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Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Drittes Vierteljahr.

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Zr^tKiü, vecliviva,

sind so gebaut, daß jede Wvrtgruppe (Fuß) des eiuen Hexameters mit der
entsprechenden Gruppe des andern vertauscht werden kann, ohne daß der
Prosodische Bau des Verses oder sein orakelhafter Sinn beeinträchtigt wird:
Es kann also kombinirt werden:


Lkmta xstis, audis solvst tibi xrii-sol^ K^tuo
oder: .lurs c^uiäow dowinans comxlodit til-Iio, ni>mon
oder: Lrsdo, soi^s, ein1>lo vomxloliii pr^simile dio ^unus u. s. w.

Eine abschließende Weissagung ist also, sobald die Grundherameter gegeben
sind, erreichbar; aber schlau und sinnreich ausgedacht ist, daß die rein willkür¬
liche Silbenzahl der Wörter, die die Frage bilden, zu den Buchstaben führen,
die die Wörter des Hexameters darstellen. Die Frage: Werden wir einen
sonnigen Herbst haben? ergiebt für die einzelnen Wörter als Vuchstabeuzahl:
6, 3, 5, 8, 6, 5. Enthält ein Wort eine die 9 überschreitende Buchstabeuznhl,
so wird ihre Differenz zu 9 in die Berechnung eingesetzt (z. B. Grenzboten
10 -- 9 -- 1). Sodann addirt man von rechts nach links je 2 aneinander
grenzende Ziffern, schreibt die Summe oder die um 9 verminderte unter die erste
rechts stehende Ziffer und wiederholt diese Addition mit der 2., 3. u. s. w.
Reihe bis zur Schlußzahl, demgemäß:

6 3 5 8 6 5
9 8 4 5 2
8 3 9 7
2 3 7
5 1
6

Die sechs rechtsstehenden Ziffern von unter gerechnet, also 6 1 7 7 2 5
werden im Schriftchen nunmehr auf drei kunstvoll oder, wenn man will,
mysteriös zusammengestellte Tabellen übertragen und ergeben zuletzt gewisse
Zahlenreihen. Aus der Schlußtabelle werden endlich mit Hilfe dieser Zahlen¬
reihen die einzelnen Buchstaben des Hexameters gewonnen. Sie vor allein
ist es, die Unglaubliches zu leisten scheint. Sie mechanisirt den Geist. Sie
enthält nämlich die Zahlen 1 -- 161 in 7 Kolumnen, 1 -- 23 die Buchstaben
ir bis 2 (v-- u; ist kein lateinischer Laut); 24--46 aa, K", "z", 6a u. s. w.
bis 2a; 47--69 die o-, 70 -- 92 die i-, 93 -- 115 die o-, 116--138 die r-
und 139 -- 161 die ^-Kombinationen. Aus diesem also rein äußerlich
zusammengestellten Ziffernwerk holt Pythia, den Frager in ein von Buch¬
staben zu Buchstaben wachsendes Staunen setzend, ihren Spruch; ihre
Laute runden sich nicht nur zum Vers, sondern geben auch einen divina-
torischen Sinn, im vorliegenden Falle mit überraschender Schlnßwendung:


^uro olisnim äominünK vovot liidi tÄlin, trio srmus.

(Ja, du verdknsts, "och das laufende Jahr stellt solches in Aussicht.)


Zr^tKiü, vecliviva,

sind so gebaut, daß jede Wvrtgruppe (Fuß) des eiuen Hexameters mit der
entsprechenden Gruppe des andern vertauscht werden kann, ohne daß der
Prosodische Bau des Verses oder sein orakelhafter Sinn beeinträchtigt wird:
Es kann also kombinirt werden:


Lkmta xstis, audis solvst tibi xrii-sol^ K^tuo
oder: .lurs c^uiäow dowinans comxlodit til-Iio, ni>mon
oder: Lrsdo, soi^s, ein1>lo vomxloliii pr^simile dio ^unus u. s. w.

Eine abschließende Weissagung ist also, sobald die Grundherameter gegeben
sind, erreichbar; aber schlau und sinnreich ausgedacht ist, daß die rein willkür¬
liche Silbenzahl der Wörter, die die Frage bilden, zu den Buchstaben führen,
die die Wörter des Hexameters darstellen. Die Frage: Werden wir einen
sonnigen Herbst haben? ergiebt für die einzelnen Wörter als Vuchstabeuzahl:
6, 3, 5, 8, 6, 5. Enthält ein Wort eine die 9 überschreitende Buchstabeuznhl,
so wird ihre Differenz zu 9 in die Berechnung eingesetzt (z. B. Grenzboten
10 — 9 — 1). Sodann addirt man von rechts nach links je 2 aneinander
grenzende Ziffern, schreibt die Summe oder die um 9 verminderte unter die erste
rechts stehende Ziffer und wiederholt diese Addition mit der 2., 3. u. s. w.
Reihe bis zur Schlußzahl, demgemäß:

6 3 5 8 6 5
9 8 4 5 2
8 3 9 7
2 3 7
5 1
6

Die sechs rechtsstehenden Ziffern von unter gerechnet, also 6 1 7 7 2 5
werden im Schriftchen nunmehr auf drei kunstvoll oder, wenn man will,
mysteriös zusammengestellte Tabellen übertragen und ergeben zuletzt gewisse
Zahlenreihen. Aus der Schlußtabelle werden endlich mit Hilfe dieser Zahlen¬
reihen die einzelnen Buchstaben des Hexameters gewonnen. Sie vor allein
ist es, die Unglaubliches zu leisten scheint. Sie mechanisirt den Geist. Sie
enthält nämlich die Zahlen 1 — 161 in 7 Kolumnen, 1 — 23 die Buchstaben
ir bis 2 (v— u; ist kein lateinischer Laut); 24—46 aa, K», «z», 6a u. s. w.
bis 2a; 47—69 die o-, 70 — 92 die i-, 93 — 115 die o-, 116—138 die r-
und 139 — 161 die ^-Kombinationen. Aus diesem also rein äußerlich
zusammengestellten Ziffernwerk holt Pythia, den Frager in ein von Buch¬
staben zu Buchstaben wachsendes Staunen setzend, ihren Spruch; ihre
Laute runden sich nicht nur zum Vers, sondern geben auch einen divina-
torischen Sinn, im vorliegenden Falle mit überraschender Schlnßwendung:


^uro olisnim äominünK vovot liidi tÄlin, trio srmus.

(Ja, du verdknsts, »och das laufende Jahr stellt solches in Aussicht.)


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[0612] Zr^tKiü, vecliviva, sind so gebaut, daß jede Wvrtgruppe (Fuß) des eiuen Hexameters mit der entsprechenden Gruppe des andern vertauscht werden kann, ohne daß der Prosodische Bau des Verses oder sein orakelhafter Sinn beeinträchtigt wird: Es kann also kombinirt werden: Lkmta xstis, audis solvst tibi xrii-sol^ K^tuo oder: .lurs c^uiäow dowinans comxlodit til-Iio, ni>mon oder: Lrsdo, soi^s, ein1>lo vomxloliii pr^simile dio ^unus u. s. w. Eine abschließende Weissagung ist also, sobald die Grundherameter gegeben sind, erreichbar; aber schlau und sinnreich ausgedacht ist, daß die rein willkür¬ liche Silbenzahl der Wörter, die die Frage bilden, zu den Buchstaben führen, die die Wörter des Hexameters darstellen. Die Frage: Werden wir einen sonnigen Herbst haben? ergiebt für die einzelnen Wörter als Vuchstabeuzahl: 6, 3, 5, 8, 6, 5. Enthält ein Wort eine die 9 überschreitende Buchstabeuznhl, so wird ihre Differenz zu 9 in die Berechnung eingesetzt (z. B. Grenzboten 10 — 9 — 1). Sodann addirt man von rechts nach links je 2 aneinander grenzende Ziffern, schreibt die Summe oder die um 9 verminderte unter die erste rechts stehende Ziffer und wiederholt diese Addition mit der 2., 3. u. s. w. Reihe bis zur Schlußzahl, demgemäß: 6 3 5 8 6 5 9 8 4 5 2 8 3 9 7 2 3 7 5 1 6 Die sechs rechtsstehenden Ziffern von unter gerechnet, also 6 1 7 7 2 5 werden im Schriftchen nunmehr auf drei kunstvoll oder, wenn man will, mysteriös zusammengestellte Tabellen übertragen und ergeben zuletzt gewisse Zahlenreihen. Aus der Schlußtabelle werden endlich mit Hilfe dieser Zahlen¬ reihen die einzelnen Buchstaben des Hexameters gewonnen. Sie vor allein ist es, die Unglaubliches zu leisten scheint. Sie mechanisirt den Geist. Sie enthält nämlich die Zahlen 1 — 161 in 7 Kolumnen, 1 — 23 die Buchstaben ir bis 2 (v— u; ist kein lateinischer Laut); 24—46 aa, K», «z», 6a u. s. w. bis 2a; 47—69 die o-, 70 — 92 die i-, 93 — 115 die o-, 116—138 die r- und 139 — 161 die ^-Kombinationen. Aus diesem also rein äußerlich zusammengestellten Ziffernwerk holt Pythia, den Frager in ein von Buch¬ staben zu Buchstaben wachsendes Staunen setzend, ihren Spruch; ihre Laute runden sich nicht nur zum Vers, sondern geben auch einen divina- torischen Sinn, im vorliegenden Falle mit überraschender Schlnßwendung: ^uro olisnim äominünK vovot liidi tÄlin, trio srmus. (Ja, du verdknsts, »och das laufende Jahr stellt solches in Aussicht.)

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341853_289767/612>, abgerufen am 26.08.2024.