Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Erstes Vierteljahr.Bilder aus dein Uiiiversitätslebe" um anzudeuten, daß er dem großen Berliner Mäßigkeitsverein angehöre. Und uun schüttete der Berliner Herr eine wahre Flut hochkliugender und Ein anhaltendes Klatschen und Bravorufen ertönte aus den vier Ecken Wir müssen, fuhr der Redner mit einer entsprechenden Handbewegung Wirkungsvolle Kunstpause und anhaltendes Bravo und Hört! hört! Die Steuern, die der Bauer zahlen muß, ausgeben, das kann jeder, und So dumm sind wir nicht! brüllten die vier Ecken den Bauern in die Langandauerndes Bravo, heftiges Händeklatschen, ruhmvolles Abtreten Eben wollte der Vorsitzende im Namen der Versammlung seinen Dank Wollen Sie für oder gegen die Ausführungen des Herrn Vorredners Das wird sich finden! rief Lammert nervös, holte ein Manuskript hervor Der Vorsitzende klingelte und gab ein unbestimmtes Zeichen mit der Der Vorredner, fuhr Lammert bebend vor Aufregung fort, sollte als Hand¬ Der ist gar kein Handwerker! rief Karl Wichtel mit mächtiger Stimme Da brach die Menge tobend aus. Der Vorsitzende klingelte wie wild, Bilder aus dein Uiiiversitätslebe» um anzudeuten, daß er dem großen Berliner Mäßigkeitsverein angehöre. Und uun schüttete der Berliner Herr eine wahre Flut hochkliugender und Ein anhaltendes Klatschen und Bravorufen ertönte aus den vier Ecken Wir müssen, fuhr der Redner mit einer entsprechenden Handbewegung Wirkungsvolle Kunstpause und anhaltendes Bravo und Hört! hört! Die Steuern, die der Bauer zahlen muß, ausgeben, das kann jeder, und So dumm sind wir nicht! brüllten die vier Ecken den Bauern in die Langandauerndes Bravo, heftiges Händeklatschen, ruhmvolles Abtreten Eben wollte der Vorsitzende im Namen der Versammlung seinen Dank Wollen Sie für oder gegen die Ausführungen des Herrn Vorredners Das wird sich finden! rief Lammert nervös, holte ein Manuskript hervor Der Vorsitzende klingelte und gab ein unbestimmtes Zeichen mit der Der Vorredner, fuhr Lammert bebend vor Aufregung fort, sollte als Hand¬ Der ist gar kein Handwerker! rief Karl Wichtel mit mächtiger Stimme Da brach die Menge tobend aus. Der Vorsitzende klingelte wie wild, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0614" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/211782"/> <fw type="header" place="top"> Bilder aus dein Uiiiversitätslebe»</fw><lb/> <p xml:id="ID_1872" prev="#ID_1871"> um anzudeuten, daß er dem großen Berliner Mäßigkeitsverein angehöre.<lb/> Der Träger der freisinnigen Idee wurde mit lautem Händeklatschen em¬<lb/> pfangen, das aus den vier Ecken ziemlich taktmäßig kam und das Zischen<lb/> einiger Studenten übertönte. Die Bauern rissen vor dein Redner Angen und<lb/> Mund auf und ließen die Unterlippe herabhängen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1873"> Und uun schüttete der Berliner Herr eine wahre Flut hochkliugender und<lb/> verworrener Phrasen über die Wahlversammlung aus. Alle freisinnigen Schlag¬<lb/> wörter wurden wie Raketen losgelassen: uferlose Pläne der Regierung, Steuer¬<lb/> schraube ohne Ende, verfassungsmäßige Rechte, Volksverdummer, Junker und<lb/> Pfaffen, solcher Regierung keinen Groschen! Großmachtskitzel, indirekte Steuern,<lb/> das Brot des armen Mannes, infame Interessenpolitik. Er sei selbst Hand¬<lb/> werker und wisse, wo das Volk der Schuh drücke.</p><lb/> <p xml:id="ID_1874"> Ein anhaltendes Klatschen und Bravorufen ertönte aus den vier Ecken<lb/> des Saales. Die Bauern schauten sich verdutzt um, als glaubten sie, es wäre<lb/> da mit einigen nicht ganz richtig im Kopfe.</p><lb/> <p xml:id="ID_1875"> Wir müssen, fuhr der Redner mit einer entsprechenden Handbewegung<lb/> fort, den Daumen auf den Geldbeutel setzen, das ist die ganze 5i?ulturgeschichte!<lb/> Und wer den Daumen auf den Geldbeutel setzt, das ist die freisinnige Partei!</p><lb/> <p xml:id="ID_1876"> Wirkungsvolle Kunstpause und anhaltendes Bravo und Hört! hört!</p><lb/> <p xml:id="ID_1877"> Die Steuern, die der Bauer zahlen muß, ausgeben, das kann jeder, und<lb/> darin sind uus alle Parteien über, am meisten die konservative, darum wählt<lb/> keinen Konservativen!</p><lb/> <p xml:id="ID_1878"> So dumm sind wir nicht! brüllten die vier Ecken den Bauern in die<lb/> Ohren.</p><lb/> <p xml:id="ID_1879"> Langandauerndes Bravo, heftiges Händeklatschen, ruhmvolles Abtreten<lb/> von der Rednertribüne.</p><lb/> <p xml:id="ID_1880"> Eben wollte der Vorsitzende im Namen der Versammlung seinen Dank<lb/> aussprechen, als eine krächzende Stimme aus der Gegend der Thür kam.<lb/> Fritz Flügger und Karl Wichtel drehten sich verwundert um. 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Bilder aus dein Uiiiversitätslebe»
um anzudeuten, daß er dem großen Berliner Mäßigkeitsverein angehöre.
Der Träger der freisinnigen Idee wurde mit lautem Händeklatschen em¬
pfangen, das aus den vier Ecken ziemlich taktmäßig kam und das Zischen
einiger Studenten übertönte. Die Bauern rissen vor dein Redner Angen und
Mund auf und ließen die Unterlippe herabhängen.
Und uun schüttete der Berliner Herr eine wahre Flut hochkliugender und
verworrener Phrasen über die Wahlversammlung aus. Alle freisinnigen Schlag¬
wörter wurden wie Raketen losgelassen: uferlose Pläne der Regierung, Steuer¬
schraube ohne Ende, verfassungsmäßige Rechte, Volksverdummer, Junker und
Pfaffen, solcher Regierung keinen Groschen! Großmachtskitzel, indirekte Steuern,
das Brot des armen Mannes, infame Interessenpolitik. Er sei selbst Hand¬
werker und wisse, wo das Volk der Schuh drücke.
Ein anhaltendes Klatschen und Bravorufen ertönte aus den vier Ecken
des Saales. Die Bauern schauten sich verdutzt um, als glaubten sie, es wäre
da mit einigen nicht ganz richtig im Kopfe.
Wir müssen, fuhr der Redner mit einer entsprechenden Handbewegung
fort, den Daumen auf den Geldbeutel setzen, das ist die ganze 5i?ulturgeschichte!
Und wer den Daumen auf den Geldbeutel setzt, das ist die freisinnige Partei!
Wirkungsvolle Kunstpause und anhaltendes Bravo und Hört! hört!
Die Steuern, die der Bauer zahlen muß, ausgeben, das kann jeder, und
darin sind uus alle Parteien über, am meisten die konservative, darum wählt
keinen Konservativen!
So dumm sind wir nicht! brüllten die vier Ecken den Bauern in die
Ohren.
Langandauerndes Bravo, heftiges Händeklatschen, ruhmvolles Abtreten
von der Rednertribüne.
Eben wollte der Vorsitzende im Namen der Versammlung seinen Dank
aussprechen, als eine krächzende Stimme aus der Gegend der Thür kam.
Fritz Flügger und Karl Wichtel drehten sich verwundert um. War das nicht
Professor Lammert? Richtig, da drängte sich die kleine Gestalt, mit den
Ellbogen schiebend und bohrend, nach vorn. Er nannte dem Vorsitzenden
seinen Namen.
Wollen Sie für oder gegen die Ausführungen des Herrn Vorredners
sprechen?
Das wird sich finden! rief Lammert nervös, holte ein Manuskript hervor
und stieg aufs Podium. Und uun fing er an, über die moimrchischen und
republikanischen Regierungsformen des Altertums eine ungeheuer gründliche
Vorlesung zu halten. Zu jeder Zeit sei der Liberalismus das Zeichen poli¬
tischer Auflösung und sittlicher Verwilderung gewesen.
Der Vorsitzende klingelte und gab ein unbestimmtes Zeichen mit der
Hand. Sofort erdröhnten aus allen vier Ecken Rufe wie: Unsinn! Zur
Sache! Fältler Zauber! Quatsch! Ganz konfuse Begriffe! Aber auch die Ram-
lower Bauern und die Studenten regten sich und brüllten: Ausreden lasse»!
Der Vorredner, fuhr Lammert bebend vor Aufregung fort, sollte als Hand¬
werker doch wissen —
Der ist gar kein Handwerker! rief Karl Wichtel mit mächtiger Stimme
dazwischen, das ist gelogen! Herr Bliesecke ist Magistratsschreiber in Berlin!
Da brach die Menge tobend aus. Der Vorsitzende klingelte wie wild,
Bliesecke schrie mit Lammert um die Wette. Aus einer Ecke erscholl der
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