beweis mehr für ihre unbedingte Notwendigkeit. Unsre Regierung steht auf dem Boden der großen Scharnhvrstschen Idee, nach der jeder Staatsangehörige, soweit er körperlich dazu befähigt ist, zu einem Verteidiger seiner Scholle, seines Weibes, seines Kindes, seines schwächern Bruders und somit des Vaterlandes herangebildet werden soll. Und diese Idee beruht auf den natürlichen Eigenschaften der Menschen und ist in ihrer Wechselwirkung vom Menschen zum Staat und vom Staat zum Menschen die festeste, gesundeste und deshalb erstrebenswerteste Humanität. Wir sind durch die allgemeine Wehrpflicht diesem Ziele gottlob nahe und werden uns auch durch die Friedensapostel um Weiterschreiten nicht hindern lassen. Die „Weltfriedensidee" ist im übrigen durchaus nichts neues. Es hat schon vor Jahrhunderten Stubengelehrte gegeben, die Gehirn und Tinte dafür ver¬ braucht haben. Dieser Verbrauch erwies sich der Wirklichkeit gegenüber aber noch immer als Mißbrauch. Die Weltgeschichte schritt, ohne sich auch uur einen Augenblick davon aufhalten zu lassen, festen Fußes darüber weg. Das¬ selbe Schicksal erwartet, trotz der aufgewirbelten Staubwolken, die von zarten und unzarten Händen aufgewärmte und aufgebackne Idee auch jetzt. Denn so lange Menschen von Fleisch und Blut, und manchmal sogar recht heißem Blute, auf dem Erdball Hausen, werden wir Gesetze brauchen und Kräfte, diesen Gesetzen Geltung zu verschaffen. Und daß das nur dnrch ein in straffer und strenger Disziplin geschultes Heer möglich ist, weiß jeder, der mit ge¬ sunden Augen das Leben der Völker und des Volkes beobachtet. Wußte es doch selbst der kurz nach jenem „Weltfriedenskongreß" eben¬ falls in Bern tagende „Interparlamentarische Friedenskongreß," dessen Vor¬ sitzender in markiger Rede betonte, daß es Augenblicke im Leben der Völker giebt, wo allein das Schwert den Rechtsspruch zu thun vermag, und daß „eine Nation, die nicht ihr Alles setzt an ihre Ehre, ehrlos ist!" Wer diesem vernünftigen Gedanken näher tritt, sieht, daß ohne Mi¬ litär ihn auszuführen nicht möglich ist, und was uns am freudigsten dabei gestimmt hat, ist, daß diese Männer von Nationen und von einer Ehre der Nationen sprachen, die hoch zu halten sei, von der jene Weiber in Hosen oder Unterrock auf den, „Weltfriedenskongreß" nichts ahnen; uur davon, daß sie mit einem Programm, das die Aufhebung aller Nationalität predigt, einen Sturm der Entrüstung bei allen dentschen Männern und Frauen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341855_213113/157>, abgerufen am 22.12.2024.