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Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Drittes Vierteljahr.

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chemische Verwandtschaft, Elektrizität, Lebenskraft u. f. w, nennen. ,,Tcleologisch
nnrkende Prinzipien," die nicht bewußte Geister sein sollen, sind, wie gesagt, un¬
denkbare Dinge. Entweder also muß man unendlich viele Elementargeister an¬
nehmen, die wunderbnrerweise so gestimmt sind, das; sie nach einem unabänderlich
festgehaltenen Plane in vollkommener Harmonie um dem Aufbau der Weltkörper
und der organischen Gebilde arbeiten, oder man muß an einen einzigen Geist
glauben, der die Elemente planvoll wirken läßt. Wer sich um Gott herumdrücken
will, der muß auf die Erklärung der Welt verzichten und sich auf ihre Beschrei-
bung beschränken.

Auf eiuen einzelnen Irrtum möchten wir noch aufmerksam machen. Die
atomistische Hypothese stützt sich u. a. dnranf, daß Farben und Töne nichts in
den Dingen Liegendes, sondern nur Wahrnehmungen unsrer Seele sind, und daß
das, was diesen Wahrnehmungen der Seele in den Dingen entspricht, nur eine
Reihenfolge von Stößen ist, die den Äther oder die Luft in rhythmisch schwingende
Bewegung versetzt. Der Verfasser meint nnn, mit den chemischen Unterschieden
zwischen den Elementen verhalte es sich anders, diese seien "objektiver Natur."
Sonderbare Vorstellung! Die chemischen Elemente unterscheiden sich unter ein¬
ander einerseits durch Farbe, Glanz, Geschmack und Geruch, was alles Wahr¬
nehmungen der Seele siud, anderseits durch Härte und Schwere, d. h. dnrch die
Festigkeit des Zusammenhanges und die Anzahl der Atome, sowie durch die Ver¬
wandtschaft, d. h. die Neigung der Atome, bei der Annäherung an ein andres
Element Ortsbewcgungen auszuführen, was alles rein mechanische Verhält¬
nisse sind.

Daß die Bewegungen der Atome, wenn sie nicht zweckmäßig geleitet würden,
leine Pflanzen und Tiere zu stände bringen konnten, das stellt der Verfasser ein-
leuchtend genng dar und bringt viel Zutreffendes zur Sache bei. Nur sollte er
uicht vergessen, daß anch in dem Gebiete, das er der Mechanik überläßt, die erste
ordnende Ursache, der Wille Gottes, nicht entbehrt werden kann; könnte die Materie
ohne ihn gedacht werden, so würde sie sich doch nicht ohne ihn zu Sonnen und
Erden zusammenballen. Und diese erste Ursache, die auch im Gebiete der im
engern Sinne verstandnen Mechanik nicht entbehrt werden kann, reicht mit der
Mechanik zusammen auch hin, die Erscheinungen der Chemie und des organischen
Lebens zu erklären.


Emil Brauns Briefwechsel mit den Brüdern Grimm und Joseph von Laßberg.
Herausgegeben von R. Ehwald. Gotha, Friedrich Andreas Perthes, 1891

Emil Braun, der Kunsthistoriker, der Mitbegründer der archäologischen
Forschung auf dem klassischen Boden Roms, tritt uns in diesem Briefwechsel mit
den Begründern der deutschen Philologie als liebevoller Verehrer und eifriger Er¬
forscher deutscher Sprache und Dichtung der Vorzeit entgegen, als Schüler der
Brüder Grimm und als junger, fast wie ein Sohn geliebter Freund des alten
Herrn vou Laßberg, des greise" Jägersmannes mit dem jugendlichen Herzen,
Meister Sepps von Eppishusen, wie er sich gern genannt hat. Über Brauns
Verkehr mit diesen Männern wie mit andern Germanisten (z. B. Schmeller) bringt
der Briefwechsel ausführliche Nachrichten, die für die Biographie Brauns selbst
wie für die seiner Lehrer wichtige Beiträge enthalten; so lassen sie uns in das
herzliche Verhältnis Schmellers zu Laßberg Einblick thun, geben Aufschlüsse über
die Person des jungen Engländers Cleasby, des Studienfreundes vou Braun u. a. in.,
alles Beiträge, die dem deutschen Philologen für die Geschichte seiner Wissenschaft


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chemische Verwandtschaft, Elektrizität, Lebenskraft u. f. w, nennen. ,,Tcleologisch
nnrkende Prinzipien," die nicht bewußte Geister sein sollen, sind, wie gesagt, un¬
denkbare Dinge. Entweder also muß man unendlich viele Elementargeister an¬
nehmen, die wunderbnrerweise so gestimmt sind, das; sie nach einem unabänderlich
festgehaltenen Plane in vollkommener Harmonie um dem Aufbau der Weltkörper
und der organischen Gebilde arbeiten, oder man muß an einen einzigen Geist
glauben, der die Elemente planvoll wirken läßt. Wer sich um Gott herumdrücken
will, der muß auf die Erklärung der Welt verzichten und sich auf ihre Beschrei-
bung beschränken.

Auf eiuen einzelnen Irrtum möchten wir noch aufmerksam machen. Die
atomistische Hypothese stützt sich u. a. dnranf, daß Farben und Töne nichts in
den Dingen Liegendes, sondern nur Wahrnehmungen unsrer Seele sind, und daß
das, was diesen Wahrnehmungen der Seele in den Dingen entspricht, nur eine
Reihenfolge von Stößen ist, die den Äther oder die Luft in rhythmisch schwingende
Bewegung versetzt. Der Verfasser meint nnn, mit den chemischen Unterschieden
zwischen den Elementen verhalte es sich anders, diese seien „objektiver Natur."
Sonderbare Vorstellung! Die chemischen Elemente unterscheiden sich unter ein¬
ander einerseits durch Farbe, Glanz, Geschmack und Geruch, was alles Wahr¬
nehmungen der Seele siud, anderseits durch Härte und Schwere, d. h. dnrch die
Festigkeit des Zusammenhanges und die Anzahl der Atome, sowie durch die Ver¬
wandtschaft, d. h. die Neigung der Atome, bei der Annäherung an ein andres
Element Ortsbewcgungen auszuführen, was alles rein mechanische Verhält¬
nisse sind.

Daß die Bewegungen der Atome, wenn sie nicht zweckmäßig geleitet würden,
leine Pflanzen und Tiere zu stände bringen konnten, das stellt der Verfasser ein-
leuchtend genng dar und bringt viel Zutreffendes zur Sache bei. Nur sollte er
uicht vergessen, daß anch in dem Gebiete, das er der Mechanik überläßt, die erste
ordnende Ursache, der Wille Gottes, nicht entbehrt werden kann; könnte die Materie
ohne ihn gedacht werden, so würde sie sich doch nicht ohne ihn zu Sonnen und
Erden zusammenballen. Und diese erste Ursache, die auch im Gebiete der im
engern Sinne verstandnen Mechanik nicht entbehrt werden kann, reicht mit der
Mechanik zusammen auch hin, die Erscheinungen der Chemie und des organischen
Lebens zu erklären.


Emil Brauns Briefwechsel mit den Brüdern Grimm und Joseph von Laßberg.
Herausgegeben von R. Ehwald. Gotha, Friedrich Andreas Perthes, 1891

Emil Braun, der Kunsthistoriker, der Mitbegründer der archäologischen
Forschung auf dem klassischen Boden Roms, tritt uns in diesem Briefwechsel mit
den Begründern der deutschen Philologie als liebevoller Verehrer und eifriger Er¬
forscher deutscher Sprache und Dichtung der Vorzeit entgegen, als Schüler der
Brüder Grimm und als junger, fast wie ein Sohn geliebter Freund des alten
Herrn vou Laßberg, des greise» Jägersmannes mit dem jugendlichen Herzen,
Meister Sepps von Eppishusen, wie er sich gern genannt hat. Über Brauns
Verkehr mit diesen Männern wie mit andern Germanisten (z. B. Schmeller) bringt
der Briefwechsel ausführliche Nachrichten, die für die Biographie Brauns selbst
wie für die seiner Lehrer wichtige Beiträge enthalten; so lassen sie uns in das
herzliche Verhältnis Schmellers zu Laßberg Einblick thun, geben Aufschlüsse über
die Person des jungen Engländers Cleasby, des Studienfreundes vou Braun u. a. in.,
alles Beiträge, die dem deutschen Philologen für die Geschichte seiner Wissenschaft


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341853_289767/150>, abgerufen am 13.11.2024.