Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Erstes Vierteljahr.Lin Buchhändlerprozeß gedruckte Spalten des in Großquartformat erscheinenden Börsenblattes hin¬ Sehen wir endlich auf den Erfolg der Neichsgerichtsentscheidung, so ist Immerhin ist es aber doch von Bedeutung, daß Männer, die in der Der hier besprochene Prozeß ist durchaus nicht verwickelt. Abgesehen Lin Buchhändlerprozeß gedruckte Spalten des in Großquartformat erscheinenden Börsenblattes hin¬ Sehen wir endlich auf den Erfolg der Neichsgerichtsentscheidung, so ist Immerhin ist es aber doch von Bedeutung, daß Männer, die in der Der hier besprochene Prozeß ist durchaus nicht verwickelt. Abgesehen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0336" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/211504"/> <fw type="header" place="top"> Lin Buchhändlerprozeß</fw><lb/> <p xml:id="ID_1020" prev="#ID_1019"> gedruckte Spalten des in Großquartformat erscheinenden Börsenblattes hin¬<lb/> durch. Wir glauben nicht zuviel zu sagen, wenn wir aussprechen, daß schon<lb/> etwa der vierte Teil dieses Raumes ausgereicht hätte, alles Wesentliche eben<lb/> so gut oder vielmehr weit klarer und deutlicher zu sagen. Manche der lang-<lb/> gebauten Perioden sind bei einmaligem Durchlesen gar nicht zu verstehen.<lb/> Nur mühsam kann man durch Auseinanderlegung der unzähligen ineinander<lb/> verschlungenen Sätze ein Verständnis dafür gewinnen, was damit gesagt sein<lb/> soll. Man wird dadurch unwillkürlich an den Gcschäftsstil vergangener Jahr¬<lb/> hunderte erinnert. Ist denn bei unserm höchsten Gerichtshofe der Sinn für<lb/> deutsche Sprache und für Kürze des Ausdrucks noch nicht so lebendig geworden,<lb/> daß solche Ausarbeitungen nicht in die Öffentlichkeit ergehen?</p><lb/> <p xml:id="ID_1021"> Sehen wir endlich auf den Erfolg der Neichsgerichtsentscheidung, so ist<lb/> dieser für den großen Kampf, in den sie einzugreifen bestimmt ist, äußerst gering.<lb/> Der Vorstand des Vörsenvereins darf die Verleger nun nicht mehr auffordern,<lb/> an die Schleuderer gar nicht zu liefern. Aber er darf sie auffordern, entweder<lb/> gar nicht oder gegen verkürzten Rabatt zu liefern. (Nach einer Bemerkung im<lb/> Börsenblatte hat der Vorstand schon seit der Ostermesse 1889 nur in der letztern<lb/> Weise verfahren.) Was für ein Unterschied ist nun praktisch zwischen beiden<lb/> Aufforderungen? Verleger, die sich an dem Kampfe mit Eifer beteiligen wollen,<lb/> werden auch nach einer Aufforderung der zweiten Art gar nicht liefern. Solche,<lb/> die das nicht Wollen, würden auch nach einer Aufforderung der ersten Art<lb/> den Schleuderern Werke geliefert haben, sei es gegen vollen oder gegen ver¬<lb/> kürzten Rabatt. Die ganze Entscheidung ist also in dieser Beziehung 6s<lb/> lang, oaxrina ergangen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1022"> Immerhin ist es aber doch von Bedeutung, daß Männer, die in der<lb/> berechtigten Überzeugung gehandelt haben, etwas völlig erlaubtes zu thun<lb/> und für ihre Berufsgenossen eine Pflicht zu erfüllen, durch einen Ausspruch<lb/> des höchsten Gerichtshofs für Leute, die rechtswidrig gehandelt haben, erklärt<lb/> werden, und daß sie deshalb an einen solchen, der sich durch seinen Betrieb<lb/> mit der großen Mehrzahl seiner Berufsgenossen in Widerspruch gesetzt hat,<lb/> eine Entschädigung zahlen sollen, darnach auch einen namhaften Teil der nicht<lb/> unbedeutenden Prozeßkosten zu tragen haben werden. Vielleicht ist es von<lb/> allgemeinem Interesse, wenn wir, um ein Bild von dem heutigen Proze߬<lb/> verfahren zu geben, auch auf diesen letztern Punkt noch etwas näher eingehen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1023" next="#ID_1024"> Der hier besprochene Prozeß ist durchaus nicht verwickelt. Abgesehen<lb/> von dem Betrage der geforderten Entschädigung sind die thatsächlichen<lb/> Verhältnisse völlig unbestritten. Es hat daher auch bisher kein Beweisver-<lb/> fcchreu (das oft die Prozesse sehr verteuert) stattgefunden. Wenn wir nun<lb/> versuchen, die bisher entstandnen Kosten zu berechnen, so müssen wir natürlich<lb/> von der Berechnung aller Nebengebühren absehen, da uns hierfür der Stoff<lb/> fehlt. Sind die Anwaltsschriften ebenso ausführlich ausgefallen, wie die fünf</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0336]
Lin Buchhändlerprozeß
gedruckte Spalten des in Großquartformat erscheinenden Börsenblattes hin¬
durch. Wir glauben nicht zuviel zu sagen, wenn wir aussprechen, daß schon
etwa der vierte Teil dieses Raumes ausgereicht hätte, alles Wesentliche eben
so gut oder vielmehr weit klarer und deutlicher zu sagen. Manche der lang-
gebauten Perioden sind bei einmaligem Durchlesen gar nicht zu verstehen.
Nur mühsam kann man durch Auseinanderlegung der unzähligen ineinander
verschlungenen Sätze ein Verständnis dafür gewinnen, was damit gesagt sein
soll. Man wird dadurch unwillkürlich an den Gcschäftsstil vergangener Jahr¬
hunderte erinnert. Ist denn bei unserm höchsten Gerichtshofe der Sinn für
deutsche Sprache und für Kürze des Ausdrucks noch nicht so lebendig geworden,
daß solche Ausarbeitungen nicht in die Öffentlichkeit ergehen?
Sehen wir endlich auf den Erfolg der Neichsgerichtsentscheidung, so ist
dieser für den großen Kampf, in den sie einzugreifen bestimmt ist, äußerst gering.
Der Vorstand des Vörsenvereins darf die Verleger nun nicht mehr auffordern,
an die Schleuderer gar nicht zu liefern. Aber er darf sie auffordern, entweder
gar nicht oder gegen verkürzten Rabatt zu liefern. (Nach einer Bemerkung im
Börsenblatte hat der Vorstand schon seit der Ostermesse 1889 nur in der letztern
Weise verfahren.) Was für ein Unterschied ist nun praktisch zwischen beiden
Aufforderungen? Verleger, die sich an dem Kampfe mit Eifer beteiligen wollen,
werden auch nach einer Aufforderung der zweiten Art gar nicht liefern. Solche,
die das nicht Wollen, würden auch nach einer Aufforderung der ersten Art
den Schleuderern Werke geliefert haben, sei es gegen vollen oder gegen ver¬
kürzten Rabatt. Die ganze Entscheidung ist also in dieser Beziehung 6s
lang, oaxrina ergangen.
Immerhin ist es aber doch von Bedeutung, daß Männer, die in der
berechtigten Überzeugung gehandelt haben, etwas völlig erlaubtes zu thun
und für ihre Berufsgenossen eine Pflicht zu erfüllen, durch einen Ausspruch
des höchsten Gerichtshofs für Leute, die rechtswidrig gehandelt haben, erklärt
werden, und daß sie deshalb an einen solchen, der sich durch seinen Betrieb
mit der großen Mehrzahl seiner Berufsgenossen in Widerspruch gesetzt hat,
eine Entschädigung zahlen sollen, darnach auch einen namhaften Teil der nicht
unbedeutenden Prozeßkosten zu tragen haben werden. Vielleicht ist es von
allgemeinem Interesse, wenn wir, um ein Bild von dem heutigen Proze߬
verfahren zu geben, auch auf diesen letztern Punkt noch etwas näher eingehen.
Der hier besprochene Prozeß ist durchaus nicht verwickelt. Abgesehen
von dem Betrage der geforderten Entschädigung sind die thatsächlichen
Verhältnisse völlig unbestritten. Es hat daher auch bisher kein Beweisver-
fcchreu (das oft die Prozesse sehr verteuert) stattgefunden. Wenn wir nun
versuchen, die bisher entstandnen Kosten zu berechnen, so müssen wir natürlich
von der Berechnung aller Nebengebühren absehen, da uns hierfür der Stoff
fehlt. Sind die Anwaltsschriften ebenso ausführlich ausgefallen, wie die fünf
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