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Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Drittes Vierteljahr.

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Das Getreideeinfuhrmonopol

Einstellung der Zufuhren hätte sich dann auf bestimmte Arten und Sorten
zu beschränken. Daß bei der Bemessung der Zufuhren nach einzelnen Plätzen
das Gesamtbedürfnis nicht außer Auge gelassen werden dürfte, ist ebenfalls
selbstverständlich. So dürfte z. V. die durch besondre Nachfrage an einem
Orte erforderte vermehrte Zufuhr nur dann eine Vermehrung der Gesamt¬
einfuhr im Gefolge haben, wenn sich nicht an andern Orten wieder eine Flau¬
sen in den Versteigerungen geltend machte, die es rechtfertigte, hier zu mindern,
was dort zu mehren wäre.

Unter gesunden Verhältnissen müßte die in dem Vorstehenden gezeichnete
Handhabung des Geschäftes der Monopolverwaltung nach Richtung und Um¬
fang genügen, um allen Erfordernissen gerecht zu werden, also auch dem Er¬
fordernis einer Beeinflussung der Inlandspreise, die die verschiednen Interessen
der verschiednen Bevölkerungsklassen gerecht gegen einander abwöge.

Wir haben aber Grund, auch an ungesunde Verhältnisse zu denken.
Den beliebten Versuchen gewisser Verbrüderungen von Spekulanten, den Preis
zur Zeit nach der Ernte künstlich zu drücken und ihn später, wenn der Bauer
nichts mehr zu verkaufen hat, um so höher zu schrauben, wird ja durch das
Monopol ohnehin schon etwas der Weg verlegt sein. Denn es läßt sich kaum
eine Ningbilduug denken, die es fertig brächte, der Mvnopolverwaltuug ihre
Kaufgelegenheiten auf dein Weltmärkte abzuschneiden. So lange das nun nicht
der Fall wäre, bliebe die Verwaltung in der Lage, gegenüber Versuchen zu
übermäßiger Erhöhung der Preise ihre Angebote zu vermehren, wäre es auch
mit vorübergehenden Opfern. Und ihre Angebote gegenüber Versuchen zur
Drückung der Preise nach der Ernte zu mindern stünde ja ohnehin stets in
ihrer Macht. Das einzige, was, so viel ich sehe, zu befürchten wäre, wäre
das, daß ein Ring den Versuch machte, die Preisbildung im Inlande dadurch
in die Hand zu bekommen, daß er längere Zeit alles eingeführte Getreide bei
den Versteigerungen aufkaufte, um es dem Verkehr zu entziehen. Wohl müßte
auch eine solche Spekulation schließlich ein Ende mit Schrecken nehmen, wenn
die Verwaltung fortführe, ihre Angebote bis ins Unbegrenzte zu mehren.
Allein wenn der Krach dann erfolgte, würde der inländische Markt in sehr
unerwünschter Weise mit Vorräten überflutet sein. Die Voraussicht eiues
solchen Ausganges würde deshalb der Mvuopolverwaltung das Bedenken nahe
legen, mit ihren Angeboten eine gewisse Grenze zu überschreiten, und die Vor¬
aussicht dieses Bedenkens der Verwaltung würde es wiederum sein, was den
Spekulanten von vornherein den Mut zu ihrem Unternehmen geben würde.
Für solche oder ähnliche Fälle dürfte der Mouopvlverwaltnug wohl als ein
Mittel, die Berechnungen der betreffenden Spekulanten auf kürzestem Wege
zu Schanden zu machen, ausnahmsweise die Bewerkstelligung vou kleineren
Handabgabeu unmittelbar an Konsumenten. Müller, Bäcker oder Konsum-
Vereine gestattet sein. Diese kleineren Abgaben -- etwa im Umfang einzelner


Das Getreideeinfuhrmonopol

Einstellung der Zufuhren hätte sich dann auf bestimmte Arten und Sorten
zu beschränken. Daß bei der Bemessung der Zufuhren nach einzelnen Plätzen
das Gesamtbedürfnis nicht außer Auge gelassen werden dürfte, ist ebenfalls
selbstverständlich. So dürfte z. V. die durch besondre Nachfrage an einem
Orte erforderte vermehrte Zufuhr nur dann eine Vermehrung der Gesamt¬
einfuhr im Gefolge haben, wenn sich nicht an andern Orten wieder eine Flau¬
sen in den Versteigerungen geltend machte, die es rechtfertigte, hier zu mindern,
was dort zu mehren wäre.

Unter gesunden Verhältnissen müßte die in dem Vorstehenden gezeichnete
Handhabung des Geschäftes der Monopolverwaltung nach Richtung und Um¬
fang genügen, um allen Erfordernissen gerecht zu werden, also auch dem Er¬
fordernis einer Beeinflussung der Inlandspreise, die die verschiednen Interessen
der verschiednen Bevölkerungsklassen gerecht gegen einander abwöge.

Wir haben aber Grund, auch an ungesunde Verhältnisse zu denken.
Den beliebten Versuchen gewisser Verbrüderungen von Spekulanten, den Preis
zur Zeit nach der Ernte künstlich zu drücken und ihn später, wenn der Bauer
nichts mehr zu verkaufen hat, um so höher zu schrauben, wird ja durch das
Monopol ohnehin schon etwas der Weg verlegt sein. Denn es läßt sich kaum
eine Ningbilduug denken, die es fertig brächte, der Mvnopolverwaltuug ihre
Kaufgelegenheiten auf dein Weltmärkte abzuschneiden. So lange das nun nicht
der Fall wäre, bliebe die Verwaltung in der Lage, gegenüber Versuchen zu
übermäßiger Erhöhung der Preise ihre Angebote zu vermehren, wäre es auch
mit vorübergehenden Opfern. Und ihre Angebote gegenüber Versuchen zur
Drückung der Preise nach der Ernte zu mindern stünde ja ohnehin stets in
ihrer Macht. Das einzige, was, so viel ich sehe, zu befürchten wäre, wäre
das, daß ein Ring den Versuch machte, die Preisbildung im Inlande dadurch
in die Hand zu bekommen, daß er längere Zeit alles eingeführte Getreide bei
den Versteigerungen aufkaufte, um es dem Verkehr zu entziehen. Wohl müßte
auch eine solche Spekulation schließlich ein Ende mit Schrecken nehmen, wenn
die Verwaltung fortführe, ihre Angebote bis ins Unbegrenzte zu mehren.
Allein wenn der Krach dann erfolgte, würde der inländische Markt in sehr
unerwünschter Weise mit Vorräten überflutet sein. Die Voraussicht eiues
solchen Ausganges würde deshalb der Mvuopolverwaltung das Bedenken nahe
legen, mit ihren Angeboten eine gewisse Grenze zu überschreiten, und die Vor¬
aussicht dieses Bedenkens der Verwaltung würde es wiederum sein, was den
Spekulanten von vornherein den Mut zu ihrem Unternehmen geben würde.
Für solche oder ähnliche Fälle dürfte der Mouopvlverwaltnug wohl als ein
Mittel, die Berechnungen der betreffenden Spekulanten auf kürzestem Wege
zu Schanden zu machen, ausnahmsweise die Bewerkstelligung vou kleineren
Handabgabeu unmittelbar an Konsumenten. Müller, Bäcker oder Konsum-
Vereine gestattet sein. Diese kleineren Abgaben — etwa im Umfang einzelner


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[0158] Das Getreideeinfuhrmonopol Einstellung der Zufuhren hätte sich dann auf bestimmte Arten und Sorten zu beschränken. Daß bei der Bemessung der Zufuhren nach einzelnen Plätzen das Gesamtbedürfnis nicht außer Auge gelassen werden dürfte, ist ebenfalls selbstverständlich. So dürfte z. V. die durch besondre Nachfrage an einem Orte erforderte vermehrte Zufuhr nur dann eine Vermehrung der Gesamt¬ einfuhr im Gefolge haben, wenn sich nicht an andern Orten wieder eine Flau¬ sen in den Versteigerungen geltend machte, die es rechtfertigte, hier zu mindern, was dort zu mehren wäre. Unter gesunden Verhältnissen müßte die in dem Vorstehenden gezeichnete Handhabung des Geschäftes der Monopolverwaltung nach Richtung und Um¬ fang genügen, um allen Erfordernissen gerecht zu werden, also auch dem Er¬ fordernis einer Beeinflussung der Inlandspreise, die die verschiednen Interessen der verschiednen Bevölkerungsklassen gerecht gegen einander abwöge. Wir haben aber Grund, auch an ungesunde Verhältnisse zu denken. Den beliebten Versuchen gewisser Verbrüderungen von Spekulanten, den Preis zur Zeit nach der Ernte künstlich zu drücken und ihn später, wenn der Bauer nichts mehr zu verkaufen hat, um so höher zu schrauben, wird ja durch das Monopol ohnehin schon etwas der Weg verlegt sein. Denn es läßt sich kaum eine Ningbilduug denken, die es fertig brächte, der Mvnopolverwaltuug ihre Kaufgelegenheiten auf dein Weltmärkte abzuschneiden. So lange das nun nicht der Fall wäre, bliebe die Verwaltung in der Lage, gegenüber Versuchen zu übermäßiger Erhöhung der Preise ihre Angebote zu vermehren, wäre es auch mit vorübergehenden Opfern. Und ihre Angebote gegenüber Versuchen zur Drückung der Preise nach der Ernte zu mindern stünde ja ohnehin stets in ihrer Macht. Das einzige, was, so viel ich sehe, zu befürchten wäre, wäre das, daß ein Ring den Versuch machte, die Preisbildung im Inlande dadurch in die Hand zu bekommen, daß er längere Zeit alles eingeführte Getreide bei den Versteigerungen aufkaufte, um es dem Verkehr zu entziehen. Wohl müßte auch eine solche Spekulation schließlich ein Ende mit Schrecken nehmen, wenn die Verwaltung fortführe, ihre Angebote bis ins Unbegrenzte zu mehren. Allein wenn der Krach dann erfolgte, würde der inländische Markt in sehr unerwünschter Weise mit Vorräten überflutet sein. Die Voraussicht eiues solchen Ausganges würde deshalb der Mvuopolverwaltung das Bedenken nahe legen, mit ihren Angeboten eine gewisse Grenze zu überschreiten, und die Vor¬ aussicht dieses Bedenkens der Verwaltung würde es wiederum sein, was den Spekulanten von vornherein den Mut zu ihrem Unternehmen geben würde. Für solche oder ähnliche Fälle dürfte der Mouopvlverwaltnug wohl als ein Mittel, die Berechnungen der betreffenden Spekulanten auf kürzestem Wege zu Schanden zu machen, ausnahmsweise die Bewerkstelligung vou kleineren Handabgabeu unmittelbar an Konsumenten. Müller, Bäcker oder Konsum- Vereine gestattet sein. Diese kleineren Abgaben — etwa im Umfang einzelner

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341853_289767/158>, abgerufen am 26.08.2024.