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Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Drittes Vierteljahr.

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beirrt durch das Staunen seiner beiden Gegenüber fort. Natürlich -- sagte
der Geheimrat --, und wir werden gleich anfangen; zuvor aber möchte ich
Sie bitten, ein kleines Frühstück, das im Nebenzimmer bereit steht, mit nur
einzunehmen.

Homunculus legte die frisch angebrannte Zigarre beiseite, und man begab
sich in das Arbeitszimmer zurück, wo inzwischen ein gedeckter Tisch mit allerlei
Gerichten aufgestellt worden war.

(Schluß folgt)




Litteratur

Joseph Mazzini und die italienische Einheit. Von Graf Ad. Fr. Schack. Stutt¬
gart, Cottaische Verlagsbuchhandlung

Ob es Wohl ein Angehöriger einer andern als der deutschen Nation über sich
gewinnen würde, als Monarchist einem Republikaner und Verschwörer, als treuer
Sohn seines Volkes so vorbehaltlos den Ruhmeskranz einem Manne zu reichen,
der seinen eignen Landsleuten die Todcsdrohung für eben jenes Volk im allge¬
meinen auf die Lippen legte? Und dabei werden wir tagtäglich von Norden,
Osten und Westen wegen unsrer Ungerechtigkeit, Unduldsamkeit, Unterdrückung der
Fremden geschmähtI Allerdings ist Graf Schack kein Politiker und will uicht für
einen solchen gelten; er liefert auch uicht eigentlich ein Lebens- und Charakterbild
des merkwürdigen Mannes, der gewiß sehr viel für die Einigung Italiens gethan,
aber zugleich durch Nährung der Kvnspirationslust, Anstiftung zu Pulsader und
politischen Morden in seinem Vaterlande verhängnisvoll gewirkt hat; er weiht dem
Andenken eines Freundes die Blätter als "Denkmal nie erloschner Liebe und
Verehrung." Mnzzini hat auf ihn bei der ersten Begegnung einen gewaltigen
Eindruck gemacht, und langjähriger Verkehr hat diesen Eindruck nur gesteigert;
Schack steht noch heut uuter dem Banne der bedeutenden Persönlichkeit, so sehr,
dcisi er womöglich alle Schatten an ihr in Lichtseiten verwandeln möchte, wenig-
stens alle zu mildern und zu entschuldigen sucht. Am meisten sachliches Interesse
bieten wohl die Erinnerungen aus Rom während der Diktatur Mnzzinis. Das;
Graf Schack nicht anders als geistvoll und schön schreiben kann, braucht denen
nicht gesagt zu werden, die seine "Kunst der Araber" kennen.






Für die Redaktion verantwortlich: Johannes Grunow in Leipzig
Verlag von Fr. Wilh. Grunow in Leipzig -- Druck von Carl Marquart in Leipzig
Litteratur

beirrt durch das Staunen seiner beiden Gegenüber fort. Natürlich — sagte
der Geheimrat —, und wir werden gleich anfangen; zuvor aber möchte ich
Sie bitten, ein kleines Frühstück, das im Nebenzimmer bereit steht, mit nur
einzunehmen.

Homunculus legte die frisch angebrannte Zigarre beiseite, und man begab
sich in das Arbeitszimmer zurück, wo inzwischen ein gedeckter Tisch mit allerlei
Gerichten aufgestellt worden war.

(Schluß folgt)




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Joseph Mazzini und die italienische Einheit. Von Graf Ad. Fr. Schack. Stutt¬
gart, Cottaische Verlagsbuchhandlung

Ob es Wohl ein Angehöriger einer andern als der deutschen Nation über sich
gewinnen würde, als Monarchist einem Republikaner und Verschwörer, als treuer
Sohn seines Volkes so vorbehaltlos den Ruhmeskranz einem Manne zu reichen,
der seinen eignen Landsleuten die Todcsdrohung für eben jenes Volk im allge¬
meinen auf die Lippen legte? Und dabei werden wir tagtäglich von Norden,
Osten und Westen wegen unsrer Ungerechtigkeit, Unduldsamkeit, Unterdrückung der
Fremden geschmähtI Allerdings ist Graf Schack kein Politiker und will uicht für
einen solchen gelten; er liefert auch uicht eigentlich ein Lebens- und Charakterbild
des merkwürdigen Mannes, der gewiß sehr viel für die Einigung Italiens gethan,
aber zugleich durch Nährung der Kvnspirationslust, Anstiftung zu Pulsader und
politischen Morden in seinem Vaterlande verhängnisvoll gewirkt hat; er weiht dem
Andenken eines Freundes die Blätter als „Denkmal nie erloschner Liebe und
Verehrung." Mnzzini hat auf ihn bei der ersten Begegnung einen gewaltigen
Eindruck gemacht, und langjähriger Verkehr hat diesen Eindruck nur gesteigert;
Schack steht noch heut uuter dem Banne der bedeutenden Persönlichkeit, so sehr,
dcisi er womöglich alle Schatten an ihr in Lichtseiten verwandeln möchte, wenig-
stens alle zu mildern und zu entschuldigen sucht. Am meisten sachliches Interesse
bieten wohl die Erinnerungen aus Rom während der Diktatur Mnzzinis. Das;
Graf Schack nicht anders als geistvoll und schön schreiben kann, braucht denen
nicht gesagt zu werden, die seine „Kunst der Araber" kennen.






Für die Redaktion verantwortlich: Johannes Grunow in Leipzig
Verlag von Fr. Wilh. Grunow in Leipzig — Druck von Carl Marquart in Leipzig
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[0488] Litteratur beirrt durch das Staunen seiner beiden Gegenüber fort. Natürlich — sagte der Geheimrat —, und wir werden gleich anfangen; zuvor aber möchte ich Sie bitten, ein kleines Frühstück, das im Nebenzimmer bereit steht, mit nur einzunehmen. Homunculus legte die frisch angebrannte Zigarre beiseite, und man begab sich in das Arbeitszimmer zurück, wo inzwischen ein gedeckter Tisch mit allerlei Gerichten aufgestellt worden war. (Schluß folgt) Litteratur Joseph Mazzini und die italienische Einheit. Von Graf Ad. Fr. Schack. Stutt¬ gart, Cottaische Verlagsbuchhandlung Ob es Wohl ein Angehöriger einer andern als der deutschen Nation über sich gewinnen würde, als Monarchist einem Republikaner und Verschwörer, als treuer Sohn seines Volkes so vorbehaltlos den Ruhmeskranz einem Manne zu reichen, der seinen eignen Landsleuten die Todcsdrohung für eben jenes Volk im allge¬ meinen auf die Lippen legte? Und dabei werden wir tagtäglich von Norden, Osten und Westen wegen unsrer Ungerechtigkeit, Unduldsamkeit, Unterdrückung der Fremden geschmähtI Allerdings ist Graf Schack kein Politiker und will uicht für einen solchen gelten; er liefert auch uicht eigentlich ein Lebens- und Charakterbild des merkwürdigen Mannes, der gewiß sehr viel für die Einigung Italiens gethan, aber zugleich durch Nährung der Kvnspirationslust, Anstiftung zu Pulsader und politischen Morden in seinem Vaterlande verhängnisvoll gewirkt hat; er weiht dem Andenken eines Freundes die Blätter als „Denkmal nie erloschner Liebe und Verehrung." Mnzzini hat auf ihn bei der ersten Begegnung einen gewaltigen Eindruck gemacht, und langjähriger Verkehr hat diesen Eindruck nur gesteigert; Schack steht noch heut uuter dem Banne der bedeutenden Persönlichkeit, so sehr, dcisi er womöglich alle Schatten an ihr in Lichtseiten verwandeln möchte, wenig- stens alle zu mildern und zu entschuldigen sucht. Am meisten sachliches Interesse bieten wohl die Erinnerungen aus Rom während der Diktatur Mnzzinis. Das; Graf Schack nicht anders als geistvoll und schön schreiben kann, braucht denen nicht gesagt zu werden, die seine „Kunst der Araber" kennen. Für die Redaktion verantwortlich: Johannes Grunow in Leipzig Verlag von Fr. Wilh. Grunow in Leipzig — Druck von Carl Marquart in Leipzig

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341853_289767/488>, abgerufen am 23.07.2024.