Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Erstes Vierteljahr.Gesellschaften mit beschränkter Haftung politische und religiöse Vereine) unter Wahrung gewisser Formen die Befugnis Wir wollen hier gleich anschließe", das; wir anch noch in einem andern Offenbar aber ist es den Befürwortern des neuen Gesellschastsrechts um Wir bezweifeln nicht, daß, wenn man so, wie es das neue Gesetz vorschlägt, "°) Es wird dieser Gegenstand hier nicht Weiler ausgesiihrt, da der Verfasser in dem von ihm veröffentlichten "Gegeneutwurf zum bürgerlichen Gesetzbuch" ein vollständiges Bereins- recht, wie er es ordnen würde, aufgestellt hat. **) Es hat sich in dieser Richtung das Bedürfnis bereits Bahn gebrochen. Es giebt
Aktiengesellschaften <z. B. für Brandversicherung), bei denen uns ein Teil des Aktienkapitals (25 Prozent) von den Aktionären eingezahlt, der Rest aber diesen, meist gegen Wechselaus¬ stellung, kreditirt ist. Diese Gesellschaften arbeiten also in Mehrheit nur mit dem einge^ zahlten Teile des Kapitals, haben sich aber das Recht vorbehalten, im Umfange des Rest- lapitals Nachschliffe von deu Aktionären zu fordern. Da hat man bereits das Nachschußsystem. Gesellschaften mit beschränkter Haftung politische und religiöse Vereine) unter Wahrung gewisser Formen die Befugnis Wir wollen hier gleich anschließe», das; wir anch noch in einem andern Offenbar aber ist es den Befürwortern des neuen Gesellschastsrechts um Wir bezweifeln nicht, daß, wenn man so, wie es das neue Gesetz vorschlägt, "°) Es wird dieser Gegenstand hier nicht Weiler ausgesiihrt, da der Verfasser in dem von ihm veröffentlichten „Gegeneutwurf zum bürgerlichen Gesetzbuch" ein vollständiges Bereins- recht, wie er es ordnen würde, aufgestellt hat. **) Es hat sich in dieser Richtung das Bedürfnis bereits Bahn gebrochen. Es giebt
Aktiengesellschaften <z. B. für Brandversicherung), bei denen uns ein Teil des Aktienkapitals (25 Prozent) von den Aktionären eingezahlt, der Rest aber diesen, meist gegen Wechselaus¬ stellung, kreditirt ist. Diese Gesellschaften arbeiten also in Mehrheit nur mit dem einge^ zahlten Teile des Kapitals, haben sich aber das Recht vorbehalten, im Umfange des Rest- lapitals Nachschliffe von deu Aktionären zu fordern. Da hat man bereits das Nachschußsystem. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0227" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/211395"/> <fw type="header" place="top"> Gesellschaften mit beschränkter Haftung</fw><lb/> <p xml:id="ID_704" prev="#ID_703"> politische und religiöse Vereine) unter Wahrung gewisser Formen die Befugnis<lb/> eingeräumt werden, auf ihren Namen Rechte zu erwerbe», sowie auch Schulden<lb/> zu machen, für die zunächst das Gesellschaftsverinögcn haftete. Insoweit<lb/> ist also das Bedürfnis einer Erweiterung unsers Gescllschaftsrechts unbedingt<lb/> anzuerkennen.*)</p><lb/> <p xml:id="ID_705"> Wir wollen hier gleich anschließe», das; wir anch noch in einem andern<lb/> Pnnkte unser Gesellschaftsrecht einer Erweiterung für fähig halten. Es müßten<lb/> Gesellschaften nach Art der Berggewerkschaften geschaffen werden können, bei<lb/> denen die Mitglieder unter Umständen Nachschüsse zu leisten verpflichtet wäre»,<lb/> wenn sie es nicht vorzögen, auf ihren Anteil an der Gesellschaft zu verzichte».<lb/> Auch diese Erweiterung des Gcsellschaftsrcchts wäre unbedenklich. Sie würde<lb/> sich ohne Schwierigkeit anch in das Aktienrecht einreihen lassen.^)</p><lb/> <p xml:id="ID_706"> Offenbar aber ist es den Befürwortern des neuen Gesellschastsrechts um<lb/> diese Erweiterungen nur ganz nebensächlich zu thun. Das Hauptziel, das sie<lb/> verfolge», ist ohne Zweifel das, für die neue Gesellschaft, auch ohne daß diese sich<lb/> um die Verleihung der juristischen Persönlichkeit zu bemühen oder die lästigen<lb/> Formen des Aktienrechts zu erfüllen braucht, beschränkte Haftung zu gewin¬<lb/> ne». Augenscheinlich ist dies auch das eigentliche Ziel, das die große Mehrzahl<lb/> der Gesellschaften im Auge hat, die sich heute unter mißbräuchlicher Anwen-<lb/> dung des für die Aktiengesellschaften und die Berggewerkschaften beste¬<lb/> hende» Rechts bilden. Statt nun dieser mißbräuchlichen Anwendung<lb/> entgegenzutreten, soll der Staat die Schranken, die jetzt der Bildung vo»<lb/> Gesellschaften dieser Art entgegenstehe», völlig wegräume» und diese Bildung<lb/> freigeben. Daraus, sagt man, sei ein großer Aufschwung des Geschäftölebeus<lb/> zu erwarte». Der Ausschuß des deutschen Handelstages versteigt sich sogar<lb/> zu den, kühnen Satze, daß ohne diese Erweiterung des Gesellschaftsrechts eine<lb/> Verödung unsers wirtschaftlichem Bodens unausbleiblich sei.</p><lb/> <p xml:id="ID_707"> Wir bezweifeln nicht, daß, wenn man so, wie es das neue Gesetz vorschlägt,<lb/> die Bildung von Gesellschaften mit beschränkter Haftung freigäbe, dies zu<lb/> einem gewissen Aufschwung des Geschästslebens führen würde. Es ist nur<lb/> die Frage, ob dieser Aufschwung auch sür unser Volksleben wohlthätig wäre.<lb/> Diese Frage verneinen wir, weil mit dem Aufschwung voraussichtlich ein<lb/> Schwindel ohne gleichen verbunden sein würde.</p><lb/> <note xml:id="FID_22" place="foot"> "°) Es wird dieser Gegenstand hier nicht Weiler ausgesiihrt, da der Verfasser in dem<lb/> von ihm veröffentlichten „Gegeneutwurf zum bürgerlichen Gesetzbuch" ein vollständiges Bereins-<lb/> recht, wie er es ordnen würde, aufgestellt hat.</note><lb/> <note xml:id="FID_23" place="foot"> **) Es hat sich in dieser Richtung das Bedürfnis bereits Bahn gebrochen. Es giebt<lb/> Aktiengesellschaften <z. B. für Brandversicherung), bei denen uns ein Teil des Aktienkapitals<lb/> (25 Prozent) von den Aktionären eingezahlt, der Rest aber diesen, meist gegen Wechselaus¬<lb/> stellung, kreditirt ist. Diese Gesellschaften arbeiten also in Mehrheit nur mit dem einge^<lb/> zahlten Teile des Kapitals, haben sich aber das Recht vorbehalten, im Umfange des Rest-<lb/> lapitals Nachschliffe von deu Aktionären zu fordern. Da hat man bereits das Nachschußsystem.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0227]
Gesellschaften mit beschränkter Haftung
politische und religiöse Vereine) unter Wahrung gewisser Formen die Befugnis
eingeräumt werden, auf ihren Namen Rechte zu erwerbe», sowie auch Schulden
zu machen, für die zunächst das Gesellschaftsverinögcn haftete. Insoweit
ist also das Bedürfnis einer Erweiterung unsers Gescllschaftsrechts unbedingt
anzuerkennen.*)
Wir wollen hier gleich anschließe», das; wir anch noch in einem andern
Pnnkte unser Gesellschaftsrecht einer Erweiterung für fähig halten. Es müßten
Gesellschaften nach Art der Berggewerkschaften geschaffen werden können, bei
denen die Mitglieder unter Umständen Nachschüsse zu leisten verpflichtet wäre»,
wenn sie es nicht vorzögen, auf ihren Anteil an der Gesellschaft zu verzichte».
Auch diese Erweiterung des Gcsellschaftsrcchts wäre unbedenklich. Sie würde
sich ohne Schwierigkeit anch in das Aktienrecht einreihen lassen.^)
Offenbar aber ist es den Befürwortern des neuen Gesellschastsrechts um
diese Erweiterungen nur ganz nebensächlich zu thun. Das Hauptziel, das sie
verfolge», ist ohne Zweifel das, für die neue Gesellschaft, auch ohne daß diese sich
um die Verleihung der juristischen Persönlichkeit zu bemühen oder die lästigen
Formen des Aktienrechts zu erfüllen braucht, beschränkte Haftung zu gewin¬
ne». Augenscheinlich ist dies auch das eigentliche Ziel, das die große Mehrzahl
der Gesellschaften im Auge hat, die sich heute unter mißbräuchlicher Anwen-
dung des für die Aktiengesellschaften und die Berggewerkschaften beste¬
hende» Rechts bilden. Statt nun dieser mißbräuchlichen Anwendung
entgegenzutreten, soll der Staat die Schranken, die jetzt der Bildung vo»
Gesellschaften dieser Art entgegenstehe», völlig wegräume» und diese Bildung
freigeben. Daraus, sagt man, sei ein großer Aufschwung des Geschäftölebeus
zu erwarte». Der Ausschuß des deutschen Handelstages versteigt sich sogar
zu den, kühnen Satze, daß ohne diese Erweiterung des Gesellschaftsrechts eine
Verödung unsers wirtschaftlichem Bodens unausbleiblich sei.
Wir bezweifeln nicht, daß, wenn man so, wie es das neue Gesetz vorschlägt,
die Bildung von Gesellschaften mit beschränkter Haftung freigäbe, dies zu
einem gewissen Aufschwung des Geschästslebens führen würde. Es ist nur
die Frage, ob dieser Aufschwung auch sür unser Volksleben wohlthätig wäre.
Diese Frage verneinen wir, weil mit dem Aufschwung voraussichtlich ein
Schwindel ohne gleichen verbunden sein würde.
"°) Es wird dieser Gegenstand hier nicht Weiler ausgesiihrt, da der Verfasser in dem
von ihm veröffentlichten „Gegeneutwurf zum bürgerlichen Gesetzbuch" ein vollständiges Bereins-
recht, wie er es ordnen würde, aufgestellt hat.
**) Es hat sich in dieser Richtung das Bedürfnis bereits Bahn gebrochen. Es giebt
Aktiengesellschaften <z. B. für Brandversicherung), bei denen uns ein Teil des Aktienkapitals
(25 Prozent) von den Aktionären eingezahlt, der Rest aber diesen, meist gegen Wechselaus¬
stellung, kreditirt ist. Diese Gesellschaften arbeiten also in Mehrheit nur mit dem einge^
zahlten Teile des Kapitals, haben sich aber das Recht vorbehalten, im Umfange des Rest-
lapitals Nachschliffe von deu Aktionären zu fordern. Da hat man bereits das Nachschußsystem.
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