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Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Drittes Vierteljahr.

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Sinne der Franzosen nicht kennt oder nicht liebt, so können die meisten italie¬
nischen und spanischen Landschaften ebenso gut auch als Genrebilder gelten,
und die Architcktnrstücke, d. h. alte und moderne Bauwerke in landschaftlicher
Umgebung, sind auch dieser Gruppe beiznzn'hier. Sie sind, wie gesagt, in der
Mehrzahl auf einen kühlen Ton gestimmt, mehr auf Frühling und Herbst als
auf das grelle, versengende Licht des Sommers, das alle Lokalfarbeu verzehrt.
Aus der italienische,? Abteilung sind das Blumenfest in Venedig, eine Prozession
über eine Schiffbrücke von der Riva nach San Giorgio Maggiore, von Vannn-
telli, der Sonnenuntergang an der Etsch von Bezzi, die Mnnöverbilder von
Sebastian" de Albertis, eine Alpenlandschaft von Bazzaro, ein herbstlicher
Wald mit weidenden Rindern von Petiti, die Wäscherinnen am Gardasee von
Ettore Tito, die Kastanicnerute von Boggiani, die Maisernte in Chivggia
von Careauo und die römischen Architekturstücke von Tcivernier und Bazzani,
ans der spanischen Abteilung der Abend im Hafen vou Abades, das große
Divisivnsmanöver von Cusachs h Cusachs, der Strand von Villaueva und die
Getreidebörse vou Palma auf Mallorca von Juan Noig y Soter, der Bach
in Catalonien von Masriera y Mauoveus und der Geflügclmarkt am Thomas-
feste in Barcelona von Rom h Furnv Zeugen der llmwandlung, die sich in
der koloristischen Auschanung der Spanier und Italiener während der letzten
Jahre vollzogen hat. In den: Grade, wie sie mehr und mehr auf die rohe
Wirkung des ungebrochenen Sonnenlichtes verzichtet haben, hat ihre Farbe um
Ernst und Tiefe gewonnen, ist ihre malerische Behandlung von der spitzen,
tnpfendcn Manier mehr in die Breite gegangen. An die Stelle des glitzernden
Flimmerns ist eine gleichsam von innen herausstrahlende Leuchtkraft getreten,
die häusig auch warme Töne, bisweilen sogar von leidenschaftlicher Glut, zu
erzengen weiß. Ein Marienfest in einer mit allem Aufwand des katholischen
Kirchenprunks geschmückten spanischen Kathedrale von dem in Rom lebenden
Jos" Benllinre y Gil und ein Blumenmarkt in Verona an einem sonnigen,
schon etwas dunstigen Frühlingsmorgen von Angelo dall' Oca Bianca sind
die beiden glänzendsten Beispiele dieser blumigen, farbenfröhlichen Malerei,
die ebenso kräftig starke, tiefe Töne anzuschlagen versteht, wie sie die Lvkal-
farben mit dem zartesten Dunst der Atmosphäre im Freien und im geschlossenen
Raum zu umschleiern weiß und doch dem Auge sichtbar läßt.

Neben diesen Vertretern der weit über Fvrtunh hinaufführenden Ent¬
wicklung der modernen italienischen und französischen Malerei giebt es noch
einige hervorragende Künstler, die der Fvrtunyscheu Richtung treuer geblieben
sind, vor allen Paolo Michetti, der sich zuerst 1878 auf der Pariser Welt¬
ausstellung dnrch einen Frühling, eine hüglige Meeresküste, auf der halb¬
nackte Mädchen mit Kindern unter blühenden Obstbäumen allerhand Kurzweil
treiben, in weiter" Kreisen bekannt gemacht hat. Ein Jahr zuvor hatte er
bereits das auf unsrer Ausstellung vorhandene Corpus - Dvmimfest in Chieti


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Sinne der Franzosen nicht kennt oder nicht liebt, so können die meisten italie¬
nischen und spanischen Landschaften ebenso gut auch als Genrebilder gelten,
und die Architcktnrstücke, d. h. alte und moderne Bauwerke in landschaftlicher
Umgebung, sind auch dieser Gruppe beiznzn'hier. Sie sind, wie gesagt, in der
Mehrzahl auf einen kühlen Ton gestimmt, mehr auf Frühling und Herbst als
auf das grelle, versengende Licht des Sommers, das alle Lokalfarbeu verzehrt.
Aus der italienische,? Abteilung sind das Blumenfest in Venedig, eine Prozession
über eine Schiffbrücke von der Riva nach San Giorgio Maggiore, von Vannn-
telli, der Sonnenuntergang an der Etsch von Bezzi, die Mnnöverbilder von
Sebastian» de Albertis, eine Alpenlandschaft von Bazzaro, ein herbstlicher
Wald mit weidenden Rindern von Petiti, die Wäscherinnen am Gardasee von
Ettore Tito, die Kastanicnerute von Boggiani, die Maisernte in Chivggia
von Careauo und die römischen Architekturstücke von Tcivernier und Bazzani,
ans der spanischen Abteilung der Abend im Hafen vou Abades, das große
Divisivnsmanöver von Cusachs h Cusachs, der Strand von Villaueva und die
Getreidebörse vou Palma auf Mallorca von Juan Noig y Soter, der Bach
in Catalonien von Masriera y Mauoveus und der Geflügclmarkt am Thomas-
feste in Barcelona von Rom h Furnv Zeugen der llmwandlung, die sich in
der koloristischen Auschanung der Spanier und Italiener während der letzten
Jahre vollzogen hat. In den: Grade, wie sie mehr und mehr auf die rohe
Wirkung des ungebrochenen Sonnenlichtes verzichtet haben, hat ihre Farbe um
Ernst und Tiefe gewonnen, ist ihre malerische Behandlung von der spitzen,
tnpfendcn Manier mehr in die Breite gegangen. An die Stelle des glitzernden
Flimmerns ist eine gleichsam von innen herausstrahlende Leuchtkraft getreten,
die häusig auch warme Töne, bisweilen sogar von leidenschaftlicher Glut, zu
erzengen weiß. Ein Marienfest in einer mit allem Aufwand des katholischen
Kirchenprunks geschmückten spanischen Kathedrale von dem in Rom lebenden
Jos» Benllinre y Gil und ein Blumenmarkt in Verona an einem sonnigen,
schon etwas dunstigen Frühlingsmorgen von Angelo dall' Oca Bianca sind
die beiden glänzendsten Beispiele dieser blumigen, farbenfröhlichen Malerei,
die ebenso kräftig starke, tiefe Töne anzuschlagen versteht, wie sie die Lvkal-
farben mit dem zartesten Dunst der Atmosphäre im Freien und im geschlossenen
Raum zu umschleiern weiß und doch dem Auge sichtbar läßt.

Neben diesen Vertretern der weit über Fvrtunh hinaufführenden Ent¬
wicklung der modernen italienischen und französischen Malerei giebt es noch
einige hervorragende Künstler, die der Fvrtunyscheu Richtung treuer geblieben
sind, vor allen Paolo Michetti, der sich zuerst 1878 auf der Pariser Welt¬
ausstellung dnrch einen Frühling, eine hüglige Meeresküste, auf der halb¬
nackte Mädchen mit Kindern unter blühenden Obstbäumen allerhand Kurzweil
treiben, in weiter» Kreisen bekannt gemacht hat. Ein Jahr zuvor hatte er
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341853_289767/134>, abgerufen am 26.08.2024.