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Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Drittes Vierteljahr.

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königlichen Schauspiele, den eidlichen Stiftern, der Lmidgendarmcric und ähn¬
lichen Behörden. Mau wird gewiß allen diesen Behörden nicht zu nahe treten,
wenn man die Ansicht auszusprechen wagt, das; die Aufgaben der Rechts¬
pflege vielleicht doch wichtiger sind, als die Pferdezucht, das Theater und die
Sorge für adliche Fräulein, und daß deshalb den Justizbehörden wohl auch
der Vorrang in einer solchen amtlichen Zusammenstellung gebührt. Im ehe¬
maligen kurhessischen Staatsdieustkaleuder stand freilich die Justiz unter dem
"Zivilstaat" an erster Stelle. Auch ein Zeichen der Zeit!

Ein Unterschied waltet freilich schon zwischen den Referendaren der Verwaltung
und der Justiz, ein Unterschied, der den Negieruugsreferendar auf den Gerichts-
refercudar herabblicken läßt mit einem Gefühl, wie es etwa der Offizier der Garde
gegenüber dem der Linie empfinden mag. Man lächle nicht, es ist das Ernst, und
dieser Stolz, wenn er auch als Überhebung unbegründet ist, ist doch sonst uicht ganz
ungerechtfertigt. Denn bei der Zulassung zur Verwaltungsdienst wird eine sorg¬
fältige und strenge Auswahl unter den Bewerbern getroffen, und da die Zahl der
Bewerber in der Regel das durch das Bedürfnis gesteckte Maß der Zulassung
überschreitet, so hat es der Regierungspräsident in der Hand, sich die in jeder
Beziehung, namentlich auch nach ihren Familienverhältnissen, am meisten ge¬
eignet erscheinenden auszuwählen, die dann gewissermaßen als das höhere
Element aus der etwas unklaren Mischung ausscheiden. Denn das müssen
sich die Bessern uuter den der Justiz verbleibenden Referendaren mit
schmerzlichem Bedauern selbst sagen, bei der Zulassung zu ihrem Stande
wird eine gleich strenge, ja unnachsichtige Kritik nicht geübt, und wenn
sie auf die namentlich in den großen Städten nicht immer unzweifelhaften
Persönlichkeiten unter sich blicken, so können sie das bittere Gefühl nicht unter¬
drücken, daß solche nominW ovsouri die gesellschaftliche Stufe des ganzen
Standes herabdrücken müssen. Vor allem sind es -- welche Frage giebt es
denn noch heutzutage, bei der uicht auch dieser dunkle Punkt auftauchte? --
die zahlreichen jüdischen Referendare, die sich in die Justiz eindrängen und
diese durch ihre Menge unvorteilhaft auszeichnen, während sie in dem
Staatsverwaltuugsdieust kaum irgendwo Aufnahme gefunden haben dürften.
Wie schmerzlich dieses Überwuchern des jüdischen Elements in der Justiz, in
dem ganzen Nichterstande empfunden wird, davon hat der Abgeordnete Branden¬
burg in der letzten Tagung des preußischen Abgeordnetenhauses in der be¬
kannten Angelegenheit der Hildesheimer Refercudare Zeugnis abgelegt. Es
darf kühn behauptet werdeu, daß uicht nur der ganze Stand mit verschwindenden
Ausnahmen, sondern auch die überwiegende Mehrheit des Volkes seine Ansicht
teilt. Kein andrer Stand, dessen Händen die Ausübung von Staatshoheits¬
rechten anvertraut ist, keiner, dessen Aufgabe und Beruf sich an idealer Be¬
deutung mit der seinen messen kann, ist so von dem Ansturm des Judentums
gefährdet, wie der Richterstand. Man braucht nur das Verzeichnis der


königlichen Schauspiele, den eidlichen Stiftern, der Lmidgendarmcric und ähn¬
lichen Behörden. Mau wird gewiß allen diesen Behörden nicht zu nahe treten,
wenn man die Ansicht auszusprechen wagt, das; die Aufgaben der Rechts¬
pflege vielleicht doch wichtiger sind, als die Pferdezucht, das Theater und die
Sorge für adliche Fräulein, und daß deshalb den Justizbehörden wohl auch
der Vorrang in einer solchen amtlichen Zusammenstellung gebührt. Im ehe¬
maligen kurhessischen Staatsdieustkaleuder stand freilich die Justiz unter dem
„Zivilstaat" an erster Stelle. Auch ein Zeichen der Zeit!

Ein Unterschied waltet freilich schon zwischen den Referendaren der Verwaltung
und der Justiz, ein Unterschied, der den Negieruugsreferendar auf den Gerichts-
refercudar herabblicken läßt mit einem Gefühl, wie es etwa der Offizier der Garde
gegenüber dem der Linie empfinden mag. Man lächle nicht, es ist das Ernst, und
dieser Stolz, wenn er auch als Überhebung unbegründet ist, ist doch sonst uicht ganz
ungerechtfertigt. Denn bei der Zulassung zur Verwaltungsdienst wird eine sorg¬
fältige und strenge Auswahl unter den Bewerbern getroffen, und da die Zahl der
Bewerber in der Regel das durch das Bedürfnis gesteckte Maß der Zulassung
überschreitet, so hat es der Regierungspräsident in der Hand, sich die in jeder
Beziehung, namentlich auch nach ihren Familienverhältnissen, am meisten ge¬
eignet erscheinenden auszuwählen, die dann gewissermaßen als das höhere
Element aus der etwas unklaren Mischung ausscheiden. Denn das müssen
sich die Bessern uuter den der Justiz verbleibenden Referendaren mit
schmerzlichem Bedauern selbst sagen, bei der Zulassung zu ihrem Stande
wird eine gleich strenge, ja unnachsichtige Kritik nicht geübt, und wenn
sie auf die namentlich in den großen Städten nicht immer unzweifelhaften
Persönlichkeiten unter sich blicken, so können sie das bittere Gefühl nicht unter¬
drücken, daß solche nominW ovsouri die gesellschaftliche Stufe des ganzen
Standes herabdrücken müssen. Vor allem sind es — welche Frage giebt es
denn noch heutzutage, bei der uicht auch dieser dunkle Punkt auftauchte? —
die zahlreichen jüdischen Referendare, die sich in die Justiz eindrängen und
diese durch ihre Menge unvorteilhaft auszeichnen, während sie in dem
Staatsverwaltuugsdieust kaum irgendwo Aufnahme gefunden haben dürften.
Wie schmerzlich dieses Überwuchern des jüdischen Elements in der Justiz, in
dem ganzen Nichterstande empfunden wird, davon hat der Abgeordnete Branden¬
burg in der letzten Tagung des preußischen Abgeordnetenhauses in der be¬
kannten Angelegenheit der Hildesheimer Refercudare Zeugnis abgelegt. Es
darf kühn behauptet werdeu, daß uicht nur der ganze Stand mit verschwindenden
Ausnahmen, sondern auch die überwiegende Mehrheit des Volkes seine Ansicht
teilt. Kein andrer Stand, dessen Händen die Ausübung von Staatshoheits¬
rechten anvertraut ist, keiner, dessen Aufgabe und Beruf sich an idealer Be¬
deutung mit der seinen messen kann, ist so von dem Ansturm des Judentums
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[0556] königlichen Schauspiele, den eidlichen Stiftern, der Lmidgendarmcric und ähn¬ lichen Behörden. Mau wird gewiß allen diesen Behörden nicht zu nahe treten, wenn man die Ansicht auszusprechen wagt, das; die Aufgaben der Rechts¬ pflege vielleicht doch wichtiger sind, als die Pferdezucht, das Theater und die Sorge für adliche Fräulein, und daß deshalb den Justizbehörden wohl auch der Vorrang in einer solchen amtlichen Zusammenstellung gebührt. Im ehe¬ maligen kurhessischen Staatsdieustkaleuder stand freilich die Justiz unter dem „Zivilstaat" an erster Stelle. Auch ein Zeichen der Zeit! Ein Unterschied waltet freilich schon zwischen den Referendaren der Verwaltung und der Justiz, ein Unterschied, der den Negieruugsreferendar auf den Gerichts- refercudar herabblicken läßt mit einem Gefühl, wie es etwa der Offizier der Garde gegenüber dem der Linie empfinden mag. Man lächle nicht, es ist das Ernst, und dieser Stolz, wenn er auch als Überhebung unbegründet ist, ist doch sonst uicht ganz ungerechtfertigt. Denn bei der Zulassung zur Verwaltungsdienst wird eine sorg¬ fältige und strenge Auswahl unter den Bewerbern getroffen, und da die Zahl der Bewerber in der Regel das durch das Bedürfnis gesteckte Maß der Zulassung überschreitet, so hat es der Regierungspräsident in der Hand, sich die in jeder Beziehung, namentlich auch nach ihren Familienverhältnissen, am meisten ge¬ eignet erscheinenden auszuwählen, die dann gewissermaßen als das höhere Element aus der etwas unklaren Mischung ausscheiden. Denn das müssen sich die Bessern uuter den der Justiz verbleibenden Referendaren mit schmerzlichem Bedauern selbst sagen, bei der Zulassung zu ihrem Stande wird eine gleich strenge, ja unnachsichtige Kritik nicht geübt, und wenn sie auf die namentlich in den großen Städten nicht immer unzweifelhaften Persönlichkeiten unter sich blicken, so können sie das bittere Gefühl nicht unter¬ drücken, daß solche nominW ovsouri die gesellschaftliche Stufe des ganzen Standes herabdrücken müssen. Vor allem sind es — welche Frage giebt es denn noch heutzutage, bei der uicht auch dieser dunkle Punkt auftauchte? — die zahlreichen jüdischen Referendare, die sich in die Justiz eindrängen und diese durch ihre Menge unvorteilhaft auszeichnen, während sie in dem Staatsverwaltuugsdieust kaum irgendwo Aufnahme gefunden haben dürften. Wie schmerzlich dieses Überwuchern des jüdischen Elements in der Justiz, in dem ganzen Nichterstande empfunden wird, davon hat der Abgeordnete Branden¬ burg in der letzten Tagung des preußischen Abgeordnetenhauses in der be¬ kannten Angelegenheit der Hildesheimer Refercudare Zeugnis abgelegt. Es darf kühn behauptet werdeu, daß uicht nur der ganze Stand mit verschwindenden Ausnahmen, sondern auch die überwiegende Mehrheit des Volkes seine Ansicht teilt. Kein andrer Stand, dessen Händen die Ausübung von Staatshoheits¬ rechten anvertraut ist, keiner, dessen Aufgabe und Beruf sich an idealer Be¬ deutung mit der seinen messen kann, ist so von dem Ansturm des Judentums gefährdet, wie der Richterstand. Man braucht nur das Verzeichnis der

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341853_289767/556>, abgerufen am 26.08.2024.