Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Drittes Vierteljahr.von Kurland, Tieck, Heinrich von Kleist, Ohlenschläger, Mozart, Zelter -- sind Diese auch heute noch zutreffenden Worte waren zugleich das Erziehungs¬ Es ist anziehend, zu beobachten, wie meisterhaft es der Vater verstand, Diese Zuversicht geht ihm selbst bei den Ausschreitungen seines Sohnes von Kurland, Tieck, Heinrich von Kleist, Ohlenschläger, Mozart, Zelter — sind Diese auch heute noch zutreffenden Worte waren zugleich das Erziehungs¬ Es ist anziehend, zu beobachten, wie meisterhaft es der Vater verstand, Diese Zuversicht geht ihm selbst bei den Ausschreitungen seines Sohnes <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0572" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/290341"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_1707" prev="#ID_1706"> von Kurland, Tieck, Heinrich von Kleist, Ohlenschläger, Mozart, Zelter — sind<lb/> das lebendige Zeugnis einer geistigen Atmosphäre, hinter der im wesenlosen<lb/> Scheine das Niedrige und Gemeine lag. Eines besonders starken Charakters<lb/> bedürfte es allerdings, um in jenen Tagen erfolgreich allen fremden, unlautern<lb/> Elementen den Eintritt zu wehren. Wenn Zelter und Förster die Körnerschen<lb/> Frauen von einer gewissen Nachgiebigkeit dem französischen Wesen gegenüber<lb/> nicht ganz freisprechen wollen, so ist dagegen Körner selbst ein Fels in solcher<lb/> Brandung. Die Gefahren sah er wohl und sprach sie auch in „Deutschlands<lb/> Hoffnungen" aus: „Fremde Gewalt ist dem deutschen Volke, sobald es nicht<lb/> durch innere Zwietracht geschwächt wird, weniger gefährlich, als fremde Sitte,<lb/> die sich durch eine glänzende Außenseite empfiehlt. Ein Übermaß von Be¬<lb/> scheidenheit verleitet uns, jede Eigenheit des Ausländers, die wir an uns<lb/> vermissen, in einem verschönernden Lichte zu betrachten. Daher das Bestreben,<lb/> unsre Söhne und Töchter nach dem Muster eines Volkes zu bilden, bei dem<lb/> Frivolität, Eitelkeit und Selbstsucht einheimisch geworden waren. Wohl uus,<lb/> wenn wir bei dem jetzigen Kampfe zur Besonnenheit erwachen und es dahin<lb/> kommt, daß Flachheit, Herzlosigkeit und all der Flitterstaat, mit dem eine<lb/> modische Erziehung Prange, nicht mehr für höhere Ausbildung gilt."</p><lb/> <p xml:id="ID_1708"> Diese auch heute noch zutreffenden Worte waren zugleich das Erziehungs¬<lb/> programm für seine beiden Kinder, für die am 19. April 1788 geborene<lb/> Emma Sophie und namentlich für Karl Theodor. Als dieser größer wurde,<lb/> las der Vater viel über Pädagogik und kehrte zu seinem Lieblingsstudium der<lb/> Natur zurück. Gern nahm er sür seine pädagogischen Grundsätze aus dieser<lb/> auch seine Vergleiche. Was nicht von selbst wächst, äußerte er sich öfter über<lb/> Theodor, Pflege ich nicht.</p><lb/> <p xml:id="ID_1709"> Es ist anziehend, zu beobachten, wie meisterhaft es der Vater verstand,<lb/> den Sohn zu leiten und ihm doch ein großes Maß von Selbständigkeit zu<lb/> gewähren. Die Erziehung, mehr im Hause als in der Schule bethätigt, da<lb/> Theodor die Kreuzschule in Dresden nur kürzere Zeit besuchte, gründete sich<lb/> auf ein Vertrauen, das der Sohn auch niemals bewußt täuschte. Das ehrt<lb/> ihn und den Vater. Als Theodor zur Bergakademie geht, schreibt ihm der<lb/> Vater (am 10. Juni 1808): „Seit heute bist du nun, lieber Sohn, dir selbst<lb/> überlassen. Über diese wichtige Veränderung in deinem Leben habe ich dir<lb/> wenig zu sagen. Ich liebe die Vermahnungen nicht, weil ich sie für unnötig<lb/> halte, wenn man Grund zum Vertrauen hat, und weil sie im entgegengesetzten<lb/> Falle ganz unnötig sind. Ohne Vertrauen auf dich würde ich sehr unglücklich<lb/> sein, aber ich rechne fest darauf, daß du fortfahren wirst, deinen Eltern Freude<lb/> zu machen."</p><lb/> <p xml:id="ID_1710" next="#ID_1711"> Diese Zuversicht geht ihm selbst bei den Ausschreitungen seines Sohnes<lb/> auf der Universität Leipzig nicht verloren. Er weiß, daß der Jugendqnell<lb/> bei ihm wohl überschäumen, aber nichts Unreines zu Tage fördern kann. So</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0572]
von Kurland, Tieck, Heinrich von Kleist, Ohlenschläger, Mozart, Zelter — sind
das lebendige Zeugnis einer geistigen Atmosphäre, hinter der im wesenlosen
Scheine das Niedrige und Gemeine lag. Eines besonders starken Charakters
bedürfte es allerdings, um in jenen Tagen erfolgreich allen fremden, unlautern
Elementen den Eintritt zu wehren. Wenn Zelter und Förster die Körnerschen
Frauen von einer gewissen Nachgiebigkeit dem französischen Wesen gegenüber
nicht ganz freisprechen wollen, so ist dagegen Körner selbst ein Fels in solcher
Brandung. Die Gefahren sah er wohl und sprach sie auch in „Deutschlands
Hoffnungen" aus: „Fremde Gewalt ist dem deutschen Volke, sobald es nicht
durch innere Zwietracht geschwächt wird, weniger gefährlich, als fremde Sitte,
die sich durch eine glänzende Außenseite empfiehlt. Ein Übermaß von Be¬
scheidenheit verleitet uns, jede Eigenheit des Ausländers, die wir an uns
vermissen, in einem verschönernden Lichte zu betrachten. Daher das Bestreben,
unsre Söhne und Töchter nach dem Muster eines Volkes zu bilden, bei dem
Frivolität, Eitelkeit und Selbstsucht einheimisch geworden waren. Wohl uus,
wenn wir bei dem jetzigen Kampfe zur Besonnenheit erwachen und es dahin
kommt, daß Flachheit, Herzlosigkeit und all der Flitterstaat, mit dem eine
modische Erziehung Prange, nicht mehr für höhere Ausbildung gilt."
Diese auch heute noch zutreffenden Worte waren zugleich das Erziehungs¬
programm für seine beiden Kinder, für die am 19. April 1788 geborene
Emma Sophie und namentlich für Karl Theodor. Als dieser größer wurde,
las der Vater viel über Pädagogik und kehrte zu seinem Lieblingsstudium der
Natur zurück. Gern nahm er sür seine pädagogischen Grundsätze aus dieser
auch seine Vergleiche. Was nicht von selbst wächst, äußerte er sich öfter über
Theodor, Pflege ich nicht.
Es ist anziehend, zu beobachten, wie meisterhaft es der Vater verstand,
den Sohn zu leiten und ihm doch ein großes Maß von Selbständigkeit zu
gewähren. Die Erziehung, mehr im Hause als in der Schule bethätigt, da
Theodor die Kreuzschule in Dresden nur kürzere Zeit besuchte, gründete sich
auf ein Vertrauen, das der Sohn auch niemals bewußt täuschte. Das ehrt
ihn und den Vater. Als Theodor zur Bergakademie geht, schreibt ihm der
Vater (am 10. Juni 1808): „Seit heute bist du nun, lieber Sohn, dir selbst
überlassen. Über diese wichtige Veränderung in deinem Leben habe ich dir
wenig zu sagen. Ich liebe die Vermahnungen nicht, weil ich sie für unnötig
halte, wenn man Grund zum Vertrauen hat, und weil sie im entgegengesetzten
Falle ganz unnötig sind. Ohne Vertrauen auf dich würde ich sehr unglücklich
sein, aber ich rechne fest darauf, daß du fortfahren wirst, deinen Eltern Freude
zu machen."
Diese Zuversicht geht ihm selbst bei den Ausschreitungen seines Sohnes
auf der Universität Leipzig nicht verloren. Er weiß, daß der Jugendqnell
bei ihm wohl überschäumen, aber nichts Unreines zu Tage fördern kann. So
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