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Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Drittes Vierteljahr.

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Ortszeit, Weltzeit, Lisenbcihnzeit, Zonenzeit

Gegend von Gumbinnen) bis zu 30 Minuten, im Westen (in der Gegend
von Aachen und Metz) bis zu 37 Minuten.

Der amerikanische Vorschlag hat zunächst im äußersten Osten unsrer Welt
Anklang gefunden- Seit dem 1. Januar 1888 hat Japan die Zonenzeit bei
sich eingeführt und dieser den 135. Längengrad, der das Inselreich ziemlich
in der Mitte durchschneidet, zu Grunde gelegt.

In jüngster Zeit ist die Angelegenheit von dem Verein deutscher Eisen¬
bahnverwaltungen, in dem auch die österreichischen, ungarischen, niederländi¬
schen und belgischen Bahnverwaltungen vertreten sind, in die Hand genommen
worden. Ein zur Vorbereitung der Frage berufner Ausschuß, der im Januar
1890 in Berlin tagte, stellte folgende Anträge: 1. die Einführung einer durch
den fünfzehnten Längengrad bestimmten Zonenzeit als im höchsten Grade zweck¬
mäßig anzuerkennen; 2. diese Zonenzeit sowohl im innern, als im äußern
Dienst der Eisenbahnen einzuführen; 3. auch die allgemeine Einführung dieser
Zonenzeit im bürgerlichen Leben als empfehlenswert zu bezeichnen.

Bei der Ende Juli zu Dresden abgehaltnen Generalversammlung des
Vereins wurden aber diese Anträge nicht unverändert angenommen. Man
beschloß: 1. daß die vorgeschlagne Zonenzeit für den innern Dienst der Eisen¬
bahnen vom Sommer 1891 an einzuführen sei; 2. daß auch die Einführung
dieser Zonenzeit in das gesamte bürgerliche Leben empfehlenswert sei; 3. daß
aber, bis diese Einführung geschehen, die Aufstellung der für das Publikum
bestimmten Fahrpläne nach der Zonenzeit auszusetzen sei. Der letzte Beschluß
wurde auf Antrag der linksrheinischen Eisenbahn mit 159 gegen 136 Stimmen
gefaßt.

Die Beschlüsse des Vereins unterlagen natürlich der Genehmigung der
einzelnen Eisenbahnverwaltungen. Sehen wir nun, welchen Erfolg sie ge¬
habt haben.

In den Niederlanden hat man es vorgezogen, mit einer Änderung zu
warten, bis sich auch die angrenzenden Länder, namentlich Deutschland, zu
einer solchen entschlossen haben würden. Dagegen steht in Belgien nach der
Erklärung des Eisenbahnministers vom 10. April 1891 die Einführung einer
einheitlichen Zeit nach dem Meridian von Greenwich (mit der sich sämtliche
Vorstände der 2600 Gemeinden des Landes, bis auf einen, einverstanden er¬
klärt hatten) in naher Aussicht, obwohl man von Frankreich aus zu erkenne"
gegeben hatte, daß man die Einführung der "englischen Stunde" nicht
gern sehe.

Hier mag gleich einfließen, daß man auch in Frankreich jüngst eine ein¬
heitliche Zeit für das ganze bürgerliche Leben eingeführt hat, aber nicht die
des Meridians von Greenwich (der zwei Längengrade westlich von Paris in
der Gegend von Havre Frankreich durchläuft), sondern -- echt französisch --
die des Meridians von Paris. Ein Gesetz vom 14. März 1891 bestimmt:


Ortszeit, Weltzeit, Lisenbcihnzeit, Zonenzeit

Gegend von Gumbinnen) bis zu 30 Minuten, im Westen (in der Gegend
von Aachen und Metz) bis zu 37 Minuten.

Der amerikanische Vorschlag hat zunächst im äußersten Osten unsrer Welt
Anklang gefunden- Seit dem 1. Januar 1888 hat Japan die Zonenzeit bei
sich eingeführt und dieser den 135. Längengrad, der das Inselreich ziemlich
in der Mitte durchschneidet, zu Grunde gelegt.

In jüngster Zeit ist die Angelegenheit von dem Verein deutscher Eisen¬
bahnverwaltungen, in dem auch die österreichischen, ungarischen, niederländi¬
schen und belgischen Bahnverwaltungen vertreten sind, in die Hand genommen
worden. Ein zur Vorbereitung der Frage berufner Ausschuß, der im Januar
1890 in Berlin tagte, stellte folgende Anträge: 1. die Einführung einer durch
den fünfzehnten Längengrad bestimmten Zonenzeit als im höchsten Grade zweck¬
mäßig anzuerkennen; 2. diese Zonenzeit sowohl im innern, als im äußern
Dienst der Eisenbahnen einzuführen; 3. auch die allgemeine Einführung dieser
Zonenzeit im bürgerlichen Leben als empfehlenswert zu bezeichnen.

Bei der Ende Juli zu Dresden abgehaltnen Generalversammlung des
Vereins wurden aber diese Anträge nicht unverändert angenommen. Man
beschloß: 1. daß die vorgeschlagne Zonenzeit für den innern Dienst der Eisen¬
bahnen vom Sommer 1891 an einzuführen sei; 2. daß auch die Einführung
dieser Zonenzeit in das gesamte bürgerliche Leben empfehlenswert sei; 3. daß
aber, bis diese Einführung geschehen, die Aufstellung der für das Publikum
bestimmten Fahrpläne nach der Zonenzeit auszusetzen sei. Der letzte Beschluß
wurde auf Antrag der linksrheinischen Eisenbahn mit 159 gegen 136 Stimmen
gefaßt.

Die Beschlüsse des Vereins unterlagen natürlich der Genehmigung der
einzelnen Eisenbahnverwaltungen. Sehen wir nun, welchen Erfolg sie ge¬
habt haben.

In den Niederlanden hat man es vorgezogen, mit einer Änderung zu
warten, bis sich auch die angrenzenden Länder, namentlich Deutschland, zu
einer solchen entschlossen haben würden. Dagegen steht in Belgien nach der
Erklärung des Eisenbahnministers vom 10. April 1891 die Einführung einer
einheitlichen Zeit nach dem Meridian von Greenwich (mit der sich sämtliche
Vorstände der 2600 Gemeinden des Landes, bis auf einen, einverstanden er¬
klärt hatten) in naher Aussicht, obwohl man von Frankreich aus zu erkenne»
gegeben hatte, daß man die Einführung der „englischen Stunde" nicht
gern sehe.

Hier mag gleich einfließen, daß man auch in Frankreich jüngst eine ein¬
heitliche Zeit für das ganze bürgerliche Leben eingeführt hat, aber nicht die
des Meridians von Greenwich (der zwei Längengrade westlich von Paris in
der Gegend von Havre Frankreich durchläuft), sondern — echt französisch —
die des Meridians von Paris. Ein Gesetz vom 14. März 1891 bestimmt:


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341853_289767/446>, abgerufen am 26.08.2024.