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Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Erstes Vierteljahr.

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man Sondertäfelchen anbringt. Künstlerisch ausgeführte Bilder, die einen
Baum mit Ästen und darein angebrachten Namenschildern darstellen, wie
sie früher üblich waren und den Namen "Stammbaum" veranlaßt haben,
scheinen mir große Hemmnisse darzubieten, namentlich, wenn man nicht mir
die männliche, sondern auch die weibliche Linie berücksichtigen will, weil
ein Schildchen nur geringen Raum für die nötigen Nachrichten bietet.
Endlich sollte man nicht unterlassen, ans der Stammtafel in augenfälliger
Weise eine Bitte an die Überlebenden anzubringen, daß sie auch mich unserm
Tode auf der ihnen überlieferten Grundlage weiter arbeiten möchten. Auch
wird man für die Vervielfältigung des mühsam hergestellten Werks und für
Mitteilung von Abdrücken oder Abschriften an die beteiligten Verwandte"
Sorge zu tragen haben. Dann wird sich wohl unter dem Nachwuchs jederzeit
wenigstens einer finden, der sich die Fortführung der Urkunde angelegen
sein läßt, zu seinem und der andern, lässigern Familienglieder Frommen! So
werden dann im Notfalle dergleichen Stammbäume, wenn es in Rechts¬
angelegenheiten wirklich darauf ankommt, durch ihre Zusammenbringung viel¬
leicht zu Nachweisen dienen können, wie sie heutiges Tages meist gar nicht zu
beschaffen sind.

Zweckmäßig wäre es, wenn der Gesetzgeber allen Hallsvätern die An¬
legung eines Familienstammbaums in gewisse" Grenzen auferlegte, da solche
Schriftstücke gewissermaßen eine notwendige Ergänzung der nur aus zusammen¬
hanglosen Einzelbenrkundungen bestehenden Standesbücher bilden würden.
Doch so weit wird man vor der Hand nicht gehen wollen. Darum mag der
freie Wille auch hier das leisten, was er in so vielen andern wichtigen An¬
gelegenheiten unsers Lebens leistet, die der Staat der Selbsthilfe überläßt.
Möchte also meine Mahnung, die ich in den weitesten Kreisen (durch Nach¬
druck dieses Aufsatzes oder sonstwie) zu verbreiten bitte, nicht auf unfruchtbaren
Boden fallen, die Mahnung: Zeichnet Stammbäume!


A. Brmis.


Aus dänischer Zeit
11. poltern

u eiuer Ecke unsers Gartens war ein wüster Fleck. Dahin brachten
die Mädchen alles, was ihnen "ganz von selbst" unter den Händen
entzwei gegangen war: Wahns- und Kochgeschirr, Tassen, Teller
und Flnscheu. Man sollte nun denken, daß diese Ecke bald
übervoll gewesen wäre, denn was wird nicht im Laufe
eines Jahres in einem großen Haushalte alles zerschlagen! Aber das war


man Sondertäfelchen anbringt. Künstlerisch ausgeführte Bilder, die einen
Baum mit Ästen und darein angebrachten Namenschildern darstellen, wie
sie früher üblich waren und den Namen „Stammbaum" veranlaßt haben,
scheinen mir große Hemmnisse darzubieten, namentlich, wenn man nicht mir
die männliche, sondern auch die weibliche Linie berücksichtigen will, weil
ein Schildchen nur geringen Raum für die nötigen Nachrichten bietet.
Endlich sollte man nicht unterlassen, ans der Stammtafel in augenfälliger
Weise eine Bitte an die Überlebenden anzubringen, daß sie auch mich unserm
Tode auf der ihnen überlieferten Grundlage weiter arbeiten möchten. Auch
wird man für die Vervielfältigung des mühsam hergestellten Werks und für
Mitteilung von Abdrücken oder Abschriften an die beteiligten Verwandte»
Sorge zu tragen haben. Dann wird sich wohl unter dem Nachwuchs jederzeit
wenigstens einer finden, der sich die Fortführung der Urkunde angelegen
sein läßt, zu seinem und der andern, lässigern Familienglieder Frommen! So
werden dann im Notfalle dergleichen Stammbäume, wenn es in Rechts¬
angelegenheiten wirklich darauf ankommt, durch ihre Zusammenbringung viel¬
leicht zu Nachweisen dienen können, wie sie heutiges Tages meist gar nicht zu
beschaffen sind.

Zweckmäßig wäre es, wenn der Gesetzgeber allen Hallsvätern die An¬
legung eines Familienstammbaums in gewisse» Grenzen auferlegte, da solche
Schriftstücke gewissermaßen eine notwendige Ergänzung der nur aus zusammen¬
hanglosen Einzelbenrkundungen bestehenden Standesbücher bilden würden.
Doch so weit wird man vor der Hand nicht gehen wollen. Darum mag der
freie Wille auch hier das leisten, was er in so vielen andern wichtigen An¬
gelegenheiten unsers Lebens leistet, die der Staat der Selbsthilfe überläßt.
Möchte also meine Mahnung, die ich in den weitesten Kreisen (durch Nach¬
druck dieses Aufsatzes oder sonstwie) zu verbreiten bitte, nicht auf unfruchtbaren
Boden fallen, die Mahnung: Zeichnet Stammbäume!


A. Brmis.


Aus dänischer Zeit
11. poltern

u eiuer Ecke unsers Gartens war ein wüster Fleck. Dahin brachten
die Mädchen alles, was ihnen „ganz von selbst" unter den Händen
entzwei gegangen war: Wahns- und Kochgeschirr, Tassen, Teller
und Flnscheu. Man sollte nun denken, daß diese Ecke bald
übervoll gewesen wäre, denn was wird nicht im Laufe
eines Jahres in einem großen Haushalte alles zerschlagen! Aber das war


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[0555] man Sondertäfelchen anbringt. Künstlerisch ausgeführte Bilder, die einen Baum mit Ästen und darein angebrachten Namenschildern darstellen, wie sie früher üblich waren und den Namen „Stammbaum" veranlaßt haben, scheinen mir große Hemmnisse darzubieten, namentlich, wenn man nicht mir die männliche, sondern auch die weibliche Linie berücksichtigen will, weil ein Schildchen nur geringen Raum für die nötigen Nachrichten bietet. Endlich sollte man nicht unterlassen, ans der Stammtafel in augenfälliger Weise eine Bitte an die Überlebenden anzubringen, daß sie auch mich unserm Tode auf der ihnen überlieferten Grundlage weiter arbeiten möchten. Auch wird man für die Vervielfältigung des mühsam hergestellten Werks und für Mitteilung von Abdrücken oder Abschriften an die beteiligten Verwandte» Sorge zu tragen haben. Dann wird sich wohl unter dem Nachwuchs jederzeit wenigstens einer finden, der sich die Fortführung der Urkunde angelegen sein läßt, zu seinem und der andern, lässigern Familienglieder Frommen! So werden dann im Notfalle dergleichen Stammbäume, wenn es in Rechts¬ angelegenheiten wirklich darauf ankommt, durch ihre Zusammenbringung viel¬ leicht zu Nachweisen dienen können, wie sie heutiges Tages meist gar nicht zu beschaffen sind. Zweckmäßig wäre es, wenn der Gesetzgeber allen Hallsvätern die An¬ legung eines Familienstammbaums in gewisse» Grenzen auferlegte, da solche Schriftstücke gewissermaßen eine notwendige Ergänzung der nur aus zusammen¬ hanglosen Einzelbenrkundungen bestehenden Standesbücher bilden würden. Doch so weit wird man vor der Hand nicht gehen wollen. Darum mag der freie Wille auch hier das leisten, was er in so vielen andern wichtigen An¬ gelegenheiten unsers Lebens leistet, die der Staat der Selbsthilfe überläßt. Möchte also meine Mahnung, die ich in den weitesten Kreisen (durch Nach¬ druck dieses Aufsatzes oder sonstwie) zu verbreiten bitte, nicht auf unfruchtbaren Boden fallen, die Mahnung: Zeichnet Stammbäume! A. Brmis. Aus dänischer Zeit 11. poltern u eiuer Ecke unsers Gartens war ein wüster Fleck. Dahin brachten die Mädchen alles, was ihnen „ganz von selbst" unter den Händen entzwei gegangen war: Wahns- und Kochgeschirr, Tassen, Teller und Flnscheu. Man sollte nun denken, daß diese Ecke bald übervoll gewesen wäre, denn was wird nicht im Laufe eines Jahres in einem großen Haushalte alles zerschlagen! Aber das war

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341855_211167/555>, abgerufen am 23.07.2024.