Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Erstes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Der deutsche Fmueiwerein Reform

wie sie bisher erzogen worden sind, taugen zu verschiednen nicht," läßt sich
ebensogut ans die Männer anwenden. Mu omina, i>W8nur8 paires. Es wird
selbst bei der besten Erziehung unzählige Dinge geben, zu denen die Erzogncn
nicht taugen, weil diese Dinge ganz außerhalb des Erziehungsplanes liege".
Die deutsche Hausfrau taugt sehr wohl sür ihre Bestimmung, und der emphatische
Ausruf der Frau Kettler: "Wir brauchen bessere Gattinnen nud Mütter!" ist
unberechtigt, wenn er nach den Absichten der Verfasserin die Beschuldigung
jetziger miserabler Zustände ausdrücken soll. Gerade wie beim Bilduugsweseu
der Männer, über das jetzt so viel hin- und hcrgesprocheu wird, ist auch bei
der Frauenerziehung noch mancher Fortschritt zu erringen, und es wird auch
unausgesetzt auf das Ziel der Vervollkommnung hingearbeitet, aber der Ausblick
auf dereinstige Verbesserungen darf uns uicht so blind machen, das vvr-
handne Gute kurzerhand für schlecht zu erklären. Ein Hauptpunkt der Resorm-
arbeit im Bilduugswefen der Mäuner ist die Entlastung des Gymnasiums von
den Elementen, die weder Fähigkeit noch Absicht zum Studiren haben und durch
ihre Genossenschaft nur hemmend ans die wirkliche Gymnasinlgemeinde wirken.
Um solche Kleinigkeiten kümmert sich aber Iran Kettler nicht. Weil es junge
Mäuner giebt, die das Gymnasium besuchen, ohne zur Universität gehen zu
wollen, darum müssen auch alle jungen Mädchen dieselbe Gymnasialbildung
erhalten!

Es geHort eine große Begriffsverwirrung dazu, bessere Gattinnen und
Mütter dadurch erziehen zu wollen, daß man die Mädchen dnrch Einführung
des männlichen Bildungsganges planmäßig ans ihrem Elemente herauserzieht und
aus einen unnatürlichen Beruf vorbereitet. Niemand kann zween Herren dienen.
Berufsmäßiges Studium und berufsmäßiger Haushalt lassen sich nicht ver¬
einigen. Eine studirende Frau wird den Haushalt links liegen lassen müssen
und dadurch keine bessere, sondern eine schlechtere Gattin nud Mutter werden.
Man weiß ja zur Genüge, wie es aussieht in deu Wirtschaften emauzipirter
Damen, die Papiermasfen mit Tink^ schwärzen, in öffentlichen Vortrügen ihre
Zungenfertigkeit üben, an Disputationen mit dem ersten und letzten Worte teil¬
nehmen, Leinwandflächen mit Ölfarben bedecken u. s. w. Da laufen die Kinder
verwahrlost herum oder werdeu deu Dienstboten überlassen, Ordnung und
Pünktlichkeit sind unbekannt im Hanse, die Speisen kommen verdorben auf deu
Tisch, und der Mann muß sich, wenn er anständig einhergehen will, abgerissene
Knöpfe selbst annähen und Risse eigenhändig zustopfen wie in den verflossenen
Tagen seines Junggesellentums, ja er wird mit so einer gelehrten Dame selten
ein ordentliches Gespräch führen können, da sie in ihrem anerlernten Ideen -
kreise lebend ebenso geringes Interesse an dem Berufe des Mannes wie an dem
Haushalte nehme" wird. Wer mag es dem Gatten dann verübeln, wenn er
sich dnrch den Verdruß über die häusliche Mißwirtschaft in das Gasthaus
treiben laßt?


Der deutsche Fmueiwerein Reform

wie sie bisher erzogen worden sind, taugen zu verschiednen nicht," läßt sich
ebensogut ans die Männer anwenden. Mu omina, i>W8nur8 paires. Es wird
selbst bei der besten Erziehung unzählige Dinge geben, zu denen die Erzogncn
nicht taugen, weil diese Dinge ganz außerhalb des Erziehungsplanes liege».
Die deutsche Hausfrau taugt sehr wohl sür ihre Bestimmung, und der emphatische
Ausruf der Frau Kettler: „Wir brauchen bessere Gattinnen nud Mütter!" ist
unberechtigt, wenn er nach den Absichten der Verfasserin die Beschuldigung
jetziger miserabler Zustände ausdrücken soll. Gerade wie beim Bilduugsweseu
der Männer, über das jetzt so viel hin- und hcrgesprocheu wird, ist auch bei
der Frauenerziehung noch mancher Fortschritt zu erringen, und es wird auch
unausgesetzt auf das Ziel der Vervollkommnung hingearbeitet, aber der Ausblick
auf dereinstige Verbesserungen darf uns uicht so blind machen, das vvr-
handne Gute kurzerhand für schlecht zu erklären. Ein Hauptpunkt der Resorm-
arbeit im Bilduugswefen der Mäuner ist die Entlastung des Gymnasiums von
den Elementen, die weder Fähigkeit noch Absicht zum Studiren haben und durch
ihre Genossenschaft nur hemmend ans die wirkliche Gymnasinlgemeinde wirken.
Um solche Kleinigkeiten kümmert sich aber Iran Kettler nicht. Weil es junge
Mäuner giebt, die das Gymnasium besuchen, ohne zur Universität gehen zu
wollen, darum müssen auch alle jungen Mädchen dieselbe Gymnasialbildung
erhalten!

Es geHort eine große Begriffsverwirrung dazu, bessere Gattinnen und
Mütter dadurch erziehen zu wollen, daß man die Mädchen dnrch Einführung
des männlichen Bildungsganges planmäßig ans ihrem Elemente herauserzieht und
aus einen unnatürlichen Beruf vorbereitet. Niemand kann zween Herren dienen.
Berufsmäßiges Studium und berufsmäßiger Haushalt lassen sich nicht ver¬
einigen. Eine studirende Frau wird den Haushalt links liegen lassen müssen
und dadurch keine bessere, sondern eine schlechtere Gattin nud Mutter werden.
Man weiß ja zur Genüge, wie es aussieht in deu Wirtschaften emauzipirter
Damen, die Papiermasfen mit Tink^ schwärzen, in öffentlichen Vortrügen ihre
Zungenfertigkeit üben, an Disputationen mit dem ersten und letzten Worte teil¬
nehmen, Leinwandflächen mit Ölfarben bedecken u. s. w. Da laufen die Kinder
verwahrlost herum oder werdeu deu Dienstboten überlassen, Ordnung und
Pünktlichkeit sind unbekannt im Hanse, die Speisen kommen verdorben auf deu
Tisch, und der Mann muß sich, wenn er anständig einhergehen will, abgerissene
Knöpfe selbst annähen und Risse eigenhändig zustopfen wie in den verflossenen
Tagen seines Junggesellentums, ja er wird mit so einer gelehrten Dame selten
ein ordentliches Gespräch führen können, da sie in ihrem anerlernten Ideen -
kreise lebend ebenso geringes Interesse an dem Berufe des Mannes wie an dem
Haushalte nehme« wird. Wer mag es dem Gatten dann verübeln, wenn er
sich dnrch den Verdruß über die häusliche Mißwirtschaft in das Gasthaus
treiben laßt?


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0088" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/211256"/>
          <fw type="header" place="top"> Der deutsche Fmueiwerein Reform</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_248" prev="#ID_247"> wie sie bisher erzogen worden sind, taugen zu verschiednen nicht," läßt sich<lb/>
ebensogut ans die Männer anwenden. Mu omina, i&gt;W8nur8 paires. Es wird<lb/>
selbst bei der besten Erziehung unzählige Dinge geben, zu denen die Erzogncn<lb/>
nicht taugen, weil diese Dinge ganz außerhalb des Erziehungsplanes liege».<lb/>
Die deutsche Hausfrau taugt sehr wohl sür ihre Bestimmung, und der emphatische<lb/>
Ausruf der Frau Kettler: &#x201E;Wir brauchen bessere Gattinnen nud Mütter!" ist<lb/>
unberechtigt, wenn er nach den Absichten der Verfasserin die Beschuldigung<lb/>
jetziger miserabler Zustände ausdrücken soll. Gerade wie beim Bilduugsweseu<lb/>
der Männer, über das jetzt so viel hin- und hcrgesprocheu wird, ist auch bei<lb/>
der Frauenerziehung noch mancher Fortschritt zu erringen, und es wird auch<lb/>
unausgesetzt auf das Ziel der Vervollkommnung hingearbeitet, aber der Ausblick<lb/>
auf dereinstige Verbesserungen darf uns uicht so blind machen, das vvr-<lb/>
handne Gute kurzerhand für schlecht zu erklären. Ein Hauptpunkt der Resorm-<lb/>
arbeit im Bilduugswefen der Mäuner ist die Entlastung des Gymnasiums von<lb/>
den Elementen, die weder Fähigkeit noch Absicht zum Studiren haben und durch<lb/>
ihre Genossenschaft nur hemmend ans die wirkliche Gymnasinlgemeinde wirken.<lb/>
Um solche Kleinigkeiten kümmert sich aber Iran Kettler nicht. Weil es junge<lb/>
Mäuner giebt, die das Gymnasium besuchen, ohne zur Universität gehen zu<lb/>
wollen, darum müssen auch alle jungen Mädchen dieselbe Gymnasialbildung<lb/>
erhalten!</p><lb/>
          <p xml:id="ID_249"> Es geHort eine große Begriffsverwirrung dazu, bessere Gattinnen und<lb/>
Mütter dadurch erziehen zu wollen, daß man die Mädchen dnrch Einführung<lb/>
des männlichen Bildungsganges planmäßig ans ihrem Elemente herauserzieht und<lb/>
aus einen unnatürlichen Beruf vorbereitet. Niemand kann zween Herren dienen.<lb/>
Berufsmäßiges Studium und berufsmäßiger Haushalt lassen sich nicht ver¬<lb/>
einigen. Eine studirende Frau wird den Haushalt links liegen lassen müssen<lb/>
und dadurch keine bessere, sondern eine schlechtere Gattin nud Mutter werden.<lb/>
Man weiß ja zur Genüge, wie es aussieht in deu Wirtschaften emauzipirter<lb/>
Damen, die Papiermasfen mit Tink^ schwärzen, in öffentlichen Vortrügen ihre<lb/>
Zungenfertigkeit üben, an Disputationen mit dem ersten und letzten Worte teil¬<lb/>
nehmen, Leinwandflächen mit Ölfarben bedecken u. s. w. Da laufen die Kinder<lb/>
verwahrlost herum oder werdeu deu Dienstboten überlassen, Ordnung und<lb/>
Pünktlichkeit sind unbekannt im Hanse, die Speisen kommen verdorben auf deu<lb/>
Tisch, und der Mann muß sich, wenn er anständig einhergehen will, abgerissene<lb/>
Knöpfe selbst annähen und Risse eigenhändig zustopfen wie in den verflossenen<lb/>
Tagen seines Junggesellentums, ja er wird mit so einer gelehrten Dame selten<lb/>
ein ordentliches Gespräch führen können, da sie in ihrem anerlernten Ideen -<lb/>
kreise lebend ebenso geringes Interesse an dem Berufe des Mannes wie an dem<lb/>
Haushalte nehme« wird. Wer mag es dem Gatten dann verübeln, wenn er<lb/>
sich dnrch den Verdruß über die häusliche Mißwirtschaft in das Gasthaus<lb/>
treiben laßt?</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0088] Der deutsche Fmueiwerein Reform wie sie bisher erzogen worden sind, taugen zu verschiednen nicht," läßt sich ebensogut ans die Männer anwenden. Mu omina, i>W8nur8 paires. Es wird selbst bei der besten Erziehung unzählige Dinge geben, zu denen die Erzogncn nicht taugen, weil diese Dinge ganz außerhalb des Erziehungsplanes liege». Die deutsche Hausfrau taugt sehr wohl sür ihre Bestimmung, und der emphatische Ausruf der Frau Kettler: „Wir brauchen bessere Gattinnen nud Mütter!" ist unberechtigt, wenn er nach den Absichten der Verfasserin die Beschuldigung jetziger miserabler Zustände ausdrücken soll. Gerade wie beim Bilduugsweseu der Männer, über das jetzt so viel hin- und hcrgesprocheu wird, ist auch bei der Frauenerziehung noch mancher Fortschritt zu erringen, und es wird auch unausgesetzt auf das Ziel der Vervollkommnung hingearbeitet, aber der Ausblick auf dereinstige Verbesserungen darf uns uicht so blind machen, das vvr- handne Gute kurzerhand für schlecht zu erklären. Ein Hauptpunkt der Resorm- arbeit im Bilduugswefen der Mäuner ist die Entlastung des Gymnasiums von den Elementen, die weder Fähigkeit noch Absicht zum Studiren haben und durch ihre Genossenschaft nur hemmend ans die wirkliche Gymnasinlgemeinde wirken. Um solche Kleinigkeiten kümmert sich aber Iran Kettler nicht. Weil es junge Mäuner giebt, die das Gymnasium besuchen, ohne zur Universität gehen zu wollen, darum müssen auch alle jungen Mädchen dieselbe Gymnasialbildung erhalten! Es geHort eine große Begriffsverwirrung dazu, bessere Gattinnen und Mütter dadurch erziehen zu wollen, daß man die Mädchen dnrch Einführung des männlichen Bildungsganges planmäßig ans ihrem Elemente herauserzieht und aus einen unnatürlichen Beruf vorbereitet. Niemand kann zween Herren dienen. Berufsmäßiges Studium und berufsmäßiger Haushalt lassen sich nicht ver¬ einigen. Eine studirende Frau wird den Haushalt links liegen lassen müssen und dadurch keine bessere, sondern eine schlechtere Gattin nud Mutter werden. Man weiß ja zur Genüge, wie es aussieht in deu Wirtschaften emauzipirter Damen, die Papiermasfen mit Tink^ schwärzen, in öffentlichen Vortrügen ihre Zungenfertigkeit üben, an Disputationen mit dem ersten und letzten Worte teil¬ nehmen, Leinwandflächen mit Ölfarben bedecken u. s. w. Da laufen die Kinder verwahrlost herum oder werdeu deu Dienstboten überlassen, Ordnung und Pünktlichkeit sind unbekannt im Hanse, die Speisen kommen verdorben auf deu Tisch, und der Mann muß sich, wenn er anständig einhergehen will, abgerissene Knöpfe selbst annähen und Risse eigenhändig zustopfen wie in den verflossenen Tagen seines Junggesellentums, ja er wird mit so einer gelehrten Dame selten ein ordentliches Gespräch führen können, da sie in ihrem anerlernten Ideen - kreise lebend ebenso geringes Interesse an dem Berufe des Mannes wie an dem Haushalte nehme« wird. Wer mag es dem Gatten dann verübeln, wenn er sich dnrch den Verdruß über die häusliche Mißwirtschaft in das Gasthaus treiben laßt?

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341855_211167
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341855_211167/88
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341855_211167/88>, abgerufen am 23.07.2024.