Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Drittes Vierteljahr.Aufklärungen über studentische Dinge eine scheinbare Ausnahme kommen wir später -- nicht. Von diesen nicht¬ Während die bisher genannten mensurfeindlichen Verbindungen ausge¬ Aufklärungen über studentische Dinge eine scheinbare Ausnahme kommen wir später — nicht. Von diesen nicht¬ Während die bisher genannten mensurfeindlichen Verbindungen ausge¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0558" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/213034"/> <fw type="header" place="top"> Aufklärungen über studentische Dinge</fw><lb/> <p xml:id="ID_1841" prev="#ID_1840"> eine scheinbare Ausnahme kommen wir später — nicht. Von diesen nicht¬<lb/> schlagenden kommen in Betracht der weitverbreitete Wingolf, dann eine kleine<lb/> ganz ähnliche Gruppe, wenn wir nicht irren Schwarzburgverband genannt,<lb/> und die spärlichen Überreste einer vor Alters abgezweigten burschenschaftlichen<lb/> Richtung, die sogenannten christlichen Germanen. Pauken wollen sie nnn ein¬<lb/> mal alle nicht und wissen ihr Prinzip auch wirklich zu begründen, sonst<lb/> ist gegen sie eigentlich nichts einzuwenden, höchstens könnte jemand fragen,<lb/> warum sie eigentlich Farben tragen. Aber die Verwunderung in dieser<lb/> Frage setzt doch schon aprioristische studentische Begriffe voraus, und dazu<lb/> läßt sich bemerken, daß diese bescheidne Anfrage sehr leicht verallgemeinert<lb/> werden könnte und die Antwort und AuMruug, die man dann daraufhin zu¬<lb/> treffend geben könnte, auch wiederum für die Wingvlfiten gelten würde. Die<lb/> Mitglieder dieser Verbindungen, meist Theologen oder Pastorensöhne, halten<lb/> unter sich und innerhalb ihrer Verbände sehr eng und treu zusammen, sind in<lb/> aller Ehrsamkeit und bei vielfach großem Studieneifer und Fleiß gewöhnlich<lb/> ganz fröhliche und frische Studenten und bewahren sich ein gutes Teil davon<lb/> auch noch in die mehr oder minder stille Amtszeit hinüber. Davor, daß sie<lb/> das Achselzucken und den Spott, ja man dürfte wirklich fast sagen die her¬<lb/> kömmliche Verachtung der ganzen übrigen Studentenschaft drückend empfinden,<lb/> bewahrt sie schon das Bewußtsein, eben auf einem ganz andern Boden zu<lb/> stehn, der ihnen als der in sich gerechtfertigtere erscheint und von den übrigen<lb/> nur nicht begriffen wird. (Viel Stimmungsmacherei gegen sie hat übrigens<lb/> auch nur darin seinen Ursprung, daß sie durchaus christlich sind.) Immerhin<lb/> macht es hie und da einen Wingvlfiten äußerst glücklich, etwa von der Schul¬<lb/> bank her uoch eine verstohlene Bekanntschaft mit einem wirklichen „Couleur¬<lb/> studenten" ein wenig aufrecht erhalten zu dürfen. Zuweilen soll auch schou<lb/> ein forscher Maun des heiligen Wingolf plötzlich und unbegreiflich seinen Aus¬<lb/> tritt erklärt haben, dann mit einem gar zu unverschämten Spötter auf Mensur<lb/> gegangen und schließlich seiner Verbindung wieder beigetreten sein; doch mag<lb/> das auch nnr auf eine hübsche studentische Legende zurückgehn.</p><lb/> <p xml:id="ID_1842" next="#ID_1843"> Während die bisher genannten mensurfeindlichen Verbindungen ausge¬<lb/> sprochen protestantisch und dabei gewissermaßen theologisch sind, bestehen an<lb/> einer nicht unbedeutenden Anzahl von Universitäten auch katholische Verbin¬<lb/> dungen mit oder ohne öffentlich getragne Farben. Studenten der Theologie<lb/> bilden in diesen nur einen sehr kleinen Prozentsatz, infolge des Umstandes, daß<lb/> die katholische Geistlichkeit — leider! — fast ausschließlich aus dem dürftigsten<lb/> Teil der Bevölkerung hervorgeht oder doch aus solchen jungen Leuten heran¬<lb/> wächst, sür die, wie z.B. für überzählige Bauernsöhne, kein irgendwie un¬<lb/> nötiger Aufwand zu beschaffen ist; die allermeisten leben ohnedies als Studenten<lb/> in den sehr streng überwachten Konvikten. Dagegen umfassen diese katholischen<lb/> Verbindungen mit ihren meist landsmannschaftlichen Namen die Söhne der</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0558]
Aufklärungen über studentische Dinge
eine scheinbare Ausnahme kommen wir später — nicht. Von diesen nicht¬
schlagenden kommen in Betracht der weitverbreitete Wingolf, dann eine kleine
ganz ähnliche Gruppe, wenn wir nicht irren Schwarzburgverband genannt,
und die spärlichen Überreste einer vor Alters abgezweigten burschenschaftlichen
Richtung, die sogenannten christlichen Germanen. Pauken wollen sie nnn ein¬
mal alle nicht und wissen ihr Prinzip auch wirklich zu begründen, sonst
ist gegen sie eigentlich nichts einzuwenden, höchstens könnte jemand fragen,
warum sie eigentlich Farben tragen. Aber die Verwunderung in dieser
Frage setzt doch schon aprioristische studentische Begriffe voraus, und dazu
läßt sich bemerken, daß diese bescheidne Anfrage sehr leicht verallgemeinert
werden könnte und die Antwort und AuMruug, die man dann daraufhin zu¬
treffend geben könnte, auch wiederum für die Wingvlfiten gelten würde. Die
Mitglieder dieser Verbindungen, meist Theologen oder Pastorensöhne, halten
unter sich und innerhalb ihrer Verbände sehr eng und treu zusammen, sind in
aller Ehrsamkeit und bei vielfach großem Studieneifer und Fleiß gewöhnlich
ganz fröhliche und frische Studenten und bewahren sich ein gutes Teil davon
auch noch in die mehr oder minder stille Amtszeit hinüber. Davor, daß sie
das Achselzucken und den Spott, ja man dürfte wirklich fast sagen die her¬
kömmliche Verachtung der ganzen übrigen Studentenschaft drückend empfinden,
bewahrt sie schon das Bewußtsein, eben auf einem ganz andern Boden zu
stehn, der ihnen als der in sich gerechtfertigtere erscheint und von den übrigen
nur nicht begriffen wird. (Viel Stimmungsmacherei gegen sie hat übrigens
auch nur darin seinen Ursprung, daß sie durchaus christlich sind.) Immerhin
macht es hie und da einen Wingvlfiten äußerst glücklich, etwa von der Schul¬
bank her uoch eine verstohlene Bekanntschaft mit einem wirklichen „Couleur¬
studenten" ein wenig aufrecht erhalten zu dürfen. Zuweilen soll auch schou
ein forscher Maun des heiligen Wingolf plötzlich und unbegreiflich seinen Aus¬
tritt erklärt haben, dann mit einem gar zu unverschämten Spötter auf Mensur
gegangen und schließlich seiner Verbindung wieder beigetreten sein; doch mag
das auch nnr auf eine hübsche studentische Legende zurückgehn.
Während die bisher genannten mensurfeindlichen Verbindungen ausge¬
sprochen protestantisch und dabei gewissermaßen theologisch sind, bestehen an
einer nicht unbedeutenden Anzahl von Universitäten auch katholische Verbin¬
dungen mit oder ohne öffentlich getragne Farben. Studenten der Theologie
bilden in diesen nur einen sehr kleinen Prozentsatz, infolge des Umstandes, daß
die katholische Geistlichkeit — leider! — fast ausschließlich aus dem dürftigsten
Teil der Bevölkerung hervorgeht oder doch aus solchen jungen Leuten heran¬
wächst, sür die, wie z.B. für überzählige Bauernsöhne, kein irgendwie un¬
nötiger Aufwand zu beschaffen ist; die allermeisten leben ohnedies als Studenten
in den sehr streng überwachten Konvikten. Dagegen umfassen diese katholischen
Verbindungen mit ihren meist landsmannschaftlichen Namen die Söhne der
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