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Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Zweites Vierteljahr.

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summten eintreten und durch vermehrte Einfuhr preisvcrmindernd wirke".
Und schließlich -- wenn dies anch der schwierigste Punkt sein innig --
dürfte es auch nicht unmöglich erscheinen, der Einrichtung eine solche Gestalt
zu gebe", daß sie den Privathandel, wenn sie ihn anch zum Teil in andre
Formen zwingt, nicht gar zu sehr beeinträchtigt, wenigstens nicht in seinen
berechtigten Interessen. Wenn sie den wildesten Spekulatiousunfng etwas
vermindert, so kaun darin gerade kein Unglück gesehen werden. Vielleicht wird
von der Seite, von der die Idee des Monopols ausgegangen ist, zu geeig¬
neter Zeit noch nähere Aufklärung darüber erfolgen, wie man sich die Aus¬
führung gedacht hat.

Wenn es durch Verwirklichung des gedachtem Vorschlages oder auch auf
anderen Wege gelingt, die Nachteile zu vermeiden, mit denen uns die geplante
Herabsetzung der Getreidezölle bedrohen würde, und wenn uns ferner, was ja
abzuwarten bleibt, der Handelsvertrag nach seinem Bekanntwerden nicht noch
neue unliebsame Überraschungen bietet, so könnte dem Zollbunde immerhin
die Probe gegönnt werden, wenn auch die sofortige Festlegung auf eine
längere Reihe von Jahren -- da es eben doch uur ein Versuch ist -- be¬
denklich scheinen dürfte. Der Gedanke eines europäischen Zollkartells, der im
Hintergründe steht, scheint uns an sich nicht gerade zu den ungesundesten zu
gehören. Freilich Hütten wir uus seine Verwirklichung etwas anders gedacht.

Vor allem wäre der Satz aufzustellen, daß für die Entscheidung, welche
Länder ein solcher Bund umfassen dürfte, in erster Linie uur wirtschaftliche
Gesichtspunkte, dagegen politische Zuneigung und Abneigung nur so weit in
Betracht kommen dürften, als ihrer Berücksichtigung vom wirtschaftliche"!
Standpunkte aus schlechterdings nichts im Wege steht. Wie man in der
Landwirtschaft wohl sagen kann, daß zur auskömmlichen Ernährung einer
Familie vou bestimmter Kopsznhl eine Wirtschaft von bestimmter Größe
erforderlich sei, und daß diese Wirtschaft zu ihrer Führung (durchschnittlich,
d. h. soweit das Verhältnis nicht durch Arbeitsteilung ändernd beeinflußt ist)
aus so viel Garten, Wiese, Acker, Weide, vielleicht auch Wald bestehen sollte,
ebenso kann man sagen, daß eine Bevölkerung von bestimmter Größe zu ihrer
Ernährung u. s. w. eine so und so große Bodenflüche erfordere. Und auf
unsrer Kulturstufe ist es nicht uur erforderlich, daß sich diese Bodenflüche
nach Kulturarten dem Vedürfuisse entsprechend verleite, sondern auch, daß
sie z. B. einen bestimmten Prozentsatz von Tropenlündern mit umfasse u. s. w.
Ebenso ist es erforderlich, daß sie noch für eine geraume Weile dem Be¬
völkerungszuwachs Spielraum gewähre, also noch einen gewissen Prozentsatz
nicht unter Kultur befindlichen, aber kulturfühigen Landes habe. Wenn es schon
schwierig ist, im einzelnen Falle festzustellen, welches Gelände für die Er¬
nährung einer Bauernfamilie bestimmter Größe erforderlich ist, so ist es
natürlich noch ungleich schwieriger, einen internationalen wirtschaftlichen Bund


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summten eintreten und durch vermehrte Einfuhr preisvcrmindernd wirke».
Und schließlich — wenn dies anch der schwierigste Punkt sein innig —
dürfte es auch nicht unmöglich erscheinen, der Einrichtung eine solche Gestalt
zu gebe», daß sie den Privathandel, wenn sie ihn anch zum Teil in andre
Formen zwingt, nicht gar zu sehr beeinträchtigt, wenigstens nicht in seinen
berechtigten Interessen. Wenn sie den wildesten Spekulatiousunfng etwas
vermindert, so kaun darin gerade kein Unglück gesehen werden. Vielleicht wird
von der Seite, von der die Idee des Monopols ausgegangen ist, zu geeig¬
neter Zeit noch nähere Aufklärung darüber erfolgen, wie man sich die Aus¬
führung gedacht hat.

Wenn es durch Verwirklichung des gedachtem Vorschlages oder auch auf
anderen Wege gelingt, die Nachteile zu vermeiden, mit denen uns die geplante
Herabsetzung der Getreidezölle bedrohen würde, und wenn uns ferner, was ja
abzuwarten bleibt, der Handelsvertrag nach seinem Bekanntwerden nicht noch
neue unliebsame Überraschungen bietet, so könnte dem Zollbunde immerhin
die Probe gegönnt werden, wenn auch die sofortige Festlegung auf eine
längere Reihe von Jahren — da es eben doch uur ein Versuch ist — be¬
denklich scheinen dürfte. Der Gedanke eines europäischen Zollkartells, der im
Hintergründe steht, scheint uns an sich nicht gerade zu den ungesundesten zu
gehören. Freilich Hütten wir uus seine Verwirklichung etwas anders gedacht.

Vor allem wäre der Satz aufzustellen, daß für die Entscheidung, welche
Länder ein solcher Bund umfassen dürfte, in erster Linie uur wirtschaftliche
Gesichtspunkte, dagegen politische Zuneigung und Abneigung nur so weit in
Betracht kommen dürften, als ihrer Berücksichtigung vom wirtschaftliche«!
Standpunkte aus schlechterdings nichts im Wege steht. Wie man in der
Landwirtschaft wohl sagen kann, daß zur auskömmlichen Ernährung einer
Familie vou bestimmter Kopsznhl eine Wirtschaft von bestimmter Größe
erforderlich sei, und daß diese Wirtschaft zu ihrer Führung (durchschnittlich,
d. h. soweit das Verhältnis nicht durch Arbeitsteilung ändernd beeinflußt ist)
aus so viel Garten, Wiese, Acker, Weide, vielleicht auch Wald bestehen sollte,
ebenso kann man sagen, daß eine Bevölkerung von bestimmter Größe zu ihrer
Ernährung u. s. w. eine so und so große Bodenflüche erfordere. Und auf
unsrer Kulturstufe ist es nicht uur erforderlich, daß sich diese Bodenflüche
nach Kulturarten dem Vedürfuisse entsprechend verleite, sondern auch, daß
sie z. B. einen bestimmten Prozentsatz von Tropenlündern mit umfasse u. s. w.
Ebenso ist es erforderlich, daß sie noch für eine geraume Weile dem Be¬
völkerungszuwachs Spielraum gewähre, also noch einen gewissen Prozentsatz
nicht unter Kultur befindlichen, aber kulturfühigen Landes habe. Wenn es schon
schwierig ist, im einzelnen Falle festzustellen, welches Gelände für die Er¬
nährung einer Bauernfamilie bestimmter Größe erforderlich ist, so ist es
natürlich noch ungleich schwieriger, einen internationalen wirtschaftlichen Bund


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341853_209866/555>, abgerufen am 24.07.2024.