Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Drittes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite

schnellte vom Tisch empor, und ehe man drei zählen konnte, stand ich im
Hausen bei den übrigen, die sich bald durch Neuankommende noch vermehrten.

Ein tolles Durcheiuanderreden schlug da an mein Ohr.

Jesses, wenn nur die Russen nicht kommen!

Die Preußen sind auch nicht weit davon, die werden uns schön kahl
fiepen. ..... ^ ^^.^ .)^'^, ,^ ^^.v,, u-^:^.^

Sie sollens bleiben lassen; wir wollen ihnen schon auf die Finger klopfen;
wir jagen sie nach Rußland.

Aber die Preußen mit dem Zündnadelgewehr, wenn die uns nur nicht
heimlenchten. , .

Was will Preußen gegen Osterreich, gegen Österreich und Baiern und
Württemberg und Hessen und Sachsen und Hannover; Preußen muß verlieren,
und wenn es schlimm geht, ist auch noch Napoleon da und sind die Franzosen
da, die lassen uns nicht von den Preußen einsanken.

Jesses, die Franzosen, wollen denn die Franzosen kommen? Von denen
erzählt man sich gar nichts gutes.,

Lieber Franzosen als Preußen! , . ,, , . ,^

Wir brauchen die einen nicht und brauchen die andern nicht, sie können
beide daheim bleiben.

Ihr müßt es ihnen halt nur sagen, Vlessenvogt.

Was wollen denn die hungrigen Preußen?

satt essen wollen sie sich bei uns, habt ihrs noch nicht gemerkt? und unsern
Wein wollen sie saufen. !, ,

- Schleswig-Holstein wollen sie in die Tasche stecken, die Langfinger, und
das will Österreich nicht leiden.

Was ist denn das, Schleswig-Holstein?

Schleswig-Holstein meerumschlungen, Schleswig-Holstein stammverwandt!

Was geht uns das an, das ist weithin.,

Was uns das angeht? Wenn man dem Teufel den Finger giebt, nimmt
er die ganze Hand.- Zuerst gehts an Schleswig-Holstein und dann an uns,
so weit ist das gar nicht aus einander. Österreich soll aus Deutschland hinaus¬
geworfen werden, und uns macht man dann nach und nach preußisch. Wenn
euch das nichts angeht, dann könnt ihr heim gehen und euch ins Bett legen.

Wenn nur die Franzosen nicht kommen!

Unser König ist ein Freund Napoleons, die Franzosen thun uns nichts,
die hauen nur die Preußen.

Wenn nur mem Jörgmichel nicht grad bei deu Soldaten wär.

Ja, müssen denn unsre Soldaten auch in den Krieg? Großer Gott im
Himmel, da schießen die Preußen meinen Anton tot.

Jesses, und mein Bernerd, der bei den Dragonern in Ludwigsburg steht!

Mehrere Weiber brachen in lautes Heulen aus.


schnellte vom Tisch empor, und ehe man drei zählen konnte, stand ich im
Hausen bei den übrigen, die sich bald durch Neuankommende noch vermehrten.

Ein tolles Durcheiuanderreden schlug da an mein Ohr.

Jesses, wenn nur die Russen nicht kommen!

Die Preußen sind auch nicht weit davon, die werden uns schön kahl
fiepen. ..... ^ ^^.^ .)^'^, ,^ ^^.v,, u-^:^.^

Sie sollens bleiben lassen; wir wollen ihnen schon auf die Finger klopfen;
wir jagen sie nach Rußland.

Aber die Preußen mit dem Zündnadelgewehr, wenn die uns nur nicht
heimlenchten. , .

Was will Preußen gegen Osterreich, gegen Österreich und Baiern und
Württemberg und Hessen und Sachsen und Hannover; Preußen muß verlieren,
und wenn es schlimm geht, ist auch noch Napoleon da und sind die Franzosen
da, die lassen uns nicht von den Preußen einsanken.

Jesses, die Franzosen, wollen denn die Franzosen kommen? Von denen
erzählt man sich gar nichts gutes.,

Lieber Franzosen als Preußen! , . ,, , . ,^

Wir brauchen die einen nicht und brauchen die andern nicht, sie können
beide daheim bleiben.

Ihr müßt es ihnen halt nur sagen, Vlessenvogt.

Was wollen denn die hungrigen Preußen?

satt essen wollen sie sich bei uns, habt ihrs noch nicht gemerkt? und unsern
Wein wollen sie saufen. !, ,

- Schleswig-Holstein wollen sie in die Tasche stecken, die Langfinger, und
das will Österreich nicht leiden.

Was ist denn das, Schleswig-Holstein?

Schleswig-Holstein meerumschlungen, Schleswig-Holstein stammverwandt!

Was geht uns das an, das ist weithin.,

Was uns das angeht? Wenn man dem Teufel den Finger giebt, nimmt
er die ganze Hand.- Zuerst gehts an Schleswig-Holstein und dann an uns,
so weit ist das gar nicht aus einander. Österreich soll aus Deutschland hinaus¬
geworfen werden, und uns macht man dann nach und nach preußisch. Wenn
euch das nichts angeht, dann könnt ihr heim gehen und euch ins Bett legen.

Wenn nur die Franzosen nicht kommen!

Unser König ist ein Freund Napoleons, die Franzosen thun uns nichts,
die hauen nur die Preußen.

Wenn nur mem Jörgmichel nicht grad bei deu Soldaten wär.

Ja, müssen denn unsre Soldaten auch in den Krieg? Großer Gott im
Himmel, da schießen die Preußen meinen Anton tot.

Jesses, und mein Bernerd, der bei den Dragonern in Ludwigsburg steht!

Mehrere Weiber brachen in lautes Heulen aus.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0195" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/212671"/>
          <p xml:id="ID_609" prev="#ID_608"> schnellte vom Tisch empor, und ehe man drei zählen konnte, stand ich im<lb/>
Hausen bei den übrigen, die sich bald durch Neuankommende noch vermehrten.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_610"> Ein tolles Durcheiuanderreden schlug da an mein Ohr.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_611"> Jesses, wenn nur die Russen nicht kommen!</p><lb/>
          <p xml:id="ID_612"> Die Preußen sind auch nicht weit davon, die werden uns schön kahl<lb/>
fiepen. ..... ^   ^^.^ .)^'^,    ,^ ^^.v,, u-^:^.^</p><lb/>
          <p xml:id="ID_613"> Sie sollens bleiben lassen; wir wollen ihnen schon auf die Finger klopfen;<lb/>
wir jagen sie nach Rußland.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_614"> Aber die Preußen mit dem Zündnadelgewehr, wenn die uns nur nicht<lb/>
heimlenchten. , .</p><lb/>
          <p xml:id="ID_615"> Was will Preußen gegen Osterreich, gegen Österreich und Baiern und<lb/>
Württemberg und Hessen und Sachsen und Hannover; Preußen muß verlieren,<lb/>
und wenn es schlimm geht, ist auch noch Napoleon da und sind die Franzosen<lb/>
da, die lassen uns nicht von den Preußen einsanken.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_616"> Jesses, die Franzosen, wollen denn die Franzosen kommen? Von denen<lb/>
erzählt man sich gar nichts gutes.,</p><lb/>
          <p xml:id="ID_617"> Lieber Franzosen als Preußen!   , .  ,, , . ,^</p><lb/>
          <p xml:id="ID_618"> Wir brauchen die einen nicht und brauchen die andern nicht, sie können<lb/>
beide daheim bleiben.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_619"> Ihr müßt es ihnen halt nur sagen, Vlessenvogt.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_620"> Was wollen denn die hungrigen Preußen?</p><lb/>
          <p xml:id="ID_621"> satt essen wollen sie sich bei uns, habt ihrs noch nicht gemerkt? und unsern<lb/>
Wein wollen sie saufen. !, ,</p><lb/>
          <p xml:id="ID_622"> - Schleswig-Holstein wollen sie in die Tasche stecken, die Langfinger, und<lb/>
das will Österreich nicht leiden.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_623"> Was ist denn das, Schleswig-Holstein?</p><lb/>
          <p xml:id="ID_624"> Schleswig-Holstein meerumschlungen, Schleswig-Holstein stammverwandt!</p><lb/>
          <p xml:id="ID_625"> Was geht uns das an, das ist weithin.,</p><lb/>
          <p xml:id="ID_626"> Was uns das angeht? Wenn man dem Teufel den Finger giebt, nimmt<lb/>
er die ganze Hand.- Zuerst gehts an Schleswig-Holstein und dann an uns,<lb/>
so weit ist das gar nicht aus einander. Österreich soll aus Deutschland hinaus¬<lb/>
geworfen werden, und uns macht man dann nach und nach preußisch. Wenn<lb/>
euch das nichts angeht, dann könnt ihr heim gehen und euch ins Bett legen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_627"> Wenn nur die Franzosen nicht kommen!</p><lb/>
          <p xml:id="ID_628"> Unser König ist ein Freund Napoleons, die Franzosen thun uns nichts,<lb/>
die hauen nur die Preußen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_629"> Wenn nur mem Jörgmichel nicht grad bei deu Soldaten wär.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_630"> Ja, müssen denn unsre Soldaten auch in den Krieg? Großer Gott im<lb/>
Himmel, da schießen die Preußen meinen Anton tot.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_631"> Jesses, und mein Bernerd, der bei den Dragonern in Ludwigsburg steht!</p><lb/>
          <p xml:id="ID_632"> Mehrere Weiber brachen in lautes Heulen aus.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0195] schnellte vom Tisch empor, und ehe man drei zählen konnte, stand ich im Hausen bei den übrigen, die sich bald durch Neuankommende noch vermehrten. Ein tolles Durcheiuanderreden schlug da an mein Ohr. Jesses, wenn nur die Russen nicht kommen! Die Preußen sind auch nicht weit davon, die werden uns schön kahl fiepen. ..... ^ ^^.^ .)^'^, ,^ ^^.v,, u-^:^.^ Sie sollens bleiben lassen; wir wollen ihnen schon auf die Finger klopfen; wir jagen sie nach Rußland. Aber die Preußen mit dem Zündnadelgewehr, wenn die uns nur nicht heimlenchten. , . Was will Preußen gegen Osterreich, gegen Österreich und Baiern und Württemberg und Hessen und Sachsen und Hannover; Preußen muß verlieren, und wenn es schlimm geht, ist auch noch Napoleon da und sind die Franzosen da, die lassen uns nicht von den Preußen einsanken. Jesses, die Franzosen, wollen denn die Franzosen kommen? Von denen erzählt man sich gar nichts gutes., Lieber Franzosen als Preußen! , . ,, , . ,^ Wir brauchen die einen nicht und brauchen die andern nicht, sie können beide daheim bleiben. Ihr müßt es ihnen halt nur sagen, Vlessenvogt. Was wollen denn die hungrigen Preußen? satt essen wollen sie sich bei uns, habt ihrs noch nicht gemerkt? und unsern Wein wollen sie saufen. !, , - Schleswig-Holstein wollen sie in die Tasche stecken, die Langfinger, und das will Österreich nicht leiden. Was ist denn das, Schleswig-Holstein? Schleswig-Holstein meerumschlungen, Schleswig-Holstein stammverwandt! Was geht uns das an, das ist weithin., Was uns das angeht? Wenn man dem Teufel den Finger giebt, nimmt er die ganze Hand.- Zuerst gehts an Schleswig-Holstein und dann an uns, so weit ist das gar nicht aus einander. Österreich soll aus Deutschland hinaus¬ geworfen werden, und uns macht man dann nach und nach preußisch. Wenn euch das nichts angeht, dann könnt ihr heim gehen und euch ins Bett legen. Wenn nur die Franzosen nicht kommen! Unser König ist ein Freund Napoleons, die Franzosen thun uns nichts, die hauen nur die Preußen. Wenn nur mem Jörgmichel nicht grad bei deu Soldaten wär. Ja, müssen denn unsre Soldaten auch in den Krieg? Großer Gott im Himmel, da schießen die Preußen meinen Anton tot. Jesses, und mein Bernerd, der bei den Dragonern in Ludwigsburg steht! Mehrere Weiber brachen in lautes Heulen aus.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341855_212475
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341855_212475/195
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341855_212475/195>, abgerufen am 08.01.2025.