Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Erstes Vierteljahr.Schweizer Dichter wills auch gewähret sein und so haben, und mein Wille soll hierin geschehen, Wir haben hier einen höchst merkwürdigen psychologischen Fall. Myeonius So über das Schicksal nicht nur der von ihm unbegründeten Kirche, Schweizer Dichter eit dem Hingange Gottfried Kellers hat sich alle Verehrung, Schweizer Dichter wills auch gewähret sein und so haben, und mein Wille soll hierin geschehen, Wir haben hier einen höchst merkwürdigen psychologischen Fall. Myeonius So über das Schicksal nicht nur der von ihm unbegründeten Kirche, Schweizer Dichter eit dem Hingange Gottfried Kellers hat sich alle Verehrung, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0135" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/211303"/> <fw type="header" place="top"> Schweizer Dichter</fw><lb/> <p xml:id="ID_403" prev="#ID_402"> wills auch gewähret sein und so haben, und mein Wille soll hierin geschehen,<lb/> Amen! Denn dieser mein Wille sucht die Ehre des göttlichen Namens, nicht<lb/> meine Ehre noch Lust."</p><lb/> <p xml:id="ID_404"> Wir haben hier einen höchst merkwürdigen psychologischen Fall. Myeonius<lb/> bezeugt ausdrücklich, daß dieses Schreiben eine so mächtige Wirkung auf ihn<lb/> ausgeübt habe, als ob der Ruf: „Lazare, komm heraus!" vor ihm erklungen<lb/> wäre. Ju der That erholte er sich und konnte von neuem fast alle Obliegen¬<lb/> heiten seines Amtes, fogar einschließlich der Visitationsreisen, erfüllen. Selbst<lb/> die Stimme, die er schon eingebüßt hatte, fand sich wieder. Auch überlebte<lb/> Myeouius wirklich Luther um sieben mal sieben Tage, wie es Paul Eber<lb/> geunu ausgerechnet hat. Sein Schwanengesang war ein Brief über das Ne-<lb/> formativnswerk an seinen Kurfürsten, der ihm eingehend und voller Anerkennung<lb/> antwortete. Der Nutwort war noch folgender „Zettul" beigelegt: „So seiuo<lb/> wir auch gnediglich genaigt, do sich je der Vais nach dem Willen Gottes mit<lb/> euch zutragen würde, das Jr von diesem Jammertalh schalten unstet, euer<lb/> Weib uund Kinder inn gnedigen Bevelh zu habenn. Wolten wir euch guediger<lb/> Maynnng auch uit bergcnn. Datum ut in litoris."</p><lb/> <p xml:id="ID_405"> So über das Schicksal nicht nur der von ihm unbegründeten Kirche,<lb/> souderu auch der Lieben, die ihm im Leben am nächsten standen, beruhigt,<lb/> schloß er am 7. April 1546 die Augen. Ganz Thüringen und alle Städte,<lb/> die die Segnungen seines Wirkens erfahren hatten, trauerten um seinen Tod.<lb/> Der berühmte neulateinische Dichter Johannes Stigelius, oslvderi-inn« um<lb/> t.öinxori.8 poÄ!>, wie ihn Lommatzsch nennt, die Zierde der Universität Jena als<lb/> ihr erster Professor der Beredsamkeit, verfaßte auf ihn eine lateinische und eine<lb/> griechische Grabschrift. Die beste hat er sich selbst durch sein Leben gesetzt.<lb/> In der Kirchengeschichte nimmt Myeonius einen ehrenvollen Platz ein: er war<lb/> „eine bedeutende reformatorische Autorität weit und breit."</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Schweizer Dichter</head><lb/> <p xml:id="ID_406" next="#ID_407"> eit dem Hingange Gottfried Kellers hat sich alle Verehrung,<lb/> die man für den großen Züricher hegte, auf das Haupt seines<lb/> Landsmannes Conrad Ferdinand Meyer vereinigt. In unsern<lb/> litterarisch so bewegten Tagen stehen diese zwei Dichter einzig<lb/> über den Parteien, und doch will jede Partei ein gut Teil von<lb/> ihnen für sich beanspruchen. Wie fremd Meyer auch allem Naturalismus ist,<lb/> so ist er doch bisher von dem Schicksal Paul Heyses verschont geblieben, von den</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0135]
Schweizer Dichter
wills auch gewähret sein und so haben, und mein Wille soll hierin geschehen,
Amen! Denn dieser mein Wille sucht die Ehre des göttlichen Namens, nicht
meine Ehre noch Lust."
Wir haben hier einen höchst merkwürdigen psychologischen Fall. Myeonius
bezeugt ausdrücklich, daß dieses Schreiben eine so mächtige Wirkung auf ihn
ausgeübt habe, als ob der Ruf: „Lazare, komm heraus!" vor ihm erklungen
wäre. Ju der That erholte er sich und konnte von neuem fast alle Obliegen¬
heiten seines Amtes, fogar einschließlich der Visitationsreisen, erfüllen. Selbst
die Stimme, die er schon eingebüßt hatte, fand sich wieder. Auch überlebte
Myeouius wirklich Luther um sieben mal sieben Tage, wie es Paul Eber
geunu ausgerechnet hat. Sein Schwanengesang war ein Brief über das Ne-
formativnswerk an seinen Kurfürsten, der ihm eingehend und voller Anerkennung
antwortete. Der Nutwort war noch folgender „Zettul" beigelegt: „So seiuo
wir auch gnediglich genaigt, do sich je der Vais nach dem Willen Gottes mit
euch zutragen würde, das Jr von diesem Jammertalh schalten unstet, euer
Weib uund Kinder inn gnedigen Bevelh zu habenn. Wolten wir euch guediger
Maynnng auch uit bergcnn. Datum ut in litoris."
So über das Schicksal nicht nur der von ihm unbegründeten Kirche,
souderu auch der Lieben, die ihm im Leben am nächsten standen, beruhigt,
schloß er am 7. April 1546 die Augen. Ganz Thüringen und alle Städte,
die die Segnungen seines Wirkens erfahren hatten, trauerten um seinen Tod.
Der berühmte neulateinische Dichter Johannes Stigelius, oslvderi-inn« um
t.öinxori.8 poÄ!>, wie ihn Lommatzsch nennt, die Zierde der Universität Jena als
ihr erster Professor der Beredsamkeit, verfaßte auf ihn eine lateinische und eine
griechische Grabschrift. Die beste hat er sich selbst durch sein Leben gesetzt.
In der Kirchengeschichte nimmt Myeonius einen ehrenvollen Platz ein: er war
„eine bedeutende reformatorische Autorität weit und breit."
Schweizer Dichter
eit dem Hingange Gottfried Kellers hat sich alle Verehrung,
die man für den großen Züricher hegte, auf das Haupt seines
Landsmannes Conrad Ferdinand Meyer vereinigt. In unsern
litterarisch so bewegten Tagen stehen diese zwei Dichter einzig
über den Parteien, und doch will jede Partei ein gut Teil von
ihnen für sich beanspruchen. Wie fremd Meyer auch allem Naturalismus ist,
so ist er doch bisher von dem Schicksal Paul Heyses verschont geblieben, von den
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |