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Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Drittes Vierteljahr.

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Litteratur

ist. wie S. 49 (1. Kor. Is, 19). irrt er merkwürdig: "wenn wir in diesem Leben
schon iMlzs) Hoffnung auf Christus haben, so sind wir die elendesten u. s. w."
S. 50 braucht der Übersetzer das Wort,,Anwartschaft," wo es "Gleichgiltigkeit" heißen
soll. Das Wort se?lie)1a.r für Scholastiker kennt er nicht (S. 28). S. 1.56 sagt er:
der Graf von Britannien, der "sieben Jahre lang im Kirchenbann lebend gegen
die Prälaten Klage führte zu dein Ende, daß der Papst sie alle verurteilte" statt
bis endlich der Papst u. f. w. Auch die logische Formel vowris M-idrrs und
ähnliche Formeln in andern Sprachen sind ihm unbekannt. S. 221 sagt er:
"wenn andre Dinge ebenso sind" für "unter übrigens gleichen Umständen." Ein
Satz auf derselben Seite lautet: "Die Kohäsion der psychischen Zustände wird durch
ihr häufiges Aufeinanderfolgen so etablirt, daß sie organisch wird"; das soll deutsch
sein! Eine schone Bereicherung der Schriftsprache ist auch das Wort ixbeliebig.
Mönches darf man vielleicht als Druckfehler ansehe". Es ist aber doch sonderbar,
daß der Verleger eine solche Übersetzung uicht in ihrem Wert erkannt hat.


Deutsche Vornamen mit den von ihnen abstammenden Geschlechtsnamen. sprachlich
erläutert von I)r. Reinold Kapff. Nnrtingen um Neckar, R. Kcipff

Dieses Büchlein ist der erste Versuch, die Gesamtheit der deutschen Vornamen
auf wissenschaftlicher Grundlage zu deuten. Mit außerordentlichem Fleiße hat der
Verfasser die ältesten deutscheu Raumformen -- mehr als 2000 -- gesammelt,
sie im Anschluß an die Forschungen Grimms. Weinholds, Förstemauns u. ni. erklärt
und jedem einzelnen die Reihe der Geschlechtsnamen hinzugefügt, die aus ihm
hervorgegangen sind. Über 15 000 heutige Geschlechtsnamen finden so eine aller¬
dings nicht immer unanfechtbare Erklärung, doch verschwinden die zweifelhaften
Deutungen in der Fülle des Richtigen und Wahren. Und des Trefflicher und
Schönen, dürfen wir hinzufügen, das uns der Verfasser in seinem Büchlein in
reichem Muße geboten hat; deun wie tief und edel sind diese Namen durchweg
von unsern Vorfahren gedacht worden, und wie wohllautend klingen sie in ihrer
Kraft und Männlichkeit dem Ohre, beredte Zeugen deutschen Wesens und deutschen
Geistes in alter ZeitI In der kurz gefaßten Einleitung giebt der Verfasser eine
geschickt zusammengestellte Übersicht über den Inhalt der Namen, knüpft daran
einige Bemerkungen über ihre Bildung (das Gesetz der zweistämmigen Kürzung
wird dargelegt, verschiedne Ableitungsformen werden besprochen) und schließt mit
einer gedrängten Darstellung der Entstehung unsrer heutigen Geschlechtsnamen.


Oberlehrer Mark. Ein Roman von Adolf Brennet, Elberfeld, Sam. Luce-s, 1890

Ein seltsames Buch, bei dem wir lange im Zweifel geblieben sind und im
Grunde genommen noch zweifeln, ob es ein Stück ernstgemeinter Lebensdarstelluug
oder eine Satire auf das Strebertum gewisser moderner Schulmeister sein soll.
Man könnte sich etwa vorstellen, daß die gleiche Erfindung, mit schärferer, etwas
mehr karikirter Charakteristik der handelnden Personen, von einem Sozialisten ge¬
schrieben sei, der die bewußte und unbewußte "Korruption des Kapitalismus" auch
in den mittlern Schichten unsers gebildeten Bürgertums geißeln wollte. Oder man
dürfte argwöhnen, daß ein wackerer Gymnasiallehrer alten Schlages die modernen
Realisten und Schulreformer hinter der sichern Schanze eines Philologenzerrbildes
hervor, wie das des Professors Lamprecht, des Euripidesforschers, mit seiner
griechisch-lesenden altjüngferlichen Tochter Levkadia unzweifelhaft eiues ist, seiue
Pfeile gegen die Verkünder eiuer neuen Bildung abschieße. Wenn man liest, daß der
Zusammenhang der Vertreter der neuen lebendigen Bildung mit dem Leben vor


Litteratur

ist. wie S. 49 (1. Kor. Is, 19). irrt er merkwürdig: „wenn wir in diesem Leben
schon iMlzs) Hoffnung auf Christus haben, so sind wir die elendesten u. s. w."
S. 50 braucht der Übersetzer das Wort,,Anwartschaft," wo es „Gleichgiltigkeit" heißen
soll. Das Wort se?lie)1a.r für Scholastiker kennt er nicht (S. 28). S. 1.56 sagt er:
der Graf von Britannien, der „sieben Jahre lang im Kirchenbann lebend gegen
die Prälaten Klage führte zu dein Ende, daß der Papst sie alle verurteilte" statt
bis endlich der Papst u. f. w. Auch die logische Formel vowris M-idrrs und
ähnliche Formeln in andern Sprachen sind ihm unbekannt. S. 221 sagt er:
„wenn andre Dinge ebenso sind" für „unter übrigens gleichen Umständen." Ein
Satz auf derselben Seite lautet: „Die Kohäsion der psychischen Zustände wird durch
ihr häufiges Aufeinanderfolgen so etablirt, daß sie organisch wird"; das soll deutsch
sein! Eine schone Bereicherung der Schriftsprache ist auch das Wort ixbeliebig.
Mönches darf man vielleicht als Druckfehler ansehe». Es ist aber doch sonderbar,
daß der Verleger eine solche Übersetzung uicht in ihrem Wert erkannt hat.


Deutsche Vornamen mit den von ihnen abstammenden Geschlechtsnamen. sprachlich
erläutert von I)r. Reinold Kapff. Nnrtingen um Neckar, R. Kcipff

Dieses Büchlein ist der erste Versuch, die Gesamtheit der deutschen Vornamen
auf wissenschaftlicher Grundlage zu deuten. Mit außerordentlichem Fleiße hat der
Verfasser die ältesten deutscheu Raumformen — mehr als 2000 — gesammelt,
sie im Anschluß an die Forschungen Grimms. Weinholds, Förstemauns u. ni. erklärt
und jedem einzelnen die Reihe der Geschlechtsnamen hinzugefügt, die aus ihm
hervorgegangen sind. Über 15 000 heutige Geschlechtsnamen finden so eine aller¬
dings nicht immer unanfechtbare Erklärung, doch verschwinden die zweifelhaften
Deutungen in der Fülle des Richtigen und Wahren. Und des Trefflicher und
Schönen, dürfen wir hinzufügen, das uns der Verfasser in seinem Büchlein in
reichem Muße geboten hat; deun wie tief und edel sind diese Namen durchweg
von unsern Vorfahren gedacht worden, und wie wohllautend klingen sie in ihrer
Kraft und Männlichkeit dem Ohre, beredte Zeugen deutschen Wesens und deutschen
Geistes in alter ZeitI In der kurz gefaßten Einleitung giebt der Verfasser eine
geschickt zusammengestellte Übersicht über den Inhalt der Namen, knüpft daran
einige Bemerkungen über ihre Bildung (das Gesetz der zweistämmigen Kürzung
wird dargelegt, verschiedne Ableitungsformen werden besprochen) und schließt mit
einer gedrängten Darstellung der Entstehung unsrer heutigen Geschlechtsnamen.


Oberlehrer Mark. Ein Roman von Adolf Brennet, Elberfeld, Sam. Luce-s, 1890

Ein seltsames Buch, bei dem wir lange im Zweifel geblieben sind und im
Grunde genommen noch zweifeln, ob es ein Stück ernstgemeinter Lebensdarstelluug
oder eine Satire auf das Strebertum gewisser moderner Schulmeister sein soll.
Man könnte sich etwa vorstellen, daß die gleiche Erfindung, mit schärferer, etwas
mehr karikirter Charakteristik der handelnden Personen, von einem Sozialisten ge¬
schrieben sei, der die bewußte und unbewußte „Korruption des Kapitalismus" auch
in den mittlern Schichten unsers gebildeten Bürgertums geißeln wollte. Oder man
dürfte argwöhnen, daß ein wackerer Gymnasiallehrer alten Schlages die modernen
Realisten und Schulreformer hinter der sichern Schanze eines Philologenzerrbildes
hervor, wie das des Professors Lamprecht, des Euripidesforschers, mit seiner
griechisch-lesenden altjüngferlichen Tochter Levkadia unzweifelhaft eiues ist, seiue
Pfeile gegen die Verkünder eiuer neuen Bildung abschieße. Wenn man liest, daß der
Zusammenhang der Vertreter der neuen lebendigen Bildung mit dem Leben vor


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[0103] Litteratur ist. wie S. 49 (1. Kor. Is, 19). irrt er merkwürdig: „wenn wir in diesem Leben schon iMlzs) Hoffnung auf Christus haben, so sind wir die elendesten u. s. w." S. 50 braucht der Übersetzer das Wort,,Anwartschaft," wo es „Gleichgiltigkeit" heißen soll. Das Wort se?lie)1a.r für Scholastiker kennt er nicht (S. 28). S. 1.56 sagt er: der Graf von Britannien, der „sieben Jahre lang im Kirchenbann lebend gegen die Prälaten Klage führte zu dein Ende, daß der Papst sie alle verurteilte" statt bis endlich der Papst u. f. w. Auch die logische Formel vowris M-idrrs und ähnliche Formeln in andern Sprachen sind ihm unbekannt. S. 221 sagt er: „wenn andre Dinge ebenso sind" für „unter übrigens gleichen Umständen." Ein Satz auf derselben Seite lautet: „Die Kohäsion der psychischen Zustände wird durch ihr häufiges Aufeinanderfolgen so etablirt, daß sie organisch wird"; das soll deutsch sein! Eine schone Bereicherung der Schriftsprache ist auch das Wort ixbeliebig. Mönches darf man vielleicht als Druckfehler ansehe». Es ist aber doch sonderbar, daß der Verleger eine solche Übersetzung uicht in ihrem Wert erkannt hat. Deutsche Vornamen mit den von ihnen abstammenden Geschlechtsnamen. sprachlich erläutert von I)r. Reinold Kapff. Nnrtingen um Neckar, R. Kcipff Dieses Büchlein ist der erste Versuch, die Gesamtheit der deutschen Vornamen auf wissenschaftlicher Grundlage zu deuten. Mit außerordentlichem Fleiße hat der Verfasser die ältesten deutscheu Raumformen — mehr als 2000 — gesammelt, sie im Anschluß an die Forschungen Grimms. Weinholds, Förstemauns u. ni. erklärt und jedem einzelnen die Reihe der Geschlechtsnamen hinzugefügt, die aus ihm hervorgegangen sind. Über 15 000 heutige Geschlechtsnamen finden so eine aller¬ dings nicht immer unanfechtbare Erklärung, doch verschwinden die zweifelhaften Deutungen in der Fülle des Richtigen und Wahren. Und des Trefflicher und Schönen, dürfen wir hinzufügen, das uns der Verfasser in seinem Büchlein in reichem Muße geboten hat; deun wie tief und edel sind diese Namen durchweg von unsern Vorfahren gedacht worden, und wie wohllautend klingen sie in ihrer Kraft und Männlichkeit dem Ohre, beredte Zeugen deutschen Wesens und deutschen Geistes in alter ZeitI In der kurz gefaßten Einleitung giebt der Verfasser eine geschickt zusammengestellte Übersicht über den Inhalt der Namen, knüpft daran einige Bemerkungen über ihre Bildung (das Gesetz der zweistämmigen Kürzung wird dargelegt, verschiedne Ableitungsformen werden besprochen) und schließt mit einer gedrängten Darstellung der Entstehung unsrer heutigen Geschlechtsnamen. Oberlehrer Mark. Ein Roman von Adolf Brennet, Elberfeld, Sam. Luce-s, 1890 Ein seltsames Buch, bei dem wir lange im Zweifel geblieben sind und im Grunde genommen noch zweifeln, ob es ein Stück ernstgemeinter Lebensdarstelluug oder eine Satire auf das Strebertum gewisser moderner Schulmeister sein soll. Man könnte sich etwa vorstellen, daß die gleiche Erfindung, mit schärferer, etwas mehr karikirter Charakteristik der handelnden Personen, von einem Sozialisten ge¬ schrieben sei, der die bewußte und unbewußte „Korruption des Kapitalismus" auch in den mittlern Schichten unsers gebildeten Bürgertums geißeln wollte. Oder man dürfte argwöhnen, daß ein wackerer Gymnasiallehrer alten Schlages die modernen Realisten und Schulreformer hinter der sichern Schanze eines Philologenzerrbildes hervor, wie das des Professors Lamprecht, des Euripidesforschers, mit seiner griechisch-lesenden altjüngferlichen Tochter Levkadia unzweifelhaft eiues ist, seiue Pfeile gegen die Verkünder eiuer neuen Bildung abschieße. Wenn man liest, daß der Zusammenhang der Vertreter der neuen lebendigen Bildung mit dem Leben vor

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341853_289767/103>, abgerufen am 13.11.2024.