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Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Zweites Vierteljahr.

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Arbeiterwolniungen und Arbeitergriuidbesitz

angeblich liberalen Popanz zuliebe (denn die Frage ist im ganzen Leben
keine Parteifrage) den schwerfälligen, kostspieligen und doch für den Angeklagten
völlig wertlosen Apparat des Geschwornengerichts immer wieder in Bewegung
zu setzen.

Aus dem Laienmaterial einer einzigen Schwurgerichtsperivde könnte man
zuweilen die Kadres für die großen und mittlern Schöffengerichte des ganzen
Vierteljahrs beschaffen. Wann wird dem Morgenrot, das der Justizminister
Leonhardt schon bei Beratung der Neichsjustizgesetze leuchten zu sehen glaubte,
endlich die Sonne der deutschen Schöffengerichte folgen?




Arbeiterwohnungen und Arbeitergrunobesitz
U. Frankenstein von

l
e Mißstände, die hinsichtlich der Befriedigung des Wohnungs-
bediirfuisfes der arbeitenden Klassen in den meisten Groß- und
Mittelstädten zu Tage getreten sind, unterliege" seit einer Reihe
von Jahren der lebhaftesten Besprechung. Seit der Veröffent¬
lichung der bekannten Untersuchungen des Vereins für Sozial¬
politik über die Wohnuugsuot der ärmeren Klassen in den deutschen Gro߬
städten") ist diese Besprechung erregter geworden, hat aber zu einem Ergebnis
um so weniger geführt, als der Widerstreit der Meinungen, wie Abhilfe zu
schaffen sei, seither noch zu groß gewesen ist.

Die eingehendste Erörterung der Wohnungsfrage hat wohl im "Deutschen
Verein für Armenpflege und Wohlthätigkeit" stattgefunden. Dieser Verein
setzte im Jahre 1888 eine besondre Kommission zur Beratung der Frage
ein und ließ sich über deren Thätigkeit in seiner Generalversammlung vom
24. September v. I. Bericht erstatten."") Die Ansichten der Kommission,
insbesondre der ersten Subkvmmission, die von dem Amtsrichter Dr. Aschrott
als Referenten vertreten wurden, gingen im großen und ganzen dahin, daß
in Berlin und andern Großstädten mit ähnlichen Verhältnissen nur durch




Schriften des Vereins für Sozialpolitik, Band 31. Leipzig, Duncker und
Humblot, 1888.
Vgl. die Schriften des Dentschen Vereins für Armenpflege und Wohlthätigkeit, Heft 11.
Leipzig, Duncker und Humblot, 1890.
Arbeiterwolniungen und Arbeitergriuidbesitz

angeblich liberalen Popanz zuliebe (denn die Frage ist im ganzen Leben
keine Parteifrage) den schwerfälligen, kostspieligen und doch für den Angeklagten
völlig wertlosen Apparat des Geschwornengerichts immer wieder in Bewegung
zu setzen.

Aus dem Laienmaterial einer einzigen Schwurgerichtsperivde könnte man
zuweilen die Kadres für die großen und mittlern Schöffengerichte des ganzen
Vierteljahrs beschaffen. Wann wird dem Morgenrot, das der Justizminister
Leonhardt schon bei Beratung der Neichsjustizgesetze leuchten zu sehen glaubte,
endlich die Sonne der deutschen Schöffengerichte folgen?




Arbeiterwohnungen und Arbeitergrunobesitz
U. Frankenstein von

l
e Mißstände, die hinsichtlich der Befriedigung des Wohnungs-
bediirfuisfes der arbeitenden Klassen in den meisten Groß- und
Mittelstädten zu Tage getreten sind, unterliege» seit einer Reihe
von Jahren der lebhaftesten Besprechung. Seit der Veröffent¬
lichung der bekannten Untersuchungen des Vereins für Sozial¬
politik über die Wohnuugsuot der ärmeren Klassen in den deutschen Gro߬
städten") ist diese Besprechung erregter geworden, hat aber zu einem Ergebnis
um so weniger geführt, als der Widerstreit der Meinungen, wie Abhilfe zu
schaffen sei, seither noch zu groß gewesen ist.

Die eingehendste Erörterung der Wohnungsfrage hat wohl im „Deutschen
Verein für Armenpflege und Wohlthätigkeit" stattgefunden. Dieser Verein
setzte im Jahre 1888 eine besondre Kommission zur Beratung der Frage
ein und ließ sich über deren Thätigkeit in seiner Generalversammlung vom
24. September v. I. Bericht erstatten."") Die Ansichten der Kommission,
insbesondre der ersten Subkvmmission, die von dem Amtsrichter Dr. Aschrott
als Referenten vertreten wurden, gingen im großen und ganzen dahin, daß
in Berlin und andern Großstädten mit ähnlichen Verhältnissen nur durch




Schriften des Vereins für Sozialpolitik, Band 31. Leipzig, Duncker und
Humblot, 1888.
Vgl. die Schriften des Dentschen Vereins für Armenpflege und Wohlthätigkeit, Heft 11.
Leipzig, Duncker und Humblot, 1890.
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[0412] Arbeiterwolniungen und Arbeitergriuidbesitz angeblich liberalen Popanz zuliebe (denn die Frage ist im ganzen Leben keine Parteifrage) den schwerfälligen, kostspieligen und doch für den Angeklagten völlig wertlosen Apparat des Geschwornengerichts immer wieder in Bewegung zu setzen. Aus dem Laienmaterial einer einzigen Schwurgerichtsperivde könnte man zuweilen die Kadres für die großen und mittlern Schöffengerichte des ganzen Vierteljahrs beschaffen. Wann wird dem Morgenrot, das der Justizminister Leonhardt schon bei Beratung der Neichsjustizgesetze leuchten zu sehen glaubte, endlich die Sonne der deutschen Schöffengerichte folgen? Arbeiterwohnungen und Arbeitergrunobesitz U. Frankenstein von l e Mißstände, die hinsichtlich der Befriedigung des Wohnungs- bediirfuisfes der arbeitenden Klassen in den meisten Groß- und Mittelstädten zu Tage getreten sind, unterliege» seit einer Reihe von Jahren der lebhaftesten Besprechung. Seit der Veröffent¬ lichung der bekannten Untersuchungen des Vereins für Sozial¬ politik über die Wohnuugsuot der ärmeren Klassen in den deutschen Gro߬ städten") ist diese Besprechung erregter geworden, hat aber zu einem Ergebnis um so weniger geführt, als der Widerstreit der Meinungen, wie Abhilfe zu schaffen sei, seither noch zu groß gewesen ist. Die eingehendste Erörterung der Wohnungsfrage hat wohl im „Deutschen Verein für Armenpflege und Wohlthätigkeit" stattgefunden. Dieser Verein setzte im Jahre 1888 eine besondre Kommission zur Beratung der Frage ein und ließ sich über deren Thätigkeit in seiner Generalversammlung vom 24. September v. I. Bericht erstatten."") Die Ansichten der Kommission, insbesondre der ersten Subkvmmission, die von dem Amtsrichter Dr. Aschrott als Referenten vertreten wurden, gingen im großen und ganzen dahin, daß in Berlin und andern Großstädten mit ähnlichen Verhältnissen nur durch Schriften des Vereins für Sozialpolitik, Band 31. Leipzig, Duncker und Humblot, 1888. Vgl. die Schriften des Dentschen Vereins für Armenpflege und Wohlthätigkeit, Heft 11. Leipzig, Duncker und Humblot, 1890.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341853_209866/412>, abgerufen am 24.07.2024.