Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Erstes Vierteljahr.Die Sonderwege sind so gewählt, daß der Ausreiseweg stets nördlicher So liegen die Verhältnisse. Auf durchgreifende Besserung ist in nächster Volle Abhilfe kann nur durch die öffentliche Meinung geschaffen werden, Von geringerer Bedeutung ist die Unvollkommenheit verschiedner nau¬ Grenzbote" I 1892 7ü
Die Sonderwege sind so gewählt, daß der Ausreiseweg stets nördlicher So liegen die Verhältnisse. Auf durchgreifende Besserung ist in nächster Volle Abhilfe kann nur durch die öffentliche Meinung geschaffen werden, Von geringerer Bedeutung ist die Unvollkommenheit verschiedner nau¬ Grenzbote» I 1892 7ü
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0585" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/211753"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_1705"> Die Sonderwege sind so gewählt, daß der Ausreiseweg stets nördlicher<lb/> als der Heimreiseweg ist, und zwar beträgt ihr beiderseitiger Abstand sechzig<lb/> Seemeilen auf dem funfzigsten Grad westlicher Länge von Greenwich, während<lb/> an beiden Ausgangspunkten die Wege zusammenlaufen. Zieht man die wahr¬<lb/> scheinlichen Fehler der Kompasse sowie der Strvmversetzung in Betracht, so<lb/> kann man allerdings sagen, daß durch Einführung dieser Sonderwegc wenigstens<lb/> die Gefahr, daß zwei Schnelldampfer zusammenlaufen, zwischen dem dreißigsten<lb/> und dem sechzigsten Längengrade, was etwa die Hälfte der Reise ausmacht,<lb/> kaum noch bestehen bleibt. Dies ist unleugbar ein kleiner Fortschritt zur<lb/> Besserung; leider gilt er nur für die hohe See, wo die Gefahren sowieso<lb/> weit geringer sind als in den befahrnen Gewässern, wie im englischen Kanal<lb/> und der vom Nebel so viel heimgesuchten Einfahrt von Newyork. Auch<lb/> bleiben die geschilderten Gefahren für die andern Schiffe und Fischerfahrzeuge<lb/> ganz dieselben oder vergrößern sich noch dadurch, daß die Schnelldampfer in<lb/> Zukunft bei Nebel noch dreister fahren, da sie selbst nicht mehr Gefahr laufen,<lb/> mit einem andern Schnelldampfer, der allein sie tötlich treffen könnte, zu¬<lb/> sammenzulaufen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1706"> So liegen die Verhältnisse. Auf durchgreifende Besserung ist in nächster<lb/> Zeit wohl nicht zu rechnen. Vielleicht könnte eure Beaufsichtigung des Ver¬<lb/> haltens im Nebel wenigstens dadurch herbeigeführt werden, daß der Betrag<lb/> und die Zeitdauer der Mäßigung der Geschwindigkeit — denn eine solche<lb/> schreibt das heutige Gesetz vor — in das Schiffslogbuch und Maschinenjournal<lb/> eingetragen werden müßte. Doch solche Vorschriften sind schwer zu kontrolliren.</p><lb/> <p xml:id="ID_1707"> Volle Abhilfe kann nur durch die öffentliche Meinung geschaffen werden,<lb/> sie muß die Schnelldampfcrgesellschaften zwingen, bei Nebel gleiche Vorschriften<lb/> für die Geschwindigkeitsmäßigung auf ihren Schiffen zu erlassen, wie sie auf<lb/> den Kriegsschiffen der meisten Seestaaten längst bestehen. Diese Vorschriften<lb/> müßten veröffentlicht werden, und Sache der Pnsfagiere bliebe es dann, ihre<lb/> Einhaltung selbst zu kontrolliren (in ähnlicher Weise, wie schon heutiges Tages<lb/> der Dampfdruck der Schiffskessel von jedem Passagier kontrolirt werden kann).<lb/> Bringt doch ein Zusammenstoß großer Schiffe größere Gefahren als eine Kessel¬<lb/> explosion.</p><lb/> <p xml:id="ID_1708" next="#ID_1709"> Von geringerer Bedeutung ist die Unvollkommenheit verschiedner nau¬<lb/> tischer Hilfsmittel, besonders der Nebelsignalapparatez hier werden Wissen¬<lb/> schaft und Technik noch mancherlei bessern. In Bezug auf die bis jetzt sehr<lb/> unzureichenden Signalmethoden bei Nebel ist durch die Washingtoner Konferenz<lb/> ein guter Schritt vorwärts gethan worden. Leider fehlt es, wie gesagt, bis<lb/> jetzt an Apparaten, die Richtung genau zu bestimmen, woher ein gehörter Ton<lb/> kommt; das parabolvidische Phouoskop von Rettig ist »och zu wenig erprobt.<lb/> Und was das schlimmste ist, die wissenschaftlichen Untersuchungen von Tyndall,<lb/> Fizeau und andern über die Anomalie der Schallfortpflaiizung lassen be-</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzbote» I 1892 7ü</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0585]
Die Sonderwege sind so gewählt, daß der Ausreiseweg stets nördlicher
als der Heimreiseweg ist, und zwar beträgt ihr beiderseitiger Abstand sechzig
Seemeilen auf dem funfzigsten Grad westlicher Länge von Greenwich, während
an beiden Ausgangspunkten die Wege zusammenlaufen. Zieht man die wahr¬
scheinlichen Fehler der Kompasse sowie der Strvmversetzung in Betracht, so
kann man allerdings sagen, daß durch Einführung dieser Sonderwegc wenigstens
die Gefahr, daß zwei Schnelldampfer zusammenlaufen, zwischen dem dreißigsten
und dem sechzigsten Längengrade, was etwa die Hälfte der Reise ausmacht,
kaum noch bestehen bleibt. Dies ist unleugbar ein kleiner Fortschritt zur
Besserung; leider gilt er nur für die hohe See, wo die Gefahren sowieso
weit geringer sind als in den befahrnen Gewässern, wie im englischen Kanal
und der vom Nebel so viel heimgesuchten Einfahrt von Newyork. Auch
bleiben die geschilderten Gefahren für die andern Schiffe und Fischerfahrzeuge
ganz dieselben oder vergrößern sich noch dadurch, daß die Schnelldampfer in
Zukunft bei Nebel noch dreister fahren, da sie selbst nicht mehr Gefahr laufen,
mit einem andern Schnelldampfer, der allein sie tötlich treffen könnte, zu¬
sammenzulaufen.
So liegen die Verhältnisse. Auf durchgreifende Besserung ist in nächster
Zeit wohl nicht zu rechnen. Vielleicht könnte eure Beaufsichtigung des Ver¬
haltens im Nebel wenigstens dadurch herbeigeführt werden, daß der Betrag
und die Zeitdauer der Mäßigung der Geschwindigkeit — denn eine solche
schreibt das heutige Gesetz vor — in das Schiffslogbuch und Maschinenjournal
eingetragen werden müßte. Doch solche Vorschriften sind schwer zu kontrolliren.
Volle Abhilfe kann nur durch die öffentliche Meinung geschaffen werden,
sie muß die Schnelldampfcrgesellschaften zwingen, bei Nebel gleiche Vorschriften
für die Geschwindigkeitsmäßigung auf ihren Schiffen zu erlassen, wie sie auf
den Kriegsschiffen der meisten Seestaaten längst bestehen. Diese Vorschriften
müßten veröffentlicht werden, und Sache der Pnsfagiere bliebe es dann, ihre
Einhaltung selbst zu kontrolliren (in ähnlicher Weise, wie schon heutiges Tages
der Dampfdruck der Schiffskessel von jedem Passagier kontrolirt werden kann).
Bringt doch ein Zusammenstoß großer Schiffe größere Gefahren als eine Kessel¬
explosion.
Von geringerer Bedeutung ist die Unvollkommenheit verschiedner nau¬
tischer Hilfsmittel, besonders der Nebelsignalapparatez hier werden Wissen¬
schaft und Technik noch mancherlei bessern. In Bezug auf die bis jetzt sehr
unzureichenden Signalmethoden bei Nebel ist durch die Washingtoner Konferenz
ein guter Schritt vorwärts gethan worden. Leider fehlt es, wie gesagt, bis
jetzt an Apparaten, die Richtung genau zu bestimmen, woher ein gehörter Ton
kommt; das parabolvidische Phouoskop von Rettig ist »och zu wenig erprobt.
Und was das schlimmste ist, die wissenschaftlichen Untersuchungen von Tyndall,
Fizeau und andern über die Anomalie der Schallfortpflaiizung lassen be-
Grenzbote» I 1892 7ü
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